Nieder mit den Kriegskrediten!

Aktuelles von Alexander Maturin

Am 18. März 2025 beschloss der abgewählte Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Eilverfahren eine geschichtsträchtige Grundgesetzänderung: Mit einer gezielten Aufhebung der Schuldenbremse soll das größte Aufrüstungsprogramm der Geschichte der BRD ermöglicht werden. Bereits in den vorherigen Jahren waren die Militärausgaben drastisch gestiegen, bis sie 2024 zuletzt eine Höhe von über 90 Milliarden Euro erreichten – 2,12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und mehr als doppelt so viel wie noch zehn Jahre zuvor.[1] Die nun geforderten Summen sind beispiellos: 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das bedeutet rund 150 Milliarden Euro jährlich und damit rund ein Drittel des gesamten Haushalts.[2] Zusammen mit einem weiteren Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für kritische Infrastruktur könnte eine Gesamtsumme von unvorstellbaren 1,7 Billionen Euro über die nächsten zehn Jahre erreicht werden.[3] Mit diesen Kriegskrediten soll eine neue Ära des deutschen Militarismus eingeleitet werden.

Einigkeit fürs Morden

CDU/CSU und SPD vertraten im Wahlkampf vor wenigen Wochen noch zwei gegensätzliche Positionen innerhalb des deutschen Kapitals zur Schuldenbremse. Nun einigten sie sich in Rekordtempo auf diese Maßnahmen, um sie noch in alter Zusammensetzung durch den Bundestag drücken zu können. Zusätzlich braucht es für die nötige Zweidrittelmehrheit lediglich die Grünen, die freilich nicht fehlen dürfen, wenn es um kriegstreiberische Maßnahmen der deutschen Außenpolitik geht. Empörten sie sich zunächst noch über die Forderungen, stimmen sie ihnen, da sie mitwirken dürfen, nun angeblich zögerlich aber insgesamt gehorsam zu. Ihr Beitrag: 100 Milliarden des Sondervermögens sollen in den „Klima- und Transformationsfonds“ investiert werden – eine Maßnahme rein im Interesse des Kapitals, welche der zunehmenden Umweltkatastrophe offensichtlich nichts entgegen setzen kann. Viel eindrücklicher hingegen ist die Konkretisierung ihres Sicherheitsbegriffs, der nun nicht nur Aufrüstung des eigenen Militärs, sondern auch Zivil- und Bevölkerungsschutz, Cybersicherheit, Nachrichtendienste und Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten umfasst. Mit Letzterem ist selbstredend die Ukraine gemeint und nicht etwa dutzende andere Staaten – allen voran Palästinaan deren Unterstützung die Vertreter des deutschen Kapitals im Bundestag keinerlei Interesse haben. So sollen mit nun ungezügelten Möglichkeiten der Aufrüstung weiterhin die eigenen Interessen in diesem imperialistischen Krieg bis zuletzt unterstützt werden – auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung in den Schützengräben, in den zerbombten Städten und an der Heimatfront. Es ist zu erwarten, dass sich auch der Bundesrat am 21. März widerspruchslos in diese verschärfte Politik des Militarismus einreihen wird.

Alles auf Kriegskurs

Damit fällt die Bundesrepublik in den aktuellen europäischen Gleichschritt ein. Parallel zu diesen Bestrebungen im Inland verkündete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 4. März ihren Fünfpunkteplan „ReArm Europe“. Das Ziel ist, die EU insgesamt kriegstüchtig zu machen: So sollen Militärausgaben von den EU-Schuldenregeln ausgenommen, ein 150-Milliarden-Euro-Fonds für Verteidigungsinvestitionen geschaffen und Gelder aus den Kohäsionsfonds für Rüstung umgewidmet werden. Zudem sollen private Investitionen mobilisiert und die Europäische Investitionsbank für Rüstungsprojekte geöffnet werden. Auch die NATO plant, bei ihrem Gipfeltreffen im Juni eine Erhöhung des Mindestausgabenziels auf 3,5 Prozent für alle beteiligten Staaten zu beschließen. Damit würden die jährlichen Militärausgaben europaweit auf absurde 600 Milliarden Euro explodieren, was diejenigen Russlands beispielsweise um mehr als das Vierfache überträfe.[4] Dass dadurch also maßgeblich die Aufrüstungsspirale befeuert und die Weltkriegsgefahr erhöht wird, findet in Medien und Politik keinerlei/kaum Beachtung. Diskutiert wird lediglich, wie sie zu finanzieren seien, wofür die beschlossenen Kredite ein mögliches Mittel darstellen.

Nicht in unserem Interesse

Die arbeitende Bevölkerung hat, wie am Krieg selbst, auch an den Kriegskrediten nichts zu gewinnen. Sozialchauvinistische Begründungen, welche die angebliche Überlegenheit des eigenen Staates oder Staatenbündnisses betonen und daraus eine Notwendigkeit ableiten wollen, diese zu verteidigen, verschleiern ebenso die wahren Ursachen wie auch Folgen dieses Krieges. Schon heute wird das Leben der Mehrheit durch steigende Preise, stagnierende Löhne, stets prekärere Arbeitsbedingungen und wachsende soziale Unsicherheit bedroht. Auch die 500 Milliarden Euro für Infrastruktur dienen nicht den sozialen Bedürfnissen der Mehrheit. Sie sind lediglich eine Nebelwand, um die militaristischen Absichten zu verschleiern. Zudem dürfte hiermit wohl vor allem kriegsdienliche Infrastruktur gemeint sein. Auch der streng geheime „Operationsplan Deutschland“ sieht anscheinend bereits eine Verzahnung von zivilen und militärischen Akteuren vor. So wird etwa untersucht, wie Transport- und Gesundheitssystem bei der Aufrüstung zu Lasten des zivilen Sektors umfunktioniert werden können.[5] Anstatt in Wohnungsbau, Gesundheit, Bildung und soziale Absicherung zu investieren, wo das Geld dringend gebraucht würde, sollen nun also riesige Summen für die Aufrüstung ausgegeben werden. Finanziert wird das am Ende durch Schulden, deren Zinsen wiederum aus dem allgemeinen Haushalt und damit aus den Steuergeldern der Werktätigen beglichen werden. So zahlen die Arbeiterinnen und Arbeiter selbst für die Panzer, Bomben und Drohnen, deren Opfer sie im nächsten großen imperialistischen Krieg zu werden drohen. Doch diese Politik betrifft nicht nur Kriege im Ausland. Die von der Regierung verankerte „erweiterte Sicherheitsstrategie“ zeigt, dass auch der innere Repressionsapparat ausgebaut wird: Polizei, Geheimdienste und digitale Überwachung werden gestärkt, um die Kontrolle über die Bevölkerung zu verschärfen. Auch hierzu werden im Zuge des „Operationsplan Deutschland“ wohl Szenarien erprobt, um auf erwartete Gegenbewegungen im Inland zu reagieren.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Dennoch und genau deshalb ist Widerstand notwendig. Die Antwort auf die wahnwitzigen Pläne kann nur ein entschlossener Kampf der Arbeiterklasse sein, die erkennt: Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Auch darüber hinaus sind die Parallelen zu 1914 offensichtlich. Damals wurden die Kriegskredite beschlossen, um den Ersten Weltkrieg zu finanzieren – unbegrenzte Gelder für Waffen, während die Arbeiterklasse verblutete. Der Kommunist Karl Liebknecht war der einzige Abgeordnete, der sich dem widersetzte. Heute gibt es hingegen keine Stimme im Parlament, welche die Politik der Aufrüstung grundsätzlich infrage stellt und den Kapitalismus als ihre Ursache erkennt.

Der bürgerliche Staat wird wieder auf Kriegskurs gebracht. Doch weder die Militarisierung Deutschlands und Europas noch eine parlamentarische Opposition dagegen vermag den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Stattdessen braucht es gewerkschaftliche Kämpfe – nicht nur um bessere Lebensbedingungen, sondern auch für politische Forderungen. Es müssen Rüstungshersteller bestreikt und Waffenlieferungen blockiert werden. Dabei gilt es, aufzuzeigen, wie die imperialistischen Kriege und mit ihnen der Militarismus die notwendige Folge des Kapitalismus sind. Diesen zu überwinden und der Kriegshetze durch internationale Solidarität entgegenzustehen ist eine der zentralen Aufgaben der Arbeiterklasse heute.

Daher fordern wir: Keine Zustimmung zu den Kriegskrediten! Kein Geld für Aufrüstung und Militarisierung! Der Kampf gegen den Militarismus ist der Kampf für die Interessen der arbeitenden Klasse – er muss mit aller Entschlossenheit geführt werden!

[1] NATO Press Release: Defence Expenditure of NATO Countries (2014-2024). https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2024/6/pdf/240617-def-exp-2024-en.pdf

[2] Wagner, Jürgen: Die Ära der Aufrüstung. Brüssel und Berlin planen gigantische Aufrüstungsschulden. In: IMI-Standpunkt 2025/18. https://www.imi-online.de/2025/03/05/die-aera-der-aufruestung/

[3] Greive, Martin / Hildebrand, Jan / Olk, Julian: Bis zu 1,7 Billionen Euro – Schuldenspielraum wird noch größer. In: Handelsblatt, 16.03.25. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/finanzpaket-bis-zu-17-billionen-euro-schuldenspielraum-wird-noch-groesser/100114078.html

[4] Wagner 2025.

[5] OPLAN: CIMIC 4.0. IMI-Aktuell 2025/76. https://www.imi-online.de/2025/02/10/oplan-cimic-4-0/

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