Zum Antikriegstag 2024
Stellungnahme des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei vom 29. August 2024
Vor 85 Jahren, am 1. September 1939, überfiel das faschistische Deutschland Polen. Dieser Tag markiert den Beginn des Zweiten Weltkriegs. Bereits 21 Jahre nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg unternahm der deutsche Imperialismus damit den nächsten Versuch, mit militärischen Mitteln die Völker Europas und der Welt zu unterwerfen und zur globalen Großmacht zu werden. Er scheiterte erneut. Die faschistischen Regime in Deutschland, Italien, Japan und einigen anderen Ländern wurden beseitigt – aber das imperialistische Weltsystem bestand fort. Es dauerte nicht lange bis die imperialistischen Konkurrenten der BRD, allen voran die USA, Großbritannien und Frankreich, neue imperialistische Kriege in Korea, Malaya, Griechenland und Vietnam entfachten.
Die Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Staaten bestimmt auch heute das Weltgeschehen – und sie verschärft sich. Ausdruck davon sind der andauernde imperialistische Krieg in der Ukraine, der Genozid am palästinensischen Volk, das Säbelrasseln im südchinesischen Meer und die allseitigen Kriegsvorbereitungen. Ein weiterer großer Krieg zeichnet sich ab.
In Deutschland schlägt sich das nieder in Aufrüstung, Kriegspropaganda, rassistischer Hetze und einer anschwellenden Repression. Dem stellen wir uns entgegen. Aber wir wissen: Im Kapitalismus gibt es keinen Frieden, es gibt nur die Zeit bis zum nächsten Krieg. Deshalb gilt es, sich zu organisieren, die Kommunistische Partei aufzubauen und den Sozialismus zu erkämpfen.
Der dritte Weltkrieg am Horizont
Der russische Einmarsch in die Ukraine jährt sich im Februar zum dritten Mal, während die Bewohner des Donbass bereits seit 10 Jahren Krieg erleben. Der Krieg hat nicht nur eine nicht genau bekannte Zahl an Toten gefordert – in jedem Fall sind es viele Zehntausende auf beiden Seiten – sondern auch die Welt näher an einen Dritten Weltkrieg gebracht, als es seit Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Während Russland seine Invasion fortsetzt, diskutieren einzelne NATO-Staaten über die direkte Entsendung von Truppen in die Ukraine und weitere Maßnahmen, die einem offenen Kriegseintritt gegen Russland nahekommen würden. Die deutsche Außenministerin Baerbock hat in einem angeblichen „Versprecher“ bereits öffentlich erklärt: „Wir befinden uns im Krieg mit Russland“1.
Doch Osteuropa ist nicht der einzige Krisenherd, in dem die kapitalistischen Mächte aufeinanderprallen. Die USA setzen die unter Obama begonnene außenpolitische Neuorientierung auf den Kampf gegen China weiter um – in diesem Kontext ist auch die „Friedensrhetorik“ des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump zu verstehen, der zwar vorgibt, den Krieg in der Ukraine beenden zu wollen, damit allerdings vor allem militärische Ressourcen für die Konfrontation mit dem eigentlichen Hauptgegner freimachen will, nämlich China.
Und auch Israel setzt den Völkermord, die planmäßige Vernichtung und Vertreibung der Bevölkerung Gazas mit unverminderter Härte fort – nach einer Schätzung der britischen medizinischen Zeitschrift The Lancet ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Völkermord über 186.000 Todesopfer in weniger als einem Jahr gefordert hat2. Darüber hinaus gehen auch die fortschreitende Vertreibung und Ermordung von Palästinensern im Westjordanland weiter, wobei die völlige Eingliederung der Region als Staatsgebiet vom Staat Israel offen als Ziel verfolgt wird. Die Regierung Israels vertritt zudem offen die Vision eines Großisraels, was Gebiete aller Nachbarstaaten beanspruchen würde. Außerdem eskaliert Israel durch offene Kriegsakte, wie den Bombenanschlag gegen die iranische Botschaft in Damaskus und den Mord an dem führenden Hamas-Funktionär Ismail Haniyeh, den Konflikt mit dem Iran.
Deutschland ist an all diesen Konflikten beteiligt und gießt Öl ins Feuer. In Palästina und der Ukraine ist es einer der Hauptakteure, die den Krieg durch Waffenlieferungen und andere Formen der Aggression weiter eskalieren. Allein Deutschlands direkte militärische Unterstützung für die Ukraine beträgt inzwischen 10,2 Milliarden Euro und ist damit der zweitgrößte Beitrag nach dem der USA3. Die Friedensbewegung in Deutschland und insbesondere die Bewegung gegen den Genozid in Gaza werden massiv unterdrückt. Der deutsche Staat zeigt so deutlich wie seit langem nicht sein wahres Gesicht als Diktatur des Kapitals.
Blutrot – Eitergelb – Olivgrün: Die Ampel rüstet auf
Die Regierung der „Ampel“, die sich selbst als „Mitte-links“-Regierung versteht, ist eine Regierung des Kapitals, eine Regierung der Aufrüstung, der Kriegstreiberei und der Genozid-Unterstützung. Die deutschen Militärausgaben liegen 2024 bei über 90 Mrd. €. Damit liegen die Ausgaben Deutschlands für Krieg und Rüstung heute bei 250% des Niveaus von vor 10 Jahren. Bundeskanzler Scholz hat einer garantierten weiteren Aufrüstung bereits zugesagt4. Mit der 2022 durchgeführten Grundgesetzänderung von Artikel 87a ist der Weg frei für weitere 100-Milliarden-Kriegspakete5. Jeder Euro, der in neue Waffen für die Bundeswehr fließt, dient direkt oder indirekt dazu, Krieg und Massenmord heute zu finanzieren oder für die Zukunft vorzubereiten. Legitimiert wird die Aufrüstung mit der absurden Propagandalüge, wonach Deutschland von einem russischen Angriff bedroht sei. Offensichtlich ist die russische Regierung kein Friedensengel – kein kapitalistischer Staat ist das. Doch die Vorstellung, dass Russland einen Krieg mit der NATO anstrebe, nachdem es auch die Ukraine erst nach drei Jahren, unter gewaltigem Kraftaufwand und mit enormen Verlusten teilweise zu besiegen scheint, ist grober Unsinn.
Entscheidend ist ohnehin: Die Kriege der Kapitalisten bedeuten für die Völker der Welt nie einen Vorteil. Es geht nicht darum, wer „angefangen“ hat, wer „Angreifer“ und wer „Verteidiger“ ist: Die ukrainische Arbeiterklasse friert im Winter in ihren Wohnungen und muss um ihre Söhne weinen, die an der Front einen elendigen Tod sterben, während die reichen Ukrainer sich längst in den Westen abgesetzt haben. Das gleiche Bild ergibt sich aber auch in Russland: Arme Arbeitersöhne und insbesondere die Bewohner der armen Regionen riskieren und verlieren ihr Leben im Krieg, doch die Gebietsgewinne in der Ostukraine werden am Ende nur der herrschenden Klasse nützen.
Doch Krieg fällt nicht vom Himmel. Er wird in den Kriegs- und Völkermordzentralen der kapitalistischen Staaten beschlossen und umgesetzt. Daran hat sich nichts geändert, seit Deutschland 1914 und 1939 bereits zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen hat. Vom Angriff auf die Bundesrepublik Jugoslawien 1999, über die Militäreinsätze in Mali und Afghanistan und die bedingungslose Unterstützung Israels, bis zum Konflikt mit Russland, in dem Deutschland seit vielen Jahren zu denen gehört, die an der Eskalationsschraube drehen: Nie ging es dabei darum, irgendwelche Menschen zu beschützen. Krieg ist für Profite da. Das zeigen auch einfache Rechenbeispiele: Allein das aufwändige Luftwaffenprojekt FCAS der deutschen, französischen und spanischen Armee kostet mit 100 Mrd. € fast die Hälfte der Summe, mit der man den Hunger auf der Welt beenden und damit jedes Jahr viele Millionen Leben retten könnte – natürlich ist das aber im Kapitalismus nicht möglich. Denn im Kapitalismus geht es um die Rettung von Profiten durch die Ausweitung von Einflusssphären und durch die Kontrolle von Arbeits- und Absatzmärkten und Ressourcen, nicht um die Rettung von Leben.
Den Kampf gegen den deutschen Imperialismus führen …
Deutschland stellt sich selbst als offenes, freundliches Land dar – doch die Wirklichkeit ist, dass der deutsche Staat einer der größten Kriegs- und Rüstungstreiber ist und durch Waffenexporte in aller Welt mitmordet. Die vermeintlich „linken“ Grünen und die SPD stehen der extremen Rechten hier in nichts nach. Die Grundlage dieser Kriegspolitik, die nicht nur in anderen Ländern tagtäglich für Tod und Zerstörung sorgt, sondern auch für uns und unsere Familien brandgefährlich ist, liegt im kapitalistischen System. Dieses System, in dem die Wirtschaft in privaten Händen liegt und für den Profit stattfindet, macht einen dauerhaften Frieden unmöglich.
Wir dürfen nicht noch einmal auf die Schlachtbank eines Weltkriegs geführt werden. Zu Massengräbern, Ruinenfeldern und Leichenbergen sagen wir: Nie wieder!
Doch die Herrschenden werden ihre Kriegspläne nicht aufgeben, nur weil wir sie nett darum bitten. Nur durch massenhaften Widerstand können wir die Umsetzung dieser Pläne behindern. Dabei müssen die Gewerkschaften als größte Organisationen der Arbeiterklasse eine zentrale Rolle spielen – doch leider stehen die Führungen und auch Teile der Basis des Deutschen Gewerkschaftsbunds vollkommen auf der Seite der Kriegstreiber, sie unterstützen die Rüstungsindustrie und die Aufrüstungspolitik6 und beteiligen sich sogar an den Angriffen auf die Friedensbewegung, beispielsweise durch verlogene „Antisemitismus“-Vorwürfe gegen Aktivisten in der Palästina-Bewegung. Wir müssen die Organisierung insbesondere am Arbeitsplatz für die Lösung aller Probleme unserer Klasse vorantreiben. Nicht nur die unmittelbar betrieblichen Probleme, sondern auch die großen politischen Fragen der Zeit, für Lohnausgleich angesichts der Inflation, für die Gleichberechtigung der Frau, gegen die Wohnungsnot, die Auswirkungen des Klimawandels, gegen Rassismus und Faschismus, aber eben auch gegen die Kriegspolitik, erfordern starke und kämpferische Gewerkschaften. Doch das ist nur möglich, wenn wir Netzwerke aufbauen, die sich gegen die sozialpartnerschaftliche Politik stellen und wenn die Kapitalvertreter in den Führungen der Gewerkschaften aus den Betrieben heraus abgelehnt und abgesetzt werden.
Die Kommunistische Partei aufbauen!
Krieg hat System – und Frieden auch! Es ist der Kapitalismus, der die Kriege hervorbringt, bis hin zur drohenden Vernichtung der Menschheit durch einen atomaren Weltkrieg. Ein Kampf gegen die Kriegspolitik, der sich nicht gegen den Kapitalismus richtet, muss letzten Endes ausweglos bleiben. Doch den Kampf gegen den Kapitalismus, für eine neue Gesellschaft, den Sozialismus, kann nur die Arbeiterklasse, d.h. die Masse aller lohnabhängig Beschäftigten, durch ihre eigene Organisation, ihre eigene Partei führen. Wir, die Kommunistische Partei, streben an, diese Partei zu werden, indem wir der Arbeiterklasse einen Ausweg aus der kapitalistischen Katastrophe aufzeigen, indem wir die Kämpfe der Klasse organisieren und ausweiten, indem wir den nächsten Anlauf zum Sturz des Kapitalismus und zum Aufbau des Sozialismus in die Hand nehmen. Für den Aufbau der Kommunistischen Partei brauchen wir jeden denkenden Kopf, der diesen Kampf erkennt und jede helfende Hand, die ihn kämpfen will. Organisiert euch gegen Krieg und Kapitalismus, für eine menschenwürdige, eine sozialistische Gesellschaft!
Auf die Straße zum Antikriegs- und Weltfriedenstag!
Für die internationale Solidarität der Arbeiterklasse in allen Ländern!
Gegen die Kriege der Kapitalisten!
1 Im englischen Original: „We are fighting a war against Russia, not against each other.“ https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/diskussionen-aussage-baerbock-russland-krieg-100.html
2 https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)01169-3/fulltext
3 https://www.ifw-kiel.de/topics/war-against-ukraine/ukraine-support-tracker/, abgerufen am 26. August 2024
4 Rüstungsausgaben 2025-2028: https://www.imi-online.de/2024/07/08/militaerausgaben-2025-2028-ruestung-ausser-rand-und-band/
5 https://www.imi-online.de/2023/11/15/das-sondervermoegen-der-bundeswehr/
6 Siehe z.B.: https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/verteidigungsindustrie-zukunftsfaehig-machen