Kommentar von Natalja Merten
Es ist keine Überraschung, dass die Christdemokraten noch fester an der Seite der Kapitalisten stehen als ihre nach den Wahlen lädierte künftige Koalitionspartnerin SPD und dass die Sozialdemokraten jedes Tänzchen mittanzen, ist auch keine.
Um die künftige Regierungskoalition vorzubereiten und nach diesem scheinbar hart geführten Bundestagswahlkampf rückten die beiden „Volksparteien“ im Rahmen ihrer Sondierungsgespräche erstmal wieder näher zusammen. In erster Linie ging es ihnen dabei darum, sich gegenseitig zu versichern, dass beide Seiten die Kriegswirtschaft wollen und die braucht weitere Militarisierung und Aufrüstung. Und das muss schneller gehen, als die neue Regierung gebildet werden kann, denn sonst würde man das womöglich mit der AfD abstimmen müssen und das könnte als abermaliger Dammbruch, der keiner wäre, gelten. Um das zu verhindern, soll nun also ruckzuck die Schuldenbremse zugunsten der Ausfinanzierung des deutschen Militarismus reformiert werden.
Doch die großen Verlierer und kleinen Gewinner der Wahl finden das undemokratisch: Die kriegsgeilen Grünen stellen sich quer. Warum sollten sie sich auch zum Steigbügelhalter einer künftigen Regierung machen, in der sie nicht mitspielen dürfen? Sie wollen lieber mit an den Tisch – und jetzt die weitere Aufrüstung nicht mit durchzustimmen, könnte ihre Chancen erhöhen. Und auch die kleine Wahlgewinnerin Linkspartei hat ihre Schmerzen. Ihre Spitze hat doch schon vor der Wahl signalisiert, dass sie „verändern wollen“ und das gern auch in der Regierung. Und sie wollen immer noch verändern: Das mit der Aufrüstung wäre in Ordnung, wenn es auch ein bisschen mehr sozialen Wohnungsbau geben würde. Sie finden das Vorgehen der künftigen Regierungskoalition also genauso undemokratisch wie ihre grünen Kollegen. Denn ihre Chance, Aufrüstungskompromisse erwirken zu können, wird im neuen Bundestag größer sein – vor allem, wenn die neue Regierung nicht mit der AfD abstimmen will. Garantiert ist: Die weitere Aufrüstung wird kommen, dafür sind alle Parteien.
Und die leisen Töne der Sondierungen zwischen CDU/CSU und SPD? Die kündigen uns zum Glück sonnige Zeiten am Arbeitsplatz an, denn unsere Arbeitszeiten sollen weiter flexibilisiert werden. Dann seien Familie und Beruf endlich wieder besser vereinbar. Aber um eine Reduzierung der Arbeitszeit geht es natürlich nicht, sondern um die Aufhebung der täglich zulässigen Höchstarbeitszeit zugunsten einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Also scheint sich für uns erstmal nichts weiter zu verändern: Wir können uns dann vielleicht aussuchen, ob wir an drei Tagen je 12 Stunden schrubben und dafür das Wochenende ein wenig verlängern. Klingt nett, aber die Auswirkungen auf die Gesundheit der arbeitenden Klasse werden verheerend sein – nicht ohne Grund haben unsere Klassengeschwister vor über 100 Jahren den 8-Stunden-Tag nämlich erkämpft. Während wir also kränker werden, wird vor allem die Kapitalistenklasse flexibler im Einsatz unserer Arbeitskraft. Und sie wird feststellen, dass es nicht schlecht ist, wenn wir länger arbeiten, aber dass eine maximale Wochenarbeitszeit schon störend ist. Doch die ließe sich zum Glück durchaus ebenso reformieren. Und es würde sich auch langfristig positiv auswirken, denn dann sterben wir früher und das Rentenproblem wäre gleich mitgelöst.