Ungebrochen klassenkämpferisch!

Auf die Straße gegen Ausbeutung, Krisen und Kriege – für den Sozialismus!

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Stellungnahme der Zentralen Leitung der Kommunistischen Organisation zum 1. Mai 2023

„Ungebrochen Solidarisch“ – so lautet dieses Jahr das Motto des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in seinem Aufruf zum 1. Mai. Er wendet sich gegen die Abwälzung der Krisenkosten auf die Beschäftigten und er ruft dazu auf, die Klimawende zum Erfolg zu führen und solidarisch mit den Beschäftigten für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, Außerdem wendet er sich gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine. Doch die einzelnen Punkte versprechen leider keine kämpferische und solidarische Politik, sondern verbreiten reformistische Illusionen, Sozialpartnerschaftsdenken und Standortlogik.

Ein Tropfen auf den heißen Stein, die Verelendung der Arbeiterklasse schreitet voran

Die Einführung des Bürgergelds, die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro, Energiepreisbremse und Energiepauschale – all das begrüßt der DGB und schreibt sich auf die Fahne, für all diese Maßnahmen selbst gesorgt zu haben. Auch sämtliche Tarifabschlüsse der Einzelgewerkschaften werden ausdrücklich gelobt. So heißt es im Aufruf: „Vor allem aber haben die Gewerkschaften in vielen Tarifverhandlungen für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld im Portemonnaie von Millionen Beschäftigten gesorgt.“ Doch war der gewerkschaftliche Kampf in den letzten Jahren tatsächlich so erfolgreich? Und sind diese Maßnahmen der Ampelregierung tatsächlich ein Grund zum Feiern?

Das Gegenteil ist der Fall: Im Zuge der Pandemie, verstärkt durch den Krieg in der Ukraine, stieg die Inflation auf über 10% – für die BRD ein historischer Höchststand. Mit der Eskalation des Krieges und den verhängten Sanktionen verteuerten sich Energie und Treibstoff, in der Folge wurden auch die Preise für Lebensmittel und Alltagsgüter massiv erhöht.

Die Maßnahmen der Bundesregierung haben den Zweck, die fortschreitende Krise im Sinne der Herrschenden in den Griff zu bekommen. Sie sind sicherlich nicht die Geschenke, als die der DGB sie darstellt – das Geld stammt letztendlich aus den Taschen der Arbeiter selbst – und überhaupt denkt die Kapitalistenklasse in der Regel nicht daran, irgendetwas zu verschenken, schon gar nicht in Krisenzeiten. Im Gegenteil: Die Krise im Sinne der Herrschenden zu lösen, heißt für diese notwendigerweise, Angriffe auf die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse vorzunehmen. So ist es auch in der Realität zu beobachten, dass die Maßnahmen des Staates hinten und vorne nicht ausreichen: Die Energiepreispauschale ist als Einmalzahlung verpufft, während die Preise angezogen bleiben, denn trotz Preisbremse greift die Deckelung erst bei absurd hohen Preisen.

Auch die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein solcher Mindestlohn wäre schon in den letzten Jahren zu niedrig gewesen, beim derzeitigen Inflationsniveau schützen auch 12 Euro Mindestlohn nicht vor Armut und reichen nicht aus, um Miete, Heizung, Strom und Einkäufe zu bezahlen.

Doch auch die Tarifabschlüsse sind kein guter Anlass für das Eigenlob des DGB. Nach den Nullrunden während der Pandemie führten nahezu alle Tarifabschlüsse aufgrund der Inflation unterm Strich zu Reallohnverlusten. Dies gilt auch für das jüngste Tarifergebnis im Öffentlichen Dienst, bei der die Zahlung von 3000 Euro für viele gerade einmal die Inflation der Vergangenheit ausgleicht – also eine Nullrunde für ein kommendes Jahr, in dem die Inflation vermutlich weiterhin über 5% bleiben wird. Anstatt die kämpferische Stimmung in weitere Streiks zu überführen, tritt die DGB-Gewerkschaft ver.di auf die Bremse.

Besonders zu kritisieren ist, dass die Einzelgewerkschaften die Streikbereitschaft von Beschäftigten ignorierten und – zu sehen in der Tarifrunde bei der Post – eine Einigung kurz nach der erfolgten Urabstimmung für den Erzwingungsstreik durchgewinkt haben. Selbst bei höheren Prozentergebnissen wurden meist Sockelforderungen durch abgabenfreien Einmalzahlungen ersetzt. Diese Einmalzahlungen tragen weder zur Rente, noch zu Krankengeld oder Arbeitslosengeld bei und bleiben deshalb eine Hypothek, mit der die Beschäftigten ihre eigene Altersversorgung und Absicherung aushöhlen, während die Unternehmen Geld sparen. Und: Bei der nächsten Tarifrunde tragen die Einmalzahlungen nicht zu einem höheren Ausgangsniveau bei.

Kurzum: Statt mehr Geld bekommen Millionen Menschen mehr Probleme und einen gravierenden Reallohnverlust.

Die Klimafrage kann nur gegen das Kapital und international beantwortet werden

„Gewaltige öffentliche Investitionen“ sollen getätigt werden, so der DGB in seinem Aufruf, um damit „den Ausbau erneuerbarer Energien rasch voranzubringen“. Zusätzlich appelliert der DGB an die „Standorttreue“ der Unternehmen, Deutschland soll so zum „Paradebeispiel für eine nachhaltige, soziale und gerechte Transformation“ werden.

Diese Appelle führen auf den Holzweg. Erstens nähren sie Illusionen in einen Staat, in dem die kapitalistische Produktionsweise herrscht und der Profit der Kapitalisten der Maßstab ist, nach dem Politik gemacht wird. Statt an diesen Staat und die Unternehmen Forderungen zu richten, brauchen wir Mobilisierungen von unten und die Verknüpfung von Kämpfen mit der Umweltfrage – beispielsweise bei den Arbeiterinnen und Arbeitern im Verkehrssektor. Zweitens ist es Augenwischerei, von Transformation zu reden, obwohl sich grundlegend überhaupt nichts ändert. Drittens blendet der DGB aus, dass ein wirklicher Kampf gegen Ursachen und Folgen des Klimawandels grundsätzlich im Widerspruch steht zur herrschenden Konkurrenz von Unternehmen und Staaten, die unter allen Umständen Standortnachteile verhindern wollen. Damit steht der Kampf gegen den Klimawandel auch im Widerspruch zum Kapitalismus, zum Privateigentum an den Produktionsmitteln.

Ein „Paradebeispiel“ sind die großen imperialistischen Länder, inklusive Deutschlands, lediglich für ihre Unfähigkeit, eine Zukunftsperspektive zu bieten. Diese Staaten profitieren seit mehr als hundert Jahren davon, dass sie Ressourcen des eigenen und anderer Staaten plündern und dabei ökologische Desaster anrichten. Sie haben ihre eigenen Industrien mit fossiler Energie aufgebaut und sind damit maßgeblich für den CO2-Anstieg verantwortlich. Die Folgen von Überschwemmungen, Hitzewellen, Waldbränden, Dürren usw. treffen wiederum Menschen weltweit, insbesondere aber die Arbeiterklasse und andere Volksschichten ärmerer Länder. Statt „Standorttreue“ von Unternehmen einzufordern brauchen wir internationale Solidarität in der Arbeiterklasse!

Stellt euch vor, die Unternehmen würden den Arbeitern gehören

Im Aufruf fordert der DGB einen „Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung und Mitbestimmung am Arbeitsplatz“. Dass der Staat der Kapitalisten der richtige Ansprechpartner wäre, um Demokratie am Arbeitsplatz zu gewährleisten, ist eine tiefgreifende reformistische Illusion. Der Staat im Kapitalismus ist ein Instrument in den Händen der herrschenden Kapitalistenklasse und selbst wenn er es wollte, könnte er die kapitalistische Grundordnung nicht beseitigen.

Es gibt im Kapitalismus keine echte Mitbestimmung, vielmehr sind alle Modelle innerhalb des Kapitalismus, die „Arbeitermitbestimmung“ zu organisieren, letztlich nur Methoden, um die Arbeiterklasse in die kapitalistische Herrschaft einzubinden und die Organisation der Produktion an Weiterentwicklungen anzupassen. Die Formen dieser Einbindung ändern sich, das darf aber nicht über ihren Charakter hinwegtäuschen.

Tatsächliche Arbeiterdemokratie kann es nur im Sozialismus geben, denn nur dort ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln aufgehoben. Nur im Sozialismus gehören die Produktionsmittel gemeinschaftlich der Arbeiterklasse, und nur dort, wo die Produktionsmittel der Arbeiterklasse gehören, ist echte Mitbestimmung im Produktionsprozess möglich.

Die Aufgabe der Gewerkschaft muss es sein, die Arbeiterklasse – Erwerbstätige ebenso wie Erwerbslose – zu organisieren, um gemeinsam und konsequent für ihre Interessen und gegen die Steigerung der Ausbeutung zu kämpfen.

Stattdessen lässt sich der DGB in bekannter sozialpartnerschaftlicher Ausrichtung für allerlei reformistische Pläne und Methodiken einspannen, um die Herrschaft des Kapitals zu stabilisieren. Auch das Abwürgen von Streikbewegungen oder die Zustimmung zu langen Laufzeiten trägt dazu bei, die Arbeitenden zu desorganisieren.

Wie die Gewerkschaften wirklich für Frieden kämpfen könnten

Der DGB verurteilt den Einmarsch Russlands in die Ukraine – allerdings nicht aus einer internationalistischen Anti-Kriegs-Position heraus, sondern weil er faktisch auf der Seite der NATO steht. In seiner Stellungnahme schweigt er sich völlig aus über die Rolle des ukrainischen Regimes, der NATO und auch der BRD in diesem Krieg und ihre Mitverantwortung für seinen Ausbruch. Der Krieg erscheint so als willkürliche Aggression Russlands, während er in Wirklichkeit eine Folge der kapitalistischen Konkurrenz ist. Eine wirkliche Anti-Kriegs-Position muss sich gegen alle Kriegsparteien richten, denn auf beiden Seiten wird der Krieg von der breiten Masse des Volkes bezahlt und im Interesse der Kapitalisten um die Eroberung von Märkten, Rohstoffen, von Handels- und Militärhäfen geführt.

Die Hauptaufgabe der Arbeiterklasse in Deutschland ist der Kampf gegen die Kriegspolitik der NATO und des deutschen Imperialismus und die Entlarvung ihrer Kriegspropaganda. Der DGB tut genau das nicht. Er blendet aus, dass es die EU war, die der Ukraine ein Assoziierungsabkommen aufzwingen wollte, dass es die westlichen Staaten waren, die 2014 einer Putschregierung mit faschistischer Beteiligung in den Regierungssattel geholfen haben, und dass NATO und EU den Krieg Kiews gegen die eigene Bevölkerung in der Ostukraine fleißig mit Geld und Waffen unterstützten. Die Schuldzuweisung des DGB ist ganz im Sinne der Herrschenden und seine Forderungen sind ein reines Lippenbekenntnis.

Wirklich für Frieden zu kämpfen – das geht nur im Kampf der internationalen Arbeiterklasse gegen das gesamte imperialistische System, das immer neue Kriege und Krisen hervorbringt.

Warum eine geplante Wirtschaft und ein Ende der Ausbeutung das Gebot der Stunde sind

Der Grundwiderspruch des Kapitalismus besteht darin, dass die Produktion gesellschaftlich erfolgt – sie funktioniert nur durch die gemeinsame Arbeit großer Teile der Gesellschaft – dass aber der von der Arbeiterklasse geschaffene Reichtum privat, durch die Kapitalisten angeeignet wird. Dieser Widerspruch sorgt dafür, dass die Schere zwischen arm und reich auseinandergeht.

Der DGB beklagt im Aufruf, dass die Vermögen der Reichen auch in der Krise ungebremst weiterwachsen und dass dies die „privaten Verbraucher*innen und viele Betriebe belaste“. Seine Forderungen lauten jedoch: Umverteilung und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Beides ist letztlich nichts weiter als reine Kosmetik und Symptombekämpfung. Fakt ist, dass keine der reformistischen Forderungen, welche die DGB-Führung aufstellt, realisiert wird – außer sie lässt sich gegen die Interessen der Arbeiterklasse wenden. Sehenden Auges beschränkt sich die DGB-Führung auf die Rolle, den Aufprall der Arbeiterklasse auf dem Boden der Armut, der in den nächsten Jahren zweifellos Millionen Menschen bevorsteht, mit ein paar samtig anmutenden Kissen abzufedern, anstatt ihm ernsthaft etwas entgegenzusetzen.

Dabei sind natürlich politische Reformkämpfe für die Verbesserung des Lebensstandards der Arbeiterklasse ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Diese Kämpfe dürfen aber keine Illusionen in die grundsätzliche Reformierbarkeit oder scheinbar mögliche Gerechtigkeit der kapitalistischen Mechanismen schaffen, sondern müssen durchsetzbar sein, dabei auch die Kampfkraft der Arbeiterklasse insgesamt stärken und eine tatsächliche Verbesserung ihrer Lage bewirken.

Die Zustände schreien danach, verändert zu werden! Die kapitalistische Produktionsweise führt notwendigerweise dazu, dass der immense Reichtum, der heutzutage von der Arbeiterklasse produziert wird, sich in den Händen vergleichsweise weniger Kapitalisten ansammelt. Sie untergräbt immer wieder aufs Neue die Lebensgrundlagen der Arbeiter und ruiniert ihre Gesundheit. Sie bringt immer neue Kriege hervor, in denen die Arbeiter fallen und die Dividenden steigen.

Nur durch eine geplante Ökonomie im Sozialismus, durch eine Planwirtschaft, kann die Arbeiterklasse diese Probleme lösen. Es ist ein Armutszeugnis, wenn der DGB, anstatt eine kämpferische Perspektive anzustreben, lieber in das alte reformistische Horn bläst und in seinen politischen Forderungen in den Grenzen verbleibt, die das kapitalistische System ihm vorgibt.

Ungebrochen klassenkämpferisch – für den Sozialismus!

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