68 Jahre KPD-Verbot

von Georg Zeder

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Im August 1956 verbot das Bundesverfassungsgericht die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Elf Jahre nach der militärischen Niederlage des Faschismus in Deutschland erreichte die Unterdrückung der Arbeiterbewegung in der BRD ihren vorläufigen Höhepunkt. Die Partei wurde in die Illegalität verbannt und tausende Parteimitglieder wurden verfolgt, verurteilt und eingesperrt – oft von denselben Gerichten, die sie schon während der Nazizeit verurteilt hatten. Das Verbot der KPD war mehr als nur ein Schlag gegen eine politische Partei. Es war, wie sich bald zeigen sollte, ein Versuch, den Marxismus insgesamt zu illegalisieren und aus dem öffentlichen Leben zu verbannen.

Der vorliegende Artikel soll die Interessen der westdeutschen Bourgeoisie, die zum Verbot geführt haben, entlarven und Schlussfolgerungen für unsere heutige Arbeit ziehen. Zunächst wird aber ein Blick auf die KPD geworfen: Was war das für eine Partei, die da verboten wurde? Wie sahen ihr Programm und ihre Praxis aus und was bedeutet dies für heute? Dabei wird sich vor allem auf die wesentlichen Ziele der KPD beschränkt. Eine Analyse der Begründungen für die jeweilige Ausrichtung der Partei würde den Rahmen dieses Artikels sprengen und wird daher allenfalls angedeutet. Sie kann aber in jedem Falle den Originaldokumenten entnommen werden, die diesem Text zugrunde liegen.

Als weitere Vorbemerkung sei noch Folgendes angebracht: wir können als Kommunistinnen und Kommunisten heute nicht die Politik der KPD in der Nachkriegszeit darstellen, ohne diese zu kritisieren. Dennoch soll dieser Text nicht als eine Beerdigung der KPD, oder gar als Nachtreten gegen die mittelbar und unmittelbar vom bis heute geltenden Verbot betroffenen Genossinnen und Genossen verstanden werden, denen unsere vollste Solidarität gilt.

„Antifaschistisch-demokratischer Neubeginn und Kampf um die Einheit Deutschlands

Die Kommunistinnen und Kommunisten zahlten im Faschismus von allen politischen Gruppen im antifaschistischen Widerstand den höchsten Blutzoll. Auch wenn während des Faschismus und im Krieg zehntausende Mitglieder und Kader der Partei getötet wurden und die Arbeit in der Illegalität immer stärker eingeschränkt wurde, gelang es den Faschisten nie, die inländischen Untergrundstrukturen der Partei vollständig zu zerstören. So war die KPD trotz schwerer Verluste die am besten auf die Nachkriegssituation vorbereitete Partei. Somit war sie, als das faschistische Deutschland mit der bedingungslosen Kapitulation am 8. und 9. Mai 1945 vollständig zusammenbrach, die erste politische Partei, die wieder organisatorisch tätig wurde. Als konsequent antifaschistische Kraft genoss sie dabei in breiten Teilen der Bevölkerung zunächst ein großes Ansehen.

Bereits am 11. Juni 1945 veröffentlichte das Zentralkomitee der damals noch als gesamtdeutsch (d.h. in allen vier Besatzungszonen) agierenden Partei um Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht und Franz Dahlem einen Aufruf an das „schaffende Volk in Stadt und Land“, worin die Partei ihre Orientierung auf einen antifaschistisch-demokratischen Neuaufbau Deutschlands programmatisch begründete. Darin wurden der Faschismus, der Militarismus sowie das Großkapital als Hauptschuldige an der Katastrophe historischen Ausmaßes, die „über Deutschland hereingebrochen” sei, ausgemacht. Ermöglicht wurde diese durch eine Niederlage und die Spaltung der Arbeiterbewegung, so dass die KPD ein Bündnis aller antifaschistisch-demokratischen Kräfte aus Arbeiterklasse und Mittelschichten anstrebte und damit die Parole über die Schaffung der Volksfront vom 7. Weltkongress der Komintern „wiederbelebte“. Als Ziel wurde die Errichtung eines vereinigten, parlamentarisch-demokratischen und friedlichen Deutschlands ausgerufen (vgl. KPD 1945: 142). Als unmittelbare und dringendste Aufgaben wurden u.a. genannt: Die „Herstellung der demokratischen Rechte und Freiheiten des Volkes“, „Wiederaufrichtung der auf demokratischer Grundlage beruhenden Selbstverwaltungsorgane“, „Schutz der Werktätigen gegen Unternehmerwillkür und unbotmäßige Ausbeutung“, die „Enteignung des gesamten Vermögens der Nazibonzen und Kriegsverbrecher“, die „Liquidierung des Großgrundbesitzes“, die „Übergabe aller jener Betriebe, die lebenswichtigen öffentlichen Bedürfnissen dienen […] in die Hände der Selbstverwaltungsorgane“ (KPD 1945: 140f.). Der Aufbau des Sozialismus wurde also nicht als unmittelbares Ziel formuliert.

Erreicht werden sollten diese Ziele durch die gesamtdeutsche Einheit der Arbeiterbewegung in Form der Vereinigung mit der Sozialdemokratie. In der Praxis bemühte sich die KPD zunächst um eine lose Aktionseinheit zwischen Sozialdemokratie und Kommunisten, ein Bemühen, das teilweise relativ erfolgreich war. So kam es auch in den Westzonen u.a. zur Gründung mehrerer gemeinsamer Arbeitsgemeinschaften und Aktionsausschüsse, die – wie bspw. in Hamburg – die Vereinigung beider Arbeiterparteien vorbereiteten (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 22). Während in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) im April 1946 die Einheit mit der Bildung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) vollzogen wurde, setzten sich – unterstützt von den Besatzungskommissaren der Westmächte – in der Sozialdemokratie der Westzonen die einheitsfeindlichen Kräfte im Parteivorstand durch und erteilten den Einheitsbestrebungen eine Absage und trieben mit einem z.T. grotesken Antikommunismus die Spaltung der Arbeiterklasse wieder voran (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 22ff.).

1947 beschloss die KPD, sich in einer weiteren Initiative zur Einheit der Arbeiterbewegung in „Sozialistische Volkspartei Deutschlands“ umzubenennen. Begründet wurde dies damit, dass die Partei sich seit den 1930er Jahren von einer Partei der Arbeiterklasse zu einer Partei des gesamten werktätigen Volkes gewandelt hätte, womit sie von grundsätzlichen Erkenntnissen der revolutionären Arbeiterbewegung abrückte (vgl. KPD 1948a: 206). Auch wenn diese Initiative unter SPD- und sogar CDU-Mitgliedern gewissen Anklang fand, wurde die Namensänderung durch die Westalliierten verboten (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 26f.). Weitere Initiativen zur organisatorischen Einheit wurden vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden deutschen Teilung sowie des zunehmenden Antikommunismus nicht mehr unternommen. Die Orientierung auf eine breitere Klassenbasis als die Arbeiterklasse zeigte sich auch in der Gründung der FDJ. Diese sollte in Abgrenzung zum Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD), der 1933 von den Nazis verbotenen Jugendorganisation der KPD, eine breite antifaschistische Jugendbewegung sein (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 29).

Das politische „Nahziel“ der KPD dieser Zeit war – wie im Aufruf der KPD von 1945 verkündet – der antifaschistisch-demokratische Neuaufbau. Um diesen voranzutreiben, wirkte die KPD zunächst vor allem in den sogenannten Antifa-Komitees mit. Diese entstanden in den Monaten nach der Kapitulation flächendeckend in Deutschland. Neben den Kommunisten wirkten dort alle antifaschistischen Kräfte von Sozialisten über Liberale, Christen bis hin zu Konservativen mit. Ihre Ziele waren zunächst die Säuberung von Verwaltungen, Betrieben, Schulen etc. von aktiven Nazis und Militärs (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 28).

Daneben wurden aber auch offizielle Funktionen in der Verwaltung von Kommunen und im Rang von Ministern oder Staatssekretären in beinahe allen Landesregierungen der Westzonen übernommen. Dort wirkten sie vor allem an der Erarbeitung der Landesverfassungen mit (vgl. ebd.: 28f.).

Vor allem in den Industriebetrieben zeigte sich in der damaligen Zeit die Verankerung der KPD in der Arbeiterklasse: bei den Betriebsratswahlen im Ruhrbergbau stellte sie bspw. die Mehrheit der Betriebsräte (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 28). Parallel zu den Bemühungen um politische Einheit bemühte sich die KPD der Nachkriegszeit um die Schaffung von Einheitsgewerkschaften für alle Beschäftigten unabhängig von politischer Zugehörigkeit.

Aufgrund geopolitischer Entwicklungen nahm die deutsche Teilung in die mit den Westalliierten verbundenen Westzonen und die SBZ immer konkretere Züge an. 1948 begann mit dem European Recovery Program (später als „Marshall-Plan“ bekannt geworden) ein massives staatliches Investitionsprogramm der USA, mit dem Ziel, die ökonomische Abhängigkeit der ehemaligen Westalliierten von den USA zu erhöhen. Die Wirtschaft der Empfängerstaaten wurde u.a. durch Kredite zur Importfinanzierung amerikanischer Waren (und somit indirekt auch die US-Wirtschaft) unterstützt, im Gegenzug mussten z.B. Handelshemmnisse und Importbeschränkungen gegenüber den USA abgebaut werden. Ein großer Teil der Mittel floss auch in die Westzonen und trug zum Aufschwung des individuellen Konsums bei. Flankiert wurden diese Maßnahmen durch eine Währungsreform, wodurch die Westzonen eine gemeinsame Währung erhielten, was die ökonomische Teilung Deutschlands besiegelte.

1947 beteiligte sich die KPD an einem von der SED initiierten verfassungsgebendem Kongress, aus dem letztlich die Verfassung der DDR hervorging (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 30f.). Diese sogenannte Volkskongressbewegung wurde jedoch von den westlichen Besatzungsmächten unterbunden. Stattdessen tagte zwischen September 1948 und Mai 1949 der parlamentarische Rat als verfassungsgebende Versammlung für die westlichen Besatzungszonen, in dem die beiden Mitglieder des KPD-Parteivorstands Max Reimann und Heinz Renner mitwirkten. Dort versuchten sie weitergehende wirtschaftliche Grundrechte in der Verfassung zu verankern (wie bspw. das Recht auf Arbeit), oder die Festschreibung des Verfassungsgerichtsorgans zu verhindern (die KPD lehnte die Einführung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Artikel 93f des Grundgesetzes in Gänze ab), welches sie treffend als Instrument zur Festschreibung des Kapitalismus benannten (vgl. KPD 1948b: 254ff.). Diese Vorhaben gelangen nicht, so dass die beiden Kommunisten als einzige Mitglieder des parlamentarischen Rats das Dokument nicht unterschrieben, obwohl sie die individuellen demokratischen Grundrechte explizit begrüßten. Mit Annahme des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 war die Gründung des westdeutschen Separatstaats auch formal vollzogen.

Die sich ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen – steigender Antikommunismus, Beginn des sogenannten Kalten Krieges und krisenhafte Erscheinungen des Nachkriegskapitalismus – führten 1948 und 1949 zu Änderungen in der Programmatik der KPD. So wurde von dem Streben nach organisatorischer Einheit der Arbeiterklasse auf Grundlage von Bündnissen mit der Sozialdemokratie abgelassen und festgestellt, dass die Einheit nur auf dem Boden der Grundsätze und Ziele der KPD erreicht werden kann (vgl. KPD 1948c: 250). Zudem wurden als oberste politische Ziele „die einheitliche, unteilbare, demokratische deutsche Republik“ (ebd.: 241) sowie der Abschluss eines Friedensvertrages (ebd.: 242) gefordert. In der Solinger Entschließung ging die Partei noch darüber hinaus und charakterisierte die BRD als koloniales Ausbeuterprojekt der Westmächte und negierte damit den imperialistischen Charakter der deutschen Bourgeoisie (KPD 1949a: 266). Auch im ersten Bundestagswahlkampf zur Wahl im August 1949 war das Thema der Wiedervereinigung – wie auch bei den bürgerlichen Parteien – bestimmend (KPD 1949b: 285). Im Gegensatz zu den bürgerlichen Parteien bestand die Orientierung der KPD allerdings darin, die bis dahin noch zaghaften Änderungen an der Eigentumsordnung in der SBZ unangetastet zu lassen bzw. sie in Form einer Verstaatlichung der Schlüsselindustrien auch in die Westzonen zu übertragen und sah eine Beteiligung der Gewerkschaften an der Regierung vor (vgl. ebd.: 286f., 291). Diese Ausrichtung hatte keinen durchschlagenden Erfolg und die KPD erhielt nur etwa 5,7 % der Stimmen.

Die KPD während den Adenauer-Jahren

Die KPD erkannte von Beginn an die zentralen Elemente der Politik Adenauers: die Spaltung Deutschlands, die Integration der BRD in den westlichen Block und die Wiederbewaffnung.

Im Kampf um die Einheit Deutschlands unterstützte die KPD in den Jahren zwischen 1950 und 1952 die Vorschläge der DDR und UdSSR für einen Friedensvertrag mit Deutschland. Doch sie entwickelte auch eigene Konzepte, wie das 1952 beschlossene „Programm zur nationalen Wiedervereinigung“. Dieses widersprüchliche Programm änderte die inhaltliche Orientierung noch einmal erheblich und trug im Wesentlichen den Charakter eines Programms zur nationalen Befreiung. Die BRD wurde darin als von den Westmächten okkupiert, ausgeplündert und als Aufmarschgebiet eines neuen Krieges gegen die Sowjetunion und die sozialistischen Länder missbraucht charakterisiert (KPD 1952: 398f.). Das Adenauer-Regime wurde als Marionette der Besatzungsmächte und des deutschen Monopolkapitals gesehen, welche nationale Interessen verrät und durch Wiederbewaffnung einen neuen Krieg vorbereitet. Dementsprechend orientierte die KPD auf ein Bündnis aller „patriotischen“ und „friedliebenden“ Kräfte gegen die Adenauer-Politik mit dem Ziel des revolutionären Sturzes der Adenauer-Regierung (vgl. ebd.: 404f.). Dazu sollten neben der Arbeiterklasse auch werktätige Bauern, Intelligenz, Mittelstand und Teile der nationalen Bourgeoisie gehören, die gemeinsam für eine demokratische, parlamentarische und vereinte Republik, die sich außenpolitisch neutral stellt, kämpfen (vgl. ebd.: 406f.).

Ein weiterer Schwerpunkt der KPD war der Kampf gegen die Wiederbewaffnung und die Einbindung der BRD in das westliche Militärbündnis. Richtigerweise sah sie darin eine Vorbereitung eines neuen Krieges gegen die sozialistischen Staaten und eine endgültige Spaltung Deutschlands. Bereits kurz nach Gründung der Bundesrepublik warnte die KPD davor, dass die Regierung Adenauer entschlossen sei, die Wiederbewaffnung einzuführen. Als Adenauer Ende 1949 erstmals öffentlich von der Aufstellung westdeutscher Truppen sprach, entlarvte die KPD-Fraktion dies im Bundestag als Bruch des Potsdamer Abkommens (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 32). Stattdessen forderte sie eine gesamtdeutsche Friedensregelung und ein Verbot aller Militarisierungsbestrebungen.

Als die Pläne zur Wiederbewaffnung 1950 konkrete Formen annahmen, ging die KPD in die Offensive. Sie unterstützte die Bewegung zur Ächtung der Atomwaffen und den „Stockholmer Appell“. Vor allem mobilisierte sie für die Volksbefragung gegen Remilitarisierung, für die Aktivisten vor allem von FdJ und KPD trotz massiver Behinderung durch die Regierung Adenauer und die Besatzungsmächte (sie wurde u.a. für verfassungswidrig erklärt) etwa 9 Millionen Unterschriften sammelten (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 35f.). In den Jahren 1952-55 verschärfte sich mit Beschluss des Programms zur nationalen Wiedervereinigung der Kampf gegen Adenauers Kurs weiter. Die KPD bekämpfte den EVG-Vertrag (Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft) zur Schaffung einer europäischen Armee mit deutscher Beteiligung sowie den Deutschlandvertrag, der die Bundesrepublik in den westlichen Block eingliederte und die deutsche Teilung vertiefte (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 54f.). Sie führte dazu eine große außerparlamentarische Kampagne sowie zahlreiche lokale Aktionen durch. Als nach dem Scheitern der EVG schließlich 1954/55 der direkte NATO-Beitritt der Bundesrepublik und die Pariser Verträge anstanden, steigerte die KPD nochmals ihren Widerstand. Sie beteiligte sich führend an der „Paulskirchenbewegung“, einem breiten Bündnis, das fast 6 Millionen Menschen gegen die Ratifizierung der Pariser Verträge mobilisierte (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 66).

Daneben nahm – auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Repressionen – der Kampf für die Beibehaltung, Wahrung und Ausweitung der demokratischen Grundrechte einen immer größeren Raum in der Politik der KPD ein.

Dagegen war die KPD in den Betrieben und Gewerkschaften seit 1949 zunehmend isoliert. Die auf dem Parteitag von 1951 beschlossene These 37 mit der Feststellung, dass die rechten Gewerkschaftsspitzen den Monopolen und ihrem Ziel der Remilitarisierung dienten (vgl. KPD 1951: 355f.), beförderte diese Isolation noch: auch bei christlichen und sozialdemokratischen Gewerkschaftsfunktionären und -mitgliedern herrschte – auch wenn die Westbindung befürwortet wurde – eine große Ablehnung gegenüber der Remilitarisierung, so dass die Feststellung offensichtlich nicht den Tatsachen entsprach und die KPD diese Arbeiter durch die Forderung, in den Gewerkschaften den Kampf vor allem gegen die Führung zu führen und durchzusetzen, abschreckte und dadurch die Vermittlung ihrer Positionen deutlich erschwerte (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 47). These 37 führte schließlich auch unmittelbar zu den Unvereinbarkeitsbeschlüssen, nach denen die Mitgliedschaft in der KPD unvereinbar mit einer Mitgliedschaft in den Gewerkschaften war (vgl. ebd. 48). Dadurch verlor die KPD viele ihrer fähigsten Betriebs- und Gewerkschaftskader, so dass die Betriebsarbeit innerhalb der Gewerkschaften verhindert wurde. Dadurch sank auch die Verankerung in der Arbeiterklasse, was sich auch im Ergebnis der zweiten Bundestagswahl von 1953 zeigte, als die Partei nur noch 2 % errang und fortan außerparlamentarisch wirkte.

Kurz vor dem Verbot der Partei passte sie ein weiteres Mal ihre Programmatik an. Unter dem Eindruck der revisionistischen Ergebnisse des XX. Parteitags der KPdSU leistete die Partei eine umfassende Selbstkritik ihrer bisherigen Arbeit in der BRD. Unter anderem wurden einige Forderungen, wie der revolutionäre Sturz des Adenauer-Regimes aus dem „Programm zur nationalen Wiedervereinigung“ von 1952 als zu radikal verworfen (vgl. KPD 1956: 84). Auch übernahm die KPD wesentliche Tendenzen aus der KPdSU, wie die Feststellung, dass ein friedlicher Weg zum Sozialismus möglich sei (vgl. ebd.: 88). Dieser wurde nun als ein in weiter Ferne liegendes Ziel erklärt, der in der BRD explizit nicht auf der Tagesordnung stand (vgl. ebd.: 87). Als wichtige Punkte wurden u.a. die Orientierung auf die deutsche Einheit sowie die Notwendigkeit des Kampfes um demokratische Bürgerrechte beibehalten (vgl. ebd. 86).

Revisionistische Tendenzen in der politischen Orientierung der KPD

Was war die KPD der Nachkriegszeit also für eine Partei? Sie verfolgte sowohl in der Nachkriegszeit als auch zu Beginn der 1950er Jahre eine Bündnispolitik, die nur als revisionistisch kritisiert werden kann. Statt für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und die Diktatur des Proletariats einzutreten, orientierte sie auf den explizit nicht-sozialistischen antifaschistisch-demokratischen Neuanfang und strebte später ein breites Bündnis aller „patriotischen“ und „friedliebenden“ Kräfte an.

Ihr Streben nach organisatorischer Einheit der Arbeiterbewegung über grundlegende Differenzen hinweg – also die Vereinigung mit der Sozialdemokratie – war eine Fortsetzung der problematischen Volksfront-Strategie der 1930er-Jahre. Hierbei ist es durchaus wichtig, zwischen den Westzonen und der SBZ zu unterscheiden: während in der SBZ durch die Besatzung der Roten Armee die Machtfrage entschieden war, war dies für die Westzonen nicht der Fall. Daher war der Zusammenschluss zur SED in der SBZ der richtige Schritt, um die Arbeiterbewegung auf revolutionärer Grundlage organisatorisch zu vereinen. In den Westzonen dagegen, wo die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse unangetastet blieben, der Antikommunismus Staatsraison war und der Klassenkampf mit unverminderter Härte geführt wurde, wäre der Zusammenschluss und die Aufgabe einer eigenständigen, revolutionären Partei der Arbeiterklasse ein strategischer Fehler gewesen. Dennoch verfiel die KPD-Führung, anstatt den Reformismus der Sozialdemokratie konsequent zu entlarven, immer wieder in Illusionen bezüglich einer als möglich erachteten Aktionseinheit mit der konterrevolutionären SPD-Führung. Dieser Kurs wurde erst korrigiert, als der Antikommunismus der Schumacher-SPD verbal dem der bürgerlichen Kräfte in nichts mehr nachstand und die SPD gemeinsame Sache mit den Besatzungsmächten bei der Repression kommunistischer Genossen machte. Übrigens überholte dadurch, dass die SPD-Führung, u.a. in Person Kurt Schumachers, nach dem Zweiten Weltkrieg und der deutschen Kapitulation der Auffassung war, dass der Kapitalismus in Deutschland zusammengebrochen sei und nun der Aufbau des Sozialismus anstünde, diese ausgesprochen rechte SPD die KPD, die den Aufbau des Sozialismus explizit nicht als unmittelbares Ziel begriff, zumindest verbal links (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 23f.).

Im „Programm zur nationalen Wiedervereinigung“ von 1952 wurde die BRD dann fälschlicherweise als durch die USA und Frankreich unterdrücktes Land charakterisiert. Zwar werden die Monopolherren, Junker und Militaristen als Verbündete des US-Imperialismus benannt, doch indem das Programm einen Gegensatz zwischen den „nationalen Interessen“ und dem angeblich von außen aufgezwungenen „Besatzungsregime“ konstruiert, verschleiert es den Klassencharakter des westdeutschen Staates als Diktatur der Bourgeoisie. Tatsächlich war die BRD von Anfang an ein imperialistischer Staat, in dem die Bourgeoisie fest die Macht in Händen hielt. Die aggressive Außenpolitik der Adenauer-Regierung entsprach den expansionistischen Bestrebungen des deutschen Monopolkapitals, sie wurde ihm nicht einfach von den USA diktiert. Statt die angebliche „Unterdrückung“ Westdeutschlands durch die USA zu beklagen, hätte das Programm offen aussprechen müssen, dass die herrschenden Klassen der BRD und der USA trotz aller Widersprüche in einer imperialistischen Allianz gegen die Sowjetunion und die internationale Arbeiterklasse verbunden waren.

Die KPD-Führung scheute davor zurück, den westdeutschen Staat konsequent als Instrument der Ausbeuterklassen zu brandmarken, um ihr Konzept einer „nationalen“ Bündnispolitik nicht zu gefährden. Damit kapitulierte sie vor den bürgerlich-nationalistischen Ideologien und verbreitete Illusionen über einen vermeintlichen Interessengegensatz zwischen den USA und einem „friedliebenden“ deutschen Kapital. Die Aufgabe der Kommunisten wäre es gewesen, den imperialistischen Klassencharakter der BRD zu entlarven, statt ihn hinter der Fassade einer von außen gelenkten „Besatzungsherrschaft“ zu verschleiern. Letztlich wurde so die Möglichkeit einer sozialistischen Revolution in ganz Deutschland praktisch aufgegeben zugunsten eines bürgerlich-demokratischen Minimalprogramms, der Sozialismus tauchte nur noch als „Fernziel“ auf, und dies nicht einmal als Bestandteil einer irgendwie gearteten Etappentheorie.

Bereits während des Verbotsverfahrens orientierte sich die KPD dann unter dem Eindruck des XX. Parteitages der KPdSU 1956 noch weiter nach rechts. Mit der Anerkennung eines friedlichen Wegs zum Sozialismus sowie der Absage an den revolutionären Sturz des Adenauer-Regimes aus dem ohnehin schon revisionistischen „Programm zur nationalen Wiedervereinigung“ wurde sich vom Klassenkampf als der wesentlichen Triebkraft gesellschaftlicher Entwicklungen verabschiedet. Letztlich stellten diese Überlegungen jedoch keinen wesentlichen Bruch mit der bisherigen Programmatik der Nachkriegsjahre dar, sondern bestätigten eher die auch vorher schon vorhandenen revisionistischen Tendenzen.

Trotz aller Mängel bleibt aber festzuhalten, dass die KPD am Kampf gegen die Westintegration der BRD festhielt und der Integration in ein imperialistisches Bündnis sowie der Remilitarisierung konsequent entgegen trat. Zudem engagierten sich in der Praxis viele Kommunisten in Betrieben und Gewerkschaften, in der Friedensbewegung und in demokratischen Massenorganisationen und Initiativen gegen Faschismus und Kriegsgefahr, so dass die KPD trotz ihres Revisionismus die konsequenteste Kraft für die Interessen der Arbeiterklasse blieb.

Repressionen gegen Kommunisten in der BRD

Als die KPD nach dem Sieg über den Faschismus 1945 ihre Tätigkeit in ganz Deutschland wieder aufnahm, geschah dies mit dem Ziel der Demokratisierung und eines antifaschistisch-demokratischen Neuaufbaus. Dies brachte die Partei in Opposition zur herrschenden Klasse, die sich zwar nun in Teilen demokratisch geläutert gab, aber dennoch eine Restauration der alten Reichsgrenzen und zu diesem Zweck eine Remilitarisierung anstrebte. Damit einhergehend begann die Repression gegen die Partei.

Bereits in den ersten Nachkriegsjahren gingen die westlichen Besatzungsmächte daran, die Spielräume der KPD systematisch einzuengen. KPD-Mitgliedern wurde die Herausgabe von Zeitungen verwehrt, Papierzuteilungen und Druckgenehmigungen wurden willkürlich beschränkt. Zugleich entfalteten bürgerliche und sozialdemokratische Politiker eine massive antikommunistische Verleumdungskampagne, in der KPD und SED wahlweise als „Russenknechte“ oder „Rote Nazis“ beschimpft wurden (so u.a. von Kurt Schumacher – vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 25).

Diese antikommunistische Grundstimmung wurde durch den heraufziehenden Kalten Krieg verstärkt. Mithilfe eines Runderlasses aus dem September 1950 wurde quasi ein Berufsverbot im öffentlichen Dienst gegen Kommunisten eingeführt (vgl. Kritidis 2016: 10). Zehntausende Mitglieder und Sympathisanten der Partei verloren ihre Arbeit oder erhielten Berufsverbot. In der Folge nahm die Hetze gegen die Friedensaktivitäten der KPD und der FDJ hysterische Ausmaße an und das Parteiorgan wurde mehrmals kurzzeitig verboten (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 38).

Gegen führende Kommunisten wie Max Reimann, Kurt Müller oder Walter Fisch wurden bereits vor der Einleitung des Verbotsverfahrens willkürliche Strafverfahren angestrengt. Dutzende Funktionäre sahen sich mit absurden Haftstrafen konfrontiert, die sie wegen angeblichen „Hochverrats“ oder „Staatsgefährdung“ erhielten (vgl. KPD 1951: 337). Auch aus den Gewerkschaften wurden zahlreiche Kommunisten ausgeschlossen oder herausgedrängt.

Ein ganzes System von Überwachungs- und Unterdrückungsorganen wurde aufgebaut, um gegen die KPD vorzugehen. Politische Polizei, Verfassungsschutz und Adenauers berüchtigtes „Amt Blank“ führten Bespitzelung, Einschüchterung und Repressalien gegen Kommunisten und Linke durch. Dabei bedienten sie sich auch altgedienter Nazis, die bruchlos vom Hitler-Faschismus in den Adenauer-Staat übernommen worden waren. Aber auch Straftatbestände aus dem Hitlerfaschismus wie der des Hochverrats wurden für die KPD reaktiviert.

Im November 1951 beantragte die Adenauer-Regierung schließlich die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der KPD beim Bundesverfassungsgericht (BverfG). Bereits im Juni war das bundesweite Verbot der FDJ erfolgt, das trotz heftiger Proteste und Solidaritätsaktionen durchgesetzt wurde (vgl. Kritidis 2016: 10). Tausende junge Menschen wurden von einer Sondergerichtsbarkeit verurteilt, weil sie für Frieden und Völkerverständigung eingetreten waren.

Auch während des laufenden Verbotsverfahrens wuchsen die Repressionen an: durch eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages wurde der KPD 1952 der Fraktionsstatus entzogen, regelmäßig wurden Abgeordneten- und Parteibüros für Beweismittel im Prozess durchsucht. Im selben Jahr kam es zum „Essener Blutsonntag“, als bei einer verbotenen Demonstration der ebenfalls bereits verbotenen FDJ in Essen der junge Kommunist Philipp Müller von der Polizei erschossen wurde.

In dem Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der KPD traten die Interessen der Herrschenden deutlich zutage. So widersprach die von der KPD angestrebte Einheit Deutschlands deutlich dem Interesse der deutschen Bourgeoisie, nicht nur die politische Hoheit über die SBZ (sowie die Restauration der Herrschaft über die weiteren sogenannten „Ostgebiete“) zu erringen, sondern auch die ökonomische. Zudem sollte das geeinte Deutschland nach Vorstellung der KPD neutral verbleiben, während der deutsche Imperialismus die Fortführung der Westintegration als Ziel hatte. Außerdem wurde die immer noch enge Kooperation mit der SED als „hochverräterisch“ und die KPD somit als Vertreter einer ausländischen Macht angesehen. Daneben waren auch dreiste Lügen in der Antragsschrift enthalten, bspw. dass die KPD die Adenauer-Regierung wahrheitswidrig der Remilitarisierung beschuldigt hätte (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 77).

Das Verbotsverfahren zog sich zunächst über einen Zeitraum von drei Jahren hin, ehe im November 1954 die mündliche Verhandlung vor dem 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts stattfand. Dort forderte die KPD die Einstellung des Verfahrens und begründete dies damit, eine von allen vier Besatzungsmächten zugelassene Partei zu sein. Sie beantragte, über die Berechtigung ihrer Inhalte zu verhandeln. Dazu verwies sie – berechtigterweise – auf ihre gültige Programmatik, nach der sie weder die sozialistische Revolution noch die Diktatur des Proletariats verfolge, sondern als Nahziel eine bürgerliche Republik und die Einheit Deutschlands. Insgesamt kann bei der Verteidigungsstrategie der KPD von einer „Selbstverharmlosung“ gesprochen werden.

Die Bundesregierung wurde durch Hans Ritter von Lex, Staatssekretär im Innenministerium und bereits im Faschismus Mitarbeiter im selbigen, vertreten. Er brachte vor allem Zitate aus Artikeln der Partei, von Marx, Lenin und Stalin sowie aus dem „Programm zur nationalen Wiedervereinigung“ ins Verfahren ein, auf deren Grundlage die aggressive Sprache der KPD in den Vordergrund gestellt werden sollte (vgl. ebd.). Nach dem Ende der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung im Juni 1955 gab es vonseiten der zuständigen Verfassungsrichter zunächst noch Hemmungen, ein Verbotsurteil zu verkünden, wohl, weil sie fürchteten, einer etwaigen Wiedervereinigung Deutschlands mit dem Verbot einen Riegel vorzuschieben (vgl. Rigoll 2016: 26). Durch die Drohung der Bundesregierung um Adenauer, das Bundesverfassungsgerichtsgesetz zu ändern und dem 1. Senat die Zuständigkeit zu entziehen, wurde kurzfristig die Urteilsverkündung festgesetzt (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 76).

Am 17. August 1956 wurde die KPD schließlich zur verfassungswidrigen Partei erklärt und ein Verbot von Ersatzorganisationen verhängt. Ein Verstoß dagegen sollte mit mindestens sechs Monaten Haft geahndet werden. Das gesamte Parteivermögen, bestehend aus Geld, Immobilien, Verlagen usw., wurde beschlagnahmt. Die KPD wurde damit bereits nach 1919, 1923 und 1933 das vierte Mal verboten. Als Begründung dienten seitens des Gerichts festgestellte Verstöße gegen die sogenannte freiheitliche demokratische Grundordnung. Diese wurden allerdings nicht vordergründig aus dem Parteiprogramm abgeleitet, sondern ganz grundsätzlich anhand der Schriften von Marx, Engels, Lenin und Stalin (vgl. Abendroth 1956: 40). Demnach sei es bereits grundsätzlich nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar, Menschen als Mitglied einer Klasse anzusehen, ganz so, als existiere die Klassengesellschaft nicht, wenn sie nur nicht benannt würde. Auch die Diktatur des Proletariats sei dadurch gekennzeichnet, dass es in ihr eine herrschende Klasse und beherrschte Klassen gäbe und so „die Förderung oder Unterdrückung des Individuums je nach seiner Klassenzugehörigkeit oder allenfalls nach dem Maße seiner Nützlichkeit für das allgemeine gesellschaftliche Ziel“ an die Stelle der Gleichheit aller Staatsbürger träte (BVerfGE 5, 85: 348). Da die KPD die Diktatur des Proletariats allerdings gar nicht unmittelbar angestrebt hat, wurde der in ihrer Programmatik als „Fernziel“ deklarierte Sozialismus als begründend hinzugezogen. Da sich die KPD weiter als marxistisch-leninistische Partei verstand, wurde angenommen, dass auch das marxistisch-leninistische Verständnis des Sozialismus anzuwenden sei. Doch auch die in der Zeit des Verbotsverfahrens aktuelle Programmatik der KPD wurde einer Prüfung auf ihre Tauglichkeit nach „freiheitlich-demokratischen“ Grundsätzen unterzogen: mit den Angriffen gegen die Adenauer-Regierung im Programm von 1952, bereits von anderen Gerichten als Hochverrat abgeurteilt, beabsichtige die KPD ebenfalls den Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung (vgl. ebd.: 719) – die Kurskorrektur von 1956 hinsichtlich des Programms wurde von den urteilenden Richtern als Schutzmaßnahme gegen das Parteiverbot (fehl-)interpretiert. Im Endeffekt wird in der Urteilsbegründung festgestellt, dass die Ziele der marxistischen Arbeiterbewegung – der revolutionäre Sturz des Kapitals und die Errichtung einer sozialistischen Herrschaft – nicht mit den Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind. Diese Feststellung stellte weder für die revolutionären kommunistischen Kräfte noch für die feindlichen Klassen eine Überraschung dar. Jedoch wurde durch das Urteil bereits die in Parteiform organisierte Ablehnung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft als außerhalb der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehend abgeurteilt.

Bemerkenswert ist, dass nicht einmal das konkrete, aktuelle Programm der KPD zu ihrem Verbot herangezogen wurde, sondern das abstrakte Fernziel des Sozialismus zu einem Verbot ausreichte. Letzteres bildete den vorläufigen Höhepunkt in der Kommunistenverfolgung der BRD. Anschließend wurden zahllose Genossinnen und Genossen der Strafverfolgung unterzogen und zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Bis 1968 – dem Jahr, in welchem mit der DKP eine neue kommunistische Partei in der BRD zugelassen wurde – wurden über 125.000 Personen im direkten Zusammenhang mit dem KPD-Verbot mit Strafverfahren überzogen, hauptsächlich aufgrund des Verbots einer Ersatzorganisation (vgl. Judick, Schleifstein, Steinhaus 1989: 81). Selbst die bürgerliche Presse konnte nicht umhin festzustellen, dass diese Zahl die der verurteilten Nazis um ein Vielfaches überstieg (vgl. Der SPIEGEL 4.1.2009).

Das Verbot der KPD hat bis heute Bestand. Insbesondere das Verbot von Ersatzorganisationen gab und gibt den Strafverfolgungsbehörden einen Hebel zur schnellen und unkomplizierten Zerschlagung von Vereinen, aber auch Parteien. Die heute existierende Partei namens KPD stellt als in der DDR gegründete Partei eine Ausnahme dar. Durch das Verbot fand der grassierende Antikommunismus in der BRD einen praktischen Ausdruck und kommunistische Ideen wurden ganz unmittelbar in der Öffentlichkeit illegalisiert und die Rekonstituierung der KPD auf der Basis eines revolutionären Programms bis heute verunmöglicht. Somit ist es für organisierte Kommunistinnen und Kommunisten auch heute unerlässlich, sich bereits in der Legalität für die Arbeit in der potentiellen Illegalität zu rüsten.

Was allerdings auch deutlich wird, ist, dass es für ein Verbot durch den Staat gar keine Partei mit einem revolutionären Programm braucht. Die KPD war 1956 ideologisch bankrott und von den Massen in großen Teilen isoliert – entsprechend fanden keine nennenswerten Proteste gegen das Verbot statt. Ausschlaggebend war die Idee, für welche die KPD weiterhin stand – die Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft, und sei es am Sankt-Nimmerleins-Tag –, und wichtiger: wogegen die Partei sich positionierte, nämlich gegen alle wichtigen Projekte der Bourgeoisie Westdeutschlands, wie die Westintegration, die Remilitarisierung und das Ziel der Restauration eines Deutschlands in den Grenzen von 1937. Diese Positionierung hat die KPD zu einem Ärgernis und einer latenten Bedrohung für die Herrschenden werden lassen, so dass diese kurz nach der Wahl zum 1. Bundestag beschlossen, dass die im Grundgesetz verbrieften Rechte nicht für Kommunisten gelten, und das Verbot ihrer Partei beantragten. Somit wurde der Kampf der KPD für demokratische Grundrechte eine logische Konsequenz aus dem Verbotsantrag und zur Erfüllung der Worte von Max Reimann:

Die Gesetzgeber werden im Verlauf ihrer volksfeindlichen Politik ihr eigenes Grundgesetz brechen. Wir Kommunisten aber werden die im Grundgesetz verankerten wenigen demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes verteidigen“ (Neues Deutschland vom 13.9.1951).

Quellenverzeichnis

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BVerfGE 5, 85: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot der KPD und Abschließende Begründung im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum KPD-Verbot (17. August 1956).

Der Spiegel 2/2009: Politische Justiz (4. Januar 2009)

Judick, Günther; Schleifstein, Josef; Steinhaus, Kurt 1989: Einleitung. Zu einigen Fragen der Nachkriegsgeschichte der KPD. In: Judick, Günther; Schleifstein, Josef; Steinhaus, Kurt (Hg.) 1989: KPD 1945-1968. Dokumente Band I. Edition Marxistische Blätter. Neuss. S. 13–134.

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