Stellungnahme des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei vom 21. November 2024
Zwei Nachrichten der letzten Tage und Wochen, die vordergründig nicht viel miteinander zu tun haben, legen die tiefe Krise des Kapitalismus in Deutschland offen:
Erstens: Mit der Entlassung des Finanzministers Lindner ist die „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP endgültig in sich zusammengebrochen und die Regierung von Scholz hat keine Mehrheit im Bundestag mehr. Damit werden im kommenden Jahr Neuwahlen anstehen, und das, obwohl als unwahrscheinlich gelten kann, dass die Regierungsparteien davon profitieren werden. Stattdessen werden wahrscheinlich vor allem die AfD und auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ihre Stimmenanteile auf Kosten der alten Parteien erhöhen.
Zweitens: Der VW-Konzern, größter Autobauer Europas und der zweitgrößte der Welt, ist zu einer Offensive gegen seine Arbeiter übergegangen, die in Deutschland seit langem beispiellos ist: Bis zu drei Werke sollen geschlossen werden, zehntausende Arbeiter aus ihren bis dahin als sicher geltenden Jobs entlassen werden und die restlichen Belegschaften auf 10% Lohn verzichten – obwohl die hohe Inflation der letzten Jahre ohnehin die Realeinkommen aushöhlt.
Regierungskrise und VW-Krise
Auslöser der Regierungskrise war der Streit zwischen einerseits Grünen und SPD und andrerseits der FDP um die Haushaltspolitik: Lindner von der FDP beharrte vehement auf der Einhaltung der Haushaltsdisziplin und legte dafür auch ein ausführliches Papier namens „Wirtschaftswende Deutschland“1 vor, in dem eine scharfe Begrenzung der Staatsverschuldung gefordert wird, wie sie in den Regeln der Eurozone sowie in der im Grundgesetz verankerten „Schuldenbremse“ vorgeschrieben ist. Den Koalitionspartnern bei den Grünen und der SPD ging das zu weit. Sie wollten eine größere Flexibilität der Haushaltspolitik beibehalten, um staatliche Investitionen und die rasante Aufrüstung weiter finanzieren zu können. Was oberflächlich betrachtet wie ein Streit zwischen zwei ideologischen bzw. wirtschaftspolitischen Standpunkten aussieht, drückt in Wirklichkeit unterschiedliche Interessen innerhalb der deutschen Bourgeoisie aus. Ein Teil des monopolistischen Finanzkapitals, vor allem im Finanzsektor, ist aufgrund seiner enormen Guthaben im Ausland (vergebene Kredite, aber auch Direkt- und Portfolioinvestitionen im Ausland) vor allem an der Währungsstabilität in der Eurozone interessiert und pocht daher auf den Abbau der Staatsschulden in den Mitgliedsstaaten, wobei die BRD als „gutes Beispiel“ vorangehen soll. Ein anderer Teil der Monopole ist stärker von der Produktion des Mehrwerts in der deutschen Industrie abhängig, die seit Jahren im Stocken ist. Verantwortlich dafür werden nicht zuletzt die geringen staatlichen Investitionen, beispielsweise in die Infrastruktur, gesehen. Eine strikte Einhaltung der „Schuldenbremse“ auch in Krisenzeiten sehen diese Teile der Bourgeoisie als kontraproduktiv an. Es ist also eine Wirtschaftskrise, die der Regierungskrise zugrunde liegt: In Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs sind die Profite und Steuereinnahmen auf hohem Niveau und Verteilungskonflikte lassen sich eher durch Kompromisse beilegen. Wenn jedoch die staatlichen Kassen unter Druck geraten, dann nehmen Streitigkeiten und Gezerre innerhalb der Kapitalistenklasse zwangsläufig zu.
Die Krise des VW-Konzerns steht symbolisch für die tiefe Wirtschaftskrise, in der der deutsche Kapitalismus insgesamt steckt. VW steht wie kaum ein anderes Unternehmen für das „Modell Deutschland“, also das jahrzehntelang eingespielte Zusammenspiel von Kapital, staatlichen Institutionen und Wirtschaftspolitik in Deutschland. Vergleichsweise höhere Löhne und relative Sicherheit des Arbeitsplatzes für die Kernbelegschaften gehörten über lange Zeit bei VW, wie auch bei anderen Monopolen der deutschen Exportindustrie, zum Versprechen, das das Kapital der Arbeiterklasse machte. Mit den Massenentlassungen und dem Raub eines erheblichen Teils des Lohns der verbliebenen Arbeiter will VW nun diesen Zugeständnissen ein Ende machen und läutet eine Zeit des verschärften Klassenkampfes von oben ein.
Die deutsche Automobilindustrie in der Krise
VW ist kein isoliertes Beispiel, BMW und Mercedes stecken in ähnlich tiefen Problemen. BMW meldet große Absatzschwierigkeiten und einen Gewinneinbruch im dritten Quartal 2024 um fast 84%. Bei Mercedes ist der Gewinn um immerhin fast 54% eingebrochen2. Dass zeitgleich die größten Autokonzerne der BRD in Schwierigkeiten geraten, ist natürlich kein Zufall: In allen Fällen werden die gleichen Ursachen angeführt: „Während sich Tesla und chinesische Autobauer wie BYD, Chery, Geely, Li-Auto, Nio, Xiaomi oder XPeng mit neuen Technologien immer stärker etablieren, brechen die deutschen Autobauer fast im Rekordtempo ein. Der fast schon heilige Markenwert der deutschen Autobauer schmilzt in China wie Schnee in der Sonne“, wird ein bürgerlicher Wirtschaftsprofessor zitiert3. China ist mit etwa 30 Millionen verkauften Kfz pro Jahr, davon etwa 26 Mio. Pkws, der weltgrößte Absatzmarkt für Autos und von enormer Bedeutung für die deutsche Automobilbranche4. Ein deutlicher Einbruch des Absatzes in China bedeutet automatisch auch einen tiefen Einschnitt der Verkaufszahlen insgesamt. Die deutschen Automobilmonopole waren nach der Wiederherstellung des Kapitalismus und infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs in China über viele Jahre sehr stark auf dem dortigen Markt vertreten – und das ändert sich nun. Die oben genannten chinesischen Monopole haben enorm an Stärke zugelegt und begegnen der deutschen Konkurrenz inzwischen nicht nur auf Augenhöhe, sondern hängen sie bei der technologischen Entwicklung zunehmend ab. In China boomt der Absatz von Elektroautos – ein Bereich, in dem die deutschen Autobauer nicht vertreten sind, da sie weiterhin größtenteils auf den Verbrennungsmotor setzen. So entwickeln die chinesischen Monopole zunehmend auch billige Elektroautos, die sich z.T. auch Angehörige des Kleinbürgertums und der Arbeiterklasse leisten können. Bei der Entwicklung von Luxusautos für die Bourgeoisie und ihre Stäbe liegen die chinesischen Autobauer ebenfalls vorne – Luxuswagen mit eingebauten Bildschirmen, Kühlschränken, Massagesitzen und sonstigen Statussymbolen, die ein normaler Mensch nicht braucht, mit denen sich aber viel Gewinn erzielen lässt. Und auch bei der Entwicklung des autonomen Fahrens muss das deutsche Monopolkapital die chinesische Konkurrenz fürchten5.
Eine tiefe Krise des deutschen Kapitalismus
Die Krise ist jedoch nicht auf den Automobilsektor beschränkt: Große Teile auch der sonstigen deutschen Industrie haben erhebliche Schwierigkeiten, Aufträge zu erhalten. Derzeit beklagen fast 50% der deutschen Industrieunternehmen, nicht genug Aufträge zu erhalten. Besonders betroffen sind ausgerechnet weitere Kernsektoren des deutschen Kapitals wie Maschinenbau, Metall- und Elektroindustrie6. 2023 war Deutschland offiziell in einer Rezession, das BIP schrumpfte um 0,3%. Für 2024 wurde die Prognose kürzlich nach unten korrigiert und ist mit -0,1% jetzt ebenfalls im Bereich der Rezession.7. Seit 2018 wäre das über sieben Jahre ein durchschnittliches jährliches Wachstum von nur 0,44%. Selbst ohne den Wirtschaftseinbruch von 2020, der auch durch die Pandemie bedingt bzw. verschärft wurde, wäre das Wachstum seit Jahren auf niedrigem Niveau mit deutlicher Tendenz nach unten. Und: Auch für 2025 wird jetzt schon eine Fortsetzung des Trends vorhergesagt: Die Prognose des „Sachverständigenrats Wirtschaft“ wurde von 0,9% im Mai auf 0,4% gesenkt8.
Es handelt sich bei der derzeitigen Krise einerseits zwar um einen Abschwung im Konjunkturzyklus, wobei der Zyklus dieses Mal besonders kurz war: Einen schwachen Aufschwung gab es nur 2021–22, bevor das Wachstum wieder einbrach. Auf der anderen Seite nimmt das Wirtschaftswachstum in Deutschland aber langfristig deutlich ab: Von durchschnittlich 8,2% 1950–60, 4,4% 1960–70, auf 2,9% in den 1970ern, 2,6% in den 80ern, 1,6% in den 90ern, 0,9% in den 2000ern und 1,2% in den 2010ern9. Die 2020er liegen bisher deutlich darunter und es deutet einiges auf grundlegende Probleme hin, die einen bedeutenden Aufschwung der Kapitalakkumulation auch in den nächsten Jahren unwahrscheinlich erscheinen lassen.
Die verschärfte Konkurrenz aus China wurde in Bezug auf die Automobilindustrie bereits angesprochen, sie betrifft allerdings auch die meisten anderen wichtigen Branchen. Zudem ist China nicht der einzige erstarkende Konkurrent. Auch andere aufsteigende kapitalistische Länder wie Brasilien, Indien oder Saudi-Arabien erhöhen den Druck auf die deutsche Industrie.
Die historisch für lange Zeit entscheidende Ausgangsbasis des deutschen Kapitals, der Europäische Binnenmarkt und die Eurozone, ist zudem weiterhin fragil, auch wenn letzten Endes keines der südeuropäischen Länder infolge der großen Krise der 2010er Jahre die Eurozone verlassen hat.
Besonders die ökonomischen Schwierigkeiten Italiens haben auf die Eurozone ein destabilisierendes Potenzial. Die Staatsverschuldung Italiens liegt bei etwa 135% des BIP (2023) und wird voraussichtlich in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Die Renditen für 10-jährige italienische Staatsanleihen stiegen von etwa 0,6% im Juli 2021 auf über 3% ein Jahr später und schwanken seitdem ungefähr zwischen 3,5 und 4,5%10, sodass sich ein weiterer Anstieg der Staatsverschuldung kaum verhindern lassen wird. Die Krise in Italien kann aufgrund seines deutlich höheren BIPs und seiner relativ starken Industrie für die Eurozone potenziell deutlich gefährlicher als es die Krisen in Griechenland und Portugal waren. Sobald es zu einer erneuten schweren Krise in Europa kommt, wird erneut die Wahrscheinlichkeit eines Auseinanderbrechens der Eurozone, vielleicht auch der EU, steigen. Das wiederum würde den deutschen Waren- und Kapitalexport weiter beeinträchtigen und die Krisentendenzen in Deutschland selbst verstärken.
Abgesehen von der ungünstigen internationalen Lage verschärfen auch in Deutschland selbst weitere Faktoren die Akkumulationsschwäche des Kapitals. Die alternde Gesellschaft stellt für das Kapital ein Problem dar, da die Rentenzahlungen zunehmen und es weniger auszubeutende Arbeitskräfte gibt. Auch die geringen staatlichen Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur, die massiven Einsparungen und Privatisierung im Gesundheitswesen, die die Qualität der Gesundheitsversorgung deutlich beeinträchtigen, und die Einsparungen im Bildungssystem wirken sich letztendlich negativ auf die Profitabilität aus, da das Kapital letzten Endes auf gut ausgebildete und arbeitsfähige, also gesunde Arbeitskräfte angewiesen ist.
So gaben bei einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft 2022 immerhin 27% der Unternehmen an, regelmäßige Einbußen durch die mangelhafte Infrastruktur zu erleiden – 2018 waren es noch 16% gewesen. Betroffen sind hier besonders die großen und Monopolunternehmen, die in höherem Maße von funktionierenden Lieferketten abhängig sind11. Diese Faktoren senken auch die Attraktivität der BRD für ausländische Investitionen, da die Pünktlichkeit von Lieferungen oder Geschäftsterminen nicht mehr gewährleistet werden kann.
Ein Aspekt der Krise, sowohl eine verstärkende Ursache als auch eine Folge, ist dementsprechend auch, dass ausländische Investitionen in Deutschland auf dem niedrigsten Niveau seit 20 Jahren liegen und von 177 Mrd. € im Jahr 2020 auf gerade noch 16,3 Mrd. € 2023 gefallen sind. Die Schwächung des deutschen Kapitals zeigt sich umgekehrt auch darin, dass auch der Kapitalexport auf dem niedrigsten Niveau seit 20 Jahren liegt12.
Hinzu kommen schließlich auch die gestiegenen Produktionskosten aufgrund der erhöhten Preise für fossile Energieträger (Erdgas, Heizöl, Benzin, Diesel usw.), die wiederum Folge der Sanktionen gegen Russland und des stark eingebrochenen Handels mit diesen Energieträgern ist. Diese Verluste nimmt die deutsche herrschende Klasse allerdings als notwendige Kosten des Krieges in der Ukraine bewusst in Kauf. Die deutsche Industrie mit ihrem hohen Energiebedarf ist besonders anfällig für diese Kostensteigerungen, vor allem da Deutschland außer der Kohle keine großen fossilen Energiequellen hat.
Angriffe auf Einkommen und Lebensstandard der Massen
Angesichts seiner Schwierigkeiten geht das Kapital zu verschärften Angriffen auf die Einkommen der Arbeiterklasse über – Jeder Euro, den die Arbeiter als Gehalt oder in Form staatlicher Ausgaben für Gesundheit oder Soziales erhalten, ist schließlich ein Verlust für die Kapitalisten.
Genaue Daten zur wirklichen Entwicklung der Einkommen zu erhalten ist kaum möglich, denn die offizielle Berechnung der Verbraucherpreisentwicklung verzerrt systematisch das Ergebnis, indem Waren, die in der Arbeiterklasse und in ihren unteren Schichten einen hohen Teil der Ausgaben ausmachen, viel zu gering einberechnet werden. Aber auch nach den offiziellen Zahlen sind die Reallöhne seit 2019 im Durchschnitt um über 5% gesunken13. Die realen Verluste waren gerade in der Arbeiterklasse mit Sicherheit deutlich gravierender.
Dass alte Menschen ihre letzten Lebensjahre in Armut verbringen müssen, ist in Deutschland der Standard: Nach mindestens 45 Versicherungsjahren, auf die sehr viele gar nicht erst kommen, liegt die durchschnittliche Monatsrente bei gerade einmal 1543€ – bei Frauen sogar nur 1323€ und bei Männern und Frauen in Ostdeutschland durchschnittlich 1403€14. Mit dieser Summe – die ja nur ein Durchschnittswert ist – ist es unmöglich, alle notwendigen Ausgaben zu decken. Die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre dient nicht nur dazu, mehr aus den Arbeitern herauszupressen, sondern vor allem auch zur Senkung der Renten, weil etwa ein Sechstel gar nicht bis 67 durchhält und daher große Abschläge in Kauf nehmen muss15. Seit Jahren wird zudem immer wieder die Möglichkeit einer neuen Erhöhung des Eintrittsalters diskutiert.
Einer der gravierendsten Ausdrücke des sinkenden materiellen Lebensstandards ist die drastische Wohnungsnot in den meisten deutschen Großstädten. Laut einer Studie fehlen in Deutschland über 700.000 Wohnungen, insbesondere billige und Sozialwohnungen, und die Wohnungsknappheit ist so groß wie seit 20 Jahren nicht mehr16. Allein zwischen 2009 und 2019 explodierten zudem die Mieten in vielen Großstädten: In Berlin beispielsweise stiegen sie auf mehr als das Doppelte, in München um 61%, in Nürnberg, Stuttgart und Hannover um ca. 50%17.
Auch das Gesundheitswesen wurde durch jahrzehntelange aggressive Sparmaßnahmen zugunsten des Kapitals regelrecht ruiniert: Während die Zahl der Patienten bzw. der zu behandelnden Fälle ständig angestiegen ist, wurde die Zahl der Krankenhausbetten zwischen 1991 und 2022 um mehr als ein Viertel reduziert18.
Es ist nichts Neues, dass seit Jahrzehnten das Kapital seine Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse verschärft, um seine Profite – auch angesichts der intensivierten internationalen Konkurrenz – zu sichern. Je mehr jedoch der Motor der Kapitalakkumulation ins Stocken gerät, desto aggressiver setzt das Kapital diese Strategie durch, indem es die Staatsausgaben für Gesundheit, Bildung und soziale Sicherung senkt, niedrige Lohnabschlüsse durchsetzt und die gewerkschaftliche Organisierung der Arbeiterklasse bekämpft. Das Schwinden materieller Zugeständnisse an die breiten Massen wiederum verschärft die bestehenden sozialen Probleme und bewirkt massenhafte Verarmung mit all ihren Begleiterscheinungen wie Alkohol- und Drogensucht, Verwahrlosung, Kriminalität, psychischen und körperlichen Erkrankungen und sinkender Lebenserwartung für die Arbeiterklasse.
Krieg und Völkermord – die hässliche Fratze der deutschen Bourgeoisie
Wer geglaubt hat, die herrschende Klasse Deutschlands hätte ihre verbrecherische Vergangenheit hinter sich gelassen und „aus der Geschichte gelernt“, dem dürfte es 2024 schwerer fallen, sich weiter an seine Illusionen zu klammern. Die BRD führt inzwischen seit Jahrzehnten wieder Kriege, seitdem die „rot-grüne“ Regierung 1999 den Angriffskrieg gegen Jugoslawien begann. Doch heute rüstet sie nicht mehr nur für begrenzte „Auslandseinsätze“, sondern wieder ganz offen für den Weltkrieg. Wenn Kriegsminister Pistorius davon spricht, Deutschland müsse bis 2029 kriegstüchtig werden, dann bedeutet das nichts anderes, als dass die Herrschenden bereit sind, in den nächsten Jahren einen großen Krieg zu führen. Dass ausgerechnet Pistorius, der für die Kriegspolitik zwar nicht alleine verantwortlich ist, aber doch mit seinem Namen besonders für ihre Umsetzung steht, laut Umfragen der beliebteste Politiker Deutschlands ist, zeigt trotz aller Widersprüchlichkeit, wie weitgehend Kriegsbegeisterung und Rechtsruck in Teilen der Bevölkerung verankert sind19.
Um Deutschland wieder in die Lage zu versetzen, einen Weltkrieg führen zu können, schreiten die Herrschenden zu einer aggressiven Militarisierung der Gesellschaft, wie es sie seit Jahrzehnten in Deutschland nicht gegeben hat: Die Rüstungsausgaben werden massiv gesteigert und von den Grünen werden sogar weitere Steigerungen gefordert20. Die Streitkräfte werden modernisiert, Jugendliche werden in Schulen und auf Jobmessen wieder offensiv für den Militärdienst, für das „Abenteuer Krieg“ und das Töten und Sterben im Interesse der deutschen Kapitalisten geworben. Und nicht zuletzt befindet die BRD sich seit 2022 in einem indirekten und nicht offen erklärten Krieg mit Russland, der im Moment noch nur auf ukrainischem und teilweise russischem Boden ausgetragen wird. Ein Interesse der Herrschenden, diesen Krieg möglichst schnell zu beenden, besteht offensichtlich nicht (auf russischer Seite auch nur gegen weitgehende territoriale Abtretungen der Ukraine).
Die Kriegsbeteiligung Deutschlands hat weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft. Es ist schwer vorstellbar, dass ein bürgerlicher Staat so tief in einen großen militärischen Konflikt mit einem starken Gegner wie Russland verwickelt ist, ohne dass die Herrschaftsmethoden des Staates im Sinne einer erzwungenen nationalen Einheit gegen den äußeren Feind sich verändern – ähnlich wie im „Burgfrieden“ während des Ersten Weltkriegs. Wer sich dagegen stellt, bekommt schneller und härter als früher die staatliche Repression zu spüren.
Ein enger Verbündeter der BRD, der koloniale Apartheidsstaat Israel, führt zudem einen offenen und nicht mehr ernsthaft bestreitbaren Völkermord durch, wie mittlerweile auch von Organen der Vereinten Nationen festgestellt wird21. Auch in Israel ist nicht nur die im wesentlichen faschistische Regierung, sondern auch die „liberale Opposition“ um Benny Gantz und Yair Lapid direkt an dem Völkermord beteiligt. Quer durch das bürgerliche Parteienspektrum der Bundesrepublik (mit der teilweisen Ausnahme des Bündnisses Sahra Wagenknecht) besteht ein Konsens, dass das genozidale Regime in Israel und sein Völkermord unterstützt werden müssen und jede Opposition gegen die systematische Massenvernichtung des palästinensischen Volkes durch staatliche Repressionen zu zerschlagen ist. Hier sind sich AfD, CDU, SPD, Grüne und FDP einig und auch „Die Linke“ steht trotz mancher Lippenbekenntnisse fest an der Seite der israelischen Faschisten und ihres Völkermords22.
Der Völkermord in Gaza ist einer der am besten dokumentierten Völkermorde, trotzdem wird das reale Ausmaß der Massenvernichtung durch die offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums von Gaza massiv untertrieben. Nach den offiziellen Zahlen stagniert die Zahl der Toten seit Monaten etwas über 40.000 und steigt nur langsam an. Hierbei werden jedoch nur Menschen gezählt, die infolge direkter Gewaltanwendung zu Tode gekommen sind und deren Leichen gefunden wurden. Die möglicherweise zehntausenden Toten, die unter den Trümmern liegen, werden genauso wenig eingerechnet wie das Massensterben durch den Hunger, verschmutztes Wasser, kriegsbedingte Seuchen und den Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung. Die britische medizinische Fachzeitschrift The Lancet ging Mitte Juni 2024 in einer als konservativ bezeichneten Schätzung von vier indirekten für jeden direkten Toten aus und kam auf eine Gesamtzahl von 186.000 Toten. Da aufgrund der Intensität des israelischen Vernichtungskriegs ein so niedriges Verhältnis eher unwahrscheinlich erscheint und auch die Zahl der direkten Toten nicht vollständig erfasst ist, muss man wohl von einer deutlich höheren Zahl an von Israel ermordeten Zivilisten ausgehen, wahrscheinlich von einem Mehrfachen dieser Zahl. Erst zukünftige Untersuchungen werden das Ausmaß des Völkermords erfassen können.
All das dürfte den Herrschenden in Deutschland bewusst sein; es ist davon auszugehen, dass sie die Lügen ihrer Propaganda genauso wenig selbst glauben, wie ihre Verbündeten in Israel das tun. Die Entscheidung, weiterhin den Tätern Waffen im Wert von hunderten Millionen Euro zu liefern, mit denen sie den Völkermord begehen, wird sehr bewusst und im Wissen über die Konsequenzen getroffen. Sie beweist, dass die herrschende Klasse und ihr Staat auch heute noch bereit sind, endlose Berge von Leichen übereinander zu schichten, wenn es ihren Interessen dient. Das ist der Feind, mit dem wir es zu tun haben und der sich niemals ändern wird, bis zu dem Tag, an dem wir ihn ein für alle mal in den Staub der Geschichte treten.
Politische Krise und der Ausbau repressiver Methoden in der BRD
Dass wachsende Teile der Bevölkerung in Armut und Verzweiflung getrieben werden, von der herrschenden bürgerlichen Politik desillusioniert sind und deshalb die Zustimmungswerte zu den „etablierten“ Parteien – CDU/CSU, FDP, SPD, Grüne und seit den 2000ern die Linkspartei – auf historischen Tiefständen stehen, kann angesichts dieser Entwicklungen nicht verwundern. Immer mehr Menschen erkennen, dass die Politik dieser Parteien ihr Leben verschlechtert, dass ihre Politik auf Armut und Krieg hinausläuft. Doch dies zu erkennen, bedeutet nicht automatisch, die Ursachen richtig zu erkennen. Es bedeutet nicht, dass die Arbeiterklasse sich ihrer selbst, d.h. ihrer Rolle in der kapitalistischen Produktionsordnung, der Ausbeutung durch das Kapital und ihrer gemeinsamen Kampfkraft bewusst wird. Alle Agenturen der bürgerlichen Ideologieproduktion arbeiten unermüdlich daran, solche Erkenntnisse zu vereiteln und die Probleme, die sich nicht mehr leugnen lassen, wahlweise auf die Politik der Vorgängerregierung, die Korruption, „übermäßige Regulierungen“, „die Ausländer“, den Islam, die Konkurrenz aus China usw. usf. zu schieben.
Vom Abschmelzen der „etablierten“ Parteien profitieren derzeit vor allem die AfD und das BSW. Die Ablehnung der Politik von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP hat einen weitgehend diffusen Charakter und es mischen sich tendenziell fortschrittliche Bewusstseinsinhalte (gegen die Macht „der Reichen“ und Lobbyisten, Skandalisierung der massenhaften Armut und Angriffe auf den Lebensstandard der Massen, Opposition gegen Kriegspolitik usw.) mit reaktionären Standpunkten (Nationalismus, Rassismus gegen Flüchtlinge und Immigranten, Leugnung des Klimawandels oder der Corona-Pandemie usw.) – oft beides gleichzeitig bei denselben Personen. Die Verworrenheit dieser oppositionellen Standpunkte macht sie sehr anfällig dafür, von reaktionären bürgerlichen Kräften genutzt zu werden, die es verstehen, nicht nur die „rechten“, sondern durch soziale Demagogie auch die „linken“ Bewusstseinsinhalte aufzugreifen.
AfD und BSW gelingt es, wenn auch nicht im gleichen Maße und mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten, sich als wahre Opposition und Vertretung des „kleinen Mannes“ zu präsentieren. Dass beide Parteien nicht nur zweifellos wie alle bürgerlichen Parteien letztlich allein dem Kapital dienen, sondern auch in vielen konkreten Fragen arbeiterfeindliche Positionen vertreten, hindert sie nicht daran, in relevanten Teilen der Arbeiterklasse Unterstützung zu erhalten. Beide Parteien profitieren dabei auch davon, dass sie als einzige die immer tiefere Verwicklung Deutschlands in den Krieg in der Ukraine ablehnen, was ihrem Image als oppositioneller Kraft eine scheinbare Plausibilität verleiht.
Der starke Bedeutungszuwachs der AfD seit ihrer Gründung wird von vielen Liberalen und „Linken“ als der primäre Grund einer faschistischen Gefahr für die „Demokratie“ gesehen. Nun liegt in der Tat der extrem rechte Charakter der AfD seit Langem auf der Hand – sie ist ein Bündnis aus nationalistischen und rassistischen Rechtskonservativen einerseits und immer stärker werdenden offen faschistischen Kräften andrerseits. Die Bekämpfung des Einflusses der AfD ist ohne Zweifel eine Aufgabe von großer Bedeutung für die Kommunisten. Und doch ist die Vorstellung, dass zu einer Faschisierung des Staates, also einer Verschiebung hin zu einer offener reaktionären und autoritären Herrschaftsausübung des bürgerlichen Staates, vor allem eine faschistische Partei gehört, falsch. Dieses Fehlurteil beruht darauf, die Geschichte des deutschen Faschismus, der in seiner spezifischen Form aber ein Ergebnis der gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland in den 30er Jahren war, mechanisch auf die heutige Situation zu übertragen.
Im Gegensatz zu diesen Vorstellungen einer „Gefährdung der Demokratie durch die AfD“ stellen wir fest, dass die Verschiebung hin zu deutlich autoritäreren Formen der Herrschaftsausübung heute weder durch einen Putsch oder eine „plötzliche Machtergreifung“ (die ohnehin immer ein Mythos war) einer nazistischen Partei vonstattengeht, noch nur von einzelnen Parteien getragen wird. Es sind das kapitalistische System und die bürgerliche Politik als Ganzes, die diese Entwicklungen unvermeidlich vorantreiben, als Mittel der Krisenbewältigung.
Es ist seit Jahren die Regierung der „Ampel“, also von SPD, Grünen und FDP, die die reaktionären Entwicklungen mit Vollgas vorantreibt: Die rasante Militarisierung und Aufrüstung des deutschen Imperialismus; die für die Völker immer gefährlichere Verwicklung in den bzw. Eskalation des Kriegs mit Russland; die massive Unterstützung für die faschistische Regierung Israels und ihren Völkermord; die sprunghafte Verschärfung der Repressionen und den Übergang zu teilweise offen diktatorischen Mitteln der Herrschaftsausübung (Organisationsverbote, willkürliche Demonstrationsverbote, Geld- und Gefängnisstrafen für unliebsame Meinungsäußerungen, Berufsverbote, routinemäßige Hausdurchsuchungen bei Aktivisten usw. usf.); die Geschichtsfälschung mit Anleihen bei den Nazis (bspw. die offizielle Übernahme der Narrative ukrainischer Neonazis und Nationalisten zur Geschichte der Sowjetunion, insbesondere beim sogenannten „Holodomor“); die Radikalisierung der Rhetorik aller herrschenden Parteien nach rechts, wenn die rechten Propagandalügen (der „Islamisierung“, der „importierten Kriminalität“, des „importierten Antisemitismus“ usw.) in die Rhetorik auch der „liberalen“ Parteien übernommen werden. Auch gegen Teile der Klimabewegung, gegen antifaschistische Aktivisten und gegen die Friedensbewegung (etwa auch schon bei Protesten gegen die westliche Kriegspolitik in der Ukraine) haben in den letzten Jahren die Repressionen schärfere Formen angenommen und belegen die allgemeine Tendenz. Doch vor allem das autoritäre Vorgehen des Staates gegen die Palästinabewegung ist ein wesentlicher Ausdruck, aber auch ein Testfall für den Übergang zu repressiveren Herrschaftsmethoden: Es trifft aktuell die Palästinabewegung besonders stark, weil die Aufdeckung des genozidalen Charakters des zionistischen Staatsprogramms bedeutet, den verlogenen Gründungsmythos der BRD von der angeblichen Aufarbeitung der Naziverbrechen als freche Lüge zu entlarven; und auch, weil es sich um eine besonders kämpferische und tendenziell für eine antikapitalistisch-antiimperialistische Linie offene Bewegung handelt. Doch was hier ausprobiert und vorangetrieben wird, kann in Zukunft auch in anderen Kämpfen gegen die Arbeiterklasse und das Volk eingesetzt werden.
Auch „linke“ reformistische Parteien haben einen wichtigen Anteil an diesen Entwicklungen: Zwar kommt in Deutschland die Partei „Die Linke“ aufgrund ihres kollabierenden Einflusses als (relevanter) Koalitionspartner einer Regierung kaum noch infrage, doch sie hat trotzdem eine nützliche Funktion für die Herrschenden: Einerseits als scheinbare Opposition von „links“, die nach wie vor ein gewisses Widerstandspotenzial aufsaugt und neutralisiert, andrerseits aber auch selbst als Stütze der reaktionären Entwicklungen, etwa durch ihre „Solidarität mit der Ukraine“ und ihre „Solidarität mit Israel“, die faktisch eine Unterstützung des imperialistischen Krieges zwischen der NATO und Russland und des Völkermords in Palästina bedeuten.
Die Erkenntnis, dass das bürgerliche System insgesamt infolge seiner umfassenden Krisenentwicklung – wobei die Krise der Kapitalakkumulation die Wurzel der Probleme darstellt – nach „rechts“ treibt, bedeutet auch, dass es grundsätzlich zu kurz greift und objektiv vom Kampf ablenkt, wenn politische Kräfte nur die reaktionären Phänomene aufgreifen und kritisieren, aber das kapitalistische System an sich nicht antasten wollen, wie beispielsweise neuerdings die Partei MeRa2523.
Wenn von Faschisierung gesprochen wird und damit die drohende Machtübernahme einer faschistischen Partei und die Rückkehr des faschistischen Führerstaats der 1930er und 40er Jahre gemeint ist, dann ist diese Analyse heute überall auf der Welt falsch – auch da, wo rechtsradikale und faschistische Individuen wie Netanyahu, Meloni, Bolsonaro, Modi, Orban oder Trump an der Spitze von Staaten und Regierungen stehen. Von Faschisierung kann dann gesprochen werden, wenn das bürgerlich-kapitalistische System den Rückgriff auf autoritäre und repressive Methoden der Herrschaftssicherung systematisch und kontinuierlich verstärkt. In diesem Sinne handelt es sich um einen Prozess, der über einen langen Zeitraum gehen kann und eine langfristige Verschiebung der Herrschaftsmethoden meint, ohne dass der bürgerliche Staat jemals wieder genau die gleichen Formen annehmen müsste, wie er sie in Deutschland zwischen 1933 und 1945 oder etwa in Italien unter Mussolini hatte. Insbesondere lässt diese Analyse in keinem Fall den Schluss zu, dass die Kommunisten gemeinsam mit den „nicht-faschistischen“ bürgerlichen Parteien die faschistische Gefahr bekämpfen müssten.
Bereits heute sehen wir in Deutschland zweifellos einen Ausbau solcher repressiven Methoden.Wir sehen, dass die Herrschenden die Militarisierung der Gesellschaft vorantreiben und Formen der rassistischen Ausgrenzung und Entmenschlichung zum integralen Bestandteil des herrschenden ideologischen Ausdrucks werden, so wie es gegenüber den Palästinensern offensichtlich geschieht. In manchen Aspekten ist diese Faschisierung in Deutschland bereits relativ fortgeschritten, auch im Vergleich zu anderen kapitalistischen Ländern, in anderen sicherlich weniger (so gehören Mord und „Verschwindenlassen“ durch parastaatliche Organisationen in der BRD aktuell in der Regel nicht zu den Methoden der bürgerlichen Herrschaft, anders als in der Ukraine, Kolumbien oder Mexiko). Wir müssen außerdem einschränken, dass die Faschisierung kein automatisch immer weiter fortschreitender Prozess ist, sondern eine von der Bourgeoisie vorangetriebene Neuaufstellung ihrer Herrschaftsmethoden, die aber nicht unabhängig vom Klassenkampf vonstattengeht. Und doch ist die Entwicklungsrichtung in Deutschland heute eindeutig und bedeutet immer weiter verschärfte und mit immer repressiveren, potenziell terroristischen Mitteln umgesetzte Angriffe auf die Arbeiterklasse und ihre Organisationen.
Unsere Antwort auf die Krise: Den Gegenangriff organisieren
So schlecht das Kräfteverhältnis auch momentan ist – es führt kein Weg daran vorbei, die Organisierung der Arbeiterklasse vor allem im Betrieb und den Kampf über die rein betriebliche Ebene hinaus auch auf politische Fragen zu orientieren. Mit Demonstrationen gegen den Krieg, den Völkermord oder gegen bestimmte rassistische Parteien allein lässt der Rechtsruck sich nicht aufhalten, mit einer inhaltlich diffusen und von der Arbeiterklasse isolierten „linken Szene“ schon gar nicht.Um den Entwicklungen wirksam entgegenzutreten, muss die Arbeiterklasse wieder als eigenständig und unabhängig von der bürgerlichen Politik organisierte Kraft mit ihrem eigenen Programm für den Sozialismus auf den Plan treten. Diese Aufgabe muss angegangen werden und ihr Kern besteht im Aufbau der Kommunistischen Partei, in ihrer Verankerung in der Arbeiterklasse.
Trotz der insgesamt stark negativen Tendenzen gibt es auch hoffnungsvolle Entwicklungen: Zuallererst ist der tendenzielle Anstieg der Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse in den letzten Jahren zu nennen. So wurden für 2023 312 Streiks in Deutschland registriert, der höchste Wert seit Beginn der Zählung im Jahr 2006. Dadurch fielen mehr als 1,5 Mio. Arbeitstage aus, ein massiver Anstieg gegenüber dem Vorjahr (674.000 Ausfalltage)24. Auch 2024 werden und wurden vergleichsweise viele Arbeitskämpfe geführt, beispielsweise in der Metall- und Elektroindustrie, der Automobilbranche und im öffentlichen Nahverkehr. Die Zunahme der Kampfbereitschaft ist kein Zufall, sondern Ausdruck der fortgesetzten Angriffe des Kapitals auf die Realeinkommen, die öffentliche Infrastruktur, das Gesundheitswesen usw. Diese Kämpfe müssen konsequenter geführt werden, wofür die Arbeit der Kommunisten und anderer klassenkämpferischer Kräfte in den Gewerkschaften entscheidend ist. Überall in den betrieblichen Kämpfen werden Kommunisten gebraucht – und damit meinen wir hier nicht einfach nur Personen, die sich selbst so verstehen, sondern Leute, die auf Grundlage ihrer kommunistischen Organisierung in der Lage sind, den einzelnen Kampf nicht nur anzuführen und voranzutreiben, sondern mit der Vorbereitung der Arbeiterklasse auf die Machtübernahme zu verbinden. Das Fehlen solcher Kader, aber auch allgemein das Fehlen klassenkämpferischer Kolleginnen und Kollegen in ausreichender Zahl bedeutet angesichts der meist bremsenden Haltung der Gewerkschaftsspitzen, dass die Kämpfe in den meisten Fällen nicht konsequent geführt werden können.
Doch auch anderswo regt sich Widerstand: Die Bewegung gegen den Genozid in Palästina hat auch in Deutschland massenhaft Fahrt aufgenommen, hat sich angesichts der heftigen staatlichen Repression als ausgesprochen kämpferisch und opferbereit erwiesen und viele Tausende, v.a. junge Menschen mobilisiert, von denen viele sich nun politisieren. Die Bewegung weist eine starke antikapitalistische Tendenz auf und die daran Beteiligten sind vielfach offen für die Standpunkte der Kommunisten. In eingeschränktem Ausmaß lässt sich etwas ähnliches auch beispielsweise über die Klimabewegung aussagen: Auch hier politisieren sich nach wie vor viele junge Menschen und werden es wohl auch in Zukunft weiterhin tun, da Klimawandel und Umweltzerstörung in ihrem negativem Einfluss auf die Lebensumstände der Massen nur noch weiter zunehmen werden. Auch hier ist einer wachsenden Zahl von Beteiligten der untrennbare Zusammenhang der Klimazerstörung mit dem Kapitalismus zunehmend bewusst, die Verschiebung der Bewegung in eine tendenziell antikapitalistische Richtung ist vielerorts spürbar.
All diese Tendenzen, so positiv sie sind, sind allerdings bisher nur im kleinen Maßstab festzustellen. Eine Verbindung der unterschiedlichen Kämpfe findet nach wie vor kaum statt. So werden sowohl innerhalb der Klimabewegung (v.a. bei Fridays for Future in Deutschland) und in den Gewerkschaften Auseinandersetzungen um die Frage der Solidarität mit dem palästinensischen Volk geführt. In beiden verbleiben starke reaktionäre Kräfte, die sich mit dem israelischen Regime solidarisieren. Und während der Genozid in Palästina immerhin eine relevante, wenn auch kleine gesellschaftliche Minderheit mobilisiert, fehlt es weitgehend an einer Antikriegsbewegung im Allgemeinen und einer Bewegung gegen die Aufrüstung und Militarisierung sowie die Verwicklung in den Ukrainekrieg im Besonderen. Selbst palästinasolidarische Menschen, die gleichzeitig Waffenlieferungen an das ukrainische Regime befürworten und in dieser Frage völlig der NATO-Linie folgen, sind keine Seltenheit. Die Gefahr eines großen Krieges in Europa und die Verantwortung der Herrschenden in der BRD wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken, ist eine wichtige Aufgabe des Klassenkampfes in der nächsten Zeit.
Halten wir fest: Der ökonomische Klassenkampf und der Kampf gegen den imperialistischen Krieg sind die zentralen Aufgaben der kommunistischen Bewegung. Nur so – und nicht durch Anti-AfD-Demonstrationen gemeinsam mit den vermeintlich „demokratischen“ bürgerlichen Parteien – können wir uns der reaktionären Entwicklung entgegenstellen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, sie koordiniert und mit einem klaren Programm angehen zu können, müssen wir die Kommunistische Partei aufbauen. Dabei gilt es nun, keine Zeit zu verlieren.
1 https://www.fdp.de/sites/default/files/2024-11/wirtschaftswende-deutschland.pdf
2 https://www.focus.de/finanzen/boerse/muenchner-autobauer-liefert-quartalzahlen-schwaches-china-geschaeft-und-bremsenproblem-bmw-gewinn-bricht-dramatisch-ein_id_260456077.html; https://www.wiwo.de/unternehmen/auto/quartalszahlen-oje-mercedes/30056490.html
3 https://www.focus.de/finanzen/boerse/muenchner-autobauer-liefert-quartalzahlen-schwaches-china-geschaeft-und-bremsenproblem-bmw-gewinn-bricht-dramatisch-ein_id_260456077.html
4 https://de.statista.com/themen/1094/automobilabsatz-in-china/#topicOverview
5 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/china-automarkt-absatzprobleme-deutsche-hersteller-100.html
6 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/ifo-auftragsmangel-100.html
7 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1108249/umfrage/corona-prognose-zum-bip-von-deutschland-in-verschiedenen-szenarien/
8 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/wirtschaftsweisen-prognose-100.html
9 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_N032_81.html
10 https://de.investing.com/rates-bonds/italy-10-year-bond-yield ; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167738/umfrage/staatsverschuldung-von-italien-in-relation-zum-bruttoinlandsprodukt-bip/
11 https://www.iwkoeln.de/studien/thomas-puls-edgar-schmitz-wie-stark-beeintraechtigen-infrastrukturprobleme-die-unternehmen-in-deutschland-ergebnisse-von-iw-befragungen.html
12 https://data.worldbank.org/indicator/BX.KLT.DINV.CD.WD?locations=DE ; https://data.worldbank.org/indicator/BM.KLT.DINV.CD.WD?locations=DE
13 https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Realloehne-Nettoverdienste/Tabellen/liste-reallohnentwicklung.html#fussnote-1-134646
14 https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/rente-hoehe-anstieg-deutschland-rentenatlas-100.html
15 https://www.merkur.de/leben/geld/rente-65-oder-67-nicht-erleben-lebenserwartung-gesetzliches-rentenalter-zr-90080581.html
16 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/immobilienmarkt-ueberblick-wohngipfel-100.html
17 https://wohnglueck.de/artikel/mieten-deutschland-10-jahresvergleich-26942
18 https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/krankenhaeuser-deutschland-100.html
19 https://www.merkur.de/politik/ranking-politiker-deutschland-beliebtheit-liste-scholz-pistorius-merz-soeder-ampel-92648011.html
20 https://www.deutschlandfunk.de/vizekanzler-habeck-wirbt-fuer-neues-bundeswehr-sondervermoegen-vor-neuwahl-100.html
21 https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/11/un-special-committee-finds-israels-warfare-methods-gaza-consistent-genocide
22 Eine Verurteilung des Genozids in Gaza war von der „Linkspartei“ bis heute nicht zu hören. Bei der Abstimmung über die sogenannte „Antisemitismus-Resolution“, die sich nicht wirklich gegen Antisemitismus richtet, sondern die Bündnistreue zu Israel und das repressive Vorgehen gegen jede Kritik an den israelischen Faschisten festschreibt, hat die Partei sich enthalten. Gleichzeitig werden Ausschlussverfahren gegen Mitglieder eingeleitet, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzen, vgl. https://taz.de/Streit-ueber-Antisemitismus/!6045837/
23 https://kommunistischepartei.de/stellungnahmen/mera25-ein-prokapitalistisches-trojanisches-pferd-in-der-palaestina-bewegung/
24 https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/streikbilanz-zahl-der-arbeitskaempfe-und-ausfalltage-2023-deutlich-gestiegen-a-491e696c-13bf-401d-bcf3-e239782de595