Gegen die Aggressionen Israels im Libanon – unsere Waffe ist unsere Solidarität

Stellungnahme des Zentralkomitees der KP vom 2. Oktober 2024

Die Ereignisse überschlagen sich: Ein knappes Jahr nach dem Offensivschlag aus Gaza dauert Israels Genozid an den Palästinensern an und eskaliert in hohem Tempo. Am Dienstag startete Israel eine erste Bodenoffensive im Libanon. Den libanesischen Massen droht nun ebenfalls ein genozidales Vernichtungsszenario. Seit Ende der letzten Woche weiten die Zionisten den Krieg aus: Massive Angriffe auf den Libanon, auf Syrien und nun auch auf den Jemen. Es hagelt Bomben, niemand kann sich in dieser Region mehr sicher fühlen. Es wird immer deutlicher, dass Israel unter dem Vorwand der Selbstverteidigung seine nationalistischen Ziele verfolgt: Die Schaffung einer regionalen Großmacht, die destabilisierte Nachbarstaaten in ein „Großisrael“ auflöst. Damit sind die vorgeschobenen Gründe über die angebliche Selbstverteidigung Israels kaum noch aufrechterhalten.

Mit der Ermordung des Generalsekretärs der libanesischen Partei Hisbollah, Hassan Nasrallah, hat der israelische Staat am vergangenen Freitag den nächsten Schritt in der Eskalation gemacht. Dies markiert den bisherigen Höhepunkt einer Reihe aufsehenerregender israelischer Terrorattacken auf den Libanon. Schon im Juni drohte der israelische Verteidigungsminister Gallant, den Libanon “in die Steinzeit zurückzubomben”.1 Wenige Monate später beginnt Israel, diese Drohung umzusetzen. Erst vergangene Woche zeigte Israel mit einem terroristischen Angriff erneut seinen wahren Charakter: Mit Sprengstoff manipulierte Pager und Handfunkgeräte der Hisbollah wurden an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gezündet. Es starben mehr als 32 Menschen. Knapp 3000 Menschen, die meist zufällig in der Nähe der Pager waren, wurden teilweise schwer verletzt.2 Bei seinen Angriffen auf die Hisbollah, die im Kampf gegen die israelische Besetzung des Südlibanons von 1982–2000 entstand,3 nimmt Israel die massenhafte Tötung von Zivilisten in Kauf. Auch bei dem Angriff auf Nasrallah selbst attackierte die israelische Armee ein dicht besiedeltes Wohngebiet und zerstörte einige Wohngebäude.4

Israelische Politiker haben sogar öffentlich angekündigt, dass der Libanon so zerstört werden soll wie das inzwischen völlig zerbombte Gaza.5 Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium töteten die israelischen Angriffe in den vergangenen zwei Wochen bis Sonntag bereits mehr als 1000 Menschen und verletzten 6000. Mehr als eine Million Menschen sind bereits auf der Flucht.6 Für die deutschen Medien sind diese zahlreichen Toten keine großen Schlagzeilen wert, stattdessen wird über die Hisbollah, die “präzisen Angriffen”7 und die mangelnde Unterstützung deutscher Politiker für die israelischen Aggressionen berichtet.8 So scheint es in arabischen Ländern keine unschuldigen Opfer mehr zu geben – ein weiterer Beweis für den fortschreitenden Rassismus. Es reicht schon die “falsche” Hautfarbe oder Religion aus, um als legitimes Angriffsziel von Raketenbeschuss zu gelten.

Am Wochenende flogen israelische Kampfjets erneut Angriffe im Jemen. Am Sonntag folgten schwere Bombenangriffe auf die jemenitischen Städte al-Hudaida und Ras Isa. Laut israelischen Angaben richteten sich die Angriffe gegen den Ansar Allah (Huthis). Die de-facto-Herrscher im Westen des Jemen hatten Israel in den vergangenen Monaten mehrfach in erklärter Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung attackiert und auch Handelsrouten im Golf von Aden angegriffen. Nicht ohne Erfolg: Infolge der Angriffe entschieden mehrere Reedereien, die Route durch den Suezkanal zu meiden und stattdessen den längeren Weg um den afrikanischen Kontinent zu nehmen. Damit sank die Anzahl der Schiffe, die den Suezkanal durchquerten, um 60 Prozent.9 Entsprechend stiegen die Kosten für den Containertransport, z.B. zwischen China und Europa erheblich. Dieser Versuch, den internationalen Druck auf Israel zu erhöhen, kann dem palästinensischen Widerstand helfen.

Nachdem der Iran Dienstag Abend Israel in einer eher symbolischen Aktion mit Raketen beschossen hatte, sicherte Biden am Mittwoch Morgen Netanjahu volle Unterstützung zu.10 Die Angriffe des Irans sind ein gefundenes Fressen für die verschiedenen westlichen Regierungen. Während sie die letzten Wochen noch – wenn auch schwächlich – Israel zur Zurückhaltung aufriefen, können sie heute ihre Unterstützung wieder ganz offen zugeben. Dabei wird deutlich: Die Eskalation geht von Israel aus, es scheint momentan nicht im Interesse des iranischen Staats zu sein, einen Krieg zu beginnen – entgegen der Darstellung deutscher Politiker.11 12

Der israelische Staat zeigt währenddessen an allen Fronten, dass er bereit ist, jedes internationale Abkommen zu brechen und seine verbrecherischen Angriffe an allen internationalen Organisationen vorbei auszuführen. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu nannte die Vereinten Nationen in New York vom Rednerpult ihrer eigenen Vollversammlung aus einen „antisemitischen Sumpf“ und eine „anti-israelische Flat-Earth-Gesellschaft“.13 Der politische Führer des Zionismus sieht sich offensichtlich als unantastbar, solange die zynische Doppelmoral über Israel als besonders schützenswerten Raum aufrechterhalten wird. Dieser Schutz wird dem Zionismus allen voran von den USA gewährleistet. Aber auch Deutschland spielt eine große Rolle in der ideologischen und politischen Unterstützung der zionistischen Kolonialmacht. Innerhalb der EU war der deutsche Staat in den letzten Jahren immerhin der wichtigste Handelspartner Israels,14 deutsche Unternehmen machten in den letzten 10 Jahren ein Drittel der Waffenimporte Israels aus.15 Und auch Diskussionen über deutsche Soldaten in Gaza zeigen: Direkte militärische Mittel sind kein Tabu.16 Der deutsche Staat nutzt aber vor allem für die politische Unterstützung Israels heuchlerisch die eigene faschistische Vergangenheit, um die Verbrechen Israels im eigenen Land und weltweit unangreifbar zu machen. Jede Kritik steht damit sofort unter dem Verdacht, die faschistischen Verbrechen der deutschen Geschichte zu verharmlosen. Die deutsche herrschende Klasse profitiert davon nicht nur, um Aktivisten massiv einzuschüchtern und ihren Protest auf offener Straße niederschlagen zu lassen. Auch der Transfer von technologischem Know How kommt ihr zugute, wenn Waffen am palästinensischen Volk getestet werden.17 Nicht zuletzt stützt sich der deutsche Imperialismus, ebenso wie andere kapitalistische Länder,18 auf Israel als Brückenkopf in der Region für eigene geopolitische Machtphantasien.

Und hier beginnt unsere Aufgabe:

Unser Beitrag zum Schutz des Lebens und der Sicherheit der unterdrückten Klassen weltweit – im Libanon, im Jemen, in Palästina – kann nur unsere Solidarität sein. Diese müssen wir weiterhin sichtbar auf die Straße tragen, um der vorherrschenden Kriegshetze des deutschen Imperialismus, aber auch dem lauten, ängstlichen Schweigen der Massen in Deutschland etwas entgegenzusetzen. An den Orten, an denen wir leben und arbeiten, müssen wir für das Ende aller Kooperationen mit dem zionistischen Kolonialprojekt kämpfen. Sei es der Kampf an den Unis für das Ende akademischer Zusammenarbeit, die Unterstützung von Boykott-Aufrufen, die bereits zu beträchtlichen Gewinneinbußen geführt haben19 oder der Kampf in unterschiedlichsten Formen gegen die Rüstungsindustrie.

Ein Vorbild sind die italienischen, griechischen und britischen Arbeiter, die im vergangenen Jahr durch Streiks Waffenlieferungen nach Israel verhindert haben. Der Kampf in den Gewerkschaften, als wichtigste Organisationen der Arbeiterklasse, ist für uns von besonderer Bedeutung. Heute sind die Gewerkschaftsführungen und auch Teile der Gewerkschaftsbasis auf Linie der Propaganda der Herrschenden in Deutschland. Und dennoch müssen wir hier ansetzen und die Organisierung insbesondere am Arbeitsplatz vorantreiben – für die Lösung aller Probleme unserer Klasse. Unsere größte Waffe ist der ökonomische Druck, den wir aus eigener Stärke heraus ausüben können, anstatt Monopolkonzerne und imperialistische Staaten anzubetteln. Wir brauchen Netzwerke, die aus der gewerkschaftlichen Basis heraus die Politik der Gewerkschaftsführung in Frage stellen, die sich gegen die Normalisierung des Siedlerkolonialismus und die militärische Unterstützung Israels aussprechen und für konkrete Solidarität mit den unterdrückten Klassen im Nahen Osten einstehen.

Der größte Schutz, die größte internationale Solidarität, die wir organisieren können, ist der Kampf für eine Welt der Gleichheit und des Friedens. Solange die kapitalistische Warenwirtschaft existiert, wird das Ringen der Imperialisten um Absatzmärkte, Rohstoffe und Land nicht enden. Organisieren wir uns gegen Krieg und Kapitalismus, für eine menschenwürdige, eine sozialistische Gesellschaft!

Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf!
Solidarität mit dem libanesischen und jemenitischen Volk!
Nieder mit Imperialismus und Krieg!

1 https://www.timesofisrael.com/liveblog_entry/gallant-warns-israel-can-return-lebanon-to-stone-age-but-doesnt-seek-war-with-hezbollah/

2 https://abcnews.go.com/International/pagers-beds-phones-latest-lebanon-attack-israels-history/story?id=114069583

3 https://www.tagesschau.de/ausland/asien/iran-hisbollah-libanon-101.html

4 https://www.nytimes.com/2024/09/27/world/middleeast/beirut-nasrallah-strike-apartment-destroyed.html

5 https://www.timesofisrael.com/hawkish-likud-mk-lebanon-war-a-matter-of-days-beirut-suburb-will-look-like-gaza/, der Bildungsminister sprach schon im Juli von der Vernichtung Libanons: https://www.hrw.org/news/2024/09/27/lebanon-already-aflame-atrocities-may-follow

6 https://www.theguardian.com/world/live/2024/sep/29/middle-east-crisis-live-israel-bombardment-lebanon-hezbollah-hassan-nasrallah-latest

7 https://www.deutschlandfunk.de/israel-greift-hisbollah-hauptquartier-in-vorort-von-beirut-an-102.html

8 https://www.merkur.de/politik/libanon-israel-staatsraeson-kritik-toetung-nasrallah-baerbock-aussenministerin-93330503.html

9 https://www.egyptindependent.com/suez-canal-suffers-significant-revenue-loss-of-over-60-percent-in-the-last-7-months-sisi/

10 https://www.deutschlandfunk.de/biden-sichert-netanjahu-volle-unterstuetzung-zu-102.html

11 Annalena Bearbock: “Wir haben Iran vor dieser gefährlichen Eskalation eindringlich gewarnt. Iran muss den Angriff sofort einstellen. Er führt die Region weiter an den Abgrund.” https://x.com/ABaerbock/status/1841171909553123449

12 Olaf Scholz: “Iran riskiert damit, die ganze Region in Brand zu setzen – das gilt es unter allen Umständen zu verhindern.” https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/liveblog-eskalation-nahost-israel-100.html

13 https://www.timesofisrael.com/full-text-of-netanyahus-un-speech-enough-is-enough-he-says-of-hezbollah-also-warns-iran/

14 https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/israel-node/bilateral/203806

15 https://www.bbc.com/news/world-middle-east-68737412

16 https://www.t-online.de/nachrichten/deutsch land/militaer-verteidigung/id_100501048/deutsche-soldaten-nach-gaza-baerbock-hat-recht-.html

17 The Lab (2013) [Israel’s Weapons-Testing Human Laboratory] https://www.youtube.com/watch?v=yWo1SrIyFKI

18 z.B. Biden zu den Interessen der USA: https://www.timesofisrael.com/liveblog_entry/biden-full-text-without-israel-theres-not-a-jew-in-the-world-thats-secure/

19 https://www.capital.de/geld-versicherungen/us-firmen-werden-wegen-israel-unterstuetzung-zunehmend-boykottiert-34738644.html

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