Antifaschistisches Tagesseminar in Essen

Am Samstag, dem 17. Juni, haben wir in Essen im Rahmen unserer lokalen Veranstaltungsreihe ein antifaschistisches Tagesseminar abgehalten. Unter den ca. 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren Genossinnen und Genossen der KO, Interessierte aus dem Umfeld der KO im Ruhrgebiet und Gäste anderer antifaschistischer Organisationen.

Zunächst wurde der Weg zur Machtübertragung an die Faschisten im Jahr 1933 beleuchtet und dabei herausgearbeitet: es waren die größten deutschen Monopolistenverbände, welche die Faschisten an die Macht brachten. Dies geschah, um ein Wirtschaftsprogramm durchzusetzen, dass die Kriegs- und Krisenkosten auf die Arbeiterklasse abwälzen und die Steuern und Sozialabgaben für das Kapital auf ein Minimum herabdrücken sollte. Weiterhin war die Revision des Versailler Vertrags ein erklärtes Ziel des Kapitals. Um diese Agenda durchzusetzen, strebte die Bourgeoisie den Übergang zu einer offenen terroristischen Diktatur und die Abschaffung der bürgerlichen Demokratie an. Voraussetzung für die Umsetzung ihrer Ziele war die restlose Zerschlagung der Arbeiterbewegung, insbesondere der Kommunistischen Partei und der Gewerkschaften.

Die Faschisten haben die politische Macht also nicht etwa gegen den Willen der Bourgeoisie oder einer demokratischen „Mitte“ der Gesellschaft erobert, sie wurde ihnen stattdessen im Interesse des Monopolkapitals und unter Zustimmung der alten Eliten legal übertragen. Bereits im Vorfeld vereinte sich zu diesem Zweck ein Großteil der deutschen Kapitalfraktionen hinter ihnen.

In einer anschließenden Gruppenphase wurden in Kleingruppen verschiedene Texte bearbeitet, die sich mit der Bündnispolitik und dem antifaschistischen Widerstand der KPD, der SPD und der Gewerkschaften befassten. In der darauf folgenden Diskussionsrunde wurde deutlich, dass eine Analyse, die der KPD und der sogenannten „Sozialfaschismusthese“ die Schuld am Aufstieg der NSDAP gibt, nicht haltbar ist.

In den wesentlichen Punkten wurde die Analyse der Kommunistischen Internationale für richtig befunden: Dadurch, dass die Sozialdemokratie eine wesentliche politische und soziale Stütze der Weimarer Republik war, war sie eine der Hauptstützen des deutschen Imperialismus. Nicht nur wurde durch die „Burgfrieden“-Politik der Erste Weltkrieg möglich gemacht, sondern auch nach Kriegsende die Novemberrevolution gemeinsam mit kaiserlichen Militärs und reaktionären Freikorps im Blut erstickt. Die These, dass der Faschismus zur sozialen und politischen Hauptstütze des Kapitalismus werden kann, hat sich ebenfalls historisch bewahrheitet. Der taktische Fehler der Kommunistinnen und Kommunisten bestand nicht darin, Sozialdemokratie und Faschismus als zwei Hauptstützen der bürgerlichen Herrschaft analysiert zu haben, sondern darin, den Zeitpunkt, ab dem die Kapitalisten auf den Übergang zur offenen terroristischen Diktatur setzten – also auf den Faschismus –, nicht rechtzeitig genug erkannt zu haben. Zu spät wurden von der KPD all ihre Kräfte auf die Herstellung der antifaschistischen Einheitsfront von unten konzentriert.

Dagegen hielten die SPD-Führung und die sozialdemokratisch dominierten ADGB-Gewerkschaften bis zuletzt unbeirrt an ihrem Kurs fest und bekämpften jede Tendenz zur Zusammenarbeit zwischen kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiterinnen und Arbeitern an der Basis. Faschisten, Monarchisten und Kommunisten wurden gleichermaßen als „Feinde der Demokratie“ betrachtet. Ihr „Antifaschismus“ lief auf eine Verteidigung des bürgerlichen Staats der Weimarer Republik mit ausschließlich legalen Mitteln hinaus – auch dann noch, als sich die herrschende Klasse schon längst von den Prinzipien ihrer eigenen Verfassung verabschiedet hatte.

In der Diskussion wurde jedoch auch Wert auf die Feststellung gelegt, dass es einer getrennten Betrachtung der sozialdemokratischen Führung und der sozialdemokratischen Basis, die tief in der Arbeiterschaft verwurzelt war, bedarf. Während es vor allem die Führung war, welche für die vorgenannten Entwicklungen verantwortlich war, kam es immer wieder zu lokaler Zusammenarbeit zwischen sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiterinnen und Arbeitern, womit sich die sozialdemokratische Basis über die ausgesprochenen Verbote der Führung hinwegsetzte, was aber letztlich in einem zu kleinen Rahmen geschah, um zu wirksamen Kampfaktionen zu kommen. Somit blieb auch der seitens der KPD ausgerufene Generalstreik im Falle der Machtübertragung an die Faschisten fast vollständig aus.

Nach der Diskussion gab es einen zweiten Input, in dem die Unterschiede des Faschismus an der Macht und des Faschismus als Bewegung dargestellt wurden. Anhand der Theorie von Reinhard Opitz wurden einige charakteristische Merkmale faschistischer Bewegungen herausgearbeitet.

Insgesamt war die Veranstaltung sehr erfolgreich und wir bedanken uns bei allen, die teilgenommen und mitdiskutiert haben.

Verwandt

Aktuell