Zur Frauen- und Geschlechterfrage

Ideologische Kommission der KP


Der folgende Beitrag der Ideologischen Kommission der KP ist ein Vorabdruck, der in Kürze in der zweiten Ausgabe unseres neuen Theorieorgans Klassenkampf & Wissenschaft in gedruckter Form erscheinen wird. Die Klassenkampf & Wissenschaft ist in allen Ortsgruppen der KP erhältlich oder kann online erworben werden (info@kommunistischepartei.de). In der ersten Ausgabe haben wir unseren Entwurf des Parteiprogramms der Kommunistischen Partei veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Einleitende Gedanken

Erster Teil: Geschlechter
Die Dimensionen von Geschlechtlichkeit und Sexualität
(Biologisches) Geschlecht
Geschlechterrollen
Verlangen und sexuelle Orientierung
Realitäten jenseits der Binarität?
Intergeschlechtlichkeit
Transgeschlechtlichkeit
Zentrale Erkenntnisse

Zweiter Teil: Historische Entwicklung der Geschlechterverhältnisse
Die Frauenfrage im Licht des historischen Materialismus
Produktionsverhältnis und Lage der Geschlechter in der Urgesellschaft
Beginn der Menschheitsentwicklung
Übergang zu Klassengesellschaften
Produktionsverhältnis und Geschlechterverhältnis in Sklavenhaltergesellschaft und Feudalismus
Produktionsverhältnis und Geschlechterverhältnis im Kapitalismus
Produktionsverhältnis und Geschlechterverhältnis in der Deutschen Demokratischen Republik

Dritter Teil: Aktuelle Lage der Frau in Deutschland und Mechanismen ihrer Unterdrückung
Ökonomische Abhängigkeit
Familie und Haushalt
Sexismus und Gewalt gegen Frauen
Prostitution und Pornographie
Wirtschaftliche Integration ist keine Befreiung

Vierter Teil: Kritik des Feminismus
Zum Verhältnis von Klasse und Geschlecht
Clara Zetkins Kritik der bürgerlichen Frauenbewegung
Feminismus und bürgerlicher Frauenkampf
Der sogenannte „marxistische Feminismus“ von Silvia Federici
Der Queerfeminismus von Judith Butler
„Materialistischer“ Queerfeminismus

Fünfter Teil: Strategie zur Befreiung der Frau
Der Weg zur Befreiung der Frau
Der Weg zum Sozialismus
Strategie bezogen auf die Frauenfrage
Verhältnis von Reform und Revolution
Vorschläge für konkrete taktische Orientierungen
Löhne und Arbeitsbedingungen
Familie und Haushalt
Gesundheit und Sexualität
Unser Verhältnis zu den Herausforderungen und Kämpfen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transpersonen
Wofür kämpfen wir? – Frauen und Geschlecht im Sozialismus

Abschließende Gedanken

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Der folgende Text befasst sich mit der Geschichte und Gegenwart der Lage der Frau. Ziel ist, darzulegen, wie sich die Strategie zur Befreiung der Frau in die allgemeine Strategie der Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft einfügt. Der erste Teil behandelt Geschlecht, Geschlechterrolle und Sexualität, um einige grundlegende Begriffe, die häufig unzulässig miteinander vermischt oder vertauscht werden, zu klären. Zunächst definieren wir unseren Begriff des biologischen Geschlechts über die Veranlagung zur Produktion von speziellen Gameten und damit die Übernahme einer von zwei komplementären Rollen bei der Fortpflanzung, und grenzen davon den Begriff der Geschlechterrolle ab. Auf dieser Grundlage ordnen wir die Phänomene der Intergeschlechtlichkeit und Transgeschlechtlichkeit ein. Zudem gehen wir auf Verlangen und sexuelle Orientierung ein. Wir kritisieren hier sowie in den Teilen vier und fünf falsche Orientierungen insbesondere im Bereich des Queerfeminismus implizit und explizit. Es ist uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir uns damit nicht gegen bestimmte Menschen richten, die sich als trans oder queer verstehen, denn wir streben eine Gesellschaft an, in der alle Menschen frei von Unterdrückung durch andere Menschen leben, und kritisieren zu diesem Zweck Auffassungen und Ideen, die wir für falsch halten. Wir stellen also fest, dass sich der Körper der Frau vor allem durch die potentielle Gebärfähigkeit sowie andere untergeordnete Unterschiede im Körperbau der Geschlechter auszeichnet. Die Stellung der Frau in einer Gesellschaft ist aber nicht durch diese biologischen Geschlechtsmerkmale determiniert, sondern dadurch, welche Rolle sie auf dieser Grundlage in einer bestimmten historischen Produktionsweise einnimmt.

Im zweiten Teil wird die Entwicklung der Geschlechterverhältnisse im Sinne des historischen Materialismus dargestellt. Angefangen bei der Urgesellschaft beobachten wir die Veränderungen in der Produktionsweise und den Geschlechterverhältnissen zu Beginn der Menschheitsentwicklung, im Übergang zur Klassengesellschaft. In der Urgesellschaft gab es keine besondere Unterdrückung der Frauen, da alle Mitglieder eines Stamms aufeinander angewiesen waren und weitgehend die gleichen Aufgaben verrichten mussten, um zu überleben. Die Unterdrückung der Frauen trat in Zusammenhang mit und auf der Grundlage der Klassenherrschaft auf. Die biologisch bedingte Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern wurde erst mit dem Entstehen der Klassen auf Basis des Fortschritts der Produktivkräfte, des daraus resultierenden Überschusses und des Privateigentums an Produktionsmitteln und Mehrprodukt verfestigt und zur Grundlage der Unterdrückung. Wir verfolgen, wie sich die Lage der Frauen in der Sklavenhaltergesellschaft, im Feudalismus und schließlich im Kapitalismus veränderte und je nach Klassenzugehörigkeit unterschied. Wir beleuchten detaillierter die Umwälzungen der Basis im Übergang zur kapitalistischen Produktion sowie die Rolle der Familie für die Unterdrückung der proletarischen Frau im beginnenden Imperialismus. Anschließend gehen wir kurz auf die Errungenschaften in der Deutschen Demokratischen Republik ein.

Der dritte Teil stellt die Lage der Frau in Deutschland dar und geht dabei gesondert auf einzelne Aspekte ihrer Unterdrückung ein. Es werden ihre ökonomische Abhängigkeit und ihre Lage als Lohnarbeiterin, die Situation in Familie und Haushalt, Sexismus und Gewalt gegen Frauen sowie Prostitution und Pornographie beleuchtet. Anhand dieser Untersuchung zeigt sich, dass mit der rechtlichen Gleichstellung und wirtschaftlichen Integration der Arbeiterin im Kapitalismus keine Befreiung einherging, sondern die Frau der Arbeiterklasse im Kapitalismus weiterhin unterdrückt ist.

Im vierten Teil werden aufbauend auf die ersten drei Teile die Erkenntnisse zum Verhältnis von Klasse und Geschlecht zusammengefasst und die Kritik des Feminismus und des bürgerlichen Frauenkampfes begründet. Wie oben erklärt, wollen wir die Realität korrekt beschreiben, Missverständnisse vermeiden und Klarheit schaffen. Dazu ist es nötig, dass die von uns verwendeten Begriffe die Realität korrekt widerspiegeln. Zu diesem Zweck werden einige Begriffe theoretisch geklärt, die das Verhältnis zwischen den Geschlechtern, das sich wesentlich von dem Verhältnis zwischen den Klassen unterscheidet, betreffen. Ausbeutung ist das ökonomische Verhältnis zwischen der Klasse der Bourgeoisie und der Klasse des Proletariats. Zudem ist das Proletariat unterdrückt, denn es leidet aufgrund seiner Klassenlage unter verringerter Lebensqualität und Lebenschancen – sein Zugang zu gesunden Lebensmitteln, Medizin, Wohnraum, Kultur, Bildung und anderen Reichtümern ist beschränkt. Unterdrückung ist die Ausübung von Gewalt und Macht durch gesellschaftliche Institutionen und Maßnahmen. Die proletarische Frau, insbesondere als Mutter, ist weniger im Produktionsprozess integriert, erhält als weibliche Arbeiterin weniger Lohn und hat daher noch weniger Zugang zu den genannten Ressourcen, wodurch sie in besondere Abhängigkeit – speziell, aber nicht nur, von Männern – gerät. Diese (verschärfte) Unterdrückung der Arbeiterin, welche aus dem Zusammenspiel ihrer geschlechtlichen Veranlagung mit der Produktionsweise resultiert, stellt eine Gefahr für ihre Gesundheit und ihr Leben dar. Sie ist die Grundlage herrschender Vorurteile, Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen in vielen Lebensbereichen sowie teils der geschlechtsspezifischen Gewalt. Die bürgerliche Frau kann hiervon zwar ebenfalls betroffen sein, doch ihre Betroffenheit hat eine andere Qualität als die Unterdrückung der proletarischen Frau. Auf der Grundlage dieser Begriffe erklären wir den Zusammenhang der Interessen der Frauen mit denen der Arbeiterklasse und unsere Kritik am Feminismus und beziehen uns dazu auch auf Clara Zetkins historische und bis heute bedeutsame Kritik der bürgerlichen Frauenbewegung. Am Beispiel des sogenannten „marxistischen Feminismus“ von Silvia Federici und des Queerfeminismus von Judith Butler konkretisieren wir unsere Kritik und zeigen anhand des sogenannten „materialistischen Queerfeminismus“ die Unvereinbarkeit von Feminismus und Marxismus auf.

Der fünfte Teil ist der Strategie zur Befreiung der Frau gewidmet. Bezugnehmend auf unseren Kampf für den Sozialismus erörtern wir das Verhältnis von Reform und Revolution und machen einige beispielhafte Vorschläge für konkrete taktische Orientierungen in Bezug auf Bereiche wie Löhne und Arbeitsbedingungen, Familie und Haushalt, Gesundheit und Sexualität. Auch auf unser Verhältnis zu den Herausforderungen und Kämpfen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, inter- und transgeschlechtlichen Menschen wird eingegangen. Abschließend geben wir einen kurzen Ausblick auf die Situation von Frauen und Geschlechterverhältnisse im Sozialismus.

Wir hoffen, damit einen Beitrag zur Klärung der grundsätzlichen Dynamiken, Ursachen und Tendenzen bezüglich der Situation der Frauen der Arbeiterklasse zu leisten, um ihre Rolle in der Gesamtstrategie und unsere Positionierung zu aktuellen Kämpfen, die Frauen speziell betreffen, einschätzen zu können.

Einleitende Gedanken

Die Frage nach Unterdrückung und Befreiung der Frau ist zentral für die Arbeiterbewegung. Um zu klären, wie sich die Strategie zur Befreiung der Frau in die allgemeine Strategie der Kommunisten zur Errichtung der klassenlosen Gesellschaft einfügt, beschäftigen wir uns mit der Geschichte und Gegenwart der Lage der Frau. Nur indem wir die wesentlichen Ursachen der Entwicklungen verstehen, können wir auch die gegenwärtigen Verhältnisse begreifen und Vorhersagen für die Zukunft treffen. Es geht also um die zielklare Orientierung für unsere Praxis, um die zuverlässige Strategie und Taktik und um größtmögliche Klarheit, um auf dieser die Einheit und Schlagkraft unserer Partei aufzubauen.

Dass wir von Frauen sprechen, ohne Anführungszeichen oder Sternchen zu verwenden, ist inzwischen keine Selbstverständlichkeit mehr, denn die dominanten gesellschaftlichen Diskussionen entwickeln sich vermehrt in die Richtung, Zweigeschlechtlichkeit oder biologische Geschlechtlichkeit überhaupt infrage zu stellen. Bevor wir uns der Frauenfrage in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft widmen, setzen wir uns daher mit der Frage von Geschlechtlichkeit sowie mit den Themen der Inter- und Transgeschlechtlichkeit auseinander.

Wir verfolgen grundsätzlich den Anspruch, unsere politische Strategie auf eine stabile wissenschaftliche Grundlage zu stellen. Denn um die Welt verändern zu können, müssen wir sie richtig verstehen und die Regeln, nach denen sie funktioniert, erkennen. Wir müssen die Verhältnisse, unter denen wir leben, arbeiten und kämpfen, in unserer Theorie so auffassen, wie sie sind – und nicht so, wie wir sie gerne hätten. Wir haben als Kommunisten ein Interesse an der Wahrheit, es ist unser Anspruch, uns in einem kollektiven Prozess der Erkenntnis der bewegten und unendlich komplexen objektiven Realität so weit wie möglich anzunähern und diese immer wieder an der Praxis zu überprüfen. Falschen Auffassungen treten wir entgegen, weil sie der inhaltlichen Klärung, die die Voraussetzung des einheitlichen Handelns und der Organisierung darstellt, im Wege stehen. Bei der Frage danach, wie die Realität wirklich ist, kann es keine Neutralität oder Kompromisse geben – die argumentative inhaltliche Auseinandersetzung muss geführt werden.

Der Klassenkampf findet auch auf dem Gebiet der Philosophie und Wissenschaft statt. Der Dialektische und Historische Materialismus, die grundlegende Weltsicht des Marxismus, positioniert sich an der Seite der Befreiung der Arbeiterklasse und der Volksmassen von Unterdrückung, Ausbeutung und Elend. Dagegen versuchen die Verteidiger der Klassengesellschaft in der bürgerlichen Wissenschaft immer wieder gezielt oder unbewusst, Tatsachen zu verfälschen und zu verzerren. Als Teil des gesellschaftlichen Überbaus hat die bürgerliche Wissenschaft aktuell einen reaktionären Charakter, insofern sie die bestehende Klassengesellschaft stabilisiert und die Möglichkeit ihrer Überwindung verschleiert. Doch sie spielte historisch auch eine fortschrittliche Rolle, indem sie zur Zeit der bürgerlichen Revolution beispielsweise die Dogmen der Kirche widerlegte und Erkenntnisse in Bereichen wie der Technik und Medizin hervorbrachte. Sie trug also damals und trägt heute teils immer noch zur Erkenntnis der objektiven Verhältnisse bei, sie stellte und stellt sich aber teils auch in den Dienst reaktionärer Herrschaftsinteressen, indem sie beispielsweise scheinwissenschaftliche frauenfeindliche Theorien hervorbrachte. Wir finden also in der existierenden Wissenschaft durchaus verwendbare Erkenntnisse, wir müssen sie aber nach Möglichkeit überprüfen und berücksichtigen, dass nicht jede gesellschaftlich anerkannte Theorie unseren Anspruch an Wissenschaft erfüllt. Dementsprechend beziehen wir in diesem Text durchaus auch Ergebnisse der bürgerlichen Wissenschaft ein, aber versuchen uns wo immer möglich auf marxistische Theorien und Erklärungen zu beziehen.

Am Beispiel der Frauenfrage zeigen wir, was unser wissenschaftlicher Anspruch bedeutet und wie wir der Spaltung der Arbeiterklasse durch das Aufzeigen gemeinsamer objektiver Interessen und Lösungswege entgegenwirken. Dieser Text zur Frauenfrage ist in kollektiver Arbeit innerhalb der Kommunistischen Partei entstanden, seine Ergebnisse setzen eine einheitlich handelnde Partei voraus, um in der Praxis gesellschaftlich wirkmächtig werden zu können. Inhaltlich wollen wir die wesentlichen Ursachen der Lage der Frau erklären und das Verhältnis von Klasse und Geschlecht deutlich machen. Auf dieser Grundlage vermitteln wir unsere Kritik an Feminismus und begründen unsere eigene Strategie und Taktik.

Wir versuchen, uns der Wahrheit anzunähern und unseren Erkenntnisprozess möglichst nachvollziehbar und klar darzulegen. Selbstverständlich sind wir nicht unfehlbar und rufen daher dazu auf, uns auf einer wissenschaftlichen, argumentativen Grundlage zu kritisieren.

Erster Teil: Geschlechter

Die Dimensionen von Geschlechtlichkeit und Sexualität

In der Debatte um Geschlechtlichkeit und Sexualität werden unterschiedliche Ebenen schnell unzulässig miteinander vermischt oder vertauscht. Deshalb halten wir es für sinnvoll, diese zunächst begrifflich voneinander zu trennen, um dann ihr Verhältnis zueinander klar bestimmen zu können. Die Ebenen des (biologischen) Geschlechts, der Geschlechterrollen sowie der sexuellen Orientierung und des Verlangens spielen bezüglich Ausbeutung, Unterdrückung und Diskriminierung unterschiedliche Rollen und erfordern dementsprechend eine unterschiedliche Behandlung.

(Biologisches) Geschlecht

Im Tier- und Pflanzenreich gibt es unterschiedliche Formen der Fortpflanzung, nicht alle basieren auf der sexuellen Reproduktion. Evolutionär hat sich die sexuelle Reproduktion allerdings in vielerlei Hinsicht als vorteilhaft erwiesen, da die dadurch stattfindende Neuorganisation von Genen die evolutionäre Anpassung an die jeweiligen Anforderungen äußerer Umstände unterstützt. Den allermeisten Arten, die sich über sexuelle Reproduktion fortpflanzen, ist gemein, dass eine Gruppe auf die Produktion großer Gameten (z. B. Eizellen) und eine andere Gruppe auf die Produktion kleiner Gameten (z. B. Samenzellen) ausgelegt ist. Die Befruchtung findet dann statt, wenn sich große und kleine Gameten zu einer Zygote vereinen, aus der durch Zellteilung ein Organismus entsteht. Dieses neue Exemplar der Art entspricht genetisch zur Hälfte dem großen, zur anderen Hälfte dem kleinen Gameten.

Das (biologische) Geschlecht ist die Kategorie, die genutzt wird, um die biologische Arbeitsteilung bezüglich der sexuellen Reproduktion zu beschreiben. Unterschiedliche Arten haben verschiedene Ausprägungen (genetische Kodierung, Hormonhaushalt, Geschlechtsorgane) entwickelt, die entweder große oder kleine Gameten produzieren. Beim Menschen ist die Ausbildung des biologischen Geschlechts insbesondere durch das 23. Chromosomenpaar (XX oder XY), aber auch weitere Gene bestimmt. Diese genetische Kodierung hat bestimmte Einflüsse auf den Hormonhaushalt, der – beziehungsweise seine Verarbeitung im Körper über Rezeptoren – unter anderem relevant für die Herausbildung der inneren und äußeren Geschlechtsorgane ist.1

Das Geschlecht beschreibt die biologische Veranlagung eines Körpers, diese und jene Rolle bei der sexuellen Reproduktion zu spielen, und nicht die tatsächlichen Fähigkeiten eines Organismus, da Letztere auch unabhängig von der Veranlagung beispielsweise durch Krankheit eingeschränkt sein können. Diese Zuordnung erklärt, wie im Tierreich (inklusive des Homo Sapiens) Männchen und Weibchen eingeteilt werden können. In der Debatte wird für das Geschlecht häufig die englische Bezeichnung „Sex“ verwendet. Die meisten Menschen können entweder dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden, zu Ausnahmen siehe den Abschnitt über Intergeschlechtlichkeit. Natürlich gibt es eine gewisse Vielfalt bei der Ausprägung der Geschlechtsorgane, doch diese Vielfalt der Erscheinungen stellt die in den meisten Fällen mögliche eindeutige Zuordnung zu einem von zwei Geschlechtern nicht infrage und macht das biologische Geschlecht selbst auch nicht zu einem Spektrum. Im Alltag nutzen wir äußerlich wahrnehmbare Unterschiede, die zwar häufig im Zusammenhang mit dem Geschlecht stehen, aber nicht wesentlich für dessen Bestimmung sind, beispielsweise Körpergröße, Muskulatur, Fettgewebe, Stimmlage und Haarwuchs, um auf das Geschlecht eines Individuums zu schließen. Diese Zuordnung zu einem Geschlecht über körperliche Merkmale – und gegebenenfalls auch kulturspezifische Merkmale wie die Kleidung – gelingt meist und ist auch prinzipiell für die Fortpflanzung notwendig. Bei dieser Zuordnung können Fehler passieren, da es sich eben nur um Hinweise auf das Geschlecht handelt, doch das stellt die biologische Zweigeschlechtlichkeit ebenfalls nicht infrage. Manche Tiere, beispielsweise Fische, wie der Echte Clownfisch, können je nach den äußeren Notwendigkeiten von der Produktion kleiner Gameten auf die Produktion großer Gameten umstellen. Bei den allermeisten Tierarten handelt es sich bei ihrer geschlechtlichen Zuordnung allerdings um eine Veranlagung, die bei der Befruchtung festgelegt wird und im Laufe des Lebens nicht veränderbar ist.

Das biologische Geschlecht kann je nach Art mit weiteren Eigenschaften verbunden sein, zum Beispiel ist bei allen Säugetieren (mit Ausnahme einzelner Fledermausarten) nur der Produzent der großen Gameten, also das Weibchen, in der Lage zu stillen. Andere Aufgaben sind nicht immer an das gleiche biologische Geschlecht gebunden, beispielsweise das Brüten und die Brutpflege bei Vögeln. Beim Menschen sind mit dem biologischen Geschlecht physische Unterschiede verbunden. Diese beziehen sich auf statistisch signifikante Unterschiede bezüglich Größe, Gewicht, Hormonhaushalt, Körperfett- und Muskelanteil und einige weitere Aspekte, die sich beispielsweise auf die durchschnittliche körperliche Stärke, aber auch auf Faktoren, wie die Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Medikamenten auswirken. Doch hier ist Vorsicht geboten, denn die unterschiedliche soziale Stellung der Geschlechter hat schon häufig zu Fehleinschätzungen geführt. So sind die Gehirne von Weibchen beim Menschen kleiner als die der Männchen, was früher als Indiz männlicher Überlegenheit interpretiert wurde. Neuere Studien weisen diese Interpretation zurück und können, wenn überhaupt, nur schwache direkte Korrelationen zwischen Verhaltensmustern und Unterschieden der geschlechtsspezifischen Gehirnstrukturen feststellen.2 Wichtig ist zu betonen, dass das Geschlecht zunächst nur die Veranlagung des Körpers zur Produktion unterschiedlicher Gameten beschreibt. Simone de Beauvoir fragt aber an dieser Stelle zu Recht: „Und welche besondere Art von Weibchen ist die Frau?“.3 Die Begriffe Frau und Mann verweisen nämlich auf mehr als nur die Zuordnung zu einem biologischen Geschlecht, sie sind aufgeladen mit gesellschaftlichen Vorstellungen und Erwartungen.

Geschlechterrollen

Frauen und Männer sind nicht einfach menschliche Männchen und Weibchen, vielmehr wird diese biologische Gegebenheit ergänzt und teilweise überlagert durch gesellschaftliche Normen, Vorstellungen und Erwartungen. Diese Geschlechterrollen sind im Unterschied zum biologischen Geschlecht deutlich flexibler und beim Menschen wesentlich historisch bestimmt. Die Geschlechterrollen spiegeln nur sehr beschränkt die biologische Realität und vor allem die gesellschaftlichen Verhältnisse wider. Gewinnbringend ist gerade die Erforschung dieses komplexen Verhältnisses. Die biologischen Aspekte der Geschlechterrollen treten im Laufe der Entwicklung der Produktivkräfte mehr und mehr in den Hintergrund: Die Entwicklung und Produktion von Milchpräparaten ermöglicht es allen Menschen, Säuglinge zu füttern und Aufgaben, die viel Kraft erfordern, wurden und werden vermehrt durch Maschinen oder zumindest unter der Ausnutzung maschineller Vorteile wie der Hebelwirkung erledigt. Bis heute wirkt sich aber die biologische Arbeitsteilung bei der Fortpflanzung – dass nur weibliche Organismen die Fähigkeit zu Schwangerschaft und Geburt haben – in Abhängigkeit von deren gesellschaftlicher Bedeutung auf die Geschlechterrollen aus.

Die Geschlechterrollen sind vielfältig und können sich je nach Klassenzugehörigkeit, aber auch je nach Alter und Familienstand erheblich unterscheiden. Sie haben sich über Jahrtausende in Abhängigkeit von den Produktionsverhältnissen sozial gebildet und gewandelt, werden bewusst und unbewusst vorgelebt, eingeprägt und erzieherisch auferlegt.4 Die Geschlechterrollen strukturieren die gesellschaftliche Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, sie beschreiben, was in einer Gesellschaft Männern oder Frauen zugetraut und abverlangt wird. Die Geschlechterrollen in der Klassengesellschaft stellen immer ein Gewaltverhältnis dar und zwingen Individuen in eine bestimmte Rolle.5 Ein Ausbrechen aus dieser Rolle wird juristisch, häufiger aber sozial, bestraft. Abhängig vom Geschlecht werden Kinder unterschiedlich erzogen, unterschiedliche Handlungen werden unterschiedlich bewertet, gerügt oder gelobt und auch Erwachsenen wird je nach Geschlecht unterschiedlich begegnet. Häufig werden die Geschlechterrollen auch durch körperliche Gewalt durch Erziehungsberechtigte oder andere Menschen aus dem Umfeld erzwungen. Die Kosten dieser Ungleichbehandlung tragen vor allem Mädchen und Frauen, aber auch Jungen und Männer erleben Ablehnung und andere Sanktionen, wenn sie der ihnen gesellschaftlich zugewiesenen Rolle nicht entsprechen. Die Geschlechterrollen kommen in statistisch nachweisbaren Unterschieden im Verhalten zum Ausdruck. So sind Männer beispielsweise für 87 Prozent aller Morde und 99 Prozent aller Vergewaltigungen verantwortlich.6

Der Begriff „Geschlechterrolle“ soll betonen, dass es sich um die Zuschreibung von Rollen für Angehörige eines bestimmten Geschlechts handelt, und nicht um ein weiteres Geschlecht, das als Ersatz oder Alternative neben dem biologischen Geschlecht existiert. Daher verwenden wir weder den Begriff „soziales Geschlecht“, der in dieser Hinsicht unklar ist, noch den Begriff „Gender“, der im Diskurs mit vielfältigen Bedeutungen aufgeladen wird (u.a. Zuschreibung, Identität, psychosoziales Geschlecht). Auch den Begriff der individuellen „Geschlechtsidentität“ verwenden wir nicht, da dieser weitere Verwirrung in die Diskussion bringt. Es ist wichtig zu untersuchen, wie sich die Identifikation mit dem eigenen Geschlecht ausdrückt, wie dadurch Anteile von gesellschaftlich auferlegten Geschlechterrollen verstärkt oder in Frage gestellt werden. Nur in diesem Sinn kann es sinnvoll sein, von „Geschlechtsidentität“ zu sprechen, denn die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht wird nicht über die Identität im Sinne einer Selbstzuschreibung bestimmt, sondern hauptsächlich durch die biologisch-materielle Realität.

Wir haben unser Verständnis des Geschlechtes in Bezug auf die biologische Veranlagung eines Körpers dargelegt, was daraus folgt, dass die meisten Menschen entweder dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können. Die Vorstellung weiterer Geschlechter oder eines Geschlechterspektrums führt zu einer Verschleierung des realen Zusammenhangs zwischen Geschlecht und Klassengesellschaft. Sie verunmöglicht in der Konsequenz die klare Erkenntnis der Unterdrückung der Frau in der kapitalistischen Gesellschaft und der notwendigen Orientierung im Kampf gegen diese Unterdrückung. Der vierte Teil geht ausführlicher auf die Kritik der oben genannten Vorstellungen ein.

Verlangen und sexuelle Orientierung

Sexuelle Reproduktion basiert auf der sexuellen Interaktion zwischen einzelnen Individuen des jeweils anderen Geschlechts. Um diese Interaktion zu motivieren hat sich evolutionär das sexuelle Verlangen durchgesetzt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Verlangen nur im Kontext der Reproduktion einen Ausdruck finden könne. Zudem gibt es sexuelle Handlungen zwischen Individuen des gleichen Geschlechts beispielsweise bei fast jeder Tierart und das Verlangen nach gleichgeschlechtlichen sexuellen Handlungen ist auch beim Menschen ein durch die gesamte überlieferten Geschichte hinweg häufiges Phänomen. Die sexuelle Orientierung wirkt sich nicht direkt auf andere Charaktereigenschaften, Stärken und Schwächen aus und darf dementsprechend keine Rolle spielen, wenn es darum geht, gesellschaftliche Aufgaben zu übernehmen.

Die evolutionäre Entwicklung ist allerdings nur die biologische Grundlage, auf der sich das komplexe Phänomen des Verlangens beim Menschen entwickelt hat. Das Verlangen der Menschen, das eine romantische Ebene beinhaltet, ist tief geprägt von Ideologie und sozialen Konventionen, genannt seien hier nur beispielsweise Schönheitsideale, Heteronormativität oder das problematische Verhältnis von Macht und Sexualität. Allgemein gilt: Es gibt nicht nur eine einzige richtige Art, Sexualität auszuleben, aber dennoch halten wir es für wichtig, nicht jedes Verlangen und jede einvernehmliche Sexualpraxis zwischen Erwachsenen automatisch als unproblematisch zu verstehen. Führt es beim Einzelnen zu Erregung, Gewalt auszuleben oder allgemein jemanden zu erniedrigen, ist es unbedingt angebracht, darüber zu reflektieren, welche Vorstellungen von Macht und Sexualität hier sichtbar werden und dies nicht blindlings zu akzeptieren.

Die Beeinflussung von Sexualpraktiken durch die gesellschaftlichen Verhältnisse zeigt sich auch beim Thema Konsens. Frauen neigen eher dazu, ihre eigentlichen Bedürfnisse zu übergehen und ihre Zustimmung zu geben. Dabei kann die ökonomische Abhängigkeit vom Mann ein Faktor sein. Zudem bekommen Frauen durch ihre Geschlechterrolle mehr als Männer vermittelt, eigentlich ungewolltem Sex zuzustimmen.7

Beim Verlangen in Bezug auf die sexuelle Orientierung ist es eine relativ neue Entwicklung, dass auch dieses zur Grundlage der eigenen Identität gemacht wird. Gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen gibt es in der gesamten dokumentierten Geschichte der Menschheit, wahrscheinlich auch in ihrer Vorgeschichte. Die Vorstellung von Homosexualität als Identität ist allerdings erst durch die Konstituierung der Schwulen- und Lesbenbewegungen zum politischen Subjekt aufgekommen.

Realitäten jenseits der Binarität?

Mit dem Aufkommen des Queerfeminismus und insbesondere mit der Veröffentlichung von Judith Butlers „Das Unbehagen der Geschlechter“ (1991) hat sich die Vorstellung verbreitet, dass nicht nur die Unterdrückung der Frau, sondern schon grundsätzlich die Vorstellung eines geschlechtlichen Dualismus überhaupt zu problematisieren sei.8 Im Kontext dieser Diskussion werden immer wieder unterschiedliche Phänomene angeführt, die auf Lebensrealitäten jenseits der Binarität männlich-weiblich verweisen. Zwei häufig genannte Phänomene wollen wir im Folgenden betrachten.

Intergeschlechtlichkeit

Intergeschlechtlichkeit beschreibt ein Spektrum von Variationen bei der Ausprägung der Geschlechtsorgane und der anderen damit verbundenen physischen Eigenschaften, wodurch ein kleiner Teil der Betroffenen nicht eindeutig als weiblich oder männlich einzuordnen ist.9 Diese Variationen können unterschiedliche Ursachen haben, genannt seien hier beispielsweise eine Trisomie der Geschlechtschromosomen, also das Vorhandensein von drei Geschlechtschromosomen, oder eine Immunität gegenüber Testosteron oder Östrogen, was zur Herausbildung von Geschlechtsorganen führt, die nicht dem vorhandenen Chromosomenpaar entsprechen, was häufig mit Unfruchtbarkeit einhergeht.10 Die meisten intergeschlechtlichen Menschen erfahren von ihren biologischen Variationen erst auf der Suche nach der Ursache ihrer verminderten oder fehlenden Fruchtbarkeit. Nur bei einem Bruchteil der intergeschlechtlichen Menschen entwickeln sich auffällig abweichende Geschlechtsorgane.11

Intergeschlechtlichkeit stellt die Binarität des biologischen Geschlechts nicht infrage: Es kann zwischen zwei Kategorien immer komplexe Variationen geben, die diese Kategorien aber nicht notwendigerweise verwerfen. Das biologische Geschlecht ist, wie oben formuliert, nicht ohne die sexuelle Reproduktion zu verstehen. Genetische Variationen bei Individuen schließen diese in einigen Fällen von der sexuellen Reproduktion aus, sie nehmen aber keine zusätzliche dritte Rolle dabei ein. Das Geschlecht beschreibt die Rolle bei der sexuellen Reproduktion, was nicht bedeutet, dass jedes Individuum einem dieser Geschlechter angehören muss.12

Diese biologische Einordnung muss allerdings um eine gesellschaftliche Einordnung ergänzt werden. Die erwähnte gewaltvolle Durchsetzung der Geschlechterrollen kann gerade auf intergeschlechtliche Menschen einen enormen Druck ausüben und psychische Krisen auslösen. Diesem Phänomen müssen wir begegnen, indem wir für eine Gesellschaft kämpfen, in der die Betroffenen nicht zusätzlich diskriminiert werden. Eine weitere Kontroverse betrifft den Umgang mit Neugeborenen mit uneindeutig ausgebildeten Geschlechtsorganen. Hier wurden häufig kurz nach der Geburt Operationen durchgeführt, um die Geschlechtsorgane plastisch der weiblichen oder männlichen Norm anzugleichen – ein riskanter Eingriff mit Folgen für die gesamte Sozialisierung eines Kindes, das zu jung ist, um selbst mitentscheiden zu können. Seit 2021 ist die Operation nicht einwilligungsfähiger intergeschlechtlicher Kinder in Deutschland grundsätzlich verboten. Den Leidensdruck von Menschen, die eine solche Operation erfahren haben, müssen wir ernst nehmen.

Transgeschlechtlichkeit

Transgeschlechtlichkeit bezeichnet eine Diskrepanz zwischen dem biologischen Geschlecht und dem eigenen Empfinden sowie das damit verbundene Streben, als eine Person des erlebten Geschlechts zu leben und akzeptiert zu werden – teilweise durch eine Hormonbehandlung, einen chirurgischen Eingriff oder andere Gesundheitsdienstleistungen, um den Körper der Person so weit wie möglich und gewünscht an das erlebte Geschlecht anzupassen. Transgeschlechtlichkeit ist keine Diagnose im ICD-11. Die ICD-11-Klassifikation definiert Geschlechtsinkongruenz nicht mehr als psychische Krankheit, sondern als einen Gesundheitszustand mit einer vom biologischen Geschlecht abweichenden Geschlechtswahrnehmung.13 Geschlechtsvariante Verhaltensweisen und Vorlieben allein sind keine Grundlage für die Zuweisung der Diagnose. Die Definition von Transgeschlechtlichkeit ist unter Betroffenen, Aktivisten und Experten umstritten, wir halten das vorgestellte Verständnis im Sinne der Geschlechtsinkongruenz aktuell für das treffendste und sinnvollste.

Über die Ursachen und die Entwicklung dieser Inkongruenz muss weiter geforscht werden, es gibt Hinweise, dass neben psychologischen und sozialen Faktoren auch biologische Faktoren eine Rolle spielen. Es muss erforscht werden, inwiefern der gesellschaftliche Druck zur Konformität mit bestehenden Geschlechterrollen diese Inkongruenz verstärken oder sogar auslösen kann. Statistische Auffälligkeiten sollten hier in weitere Forschungen einbezogen werden, beispielsweise dass die Häufigkeit von Transitionen von weiblich zu männlich nur langsam zur Häufigkeit von Transitionen von männlich zu weiblich aufgeschlossen hat und dass erstere im Schnitt in jüngerem Alter begonnen werden.14

Ganz unabhängig von den Ursachen müssen wir eine politische Position zum Phänomen der Transgeschlechtlichkeit einnehmen. Wie es in Kuba schon seit Jahrzehnten praktiziert wird, müssen wir den Leidensdruck, der mit der erlebten Inkongruenz einhergehen kann, ernst nehmen und uns für medizinische und psychologische Unterstützung einsetzen, die patientenorientiert und wissenschaftlich ausgerichtet ist. Die Transition mithilfe von Hormonen oder plastischer Chirurgie muss im Sinne der Leidreduktion bei den Betroffenen kostenlos und sicher durchgeführt werden können, aber auch wohlüberlegt sein. Es handelt sich um einen starken Eingriff in den Körper aber die Zahlen der Transpersonen, deren Leidensdruck sich durch die Transition verringert hat, liegen je nach Studie zwischen 80% und 97%.15 Eine Transition ist nicht immer vollständig umkehrbar, die Fortpflanzungsmöglichkeit ist ab einem gewissen Fortschritt der Transition nicht wiederherstellbar. Welche Maßnahmen zur Einleitung oder Durchführung einer Transition schon bei Kindern und Jugendlichen eingeleitet werden können, muss also unter Berücksichtigung dieser Tatsache genau festgelegt werden. Auch wenn es schon im Kapitalismus positive Reformen in dieser Hinsicht geben kann – allem Voran eine bessere physische und psychologische medizinische Versorgung – steht eine Ökonomie, die ausschließlich auf Profit ausgerichtet ist, einem vernünftigen Umgang notwendigerweise im Weg.

Wir dürfen das Phänomen der Transgeschlechtlichkeit nicht vereinfachen. Geschlecht ist eine biologische Realität und die Geschlechterrollen sind eine gesellschaftliche Realität. Nach der Definition von Geschlecht als Veranlagung zur Produktion kleiner oder großer Gameten, lässt sich dieses durch eine Transition (Einnahme von Hormonen, kosmetische und operative Veränderung der äußeren Geschlechtsmerkmale) nicht ändern. Eine Transfrau wurde in aller Regel männlich sozialisiert, ein Transmann wurde in aller Regel weiblich sozialisiert, mit den Vor- und Nachteilen, die eine solche Sozialisierung eben mit sich bringt. Transgeschlechtlichkeit ist nicht einfach eine Frage der Selbstidentifikation, sondern die Notwendigkeit medizinischer Maßnahmen wie einer Transition muss anhand von immer wieder zu revidierenden Kriterien fachlich betreut festgestellt werden. Eine solche Beurteilung wird von Transaktivisten häufig als stigmatisierend und (re-)traumatisierend abgelehnt. Es muss sorgfältig geprüft werden, welche Kriterien sinnvoll sind und welchen Kriterien diskriminierende Vorannahmen zugrunde liegen. Transpersonen sind überdurchschnittlich oft Opfer von Gewalttaten und leiden unter der immer noch vorhandenen gesellschaftlichen Diskriminierung. Dies ist auch eine Folge der etablierten Geschlechterrollen, die Verhaltensweisen und Aussehen von Menschen ihrem biologischen Geschlecht entsprechend einschränken und Abweichungen sanktionieren. Die Diskriminierung führt in vielen Fällen aber auch zu einer ganz realen ökonomischen Schlechterstellung von Transpersonen, denen es schwerfällt, Jobs zu finden und die deshalb häufiger von Armut betroffen sind. Der Kampf gegen die reaktionären Geschlechterrollen ist somit auch ein Kampf im Interesse von Transpersonen.

Auch in der Arbeiterklasse und in den armen Volksschichten gibt es selbstverständlich Transgeschlechtlichkeit, ebenso wie es beispielsweise Homosexualität gibt. Entscheidend ist für uns als Partei der Arbeiterklasse, dass wir diese Fragen aus einer Klassenperspektive betrachten: Transgeschlechtliche Angehörige der Arbeiterklasse sind für uns genauso unsere Klassenbrüder und -schwestern wie alle anderen und wir streben an, gemeinsam mit ihnen den Klassenkampf für die gemeinsame Befreiung der Klasse zu führen.

Wir wenden uns aus diesen Gründen gegen die Diskriminierung von Transpersonen. Wir respektieren die Entscheidung zur Transition und respektieren es auch, wenn Transpersonen mit anderen Namen und anderen Pronomen angesprochen werden wollen. Die wissenschaftliche Untersuchung und Diskussion über die Definition, Bedeutung und den Umgang mit dem Phänomen Transgeschlechtlichkeit darf aber nicht durch den Vorwurf der Transfeindlichkeit unterdrückt werden – den vermeintlichen Lösungen, egal ob von queerfeministischer oder von tatsächlich transfeindlicher Seite, müssen wir entschieden entgegentreten.

Die Diskriminierung von Transpersonen kann sehr unterschiedlich aussehen. Zum einen werden sie allein auf der Grundlage ihrer Transgeschlechtlichkeit diskriminiert, gerade Transfrauen können aber, insofern andere sie als Frauen wahrnehmen, auch von Diskriminierung gegen Frauen betroffen sein. Es lohnt sich hier dennoch, eine Unterscheidung zu treffen, denn die Benachteiligung von Frauen hat einen körperlichen Anteil, der nicht verleugnet werden kann. Autositze sind auf durchschnittliche Männer normiert, Medikamente werden bei Frauen häufig überdosiert und Studien zur unterschiedlichen Wirkung von Medikamenten je nach Zyklusphase werden unterlassen. Aufgrund der gesellschaftlichen Schlechterstellung der Frau ist diese also gesundheitlichen Risiken ausgesetzt, denen Transfrauen nicht ausgesetzt sind – Transmänner aber unter Umständen schon. Diese sind wiederum von anderen gesundheitlichen Risiken betroffen, da beispielsweise nur selten die Auswirkung einer Transition auf die Wirkungsweise von Medikamenten getestet wird.

In sozialen Bewegungen und in anderen Kontexten haben sich unterschiedliche Begrifflichkeiten gefunden, die Identitäten jenseits der Dualität von Geschlecht ausdrücken. Eine im englischen und deutschen Sprachraum relativ weit verbreitete Begrifflichkeit ist hier die Bezeichnung als nonbinary, non- oder nichtbinär. Wir sehen Bedarf zur Auseinandersetzung mit dem Begriff der Nichtbinarität und den unterschiedlichen Verwendungsweisen davon, sowie zum Verhältnis trans-nichtbinär. Wir finden uns in den uns bekannten (queer)feministischen Verwendungsweisen nicht richtig.

Zentrale Erkenntnisse

Die Frauen und Männer in unserer Gesellschaft sind nicht einfach menschliche Männchen und Weibchen, die Geschlechterrollen, die wir hier vor Augen haben sind gesellschaftliche Phänomene, als solche historisch gewachsen und beschränken die vollständige Entfaltung der Potentiale der Menschen bei der Entwicklung zur revolutionären, sozialistischen Persönlichkeit. Diese Einschränkung unserer Entwicklung müssen wir zurückdrängen und uns auch deshalb für die vollständige juristische, ökonomische und gesellschaftliche Gleichstellung der Frau einsetzen.

Dort, wo Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, inter- und transgeschlechtlichen Menschen ein Hindernis für den Klassenkampf und für die Vorbereitung der gesamten Arbeiterklasse auf die Revolution darstellt, müssen wir daran arbeiten, sie zu überwinden. Dafür müssen wir alle Spaltungsversuche innerhalb der Klasse bekämpfen. Spaltungsversuche gibt es auf der Grundlage von Geschlecht, Geschlechterrolle und sexueller Orientierung und auf all diesen Ebenen müssen wir sie zurückweisen.

Unser mittelfristiges Ziel ist also, allen Genossinnen und Genossen die bestmögliche Entwicklung zu ermöglichen und sowohl männliche als auch weibliche Vorbilder für unsere Klasse hervorzubringen. Im Sozialismus müssen wir auf Grundlage der technischen Entwicklung die kulturelle Entwicklung in eine Richtung forcieren, die dem Geschlecht immer weniger Bedeutung gibt, sodass die Geschlechterrollen, die über das biologisch Notwendige hinausgehen, absterben können.

Zweiter Teil: Historische Entwicklung der Geschlechterverhältnisse

Die Frauenfrage im Licht des historischen Materialismus

Die Lage, oder genauer gesagt, die Unterdrückung der Frau als Teil unserer gesellschaftlichen Verhältnisse lässt sich, so wie jedes Phänomen, nur in der gesamtheitlichen, dialektisch-materialistischen Betrachtung der Produktionsverhältnisse der jeweiligen Epoche erklären. Wir stützen uns hier also anknüpfend an Marx und Lenin auf die philosophische Grundlage des dialektischen und historischen Materialismus.16 Seine wichtigsten Erkenntnisse sind, dass es erstens gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten gibt, dass diese zweitens erkennbar sind und dass sie drittens an bestimmte Gesellschaftsformen gebunden sind und daher nicht zeitlos gelten. Eine Rezension, die von Marx ausführlich und zustimmend zitiert wird, beschreibt die von ihm vertretene Auffassung folgendermaßen:

„[Man wird] sagen, die allgemeinen Gesetze des ökonomischen Lebens sind ein und dieselben; ganz gleichgültig, ob man sie auf Gegenwart oder Vergangenheit anwendet. Grade das leugnet Marx. Nach ihm existieren solche abstrakte Gesetze nicht […] Nach seiner Meinung besitzt im Gegenteil jede historische Periode ihre eignen Gesetze […] Sobald das Leben eine gegebene Entwicklungsperiode überlebt hat, aus einem gegebnen Stadium in ein andres übertritt, beginnt es auch durch andre Gesetze gelenkt zu werden.“17

Mit der materialistisch-dialektischen Philosophie betrachten wir die Lage der Geschlechter auf Basis der materiellen Verhältnisse und nicht als Ausdruck ewiger Ideale oder Wesensbestimmungen, die von den Produktionsverhältnissen unabhängig sind. Marx bezeichnet es beispielsweise als „albern“, eine bestimmte „Form der Familie für absolut zu halten“.18 So wie bei allen anderen gesellschaftlichen Phänomenen gibt es nur historisch spezifische Formen der Familienverhältnisse: „Es ist überhaupt nicht von ‚der‘ Familie zu sprechen.“19

Zetkin konkretisiert weiter, was das für die Analyse der Lage der Frau bedeutet – sie widerlegt die noch heute kursierenden idealistischen Ideen von „ewig weiblichen“ und unveränderlichen Eigenschaften „der Frau“, die ganz und gar unabhängig von den jeweils herrschenden Produktionsverhältnissen seien:

„[D]ie Stellung der Frau […] ist eine Folge der gesellschaftlichen, auf den Produktionsverhältnissen fußenden Zustände einer gegebenen Zeit. Diese Zustände, welche der Frau in den verschiedenen Geschichtsperioden aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten eine gewisse Stellung anweisen, ziehen dann ihrerseits zugleich gewisse Ideen groß über die gesellschaftliche Rolle des weiblichen Geschlechts, Ideen, die einfach den Zweck haben, das tatsächlich Bestehende zu beschönigen, als ewig notwendig zu erweisen und zum Nutzen derer, denen die herrschenden Verhältnisse zu Gute kommen, aufrecht zu erhalten.“20

Zur Erklärung der materiellen Grundlagen für die Unterdrückung der Frau betrachten wir deshalb, den Methoden des dialektischen Materialismus folgend, die Entwicklung der Produktionsverhältnisse seit Beginn der Menschheitsentwicklung bis zur heutigen Epoche des Imperialismus. Dabei stützen wir uns grundsätzlich auf die Vorgehensweise und Thesen, die Engels in „Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats“ (1884) entwickelt hat.

Engels wandte die marxistische Methode auf vorhandene archäologische, anthropologische und historische Erkenntnisse an. Auf dieser Grundlage entwickelte er seine Ansichten darüber, wie und warum die Unterdrückung der Frau entstanden sei und wie demzufolge die Frau befreit werden könne. Zentral ist dafür der Übergang vom Urkommunismus21 hin zur Entwicklung der Klassengesellschaft. Während im Urkommunismus alle Produktionsmittel Kollektiveigentum waren und gemeinsam für die unmittelbare Reproduktion des Lebens produziert wurde, ohne dabei ein nennenswertes Mehrprodukt zu erzielen, entstand mit der zunehmenden Entwicklung der Produktionsmittel die Möglichkeit zur Erwirtschaftung von Mehrprodukt und auf dieser Grundlage die Klassengesellschaft. Diese ist durch den zunehmenden Übergang der Produktionsmittel vom kollektiven in individuelles Eigentum gekennzeichnet. Die Entstehung von Klassen und die Unterdrückung der Frau sind nicht zu trennen:

„Der erste Klassengegensatz, der in der Geschichte auftritt, fällt zusammen mit der Entwicklung des Antagonismus von Mann und Weib in der Einzelehe, und die erste Klassenunterdrückung mit der des weiblichen Geschlechts durch das männliche.“22

Engels’ Argumentation basierte auf archäologischen Funden und Interpretationen, die durch moderne Forschung teilweise revidiert wurden, die zentralen Aussagen seines Werks wurden dagegen bestätigt, weshalb seine grundsätzlichen Thesen richtig bleiben.23 Dabei sollte beachtet werden, dass archäologische Forschung sowie ähnliche Formen der Wissenschaften interpretativ sind. Hier gelten außerdem auch die Schwierigkeiten, die bürgerliche Geistes- und Sozialwissenschaften besonders einschränken: Die Interpretation von viele Jahrtausende alten archäologischen Funden ist fehleranfällig und von bürgerlicher Ideologie geprägt, wodurch aktuelle Verhältnisse als natürlich und unveränderbar verstanden werden und daher auf alle Zeiten projiziert werden.24 Beispielsweise können Grabbeigaben wie Schaber oder Messer als Haus- oder als Jagdwerkzeuge interpretiert werden. Auch wurden schon Funde von Menschen mit Jagdwaffen oder Skelette für sich genommen vorschnell als Männer ausgewertet.25

Neben der Auswertung archäologischer Daten war die zweite Vorgehensweise Engels’, zu seiner Zeit lebende indigene Stämme zu untersuchen. Diesen Forschungsansatz verwenden auch moderne Archäologen, um Ableitungen über die gesellschaftlichen Zustände zu Beginn der Menschheit zu machen.26 Offensichtlich handelt es sich aber auch hier um eine Vorgehensweise, die sich einer Form der Interpretation bedienen muss.

Aus Engels‘ Untersuchungen lässt sich ableiten, dass die materielle Grundlage der Unterdrückung der Frau die gesellschaftliche Rolle ist, die ihr Körper in einer bestimmten Gesellschaftsformation einnimmt. Der Körper der Frau zeichnet sich vor allem durch die potentielle Gebärfähigkeit und andere untergeordnete Unterschiede im Körperbau der Geschlechter aus. Die Stellung der Frau in einer Gesellschaft ist also nicht durch diese körperlichen Unterschiede und die potentielle Gebärfähigkeit des weiblichen Geschlechts determiniert, sondern dadurch, welche Rolle diese notwendigen Aufgaben der Frau auf der Grundlage der materiellen Verhältnisse der jeweiligen Gesellschaftsformation einnehmen. Dies bestätigt auch Kollontai in ihren Vorlesungen zur Lage der Frau:

„Nein, die rechtlose und abhängige Stellung der Frau und die fehlende Gleichberechtigung lassen sich nicht durch irgendwelche ‚natürlichen’ Eigenschaften erklären, sondern durch den Charakter der Arbeit, die ihr in einer bestimmten Gesellschaft zugeteilt wird.“27

Produktionsverhältnis und Lage der Geschlechter in der Urgesellschaft

Beginn der Menschheitsentwicklung

Die Gesellschaft zu Beginn der Menschheitsentwicklung (circa vor zwei Millionen Jahren28) war wesentlich davon bestimmt, dass ihr zunächst keine und dann allmählich nur sehr primitive Werkzeuge zur Verfügung standen. Ohne entwickelte Produktionsmittel musste der Mensch als Jäger und Sammler in einfachster Form leben: Es konnten nicht mehr Nahrungsmittel und andere Güter erzeugt werden, als zum Überleben der Gesellschaft notwendig war, es gab damit kein Mehrprodukt und jeder Tag war vom nackten Kampf ums Überleben bestimmt. Dies blieb im Wesentlichen so bis zum Beginn des Neolithikums etwa 10.000 v. Chr.29 Für das Überleben der Gruppe war deshalb die Teilnahme aller an der notwendigen Arbeit vorausgesetzt. Jede und jeder musste sich an der Nahrungsbeschaffung den eigenen Fähigkeiten entsprechend beteiligen. Auch mit den sich entwickelnden Werkzeugen (zu Beginn geformte Steine, etwas später der Faustkeil) konnte die Jagd auf größere Tiere nur im Kollektiv bewältigt werden. Niemand konnte hier dauerhaft eine Sonderrolle einnehmen oder sich Dingen widmen, die nicht direkt dem Überleben dienten – sonst wäre dieses nicht mehr gesichert gewesen. Somit gab es keine Ausbeutung, da die Produktionsmittel kollektiv angewendet und besessen wurden, sowie keine ausgeprägte Unterdrückung innerhalb der Gesellschaft.30 Wie Engels formuliert, fand dementsprechend auch keine Warenproduktion und entsprechende Entfremdung statt:

„Die Produktion aller früheren Gesellschaftsstufen war wesentlich eine gemeinsame, wie auch die Konsumtion unter direkter Verteilung der Produkte innerhalb größerer oder kleinerer kommunistischer Gemeinwesen vor sich ging. Diese Gemeinsamkeit der Produktion fand statt innerhalb der engsten Schranken; aber sie führte mit sich die Herrschaft der Produzenten über ihren Produktionsprozeß und ihr Produkt. Sie wissen, was aus dem Produkt wird: Sie verzehren es, es verläßt ihre Hände nicht; und solange die Produktion auf dieser Grundlage betrieben wird, kann sie den Produzenten nicht über den Kopf wachsen, keine gespenstischen fremden Mächte ihnen gegenüber erzeugen, wie dies in der Zivilisation regelmäßig und unvermeidlich der Fall ist.“31

Wie bereits erwähnt, bestätigen spätere Forschungen die wesentlichen Aspekte von Engels’ Erkenntnissen: Es gab Tausende sippenbasierte Gruppen auf der Grundlage von kollektivem Landbesitz in vorstaatlichen Zeiten, in denen keine Ausbeutung stattfand.32 Heute sind nur wenige Beispiele von Gruppen mit Rangordnungen und Besitzunterschieden schon vor der Einführung des Privateigentums bekannt.33

Aus der kollektiven Organisation der Stämme während des Urkommunismus lässt sich bezüglich der Stellung der Frau schlussfolgern, dass Frauen nicht von einzelnen männlichen Ernährern abhängig waren. Stattdessen war die Gesellschaft in miteinander verwandte Gruppen unterteilt und als Gruppe organisiert. Da Sex mit mehreren Partnern stattfand, war in der Regel der Vater unbekannt und nur die Abstammung seitens der Mutter sicher nachweisbar.34 Daraus folgte, dass die Verwandtschaft in der Regel nach der mütterlichen Linie bestimmt wurde (matrilinear).35 Die Kinder waren aber nicht so fest wie heute ihren Eltern (beziehungsweise ihrer Mutter) zugeordnet, stattdessen war ihre Aufzucht und Erziehung tendenziell die Angelegenheit des ganzen Clans, wie Engels beschreibt:

„Das Studium der Urgeschichte dagegen führt uns Zustände vor, wo Männer in Vielweiberei und ihre Weiber gleichzeitig in Vielmännerei leben und die gemeinsamen Kinder daher auch als ihnen allen gemeinsam gelten; Zustände, die selbst wieder bis zu ihrer schließlichen Auflösung in die Einzelehe eine ganze Reihe von Veränderungen durchmachen.“36

Gegen eine sehr strenge Arbeitsteilung anhand der Geschlechter sprechen Studien, die zeigen, „dass die Arbeitsteilung sowohl innerhalb des Stamms als auch zwischen den Stämmen sehr variabel und flexibler war als gemeinhin angenommen … [die] Arbeitsteilung folgte gelegentlich unter anderem dem Alter, den Fähigkeiten und der Erfahrung und nicht nur dem Geschlecht.“37 Frauen übernahmen vor allem während sie schwanger waren oder stillten Arbeiten, die damit kompatibel waren.38 Außerhalb dieser kurzen Lebensabschnitte weisen moderne Forschungen nach, dass in den meisten Stämmen auch Frauen jagten und in einigen Stämmen Frauen auch Großwildjäger waren.39 So kann also von einer Schwerpunktsetzung und Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern gesprochen werden, aber nicht in einem so starken Sinne wie es für die spätere Zeit der Zähmung und Züchtung von Tieren sowie des Ackerbaus gilt. Als Konsequenz dieser tendenziellen Arbeitsteilung hielten sich die Frauen des Stamms mit der Entwicklung der Gesellschaft Richtung Neolithikum und Sesshaftwerdung mehr am Lagerplatz auf als die Männer.

Übergang zu Klassengesellschaften

Erst durch die sogenannte neolithische Revolution ab etwa 10.000 v. Chr., als die Menschen weltweit langsam sesshaft wurden und mit Ackerbau und Viehzucht begannen, entwickelte sich eine ausgeprägte Arbeitsteilung.40 Damals wurden durch die Kaltzeit weltweit über Jahrtausende andauernde Umwälzungen der menschlichen Ökonomie, das heißt der Produktivkräfte, ausgelöst.41 Nach dem Ende der letzten Kaltzeit begann die Wiederbewaldung Europas, was die Lebensbedingungen veränderte. Die wandernden Großwildbestände verschwanden und zwangen die Menschen auf Standwild und Fischerei auszuweichen. So entstand über die Zeit hinweg durch die Entwicklung von Werkzeugen die allmähliche Domestizierung von Pflanzen und Tieren, zunächst in Form von Wanderfeldbau und Fischerei, später in Form der Sesshaftwerdung und des Ackerbaus.42 Im Vergleich zur Lebensweise von Jägern und Sammlern im Urkommunismus konnten auf diese Weise im selben Gebiet zehn- bis hundertmal mehr Menschen ernährt werden.43 Diese Entwicklung verlief allerdings nicht überall im selben Tempo.44 So ist nachgewiesen, dass auch nach 10.000 v. Chr. in vielen Gegenden Felder noch kollektiv bestellt wurden, es gab Siedlungen mit teilweise mehreren tausend Menschen, deren Architektur auf ein egalitäres System hinweist.45 Bis etwa 6000 v. Chr. hatte sich in Teilen des amerikanischen Kontinents, in Afrika, Nordwesteuropa, Indien und dem Kaukasus eine landwirtschaftliche Lebensweise entwickelt. Damit war die ursprüngliche Lebensweise entweder durch eindringende Stämme verdrängt, oder sie hatte sich aufgrund der veränderten klimatischen Umstände und der Entwicklung entsprechender Produktionsmittel entwickelt.46 Engels stellt über diese Zeit fest:

„Aber in diesen Produktionsprozeß schiebt sich die Teilung der Arbeit langsam ein. Sie untergräbt die Gemeinsamkeit der Produktion und Aneignung, sie erhebt die Aneignung durch einzelne zur überwiegenden Regel und erzeugt damit den Austausch zwischen einzelnen – wie, das haben wir oben untersucht. Allmählich wird die Warenproduktion herrschende Form.“47

Das so langsam entstehende und wachsende Mehrprodukt wurde zu Beginn dieser Entwicklung weiterhin kollektiv verwaltet. Eine Folge des Mehrprodukts war exponentielles Bevölkerungswachstum von rund 2 Millionen um 10.000 v. Chr., über rund 18 Millionen um 5000 v. Chr. auf rund 115 Millionen um 1000 v. Chr.48 Das Sesshaftwerden in Verbindung mit der Entstehung des Mehrprodukts erlaubte außerdem das Lagern von Lebensmittelüberschüssen. Durch die bessere Ernährung und die gesicherte Lebenssituation stieg die Fertilität und sank die Kindersterblichkeit. Häufigere Schwangerschaften waren möglich und sogar erwünscht, da dadurch mehr Arbeitskräfte zur Verfügung standen, um noch größeres Mehrprodukt erzeugen zu können.49 Dies hatte zur Folge, dass die Frauen mehr Zeit als zuvor mit Schwangerschaft und Stillen – heißt im Lager – verbringen mussten.

Diese Entwicklungen führten zu einer ausgeprägteren Arbeitsteilung. Aufgrund des Mehrprodukts konnte ein Teil der Gesellschaft erstmals Aufgaben übernehmen, die nicht direkt der Nahrungsbeschaffung und dem Überleben dienten, was die Herausbildung von Klassen ermöglichte: Erstmals in der Geschichte der Menschheit befanden sich entwickelte Produktionsmittel in privater Hand, sodass damit die Ausbeutung anderer möglich wurde. Nahrungs- und Produktionsmittel mussten verwaltet und deren Einsatz geplant werden, was zur Entstehung verschiedener Klassen führte. Raubzüge, Eroberung fremder Vorräte und Ländereien sowie Versklavung sind weitere Folgen.50 Bis zur Entstehung von Mehrprodukt war es noch üblich, bei Auseinandersetzungen zwischen Stämmen Kriegsgefangene direkt zu töten oder direkt in den Stamm zu integrieren, da es keine Rollen wie die eines Sklavenhalters geben konnte.51 Nun waren aber zusätzliche Arbeitskräfte wünschenswert, da die neuen Produktionsmittel eine größere Effizienz in der Herstellung von Gütern ermöglichten. Wie Engels beschreibt:

„Die Steigerung der Produktion in allen Zweigen – Viehzucht, Ackerbau, häusliches Handwerk – gab der menschlichen Arbeitskraft die Fähigkeit, ein größeres Produkt zu erzeugen, als zu ihrem Unterhalt erforderlich war. Sie steigerte gleichzeitig die tägliche Arbeitsmenge, die jedem Mitglied der Gens, der Hausgemeinde oder der Einzelfamilie zufiel. Die Einschaltung neuer Arbeitskräfte wurde wünschenswert. Der Krieg lieferte sie: Die Kriegsgefangnen wurden in Sklaven verwandelt. Die erste große gesellschaftliche Teilung der Arbeit zog mit ihrer Steigerung der Produktivität der Arbeit, also des Reichtums, und mit ihrer Erweiterung des Produktionsfeldes, unter den gegebnen geschichtlichen Gesamtbedingungen, die Sklaverei mit Notwendigkeit nach sich. Aus der ersten großen gesellschaftlichen Arbeitsteilung entsprang die erste große Spaltung der Gesellschaft in zwei Klassen: Herren und Sklaven, Ausbeuter und Ausgebeutete.“52

So veränderten sich die eigentlichen Zuständigkeiten der geschlechtlichen Arbeitsteilung nicht grundsätzlich, aber sie wurden verfestigt und verstärkt, als sich die Organisationsform der Gesellschaft veränderte. Verschiedene Handwerkszweige entwickelten sich und sonderten sich vom Ackerbau ab, Warenproduktion und damit auch der Handel über größere Regionen hinweg entwickelten sich.53 Engels betont in der Erklärung dieser Verschiebung vor allem den entstehenden Handel in der Verantwortung des Mannes sowie die Domestizierung von Vieh als Grundlage des entstehenden Mehrprodukts:

„Der Erwerb war immer Sache des Mannes gewesen, die Mittel zum Erwerb [wurden] von ihm produziert und [waren] sein Eigentum. Die Herden waren die neuen Erwerbsmittel, ihre anfängliche Zähmung und spätere Wartung sein Werk. Ihm gehörte daher das Vieh, ihm die gegen Vieh eingetauschten Waren und Sklaven. All der Überschuß, den der Erwerb jetzt lieferte, fiel dem Manne zu; die Frau genoß mit davon, aber sie hatte kein Teil am Eigentum. […] Die Arbeitsteilung in der Familie hatte die Eigentumsverteilung zwischen Mann und Frau geregelt; sie war dieselbe geblieben; und doch stellte sie jetzt das bisherige häusliche Verhältnis auf den Kopf, lediglich weil die Arbeitsteilung außerhalb der Familie eine andre geworden war. Dieselbe Ursache, die der Frau ihre frühere Herrschaft im Hause gesichert: ihre Beschränkung auf die Hausarbeit, dieselbe Ursache sicherte jetzt die Herrschaft des Mannes im Hause: die Hausarbeit der Frau verschwand jetzt neben der Erwerbsarbeit des Mannes; diese war alles, jene eine unbedeutende Beigabe.“54

Auch Kollontai betont, dass wir es hier weniger mit einer Veränderung der eigentlichen Aufgaben, sondern der Veränderung ihrer Bedeutung für die Gesellschaft, beziehungsweise für ihre ökonomische Grundlage, zu tun haben:

„Das Privateigentum hätte nicht zur Versklavung der Frau führen müssen, wenn sich nicht bereits vorher ihre Bedeutung als Hauptverantwortliche für die Versorgung des Stammes verloren hätte. Aber das Privateigentum und die Aufspaltung der Gesellschaft in Klassen formten und steuerten die wirtschaftliche Entwicklung, so dass sich die Rolle der Frau in der Produktion praktisch auf Null reduzierte. Die Unterdrückung der Frau hängt mit einer Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern zusammen, bei der die produktive Arbeit die Aufgabe des Mannes war, während die Frau nebensächliche Aufgaben übernahm. Je perfekter diese Arbeitsteilung wurde, desto abhängiger wurde die Frau, bis schließlich ihre Leibeigenschaft ein Faktum war.“55

Moderne Forschungen bestätigen diese Betrachtung:

„Es liegt im Interesse der gesamten Gesellschaft, dass Frauen sich nicht an Tätigkeiten beteiligen (wie Kriegsführung, weite Reisen oder später schwere landwirtschaftliche Arbeiten), die sie den größten Risiken von Tod, Unfruchtbarkeit oder Abtreibung aussetzen – oder die von der Muttermilch abhängige Säuglinge gefährden. Die Rolle der Frauen ändert sich also allmählich, nachdem sie in den Sammler-Jäger- und frühen Gartenbau-Gesellschaften im Mittelpunkt der Produktion und der Fortpflanzung standen. Mit der Zeit werden sie von einigen Aspekten der Produktion ausgeschlossen. Die Anthropologin Ernestine Friedl fand Beweise dafür, dass in Gartenbaugesellschaften, in denen Männer weite Strecken für den Handel zurücklegen und in Kriege verwickelt sind, ihr Status im Vergleich zu Frauen zunimmt.“56

Mit der Entwicklung von Produktionsmitteln wie dem Pflug und der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern stieß die kollektive Organisierung der Gesellschaft zunehmend an ihre Grenzen. So stellte sich die Frage nach dem Besitz und der Vererbung der Produktionsmittel und der gelagerten Reichtümer. Es entwickelte sich ein Privatbesitz an Produktionsmitteln und damit einhergehend auch kleinere Einheiten innerhalb der Stämme, die diesen Privatbesitz verwalteten. Die patriarchale Familie,57 die auf die wichtigere Stellung des Mannes in der Produktion zurückzuführen ist, und damit einhergehend die patrilineare Erbfolge58 entstanden:

„Solche Reichtümer, sobald sie einmal in den Privatbesitz von Familien übergegangen und dort rasch vermehrt, gaben der auf Paarungsehe und mutterrechtliche Gens gegründeten Gesellschaft einen mächtigen Stoß. Die Paarungsehe hatte ein neues Element in die Familie eingeführt. […] Nach der damaligen Arbeitsteilung in der Familie fiel dem Mann die Beschaffung der Nahrung und der hiezu nötigen Arbeitsmittel, also auch das Eigentum an diesen letzteren zu; er nahm sie mit, im Fall der Scheidung, wie die Frau ihren Hausrat behielt. Nach dem Brauch der damaligen Gesellschaft also war der Mann auch Eigentümer der neuen Nahrungsquelle, des Viehs, und später des neuen Arbeitsmittels, der Sklaven.“59

Wie Kollontai weiter ausführt, war die

„wichtigste Folge des Privateigentums, dass der Einzelhaushalt sich aus der bisherigen einheitlichen und gemeinsamen Ökonomie des Stammes abkapselte. Die Existenz solcher selbständigen Haushalte verstärkte eine mehr und mehr geschlossene Familienform. Innerhalb dieser isolierten, individuellen Familienwirtschaft erfolgte dann noch eine zusätzliche Arbeitsteilung. Alle produktiven Arbeiten im Freien wurden von den männlichen Familienmitgliedern ausgeführt, während es das Los der Frau war, am Herd zu stehen. Das Privateigentum also, das die Familienhaushaltung ermöglichte, trug durch die beschränkte und unproduktive Hausarbeit zur Versklavung der Frau bei. Nationalökonomisch betrachtet, verlor die Frauenarbeit an Bedeutung, und die Vorstellung von der Frau als einem wertlosen Geschöpf und Anhängsel des Erzeugers neuer Werte, des Mannes, setzte sich durch.“60

Die Entstehung der patriarchalen Familie verstärkte also wiederum den Bedeutungsverlust der weiblichen Rolle in der damaligen Gesellschaft: Ihre auf das Lager beziehungsweise das Häusliche bezogene Arbeit war nun nicht mehr Grundlage für das Überleben des Kollektivs, sondern nur der eigenen kleinen Erzeugungseinheit. Die Verdrängung der Frau ins Private fand damit statt.

Aus der ökonomischen Entwicklung, die zur Bildung und Festigung von Klassen führte, entstanden weitere Änderungen im Überbau der Gesellschaften. Sie dienten dem Schutz der Reichtümer der herrschenden Klassen und damit einhergehend der Aufrechterhaltung der Unterdrückung der anderen Klassen und fanden im Staat ihren höheren Ausdruck:

„Es fehlte nur noch eins: eine Einrichtung, die die neuerworbnen Reichtümer der einzelnen nicht nur gegen die kommunistischen Traditionen der Gentilordnung sicherstellte, die nicht nur das früher so geringgeschätzte Privateigentum heiligte und diese Heiligung für den höchsten Zweck aller menschlichen Gemeinschaft erklärte, sondern die auch die nacheinander sich entwickelnden neuen Formen der Eigentumserwerbung, also der stets beschleunigten Vermehrung des Reichtums mit dem Stempel allgemein gesellschaftlicher Anerkennung versah; eine Einrichtung, die nicht nur die aufkommende Spaltung der Gesellschaft in Klassen verewigte, sondern auch das Recht der besitzenden Klasse auf Ausbeutung der nichtbesitzenden und die Herrschaft jener über diese. Und diese Einrichtung kam. Der Staat wurde erfunden.“61

Produktionsverhältnis und Geschlechterverhältnis in Sklavenhaltergesellschaft und Feudalismus

Mit der Entstehung der Klassen und den neuen ökonomischen Verhältnissen entwickelten sich Herrschaftsformen bis hin zu den Staaten des antiken Chinas, Griechenlands oder Roms. Wie Engels formuliert, war in dieser Zeit neben dem Handel mit Waren auch der Handel mit Menschen als Ware zentral. Er bildete die ökonomische Grundlage dieser ersten Klassengesellschaften. Kollontai dazu:

„Wir haben es jetzt nicht mehr mit wilden Volksstämmen zu tun, mit schwachen Ansätzen einer Zivilisation, sondern mit hochentwickelten Staatsgebilden, die über bedeutende und mächtige Heere verfügten und in denen sich das Privateigentum durchgesetzt hatte: Staaten mit scharfen Klassenunterschieden, blühendem Handwerk und Handel. Ihr ökonomisches System basiert auf Sklavenarbeit und einer Übergangsform von Naturhaushalt und einem mehr entwickelten Tauschhandel. Jetzt entsteht zum ersten Mal Kapitalakkumulation in ihrer elementarsten Form.“62

In den Sklavenhaltergesellschaften veränderte sich die Stellung der Frau in Abhängigkeit von ihrer Klassenzugehörigkeit: Zwar wurden alle Frauen in der Antike als Eigentum des Mannes betrachtet, jedoch, wie Kollontai formuliert, wurde es jetzt „unmöglich, über die Rolle der Frau in der Produktion zu sprechen, ohne zuvor ihre Klassenzugehörigkeit zu bestimmen“.63 So war die Frau der herrschenden Klasse dem Willen ihres Mannes ausgeliefert, im Wesentlichen war ihr Leben aber davon bestimmt, die von den Sklaven der Familie erarbeiteten Reichtümer zu genießen. Unter den Sklaven spielte hingegen das Geschlecht keine ausgeprägte Rolle für ihre Stellung. Was auf den ersten Blick wie ein Fortschritt erscheint, war allerdings lediglich Ausdruck davon, dass die Sklaven „gleichermaßen rechtlos, unfrei und unterdrückt [waren], unter ununterbrochener schwerster und ermüdender Arbeit, ständigem Hunger und anderen Plagen“64 litten.

Frauen, die keine Sklaven waren, sollten ihre Rolle im Privaten, also in der Familie spielen. Dabei war die sogenannte „familia“ die Gesamtheit der einem Mann gehörenden Sklaven, Frauen und Kinder, über deren Leben und Tod er verfügen konnte.65 Wie wir für die Zeit des Neolithikums erklärten, entstand die Familie als ökonomische Einheit vor allem, um Besitz und Herrschaft der herrschenden Klassen zu sichern und die Produktion zu vergrößern. Nur so kann auch das zur damaligen Zeit entstehende Konzept der Monogamie verstanden werden. Es diente der Absicherung der Vaterschaft und damit der patrilinearen Vererbung innerhalb der Familien der herrschenden Klassen.66 Somit ergaben sich auch erstmals unterschiedliche Vorstellungen über die sexuellen Freiheiten der Geschlechter und damit eine weitere Einschränkung und Unterdrückung der Frau, die bis heute Folgen hat: Relevant war nur die Monogamie der Frau, nicht die des Mannes.67 So stellte die Entstehung der Prostitution die Kehrseite der Monogamie dar – während gleichzeitig die Verachtung der Prostitution als Ausdruck der Herrschaft und Kontrolle über die Frauen der unterdrückten Klassen zu sehen ist.68

In den Sklavenhaltergesellschaften entwickelten sich die Produktivkräfte weiter, bis sie wieder revolutionäre Folgen hatten, wie Kollontai zusammenfasst:

„Mit der Zeit entstand in diesen alten, vorchristlichen Gesellschaften das erste Proletariat der Geschichte, und der Kampf zwischen den Klassen entflammte. Die antiken Staaten wurden sowohl auf Grund dieser Klassenkämpfe zerstört als auch wegen der Unvollkommenheit ihres Produktionssystems, das auf der höchst unproduktiven Zwangsarbeit von Sklaven basierte.“69

In den feudalen Gesellschaften waren Bauern und Bäuerinnen unterdrückt und Leibeigene der Grundbesitzer, der adligen Klasse.70 Auch hier war die Stellung der Frauen vor allem durch ihre Klassenzugehörigkeit bestimmt. Adlige Frauen waren als Organisatorinnen der Produktion und des gesamten Grundbesitzes, beispielsweise während Kriegszügen, respektiert und hatten Macht über die auf ihrem Besitz beschäftigten Menschen. Diese Bedeutung veränderte sich jedoch mit der Entstehung des Handels allmählich, die Rolle der adligen Frauen wurde zunehmend überflüssig:

„Als jedoch mit zunehmendem Handel diese Form des Burghaushaltes zu zerfallen begann, verlor ihr Aufgabenbereich an wirtschaftlicher Bedeutung. Der wichtigste Maßstab für Reichtum war jetzt das Geld. Die [adlige] Frau wurde in erster Linie zu einer Fortpflanzungsmaschine degradiert. Sie verwandelte sich zu einer Parasitin, genauso, wie seinerzeit die gesetzlichen Ehefrauen des griechischen Bürgertums. Es war jetzt nicht mehr ihre Angelegenheit, die Arbeit in der Schmiede zu überwachen oder dafür zu sorgen, dass die Weberinnen neue Muster für ihre Leinwand erfanden.“71

Gleichzeitig waren die adligen Frauen ihren Vätern und Ehemännern unterworfen. Die Bäuerinnen hingegen waren für Kollontai „mehrfach unterdrückt“ – durch ihren eigenen Mann oder Vater und durch die Gutsbesitzer:

„Als sich das Privateigentum innerhalb der Bauernklasse durchzusetzen begann, wurden das Vaterrecht und damit das Recht des Mannes über Frau und Kinder gleichzeitig verstärkt. […] Die Bäuerin hatte also gleichzeitig zwei Herren zu dienen, sowohl ihrem Brotherrn, dem Gutsbesitzer, als auch ihrem eigenen Manne.“72

Wesentlich war für ihre Stellung, dass sie, wie auch der Bauer, „tagein und tagaus, [unermüdlich] schufteten und als Dank für ihre Mühen nur Verachtung und völlige Rechtlosigkeit“73 ernteten.

Mit der Entwicklung des Handwerks in den Städten konnten Frauen zunehmend eine Rolle mit größeren Freiheiten einnehmen: Die der Handwerkerin. Es gab handwerkliche Berufe, in denen die Frauenarbeit dominierte, beispielsweise die Weberei, die Herstellung von Klöppelspitzen, Fransen, Strümpfen, Geldbörsen und so weiter. Dadurch hatte die Frau gewisse Rechte in der Ausübung eines produktiven Berufs – von einer Gleichberechtigung gegenüber dem Mann konnte jedoch auch hier keine Rede sein, solange die Mehrheit der Frauen, oder zumindest ein bedeutender Anteil, nicht selbständig Waren produzierte. Hauptproduzenten und Schöpfer des Mehrprodukts waren und blieben Männer.

Produktionsverhältnis und Geschlechterverhältnis im Kapitalismus

In allen bisher dargestellten Gesellschaftsformationen war die soziale Stellung der Frau hauptsächlich dadurch bestimmt, welche Rolle sie im Produktionsprozess einnahm.74 Die Gebärfähigkeit der Frau hatte bis zur Entstehung des Privateigentums keine besonderen Folgen für ihren gesellschaftlichen Status. Die beschränkte Phase der Schwangerschaft und des Stillens führte während des Urkommunismus kaum zu unterschiedlichen Geschlechterrollen. Mit der Entstehung von Klassengesellschaften prägten sich diese Rollen aber stark aus, die Frauen aller Klassen wurden (mit unterschiedlichen Konsequenzen) auf die Familie und das Private beschränkt, ursprünglich um die patrilineare Vererbung von Besitz zu gewährleisten. Damit entwickelten und verallgemeinerten sich Geschlechterrollen, die nicht mehr im Wesentlichen auf die biologischen Grundlagen der Schwangerschaft und des Stillens zurückzuführen waren, sondern ihre Ursache in der historisch bedingten gesellschaftlichen Rolle der Frauen in der Produktion hatten. Mit der Zeit bildeten sich im ideologischen und politischen Überbau Geschlechterbilder heraus, die dementsprechend auch teilweise unabhängig von biologischen Faktoren waren. Mit dem Beginn des Kapitalismus gab es durch die Beteiligung der Frau an der Produktion erstmals die ökonomische Basis für ihre Gleichberechtigung.

Die breite Masse der Frauen lebte und arbeitete also im Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus zunächst in der bäuerlichen Selbstversorgung und teils im städtischen Handwerk. Sie waren aber zunehmend gezwungen, sich ein Einkommen in Form von Heimarbeit oder Lohnarbeit in den Betrieben – die sich von Handwerks-, über Manufaktur- hin zu Industriebetrieben entwickelte75 – zu suchen und zogen daher in die Ballungszentren.

Die Einführung von Maschinen erlaubte es, auch ungelernte und körperlich weniger starke Arbeitskräfte einzusetzen. Die Kapitalisten stellten zunehmend Kinder und Frauen in den entstehenden Fabriken an, denn deren Arbeitskraft war billiger zu haben.76 Bis zur Integration der Frauen in die industrielle Produktion musste der Lohn des Mannes nicht nur zur Reproduktion seiner eigenen Arbeitskraft, sondern auch zur Reproduktion der Arbeiterklasse – das heißt für den Unterhalt seiner Frau und Kinder – ausreichen, weshalb er als „Familienlohn“ galt. Die Löhne von Frauen und Kindern waren niedriger, weil sie Zusatzeinkommen waren, die den „Familienlohn“ ergänzten.77 Aufgrund ihrer besonderen Benachteiligung waren die Frauen aus den unterdrückten Schichten unsicherer und wiesen einen geringeren Organisierungsgrad auf als ihre männlichen Klassengeschwister. Zudem etablierte sich die Frauenarbeit in Branchen, die nur eine geringe Ausbildung erforderten oder die den bisher von den Frauen im Haushalt verrichteten Tätigkeiten ähnelten78 – auch dadurch war der Wert der angestellten Arbeitskräfte niedrig. Ein weiterer Vorteil dieser niedrigen Löhne war für die Kapitalisten, Druck auf die Löhne der arbeitenden Männer auszuüben.

Die Frauen der proletarischen Klasse wurden also trotz ihrer schlechteren Bezahlung und ihrer Belastung im Haushalt in diese Arbeit gedrängt: Das Gehalt des Familienvaters genügte immer weniger, um Frau und Kinder zu versorgen. Die bisherige Ehe als Versorgungsgemeinschaft verlor damit an Bedeutung, die Rolle von Frau und Kindern, innerhalb des Haushalts handwerklich und landwirtschaftlich zu arbeiten, verschob sich. Zugleich wurden die Arbeiten, welche die Frauen bis dahin für den Familienverbrauch innerhalb des Haushalts verrichtet hatten, mit der Industrialisierung zunehmend durch käufliche Industriewaren, Dienste und Leistungen ersetzt. „Was die Großfabrik und der moderne Handel mit seinen Warenhäusern und Basaren begann, das vollenden Wasser- und Gasleitung, elektrisches Licht und Telefon.“79 Durch die industrielle Herstellung von Nahrungsmitteln, Kleidung und Gebrauchsgegenständen wurden die bisher notwendigen Aufgaben, die die Frauen der unterdrückten Klassen im eigenen Haushalt verrichteten, zunehmend ineffizient und ersetzbar.80 Auch diese technologische Entwicklung ist eine Voraussetzung für die Befreiung der Frauen aus ihrer bisherigen Rolle als Hausfrau, die im Kapitalismus aber nicht allen zugute kommt.

Die Rolle der Frau in der modernen Familie ist als Teil ihrer gesellschaftlichen Rolle das Resultat einer historischen Entwicklung. Marx und Engels beschreiben zu Beginn des Kapitalismus die Kluft zwischen den „bürgerlichen Redensarten über Familie und Erziehung, über das traute Verhältnis von Eltern und Kindern“ einerseits und der harten Lebensrealität der Proletarier andererseits, da „infolge der großen Industrie alle Familienbande für die Proletarier zerrissen und die Kinder in einfache Handelsartikel und Arbeitsinstrumente verwandelt werden“.81

Zetkin verweist ihrerseits zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf die „zahlreichen Ehen, die lediglich unter dem Drucke wirtschaftlicher Rücksichten geschlossen und durch den Zwang wirtschaftlicher Rücksichten zusammengehalten werden, und in denen die Beziehungen der Gatten sich in den drei Worten erschöpfen: Prostitution, Brutalität und Heuchelei“.82 Sie übt Kritik an den doppelten Standards der herrschenden Moral, für die die „bürgerliche Einehe, die auf dem Vaterrecht, der Herrschaftsstellung des Mannes beruht“ als Norm gilt: Die Verteidigung der Ehe als Ideal der Geschlechterverhältnisse bezeichnet Zetkin als „Moralheuchelei“.83 Das bürgerliche Recht stellte noch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts die verheiratete Frau unter die Vormundschaft des Ehemannes und entspricht damit dem, was Zetkin als die „Bevormundung der Frau durch den Mann, ihrer Behandlung als einer Minderjährigen, einer Geschäftsunkundigen und Geschäftsunfähigen“84 bezeichnet hat.

Das Ideal der bürgerlichen Familie spielt bis heute nicht nur für die Auslagerung der Reproduktion von Arbeitskraft eine Rolle, sondern hat im Kapitalismus auch eine ideologische Funktion zur Unterdrückung der proletarischen Frau. So wurde der Arbeiterklasse von Beginn an ideologisch das Ideal der bürgerlichen Familie vorgegeben, dass die Frau als unbeschwerte Hausfrau dem Mann den Rücken freihalten und Kinder gebären solle.85 Tatsächlich konnte die doppelt belastete proletarische Frau sich nicht um ihre Kinder kümmern. Als Beispiel führt Engels für die Zeit des Beginns der Industrialisierung die Dauer von drei bis vier Tagen für den Mutterschutz an. Teilweise gebaren die Frauen sogar in der Fabrik.86 Die Kleinkinder wurden zur Arbeit mitgenommen und mit Opium beruhigt oder in die Arbeitsprozesse mit einbezogen, was nicht selten zu Arbeitsunfällen und Toten führte.

Die ideologische Unterordnung der Frau in der Familie hatte mehrfachen Nutzen für das Kapital. Für einen Teil der Arbeiterklasse, nämlich Kinder und Frauen, wurde die Unterdrückung bis vor einigen Jahrzehnten vor allem über die Kontrolle des proletarischen Mannes realisiert: Der proletarische Mann war im Fall von Streiks besonders erpressbar, solange er die Rolle des Haupternährers der Familie hatte, was in bestimmten Gesellschaftsgruppen noch heutzutage der Fall ist.

Auch Marx und Engels erkannten, dass die kapitalistische Entwicklung die Möglichkeit schaffe, die Geschlechter- und Familienverhältnisse fortschrittlich zu verändern. Die größere Bedeutung der Wissenschaft für die kapitalistische Produktion wirkte sich auch im Überbau aus und richtete sich gegen Traditionen und Vorurteile. Familienstrukturen lösten sich mit der Entwicklung des Kapitalismus tendenziell auf, da Frauen und junge Menschen ökonomisch unabhängiger wurden und ihre Rolle in der gesellschaftlichen Produktion ihrer bisherigen Unterordnung widersprach.87

Produktionsverhältnis und Geschlechterverhältnis in der Deutschen Demokratischen Republik

Dass die weitgehende Befreiung der proletarischen Frau und der Frauen der Volksschichten innerhalb weniger Jahrzehnte möglich ist, hat sich in den Ländern gezeigt, wo der Sozialismus im vergangenen Jahrhundert aufgebaut wurde. Von Beginn an kämpften proletarische Frauen und Männer Seite an Seite, wie wir in einer unserer Stellungnahmen darstellen:

„Am 8. März 1917 streikten in Petrograd Arbeiterinnen, die Ehefrauen von Soldaten und erstmals auch arme Bäuerinnen. Sie forderten Brot und Frieden. Diese Streiks waren Teil der Februarrevolution, später schlossen sich auch Arbeiter und Soldaten an und zerschlugen in der Oktoberrevolution endgültig die alten Machtverhältnisse und bauten eine sozialistische Räterepublik auf. Auch hier durften Frauen erstmals wählen und es gab erstmalig gleiche Löhne.“88

Wie wir weiter schreiben, war die Gleichberechtigung von Frau und Mann auch in der DDR ein wichtiges Ziel:

„[Es] wurde sowohl politisch als auch ökonomisch umgesetzt. Lenin erkannte, dass dabei die Bildung eine essentielle Rolle einnimmt, um die Berufstätigkeit von Frauen zu ermöglichen. In der DDR gab es eine Einheitsschule, an der sowohl Mädchen als auch Jungen dieselbe Bildung bekamen. Jungen mussten lernen zu nähen und Mädchen hatten Werkunterricht – eine geschlechtsspezifische Trennung gab es nicht. Mädchen wurden außerdem gefördert, Berufe zu erlernen, die im Kapitalismus männerdominiert sind. Auch an Unis wurden Frauen gefördert. Im Jahr 1951 waren in der DDR nur 21,3% der Studierenden Frauen, im Jahr 1984 waren es 52,5%. Es gab demnach eine stetige Verbesserung. Um die Berufstätigkeit der Frau mit der Gründung einer Familie zu vereinbaren, gab es für schwangere und stillende Frauen (finanzielle) Unterstützung und genug kostenlose Kindergartenplätze für alle Kinder.“89

Die Deutsche Demokratische Republik war ein Staat unter der Führung der Arbeiterklasse im Bündnis mit der Bauernschaft. Die proletarischen und bäuerlichen Frauen waren also allem voran Arbeiterinnen und Bäuerinnen und als solche standen ihre objektiven Interessen im Mittelpunkt von Staat und Gesellschaft: Zielstellung der gesellschaftlichen Produktion war nicht die Steigerung der Profite weniger, sondern die Hebung des Lebensniveaus aller Werktätigen. Diese ökonomischen Verhältnisse schufen die Grundlage für die Gleichstellung der Frau in vielen Lebensbereichen.

Der Ausbau von Kantinen und Wäschereien sowie die bessere Haushaltstechnik waren wichtige Maßnahmen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen. Wie selbst die Bundeszentrale für politische Bildung zugibt, gab es 1989 in der DDR zwanzig mal so viele Kinderkrippenplätze wie in der BRD und 20 Prozent mehr Kindergartenplätze.90 Diese und viele andere Errungenschaften im Bereich der Gleichstellung und Bildung konnten sich aber nicht komplett auf den Bereich der Arbeitswelt durchschlagen: Der hohe Anteil an berufstätigen Frauen in der DDR verteilte sich ungleich in der Frage der Qualifikation der Berufe.91 So war die Arbeit von Un- und Angelernten in der Industrie zu 60 Prozent Frauenarbeit.92 Die Heinrich-Böll Stiftung, eine Einrichtung der Partei die Grünen, stellt fest:

„direkte Folgen eines durchgehend höheren Niveaus der Frauenerwerbsbeteiligung im Osten [waren] ein erheblich geringerer Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern – er ist im Westen mehr als drei Mal so hoch wie im Osten Deutschlands, ein geringeres Rentengap und im Vergleich zum Westen auch ein höheres absolutes Rentenniveau (über 800€ Durchschnittsrente für Frauen im Osten versus unter 500€ für Frauen im Westen) sowie damit verbunden eine höhere wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen.“93

Zur Stellung der Frau in der Politik kann kritisch festgestellt werden, dass Frauen in wichtigen politischen Gremien der DDR unterrepräsentiert waren. 1949 waren 23 Prozent in der Volkskammer Frauen und 1979 waren es 34 Prozent, allerdings mit einer starken Wachstumstendenz.94 Im Zentralkomitee (ZK) der SED waren ab den 60er Jahren etwas über 10 Prozent Frauen vertreten, im Politbüro, dem führenden Organ des ZKs, zeitweise sogar keine einzige Frau.95

Dies relativiert sich jedoch, wenn wir diese Entwicklung mit der westdeutschen Bundesrepublik vergleichen, wo zwischen 1949 und 1979 Frauen durchgängig einen Anteil zwischen 5 und 9 Prozent im Bundestag ausmachten.96 Vor allem im Vergleich mit Westdeutschland hatten Frauen also deutlich mehr in der Politik zu sagen, auch war die Entwicklung ab 1949 in den meisten Bereichen positiv. Festzuhalten ist aber, dass die Befreiung und Gleichstellung der proletarischen Frau nicht zu Beginn des Sozialismus automatisch gegeben ist, sondern bewusst angegangen und geplant werden muss und auch in der DDR trotz riesiger Errungenschaften nicht vollständig erreicht wurde.

Beachtlich ist außerdem auf gesetzlicher Ebene, dass Jahrzehnte bevor in West- und Gesamtdeutschland die Vergewaltigung in der Ehe gesetzlich unter Strafe gestellt wurde, das in der DDR schon Realtität war. Dort brauchte die Frau auch keine „Arbeitserlaubnis“ des Ehegatten mehr und die Rechte von Frauen, die uneheliche Kinder geboren hatten, wurden bereits 1950 als Teil des Kampfs gegen die Ideologie des Nationalsozialismus gestärkt:

„Die nicht eheliche Geburt ist kein Makel. Der Mutter eines nicht ehelichen Kindes stehen die vollen elterlichen Rechte zu, die nicht durch die Einsetzung eines Vormundes für das Kind geschmälert werden dürfen.“97

Weiter wurde die Gleichverteilung der Haushaltsarbeit bereits 1966 gesetzlich als Pflicht innerhalb der Ehe festgelegt:

„(1) Beide Ehegatten tragen ihren Anteil bei der Erziehung und Pflege der Kinder und der Führung des Haushalts. Ihre Beziehungen zueinander sind so zu gestalten, daß die Frau ihre berufliche und gesellschaftliche Tätigkeit mit der Mutterschaft vereinbaren kann.

(2) Ergreift ein bisher nichtberufstätiger Ehegatte einen Beruf oder entschließt sich ein Ehegatte, sich weiterzubilden, respektiert der andere diese Entscheidung und gibt ihm Unterstützung.“98

Auch hier ist wieder zu beobachten, dass diese fortschrittlichen Ansätze in der Praxis deutliche Wirkung zeigten, aber die vollständige Emanzipation der Frau noch nicht erreicht wurde. So gaben

„in der Bundesrepublik 1985 76 Prozent der jungen berufstätigen Ehefrauen unter 25 Jahren an, die Hausarbeiten – Saubermachen, Waschen, Bügeln, Bettenmachen, Kochen, Abwaschen und Einkäufen – zur Hauptsache selbst zu erledigen; in der DDR dagegen waren es nur 40 Prozent der Ehefrauen im vierten Ehejahr, die die Reinigung der Wohnung, den Einkauf der Lebensmittel, das Wäschewaschen, die Zubereitung der Speisen, das Geschirrspülen und die Erledigung der Hausordnung allein zu bewältigen hatten.“99

Immerhin 72 Prozent der Männer auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stimmten 1990 der Aussage „meine Partnerin soll die gleichen beruflichen Chancen haben wie ich, Haushalt und Kinderbetreuung müssen deswegen auf beide gleich verteilt werden“ zu, westdeutsche Männer stimmten nur zu 46 Prozent zu.100 Es zeigt sich, dass der Sozialismus die Gleichstellung der Frau ermöglicht, dass ihre Ungleichstellung aber auch ideologisch sehr tief verankert ist, als Muttermal der alten Gesellschaft noch in gewissen Aspekten fortbesteht und aktiv bekämpft werden muss, um vollständig überwunden werden zu können.

Frauenförderung wurde also in der DDR gezielt angegangen. Im Fazit muss selbst die Geschäftsführerin der „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ feststellen:

„Zwar wünschten sich zu DDR-Zeiten viele Frauen Erleichterungen bei der Bewältigung des täglichen Spagats zwischen voller Berufstätigkeit, Haushalt, Kinderbetreuung und Familie. Einen vollständigen Rückzug aus dem Arbeitsleben konnten sich jedoch die wenigsten vorstellen. Es kommt nicht von ungefähr, dass Frauen vor dem Hintergrund ihrer individuellen Umbruchserfahrungen unmittelbar nach 1990 an der DDR vor allem die Möglichkeiten der Teilhabe und Gleichberechtigung in ökonomischen Fragen als besonders positiv erinnerten“.101

Dritter Teil: Aktuelle Lage der Frau in Deutschland und Mechanismen ihrer Unterdrückung

Die Darstellung der historischen Entwicklung der Produktionsverhältnisse und der damit verbundenen Gesellschaftsformationen zeigt, dass die Stellung der Frau nicht immer die gleiche war. Die kapitalistische Produktionsweise hat die ökonomische Grundlage für die Gleichstellung der Frau durch ihre Integration in die gesellschaftliche Produktion deutlich verbessert. Die revolutionäre Bewegung der Arbeiterinnen und Arbeiter spielte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle im Kampf gegen die rechtliche Benachteiligung der Frauen, die zunächst nicht nur ökonomisch abhängig, sondern auch politisch rechtlos waren. Mit der wachsenden Rolle, die die Arbeiterinnen in der kapitalistischen Produktion spielten, gewannen die organisierten Bewegungen der bürgerlichen und der proletarischen Frauen an politischer Schlagkraft. Die bürgerliche Gleichberechtigung ist inzwischen weitgehend durchgesetzt – nach und nach wurden Bürgerrechte wie die Versammlungs- und Pressefreiheit sowie das Wahlrecht auch für Frauen erkämpft,102 später auch die gesetzliche Vormundschaft des Mannes in Familie und Ehe abgeschafft. Infolge der wirtschaftlichen und politischen Veränderungen ist die Arbeiterin unabhängiger von ihrem Ehemann geworden und traditionelle patriarchale Werte verloren, ähnlich wie die Kirche, an Autorität und Bedeutung – wie von Marx und Engels im Kommunistischen Manifest vorhergesagt. Gleichzeitig sind die Ursachen der Unterdrückung der Frauen aber nicht beseitigt, sondern bestehen fort in Form des Privateigentums an Produktionsmitteln und der Stellung der Frau in der Produktion.

In diesem Kapitel werden wir uns besonders mit der aktuellen Situation der Frauen in Deutschland beschäftigen. Dazu werden wir uns auf Daten stützen, die uns über die wirtschaftliche und soziale Lage der Frauen zur Verfügung stehen. Es sind Daten, die von Forschungseinrichtungen erstellt wurden, die nicht marxistisch sind. Eine bürgerliche Sozialstrukturanalyse bringt natürlich Probleme mit sich, auf die wir an dieser Stelle nicht ausführlich eingehen können. Die Aussagen sind daher näherungsweise Abbilder der Realität, die Rückschlüsse auf die Lage der Frauen, insbesondere der arbeitenden Frauen in Deutschland ermöglichen.

Ökonomische Abhängigkeit

Etwas mehr als die Hälfte der über 80 Millionen in Deutschland lebenden Menschen sind Frauen.103 Von den knapp 35 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, also regulär entlohnten Arbeiterinnen und Arbeitern, sind 18,7 Millionen Männer und 16,2 Millionen Frauen. Die Zahl der berufstätigen Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen, die Integration der Frauen in die Arbeitswelt ist also ein laufender Prozess. Doch gleichzeitig nahm auch die Teilzeitarbeit zu: 2023 waren rund 50 Prozent der beschäftigten Frauen in Teilzeit beschäftigt, von den erwerbstätigen Männern nur 13 Prozent.104 Viele Faktoren tragen zur Teilzeitbeschäftigung bei Frauen bei. Besonders hervorzuheben ist hier die historisch entstandene Arbeitsteilung bezüglich Haus- und Pflegearbeit: Das verstärkt die finanzielle Abhängigkeit der Arbeiterinnen und ist mit einem niedrigeren sozialen Status verbunden, aber dazu später mehr.

Der Frauenanteil in den DGB-Gewerkschaften liegt 2023 bei nur 34 Prozent. Als organisierte Lohnarbeiter sind Frauen also unterrepräsentiert.105 2018 hatten durchschnittlich dreimal so viele Frauen wie Männer einen Minijob.106 Frauen arbeiten also viel häufiger als Männer in prekären Arbeitsverhältnissen, in denen sie nicht nur schlecht bezahlt werden, sondern auch arbeitsrechtlich weniger geschützt sind. Was Arbeitslosigkeit angeht, ist die Lage der Arbeiterin in Deutschland auch eine besondere. Männer sind öfter arbeitslos: 1,5 Millionen Männer und 1,3 Millionen Frauen haben keine Arbeit.107 Der Anteil der Langzeitarbeitslosen (länger als 1 Jahr) an den Arbeitslosen war 2018 aber etwas höher bei den Frauen.108 Die Höhe des Arbeitslosengeldes liegt bei Frauen im Durchschnitt unter dem Niveau der männlichen Leistungsempfänger, was auch ein Effekt der Niedriglohn- und Teilzeitbeschäftigung der Frauen ist. Mehr als doppelt so viele Arbeiterinnen wie männliche Arbeiter erhalten einen sehr niedrigen Beitrag (unter 700 Euro).109 Es lässt sich also feststellen, dass Arbeiterinnen öfter als Männer unter prekären Bedingungen leben und arbeiten, sie erhalten geringere Löhne und Sozialleistungen in der Arbeitslosigkeit und im Alter.

Der Arbeitsmarkt ist stark geschlechtsspezifisch geteilt, was die Ausbildung und den ausgeübten Beruf angeht, auch wenn die Bedeutung dessen für die ökonomische Lage nicht immer eindeutig ist. Im Jahr 2023 waren Frauen in Büro- und Dienstleistungsberufen deutlich überrepräsentiert. 65 Prozent aller Bürokräfte und kaufmännischen Angestellten waren Frauen. Bei Erwerbstätigen in Dienstleistungsberufen waren Frauen mit einem Anteil von 62 Prozent vertreten.110 Erziehung, soziale, hauswirtschaftliche Berufe und Theologie haben 2024 einen Frauenanteil von 83 Prozent, Reinigungsberufe von 75 Prozent.111 Stark unterrepräsentiert waren Frauen im Handwerk sowie in Industrie und Landwirtschaft. Nur 10 Prozent der Erwerbstätigen in Handwerksberufen waren weiblich. Arbeiten in der Industrie (zum Beispiel Bedienen von Maschinen und Anlagen sowie Montagearbeiten) wurden nur zu 15 Prozent von Frauen erledigt.112 Frauen üben also vor allem Berufe aus, die sich oft durch flexible Arbeitszeiten und Teilzeitmöglichkeiten auszeichnen, in denen sie tendenziell schlechter bezahlt werden und weniger gesellschaftliche Anerkennung genießen.

Der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern, der sogenannte „Gender Pay Gap“, variiert je nach Berechnungsmethode. 2023 verdienten Frauen insgesamt (also unabhängig von Beruf, Ausbildung und Beschäftigungsumfang) durchschnittlich 18 Prozent weniger als Männer, wobei die Differenz in den Bundesländern der ehemaligen DDR deutlich geringer ist.113 Für die gleiche Arbeit sind es etwa 7 Prozent.114 Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist das jährliche Nettoeinkommen von Männern im Durchschnitt um rund 1000 Euro höher als das von Frauen.115 Der sogenannte „Gender Pension Gap“, also der Unterschied der Alterssicherungseinkommen von Männern und Frauen ab 65 Jahren betrug ihrerseits 2023 40 Prozent.116

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Branchen und Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, tendenziell niedriger entlohnt werden. Frauen befinden sich zudem öfter in schlecht bezahlten Positionen, sie sind trotz vergleichbarer Ausbildung in den Führungsebenen und Vorständen unterrepräsentiert,117 und selbst bei vergleichbarer Arbeit schlechter entlohnt. Die Lage der Frauen ist also vor allem durch die geringere Bezahlung, verbunden mit tendenziell schlechteren Arbeitsbedingungen, gekennzeichnet, was die ökonomische Abhängigkeit der Frau prägt. Zur Erklärung des Einkommensunterschiedes werden aus bürgerlicher Sicht der geringere Beschäftigungsumfang der Frauen bei Teilzeitarbeit, weniger Überstunden, kürzere Wochenarbeitszeiten sowie weniger übertarifliche Zulagen (beispielsweise für Schichtarbeit oder andere Arbeitserschwernisse) angeführt. Diese Faktoren weisen auf die besondere Stellung der Frau in der kapitalistischen Produktion hin, erklären aber ihre Wurzeln in der bürgerlichen Klassengesellschaft, die das Privateigentum zur Grundlage hat, nicht.

Familie und Haushalt

Laut statistischem Bundesamt gibt es rund 12 Millionen Familien in Deutschland. Davon sind 9 Millionen verheiratete und unverheiratete Paare und knapp 3 Millionen Alleinerziehende.118 Im Zeitraum zwischen 1998 und 2023 haben sich die Familienformen stark verändert. Der Anteil der Ehepaare ist von 80 auf 66 Prozent gesunken, der Anteil der Alleinerziehenden hat sich von 15 auf 25 Prozent erhöht und der Anteil der sogenannten „Lebensgemeinschaften mit Kind(ern)“ hat sich fast verdoppelt (von 5 auf knapp 10 Prozent).119 Unter den Alleinerziehenden sind ungefähr 80 Prozent Frauen, die gleichzeitig Beruf, Familie und Arbeit im Haushalt unter einen Hut bekommen müssen.120

Seit dem sogenannten Babyboom in den 1960er Jahren sind die Geburtenzahlen in Deutschland stark zurückgegangen.121 Die durchschnittliche Anzahl der Kinder pro Frau im Laufe ihres Lebens (Geburtenrate) liegt 2023 bei 1,35 und damit um 7 Prozent niedriger als im Vorjahr.122 Der Anteil der Frauen, der im Alter zwischen 45 und 49 Jahren – gegen Ende der sogenannten fertilen Phase – keine Kinder hat, liegt aktuell bei rund 20 Prozent, 2018 waren es 17 Prozent.123 Die Tatsache, dass immer weniger Frauen Kinder bekommen und dass Frauen weniger Kinder bekommen, hängt zumindest teilweise mit ihrer Stellung in der kapitalistischen Produktion zusammen: Einerseits die zunehmende Integration in der Produktion, andererseits die mangelnde gesellschaftliche Übernahme der Betreuungs- und Erziehungsaufgaben. In diesem Zusammenhang ist auch der Absturz der Fertilitätsrate in Ostdeutschland nach 1990 aufschlussreich: Innerhalb von fünf Jahren sanken die Geburtenraten um 60 Prozent. Ostdeutsche Frauen nahmen die Lebensbedingungen im Kapitalismus als „extrem kinderfeindlich“ wahr.124

Der sogenannte „Gender Care Gap“ beschreibt den Unterschied in der Zeit, welche Männer und Frauen mit unbezahlter Arbeit wie Kinderbetreuung, Pflege oder Haushalt verbringen. Er beträgt 2022 44 Prozent, das heißt, Frauen wenden pro Tag im Durchschnitt 44 Prozent mehr Zeit dafür auf als Männer. Männer verbringen pro Woche im Schnitt knapp 21 Stunden und Frauen knapp 30 Stunden (das sind 79 Minuten Unterschied pro Tag) mit solchen Tätigkeiten.125 Im Vergleich zur letzten Erhebung 2012/2013 hat sich die Lücke verringert, damals lag sie bei 52 Prozent. Insgesamt wird der Abstand zwischen Männern und Frauen seit 1990, dem Jahr der ersten Erfassung, kontinuierlich kleiner, trotzdem bleibt der Unterschied relevant. Insgesamt arbeiten Frauen also länger und werden geringer entlohnt.

Das Elterngeld wird nach wie vor hauptsächlich von Müttern in Anspruch genommen (2022 waren es zu 73 Prozent Frauen), der Anteil der Väter, die Elterngeld – wenn auch nur für eine kurze Dauer – beziehen, ist minimal gestiegen. Mütter beziehen das Elterngeld ganz überwiegend zehn oder mehr Monate lang, während Väter zu einem großen Teil maximal zwei Monate im Elterngeldbezug verbleiben.126 Dies ist ein weiterer Indikator für die ungleiche Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen, bei der verschiedene Aspekte der Stellung der Frau zusammenkommen. Zum einen die biologisch bedingte Tatsache, dass die Frau in den meisten Fällen das Baby stillt, während sich ihr eigener Körper von der Geburt erholt. Selbst wenn das Stillen nicht stattfindet und die Frau sich schnell erholt, ist sie oft die erste Bezugsperson des Neugeborenen.127 Es kommt hinzu, dass sie die Person ist, die in der Regel ein geringeres Einkommen hat und eher Elterngeld beantragt, während der Mann weiterhin für das „volle Gehalt“ arbeitet.128

Frauen bleiben auch insgesamt länger ausschließlich im Haushalt tätig. Im Jahr 2018 waren lediglich rund 36 Prozent der Mütter mit mindestens einem im Haushalt lebenden Kind unter drei Jahren erwerbstätig. Der Anteil bei den Vätern betrug rund 88 Prozent.129 Analog dazu haben sich die Betreuungsquoten für Kleinkinder zwar verbessert, liegen aber bundesweit bei etwa 34 Prozent, also nur etwa ein Drittel der Kinder im Alter von unter drei Jahren geht in die Kindertagesbetreuung.130 Die Betreuungsquoten sind nach wie vor in ostdeutschen Bundesländern deutlich höher.131 Unabhängig vom Alter der Kinder sind rund 38 Prozent der Mütter nicht am Arbeitsmarkt aktiv, knapp die Hälfte sind in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt.132 Die Hauptverantwortung für die Kindererziehung liegt daher in den meisten Familien bei der Frau. Mütter haben auch ein signifikant höheres Risiko, arbeitslos zu werden als kinderlose Frauen oder Männer. Während der Schwangerschaft lag beispielsweise 2010 das Risiko etwa 70 Prozent höher als bei kinderlosen Frauen.133

Frauen befinden sich also insgesamt in einer unsicheren und prekären Lage im Vergleich zu Männern, nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial betrachtet. Die ungleiche Verteilung der Hausarbeit und Kinderbetreuung zwischen Männern und Frauen hängt signifikant mit der schlechten Integration der Frauen in der Produktion zusammen und führt zur Intensivierung der Abhängigkeit der Frau innerhalb der Familie. Gemessen an Kriterien wie Einkommen, Vermögen, Wohnsituation und Integration in den Arbeitsmarkt schneiden Frauen schlechter ab134 – das gilt insbesondere, wenn sie Kinder haben. Schon Kollontai wies darauf hin: „Die Stellung der Frau in der Gesellschaft bestimmt jeweils ihre Stellung in der Familie. Dieser enge und unauflösliche Zusammenhang besteht auf allen Zwischenstufen der sozioökonomischen Entwicklung.“135

Sexismus und Gewalt gegen Frauen

Die unterdrückte, ökonomisch abhängige und in der Folge auch ideologisch abgewertete Stellung von Frauen der Arbeiterklasse im Kapitalismus kann sie in die Heirat oder sogar Prostitution zwingen. Auch außerhalb der offensichtlichen klassischen Prostitution wird die sexuelle Selbstbestimmung der proletarischen Frauen durch ihre ökonomische Abhängigkeit teils verhindert. Wenn Frauen sich am Arbeitsplatz nicht gegen Übergriffe wehren, kann das daran liegen, dass die ökonomische Situation ein Machtverhältnis begründet. Auch hier hilft die rechtliche Gleichstellung allein den proletarischen Frauen nicht. Hierzu gelten Zetkins Worte weiterhin: Ohne die wirtschaftliche Unabhängigkeit „schrumpft das Verfügungsrecht der Frau über ihre Person, schrumpft ihre Freiheit der Liebeswahl, die Möglichkeit der nötigen leichteren Lösung der Ehe zu einer toten Formel zusammen“.136

Sexismus, also Diskriminierung auf der Basis des Geschlechts, und Gewalt sind ein wichtiger Aspekt der Geschlechterdiskussion und eine Realität im Leben der allermeisten Frauen: In Deutschland erleben zwei von drei Frauen in ihrem Leben sexuelle Übergriffe; etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder durch ihren früheren Partner. Zum Opfer schwerer sexualisierter Gewalt wird jede siebte Frau.137 Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher liegen, da viele Frauen sich nicht trauen, die Taten zur Anzeige zu bringen. Nicht selten führt die Gewalt gegen Frauen auch zum Tod. Fast jeden Tag wird eine Frau in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet.138 Im Vergleich dazu findet Mord an einem Mann innerhalb der Partnerschaft circa viermal weniger als an einer Frau statt.139 Der Unterschied ist also gravierend und um diese Gefahr für Frauen abzuschaffen, müssen ihre Ursachen korrekt erfasst werden. Viele dieser Morde an Frauen können als Femizide bezeichnet werden, insofern es sich um die Tötung von Frauen wegen ihres Geschlechts oder wegen bestimmter Vorstellungen von Weiblichkeit handelt. Wir bezeichnen aber nicht jeden Mord an einer Frau durch ihren aktuellen oder ehemaligen Partner als Femizid, da es sich nicht unbedingt um eine Tötung (nur) weil sie eine Frau ist handelt.140

Sexismus und Gewalt sind Phänomene, die Frauen aller Klassen betreffen können, auch wenn ihre Folgen stark klassenspezifisch sind. Während Frauen aus der herrschenden Klasse viele Ressourcen haben, um die Folgen geschlechtsspezifischer Gewalt und Diskriminierung zu vermeiden oder zu bewältigen, sind es die arbeitenden Frauen, die dabei mit existenziellen, sozialen und psychischen Problemen allein gelassen werden.141 Ein konsequenter Kampf gegen Sexismus ist somit ein Kampf gegen die Wurzeln der Schlechterstellung der Frau. Der Kapitalismus ist in der Lage, Kompromisse zugunsten der arbeitenden Frauen einzugehen und Maßnahmen gegen Sexismus durchzusetzen, ohne dabei seine Ursachen zu berühren. Es gelingt ihm aktuell, sich durch diesbezügliche Gesetze als progressiv und fortschrittlich darzustellen.

Die ökonomische Wurzel des Sexismus ist im Vergleich zu anderen Phänomenen, die die Lage der Frau ausmachen, weniger erkennbar. Eine differenzierte Herangehensweise an den Kampf gegen Sexismus ist nötig: Natürlich können alle Frauen betroffen sein, doch es ist wichtig, die sehr unterschiedlichen Auswirkungen bei Frauen aus der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie hervorzuheben, und gleichzeitig die Unmöglichkeit, den Sexismus im Kapitalismus zu beenden, in den Vordergrund zu stellen. Aus dieser Tatsache ergibt sich für uns die Unmöglichkeit, gemeinsam mit den Frauen aus der herrschenden Klasse für Frauenrechte zu kämpfen, auch wenn wir manchen Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung zustimmen. Es braucht sofortige Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Frauen, doch wir betrachten solche Reformforderungen immer nur als eine Etappe im Kampf und niemals als letztes Ziel.142

Die Anzahl der polizeilich erfassten Opfer von Partnerschaftsgewalt in Deutschland steigt und lag 2023 bei rund 168.000, davon sind etwa 79 Prozent Frauen.143 2023 wurden in Deutschland rund 256.000 Opfer von häuslicher Gewalt polizeilich erfasst, hier sind etwa 71 Prozent der Opfer Frauen.144 Sexismus ist keine neue Erscheinung, vielmehr ist das Bewusstsein darüber ein Ergebnis von Kämpfen gegen die Objektivierung und Degradierung der Frau, die in letzter Instanz aus der ökonomischen Basis der Gesellschaft entspringen. Die gesellschaftliche Sensibilität für das Thema ist also in den letzten Jahren signifikant gestiegen, dabei werden aber oft die Ursachen der Probleme verschleiert. Es treten meist idealistische Erklärungsmuster in den Vordergrund: Sexismus wird in verschiedenen Varianten als Problem „in den Köpfen der Männer“ oder als Folge „einer männlichen Herrschaft“ gesehen. Wir begrüßen, wenn es Fortschritte gibt, die den Alltag der Frauen verbessern, aber diese Verständnisse sind zu bekämpfen, da sie richtige Erkenntnisse verhindern. Auch im Familienleben findet das Thema Ausdruck: Frauen, die aufgrund von Gewalt ihren Haushalt und manchmal auch ihre Familie verlassen müssen, sind häufig Opfer ihrer Partner. Nach einer Statistik von 2022 (bei der Befragung waren Mehrfachnennungen möglich) wurden 51 Prozent der Frauen, die in Frauenhäusern Schutz suchten, Opfer von Gewalt durch ihren Ehemann.145 Die fehlenden Frauenhäuser – und auch insgesamt fehlender günstige Wohnraum -, die bürokratische Institutionen, die die Flucht vor einem gewalttätigen Partner erschweren und der juristische Prozess der Anzeige eines Übergriffs, der viel zu häufig schwerfällig ist, sind zusätzliche Schwierigkeiten für die arbeitenden Frauen im Umgang mit der Gewalt.

Frauen sind außerdem nicht Opfer irgendeiner Art von Gewalt, sondern diese Gewalt beinhaltet oft die Objektivierung und Sexualisierung von Frauen. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 12.200 Vergewaltigungen, sexuelle Nötigungen und sexuelle Übergriffe im besonders schweren Fall polizeilich erfasst. Auch hier ist eine große Dunkelziffer zu vermuten. Damit stieg die Zahl der Vergewaltigungen das fünfte Jahr in Folge und auf einen erneuten Höchststand.146

Die Folgen dieser Gewalt sind natürlich vielfältig. Je nach Gewaltform führt es bei 56 Prozent bis über 80 Prozent der Betroffenen zu psychischen Folgebeschwerden wie Schlafstörungen, erhöhten Ängsten und vermindertem Selbstwertgefühl über Niedergeschlagenheit und Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken, Selbstverletzung und Essstörungen. Durchschnittlich treten drei bis vier unterschiedliche psychische Folgebeschwerden zugleich auf. Zudem wurde ein höherer Alkohol- und Medikamentenkonsum sowie ein sehr viel höherer Tabakkonsum bei den betroffenen Frauen festgestellt.147

Der gesellschaftliche Charakter des Sexismus und der Gewalt gegen Frauen umfasst also mehrere Dimensionen: Einerseits sind die relative Schlechterstellung der Frau sowie die reaktionären Ideologiefragmente,148 die die Gewalt an Frauen ermöglichen, nur im Kontext der gesellschaftlichen, also ökonomischen Verhältnisse zu verstehen. Gewalt gegen Frauen entsteht aus der Unterdrückung der Frau, die ihrerseits mit ihrer ungleichen Stellung im Produktionsprozess verbunden ist. Andererseits sind Sexismus und Gewalt Phänomenen, die grundsätzlich alle Frauen betreffen, auch wenn sie hauptsächlich für proletarische Frauen mit gravierenden Konsequenzen tun, sowohl ökonomisch als auch sozial betrachtet. Gegen die Unterdrückung der Frau, also auch gegen ihre Erniedrigung und Objektivierung, gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt kann man nur konsequent kämpfen, indem man die Ursachen dieser Unterdrückung bekämpft, und zwar als Klasse.


Prostitution und Pornographie

Die Ausübung der Prostitution149 ist in Deutschland grundsätzlich zulässig. Aktuell sind etwa 30.000 Prostituierte gemeldet, die Dunkelziffer ist vermutlich sehr groß. Sie sind hauptsächlich Frauen zwischen 21 und 44 Jahre alt, überwiegend nicht deutsch.150 Die Entstehung der Prostitution als Kehrseite der Monogamie wurde schon oben erläutert. Sie führt häufig zu Entfremdung, psychischen und körperlichen Schäden und Gewalt gegen die prostituierten Frauen, worauf viele Datenberichte auch heute hinweisen.151 Die erdrückende Mehrheit der Prostituierten hat keine Alternative zu dieser Tätigkeit,152 lebt isoliert,153 fühlt sich sowohl Zuhause als auch bei der Arbeit unsicher,154 leidet unter verschiedenen gesundheitlichen Problemen.155 Überdurchschnittlich viele der Prostituierten waren von Missbrauchserfahrungen in Kindheit und Jugend betroffen, was neben Traumatisierung oft mangelnde Selbstbestimmtheit zu Folge hat, und haben in der Arbeit einen zentralen Lebensbereich, in dem sowohl körperliche wie auch sexuelle Gewalt häufig auftreten.156

Unter Prostituierten sind die Angaben zu Gewalterfahrungen deutlich höher als bei anderen Frauen: 92 Prozent gaben 2005 an, sexuelle Belästigung erlebt zu haben, je über 80 Prozent psychische und körperliche Gewalt und 59 Prozent sexuelle Gewalt. Außerdem gaben 46 Prozent aller Befragten an, mindestens einmal eine Vergewaltigung erlebt zu haben.157 Insofern sind die Prävalenzen bei Prostituierten bei psychischer und physischer Gewalt etwa zwei- bis dreimal und bei sexueller Gewalt fast fünfmal so hoch wie im Durchschnitt der weiblichen Bevölkerung in Deutschland. Am häufigsten werden Freier als Täter im Arbeitskontext genannt.

Bei der Prostitution wird die Verfügungsgewalt über den Körper eines Menschen – hauptsächlich Frauen – gekauft. Beim sonstigen Kauf der Arbeitskraft ist die Ware durch die Zielsetzung bestimmt: Arbeitskraft wird eingesetzt, um etwas zu produzieren. In der Prostitution geht es umgekehrt nicht darum, Arbeitskraft anzuwenden, um einen Gebrauchswert zu erzeugen, vielmehr besteht der Gebrauchswert der Prostitution eben aus der Nutzung des weiblichen Körpers. Prostitution ist in diesem Sinne kein normaler Beruf. Das ist auch vom Ergebnis her sichtbar: Kein anderer Beruf führt bei so vielen Menschen zu psychischen Störungen, in keinem anderen Beruf erleben so viele Arbeiterinnen psychische und körperliche Gewalt, für keinen anderen Job braucht es Ausstiegsprogramme. Zusätzlich sind die Auswirkungen des Machtverhältnisses, das auch in anderen Berufen zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Kunden besteht, hier auffallend drastisch aufgrund des besonderen Inhalts der Arbeit. Prostitution im großen Stil ist außerdem nicht ohne Menschenhandel denkbar, wenn eine zahlungskräftige Nachfrage bedient werden soll.158

Analog zur Prostitution ist auch die Pornografie zu betrachten. Hier steht die Darstellung sexueller Handlungen mit der Absicht, andere zu erregen, im Vordergrund. Auch hier wird hauptsächlich über Frauenkörper verfügt, während aufgrund des ökonomischen Drucks kein Einvernehmen sichergestellt werden kann. Zusätzlich zum Verhältnis zwischen den Männern, die über den Frauenkörper verfügen und der Frau, kommt bei der Pornographie noch eine massenkulturelle Komponente hinzu. Durch das Internet ist es leicht, an Pornographie zu kommen.159 Die Auswirkungen dessen zeigen sich beispielsweise darin, dass die Sexualpraktiken zwischen Erwachsenen zunehmend extremer werden, da der Inhalt von Pornographie maßgeblich von Erniedrigung und Gewalt gegen Frauen, sowie Rassismus geprägt ist.160 Auch bei Jugendlichen ist das Phänomen zu beobachten und der Druck auf Mädchen, und in geringerem Ausmaß auch auf Jungen, größer wird, was sexuelle Praktiken angeht.161 In einer im Jahr 2016 durchgeführten Studie wurde die Wahrscheinlichkeit, dass Jungen sexuellen Missbrauch begehen, als signifikant positiv mit dem regelmäßigen Konsum von Pornografie in Verbindung gebracht.162 Außerdem ist die Porno-Indutrie auch stark mit der der Prostitution und Menschenhandel verbunden.163 Pornoproduzenten sind ebenso wie Freier, Zuhälter und Menschenhändler Gewalttäter und ihre Verbrechen müssen als solche politisch und juristisch Anerkannt werden. Der Konsum von Pornographie führt statistisch nachweislich zur Verrohung der Massen und basiert auf der Fetischisierung der Ausbeutung von Frauenkörpern.

Die feministische pro-porn Bewegung versucht dem mit Filmen entgegenzuwirken, die Einvernehmen in den Mittelpunkt stellen und den Sex vermeintlich natürlicher und aus Frauenperspektive inszenieren, doch sie dienen eher als Feigenblatt denn als Gegenstrategie und berühen nicht das Wesentliche in der Pornografie, nämlich die Verfügbarkeit über den Frauenkörper in Kombination mit dem ökonomischen Zwang.164 Auch wenn in einigen Filmen die geschauspielerte Zustimmung der Darstellerin mehr im Fokus steht, werden Frauen auch in dieser Form von Pornografie als Sexualobjekte behandelt und dargestellt. Für den Profitorientierten Massenmarkt machen sie keinen Unterschied, sie bieten einen sanften Einstieg in eine Welt, in der letztlich betrachtet wird und damit Umsatz generiert, was immer noch extremer wird.

Es geht hier natürlich nicht darum, das Bedürfnis nach Ausdruck der menschlichen Sexualität zu verurteilen oder zu untersagen. Eine künstlerische Darstellung der Sexualität in Filmen, Büchern und anderen kulturellen Formen, die die Objektivierung und Erniedrigung der Frauen ausschließt, ist grundsätzlich möglich und wesentlich anders als die Pornografie.

Wirtschaftliche Integration ist keine Befreiung

Die Darstellung der heutigen Lage der Frauen in Deutschland zeigt die verschiedenen Bereiche, in denen vor allem Arbeiterinnen Benachteiligung, Diskriminierung und Gewalt erfahren. Trotz wichtiger Verbesserung in der Lebenssituation der Frauen seit der Entstehung des Kapitalismus leiden sie heutzutage weiterhin unter den Folgen ungleicher Integration in die Produktion sowie signifikanter ideologischer Abwertung. Hier nehmen aber die Frauen der herrschenden Klasse eine grundsätzlich andere Rolle ein als die Frauen der Arbeiterklasse.

Die Frauen der Bourgeoisie werden in Verbindung mit ihrem Geschlecht nicht zwangsläufig in prekäre Lebensverhältnisse und finanzielle Unsicherheit oder Armut geführt, sie sind nicht gezwungen, potenzielle oder tatsächliche Gewalt zu tolerieren, sie sind nicht genötigt, ihre Kinder aufgrund von Lohnarbeit zu vernachlässigen.165 Bürgerliche und einige kleinbürgerliche Frauen sind weniger oder gar nicht von der Last der Hausarbeit betroffen, da sie in der Lage sind, diese an Frauen aus den werktätigen Schichten weiterzugeben. Aufgrund dessen haben sie oft die Möglichkeit, sich bewusst für Zeit in der Familie oder Entfaltung in einem Job zu entscheiden. Die Unterdrückung gilt also nicht für alle Frauen unabhängig von der Klassenzugehörigkeit, auch wenn Frauen aus der herrschenden Klasse im Vergleich zu den Männern benachteiligt sind, was sich unter anderem in der Betroffenheit von Sexismus ausdrückt.

Die proletarische Frau unterliegt im Kapitalismus der gleichen Ausbeutung wie die männlichen Arbeiter, doch die Reproduktion der Arbeitskraft geschieht weiterhin hauptsächlich auf Kosten der arbeitenden Frau im privaten Bereich, sodass Arbeiterinnen durch Mutterschaft und Haushalt einer großen zusätzlichen Belastung ausgesetzt sind. Die Ungleichheit von Mann und Frau innerhalb des Proletariats nimmt zwar mit der Integration der Frau in die Produktion ab, aber die Lage der werktätigen Frauen bleibt im Kapitalismus von Ungerechtigkeit, Sexismus und Gewalt geprägt, wie oben dargestellt. Anders als der Arbeitstag des männlichen Proletariers hat der Arbeitstag der Proletarierin oft nach wie vor „keine Grenzen; er beginnt lange vor der Berufsarbeit und endet lang nach ihr, tief in der Nacht“.166 Steigende Preise, Wohnungsnot, Fehlernährung, Krankheiten, schlechte Lebensbedingungen und Arbeitsverhältnisse wirken sich auf den Gesundheitszustand von proletarischen Frauen, insbesondere Müttern und ihren Kindern aus.

Zetkin betonte, dass die Einbindung der Frau in die gesellschaftliche Produktion im Kapitalismus eine notwendige Voraussetzung ihrer Emanzipation ist. Doch die proletarische Frau ist trotz zunehmender wirtschaftlicher Selbständigkeit weiterhin vielfältigen Formen der Unterdrückung ausgesetzt und „weder als Mensch noch als Frau, noch als Gattin hat sie die Möglichkeit, ihre Individualität voll ausleben zu können“.167 Die politische Gleichberechtigung stellt zwar einen wichtigen Fortschritt dar, bedeutet aber noch keine Befreiung aller Frauen. Wir sehen heute, dass die bürgerlichen Rechte nicht die ökonomischen Grundlagen verändern, auf denen die Unterdrückung der Frau beruht. Zudem haben je nach ökonomischer Lage sexistische Ideologien Konjunktur und es wird versucht, die Rechte der Frauen einzuschränken, beispielsweise in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche.

Die Befreiung der Frau ist kein Selbstläufer, die großen historischen Entwicklungstendenzen „laufen aber unzweideutig in der Richtung einer Gleichstellung der Geschlechter“,168 stellte Zetkin fest. Die Beteiligung der Frau an der kapitalistischen Produktion schafft eine erste Basis für ihre rechtliche Gleichstellung sowie für ihre Beteiligung am Kampf gegen das Kapital und ist nicht dauerhaft rückgängig zu machen. Ihre Ausbeutung, die Beraubung ihrer Kraft und Energie für die Schaffung von Reichtum in privater Hand sowie die Verlagerung der Tätigkeiten bezüglich der Reproduktion der Arbeitskraft, hauptsächlich auf ihre Kosten, bleibt aber dabei bestehen. Nur in der klassenlosen Gesellschaft kann die Unterdrückung der Frau endgültig aufgehoben werden. Erst wenn die Arbeiterklasse die Macht erkämpft hat, wird eine bewusst organisierte Produktion möglich sein, in der die Frau eine ebenbürtige Stellung erhält und damit die Wurzeln ihrer Unterdrückung beseitigt werden können.

Vierter Teil: Kritik des Feminismus

Zum Verhältnis von Klasse und Geschlecht

Das Verhältnis zwischen den Geschlechtern unterscheidet sich wesentlich von dem Verhältnis zwischen den Klassen – das muss sich auch in den von uns verwendeten Begriffen widerspiegeln, sodass die Realität korrekt beschrieben wird und Missverständnisse vermieden werden. In den Schriften von Engels und Bebel finden sich teils undeutliche Formulierungen, die so klingen, als könnte die Lage der Frauen mit der Unterdrückung einer Klasse durch die andere gleichgesetzt werden, also eine Analogie von Klassen- und Geschlechterverhältnissen nahezulegen scheinen.169 Zetkins theoretischer und praktischer Arbeit ist die Klärung der Beziehung der Klassen- zur Frauenfrage zu verdanken. Insbesondere in späteren Arbeiten vermeidet sie meist analoge Formulierungen und spricht in Bezug auf die Proletarierinnen beispielsweise von „ihrer Klassenlage als Ausgebeutete und ihrer Geschlechtslage als Minderberechtigte“.170

Mit dem Begriff „Klasse“ beschreiben wir die Stellung im Produktionsprozess. Die gesamte Arbeiterklasse beiderlei Geschlechts ist im Kapitalismus der Ausbeutung und Unterdrückung durch die Männer und Frauen der herrschenden Kapitalistenklasse ausgesetzt. Ausbeutung ist das ökonomische Verhältnis zwischen der Klasse der Bourgeoisie und der Klasse des Proletariats. Zudem ist das Proletariat der bürgerlichen Herrschaft zum Beispiel durch die Staatsgewalt, aber auch Medien unterworfen, die die Aufrechterhaltung des Kapitalismus sichern. Es erfährt Unterdrückung, denn es leidet aufgrund seiner Klassenlage unter verringerter Lebensqualität und Lebenschancen – sein Zugang zu gesunden Lebensmitteln, Medizin, Wohnraum, Kultur, Bildung und anderen Reichtümern ist beschränkt. Unterdrückung ist die Ausübung von Gewalt und Macht durch gesellschaftliche Institutionen und Maßnahmen. Die objektiven Interessen von Bourgeoisie und Proletariat stehen in unversöhnlichem Widerspruch zueinander. Dieser Widerspruch besteht zwischen den Klassen an sich und kann nur durch den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse aufgehoben werden, indem das Privateigentum an den Produktionsmitteln und damit die Klassen überhaupt beseitigt werden.

Mit dem Begriff „Geschlecht“ beschreiben wir die biologische Veranlagung männlicher und weiblicher menschlicher Körper, kleine oder große Gameten zu produzieren und damit eine komplementäre Funktion in der geschlechtlichen Fortpflanzung zu übernehmen. Mit dem Begriff „Geschlechterrollen“ beschreiben wir die Normen, Rollenvorstellungen, Aufgabenbereiche, Erwartungen und Zuschreibungen, die sich auf Basis des biologischen Geschlechts und der Stellung von Männern und Frauen in der Produktion herausgebildet haben. Im alltäglichen Gebrauch der Begriffe „Mann“ und „Frau“ werden Geschlecht und Geschlechterrolle meist vermischt. Für uns ist die Unterscheidung jedoch wichtig, da wir die beiden Geschlechter als biologische Tatsachen akzeptieren, die herrschenden Geschlechterrollen dagegen als Ausdruck von Unterdrückungsverhältnissen überwinden wollen. Die Geschlechterrollen beziehen sich zwar auf eine biologische Grundlage, sind aber vor allem Produkt der gesellschaftlichen Verhältnisse, haben sich historisch verändert und sind auch in Zukunft veränderbar.

In der Urgesellschaft hat es keine besondere Unterdrückung der Frauen gegeben, da alle Mitglieder eines Stamms aufeinander angewiesen waren und weitgehend die gleichen Aufgaben verrichten mussten, um zu überleben. Die Unterdrückung der Frauen trat in Zusammenhang mit und auf der Grundlage der Klassenherrschaft auf, der Widerspruch besteht also nicht zwischen den Geschlechtern an sich. Demnach verstehen wir die bestehenden Geschlechterverhältnisse nicht als unlösbaren Widerspruch wie den Klassengegensatz, sondern als Ausdruck der Produktions- und Eigentumsverhältnisse. Die Befreiung der Frau ist durch die Überwindung der gesellschaftlichen Ursachen ihrer Unterdrückung möglich, ohne dass dafür die Realität biologischen Geschlechts infrage gestellt werden muss.

Wie im Abschnitt zur historischen Entwicklung der Geschlechterverhältnisse gezeigt, wurde die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern erst mit dem Entstehen der Klassen auf Basis des Fortschritts der Produktivkräfte, des daraus resultierenden Überschusses und des Privateigentums an Produktionsmitteln und Mehrprodukt verfestigt und zur Grundlage der Unterdrückung. Allerdings waren schon in den Sklavenhaltergesellschaften nicht alle Frauen gleichermaßen unterdrückt, ihre Lage unterschied sich je nach Klassenzugehörigkeit. Auch im Feudalismus befanden sich die Frauen der herrschenden Klasse in einer wesentlich anderen Situation als die leibeigenen Bäuerinnen oder die Handwerkerinnen. Zwar waren sie alle gegenüber den Männern ihrer jeweiligen Klasse benachteiligt, doch die Frauen der Feudalherren herrschten letztlich über die Leibeigenen beiderlei Geschlechts und hatten auch in ihrer Rolle als Frauen andere Ansprüche und Aufgaben zu erfüllen. Auch im Kapitalismus ist die Lebenssituation aller Männer und Frauen wesentlich durch ihre Klassenzugehörigkeit, also Stellung im Produktionsprozess und Eigentum an Produktionsmitteln, bestimmt. Alle Männer und alle Frauen haben zwar jeweils untereinander die biologische Veranlagung ihrer Körper gemein, doch ihre soziale Lage unterscheidet sich je nach Klassenzugehörigkeit. Zetkin betonte: „Je nach der Klasse, welcher die einzelne Frau angehört, findet sie von ihrer Geburt an, ja noch vor ihrer Geburt, die gegensätzlichsten sozialen Verhältnisse für ihre Entwicklung vor“.171

Die Frauen und Männer der Arbeiterklasse werden durch die Bourgeoisie beiderlei Geschlechts ausgebeutet, beherrscht und unterdrückt. Sie teilen das Interesse an der Überwindung der kapitalistischen Ausbeutung und vertreten die gleichen Forderungen nach höheren Löhnen, Arbeitszeitverkürzung und Arbeitsschutz. Die Frauen des Proletariats sind zusätzlich zu dieser Ausbeutung durch das Kapital besonderen geschlechtsspezifischen Formen der Benachteiligung, Unterdrückung und Gewalt ausgesetzt. Die proletarische Frau, insbesondere als Mutter, erhält als weibliche Arbeiterin weniger Lohn und hat daher im Vergleich zum männlichen Proletarier noch weniger eigenständig Zugang als zu Ressourcen wie gesunden Lebensmitteln, Medizin, Wohnraum, Kultur, Bildung und anderen Reichtümern, wodurch sie in besondere Abhängigkeit – speziell, aber nicht nur, von Männern – gerät. Sie ist Unterdrückung in Form von Gewalt und Machtausübung durch gesellschaftliche Institutionen und Maßnahmen ausgesetzt. Diese (verschärfte) Unterdrückung der Arbeiterin, welche aus dem Zusammenspiel ihrer geschlechtlichen Veranlagung mit der Produktionsweise resultiert, stellt eine Gefahr für ihre Gesundheit und ihr Leben dar. Sie ist die Grundlage der Geschlechterrollen, herrschender Vorurteile, Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen in vielen Lebensbereichen sowie teils der geschlechtsspezifischen Gewalt. Die bürgerliche Frau kann hiervon zwar ebenfalls betroffen sein, doch ihre Betroffenheit hat eine andere Qualität als die Unterdrückung der proletarischen Frau. Auf der Grundlage dieser Begriffe können wir den Zusammenhang der Interessen der Frauen mit denen der Arbeiterklasse und unsere Kritik am Feminismus erklären.

Das Verhältnis der Geschlechter ist kein Ausbeutungsverhältnis. Die Ausbeutung der Arbeitskraft ist das grundlegende Verhältnis der zwei Klassen der kapitalistischen Gesellschaft. Die Ware Arbeitskraft kann mehr Wert erschaffen, als zu ihrer eigenen Reproduktion notwendig ist. Der Wert der Arbeitskraft selbst setzt sich zusammen aus dem Wert ihrer Lebensmittel und eine sogenannten „historischen und moralischen Element“. Während das erste klar bestimmbar ist durch einen Lebensmittel-Warenkorb, ist das zweite abhängig von der Kulturstufe der Gesellschaft, von den Errungenschaften der Arbeiterbewegung im Klassenkampf u.a. Die Frau übernimmt in den meisten Arbeiterfamilien hauptsächlich oder sogar allein die Hausarbeit (Waschen, Putzen, Kochen, Einkaufen, Kinder versorgen u.a.). Wird sie dadurch „doppelt ausgebeutet“? Unserer Auffassung nach ist das eine falsche Annahme. Während diese Alleinverantwortung für Haushalt und Familie Ausdruck der Unterdrückung der Frau in dieser Gesellschaft ist, ist es keine Form der Ausbeutung. Ausbeutung findet im kapitalistischen Produktionsprozess statt; Hausarbeit steht, ähnlich wie andere Formen der konkreten Arbeit, außerhalb dieses Produktionsprozesses, findet also (in Arbeiterfamilien) nicht warenförmig statt. Ausbeutung, im marxistischen Sinne, findet hier also weder zwischen Mann und Frau statt, noch wird die Frau „doppelt“ vom Kapitalisten ausgebeutet, weil das impliziert, dass sie in einem direkten Verhältnis zum Kapitalisten steht, er also aus ihrer Hausarbeit einen Mehrwert zieht. Das ist jedoch nicht der Fall. Allerdings ist, wie oben beschrieben, die Frage des „historisch-moralischen Elements“ hier wichtig: Die Frage, wie stark sich die von jeder Familie (vor allem die Frauen) zu verrichtende Hausarbeit im Arbeitslohn widerspiegelt (also letztlich im Wert der Ware Arbeitskraft) ist ein Resultat des Klassenkampfes, es ist also möglich und hat sich historisch gezeigt, dass hier Verbesserungen erkämpft werden können. Die Männer der Arbeiterklasse besitzen keine Produktionsmittel, um die Frauen ihrer Klasse auszubeuten, sie können aber Gewalt und Unterdrückung ausüben. Es gibt keine doppelte Ausbeutung der Arbeiterin, nur das Verhältnis zwischen den Klassen ist ein Ausbeutungsverhältnis einer Menschengruppe durch eine andere, und es ist zwar im Interesse des Kapitals, die Arbeiten, die zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendig sind, ins Private zu verlagern und Teilen der Klasse niedrigere Löhne zu bezahlen, doch dies stellt keine zweite Form der systematischen Ausbeutung dar. Die Ausbeutung der Arbeitskraft ist das grundlegende Verhältnis der zwei Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft. Die Ware Arbeitskraft kann, wenn sie vom Kapitalisten eingesetzt wird im Produktionsprozess mehr Wert erschaffen als zu ihrer eigenen Reproduktion notwendig. Der Wert der Arbeitskraft selbst setzt sich zusammen aus dem Wert ihrer Lebensmittel und eine sogenannten „historischen und moralischen Element“. Während das erste klar bestimmbar ist durch einen Lebensmittel-Warenkorb, ist das zweite abhängig von der Kulturstufe der Gesellschaft, von den Errungenschaften der Arbeiterbewegung im Klassenkampf u.a.

Die Frau ist in den meisten Arbeiterfamilien Haupt- oder sogar Alleinverantwortlich für Hausarbeit (Waschen, Putzen, Kochen, Einkaufen, Kinder versorgen u.a.). Wird sie dadurch „doppelt ausgebeutet“? Unserer Auffassung nach ist das eine falsche Annahme. Während diese Alleinverantwortung für Haushalt und Familie Ausdruck der Unterdrückung der Frau in dieser Gesellschaft ist, ist es keine Form der Ausbeutung. Ausbeutung findet im kapitalistischen Produktionsprozess statt; Hausarbeit steht, ähnlich wie andere Formen der konkreten Arbeit, außerhalb dieses Produktionsprozesses, findet also (in Arbeiterfamilien) nicht warenförmig statt. Ausbeutung, im marxistischen Sinne, findet hier also weder zwischen Mann und Frau statt, noch wird die Frau „doppelt“ vom Kapitalisten ausgebeutet, weil das impliziert, dass sie in einem direkten Verhältnis zum Kapitalisten steht, er also aus ihrer Hausarbeit einen Mehrwert zieht. Das ist jedoch nicht der Fall. Allerdings ist, wie oben beschrieben, die Frage des „historisch-moralischen Elements“ hier wichtig: Die Frage, wie stark sich die von jeder Familie (vor allem die Frauen) zu verrichtende Hausarbeit im Arbeitslohn widerspiegelt (also letztlich im Wert der Ware Arbeitskraft) ist ein Resultat des Klassenkampfes, es ist also möglich und hat sich historisch gezeigt, dass hier Verbesserungen erkämpft werden können

In unseren Programmatischen Thesen halten wir zu dieser Frage fest: „Im Kapitalismus werden die Frauen der Arbeiterklasse doppelt unterdrückt – als Frauen und als Arbeiterinnen. Arbeitende Frauen werden auch heute noch fast überall verschärft ausgebeutet, ökonomisch und sozial benachteiligt, sie werden neben der Lohnarbeit zur unbezahlten Reproduktionsarbeit verdammt, sie genießen oft nicht die gleichen Rechte und ihre besonderen Bedürfnisse werden vom bürgerlichen Staat nicht befriedigt.“172 Mit der Formulierung „doppelt unterdrückt“ wird die besondere Lage der Proletarierinnen im Vergleich zu ihren Klassenbrüdern hervorgehoben, das sollte aber nicht als Gleichstellung von Ausbeutung und Geschlechtsunterdrückung verstanden werden. Diesbezüglich ist die Formulierung in den PT, die weiterhin Teil unserer beschlossenen inhaltlichen Grundlage sind, etwas uneindeutig. Wir warnen vor begrifflicher Unklarheit und missverständlichen Formulierungen, die eine Analogie von Klassen- und Geschlechterverhältnissen nahelegen und die entscheidende Bedeutung der Klassenzugehörigkeit gegenüber dem Geschlecht verwischen. Dabei geht es nicht um eine begriffliche Feinheit, sondern es hat Auswirkungen auf die Strategie: Haben alle Frauen gemeinsame Interessen? Können und sollen sich die Arbeiterinnen mit ihren Klassenbrüdern gegen den Kapitalismus wehren, oder gibt es unvereinbare Interessen zwischen Mann und Frau? Die proletarischen Frauen sind in diesem Sinne nicht „doppelt unterdrückt“. Präziser ist es, von einer verschärften Unterdrückung zu sprechen.

Alle Mitglieder der Arbeiterklasse sind unterdrückt, aber nicht alle Frauen. Auch die Frauen der Bourgeoisie können aufgrund ihres Geschlechts frauenfeindliche Gewalt und Benachteiligung erfahren. Wir sprechen hier aber nicht von Unterdrückung, da sie der herrschenden Klasse angehören – also selbst an der Ausbeutung und Unterdrückung der gesamten Arbeiterklasse beteiligt sind und sich gegenüber allen, auch den männlichen, Proletariern in einer Machtposition befinden – und da sie über Mittel verfügen, um sich gegen Angriffe zu schützen und ihre Benachteiligung abzumildern. Keinesfalls werden alle Frauen durch alle Männer unterdrückt oder gar ausgebeutet. Letztlich ist die Klassenlage gegenüber der Geschlechtslage bestimmend, die Interessen der Arbeiter- und der Kapitalistenklasse stehen sich unversöhnlich gegenüber.173 Zetkin stellt fest: „Der Bourgeois – ganz gleich ob Mann, ob Weib – pocht auf den Besitz seiner sozial bevorrechteten Stellung und der Proletarier – ohne Unterschied, ob er in Hosen oder im Unterrock steckt – hasst die Angehörigen der Bourgeoisie als Schmarotzer, die auf seine Kosten leben, und zwar im Überfluss leben, während er selbst darbt“.174

Die Begriffe „Frau“ und „Mann“ beschreiben also in der Realität keine einheitlichen und klassenneutralen Gruppen. Aufgrund der Klassengegensätze kann es keinen gemeinsamen Kampf aller Frauen für ihre Befreiung geben.175 In Zusammenhang mit der Vorstellung eines solchen vermeintlichen gemeinsamen Kampfes wird der Begriff „Patriarchat“ in der feministischen Theorie verwendet, und zwar im Sinne eines Herrschaftssystems von Männern über Frauen, wobei die Klassenzugehörigkeit keine oder nur eine nebensächliche Rolle spielt.176 Dieses Konzept benennt nicht die Ursache der Unterdrückung der Frau im Privateigentum an Produktionsmitteln, vernachlässigt die wesentliche Unterscheidung zwischen den Frauen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie und vermittelt falsche Vorstellungen über den Weg zur Befreiung.177 Zetkin betonte, dass die abstrakte klassenneutrale Kategorie „Frau“ nicht die Grundlage des Kampfes gegen die Unterdrückung der Frauen sein kann: „Für die Befreiung des weiblichen Geschlechts haben wir eben nicht mit dem sozial unbekannten X einer Durchschnittsfrau, einer Normalfrau, ‚der Frau‘ schlechtweg zu rechnen, welche als sozial wesenloses Schemen in dem Wolkenkuckucksheim ideologischer und prinzipieller Erwägungen schwebt“ – im Gegenteil: „Wir finden uns da zwei sehr konkreten, genau bekannten Größen gegenüber, der bürgerlichen Frau einerseits, der proletarischen Frau andererseits“.178 Ihrer Auffassung nach sollte das Ziel der Frauenbewegung sein, die sozialen Bedingungen für die Entwicklung und Entfaltung aller Frauen zu schaffen – diese Bedingungen, die in der bürgerlichen Gesellschaft nicht gegeben sind, können nur durch die Revolution und nicht durch Reformen der kapitalistischen Ordnung erkämpft werden. Zetkins Verdienst ist es, den Gegensatz der Interessen zwischen bürgerlichen und proletarischen Frauen und die daraus folgende Unmöglichkeit einer einheitlichen Frauenbewegung klar und deutlich herausgearbeitet zu haben und die entsprechenden Konsequenzen für den Kampf um die Emanzipation der Frauen gezogen zu haben. Sie zeigte, dass die bürgerliche Frauenbewegung „Frau“ und „Mann“ als klassenneutrale Begriffe betrachtet und eine Politik für die Frauen der bessergestellten kleinbürgerlichen Schicht und der Kapitalistenklasse betreibt. Diese Analyse ist bis heute bedeutend, um den Klassenstandpunkt feministischer Ansätze zu klären. Daher fassen wir im Folgenden ihre wesentlichen Argumente zusammen, um darauf aufbauend unsere eigene Einschätzung und Kritik des heutigen Feminismus darzustellen.

Clara Zetkins Kritik der bürgerlichen Frauenbewegung

Für die bürgerliche Frauenbewegung sind „Frau“ und „Mann“ klassenneutrale Begriffe, woraus automatisch eine Politik für die Frauen der bessergestellten kleinbürgerlichen Schicht und der Kapitalistenklasse folgt. Die bürgerliche Frauenbewegung ist aufgrund ihres Klassencharakters als „Reformbewegung“ der revolutionären proletarischen Frauenbewegung entgegengesetzt, auch wenn ihre Vertreterinnen zwischenzeitlich in radikalen Phrasen oder abstrakt-theoretischen Erwägungen etwas anderes versprechen.179 Während die bürgerliche Frauenbewegung objektiv die Interessen der bürgerlichen Frauen vertritt, verbreitet sie nach innen und außen die Illusion, sich für alle Frauen – „die“ Frauen – einzusetzen. Sie berücksichtigt den unüberbrückbaren Klassengegensatz von Bourgeoisie und Proletariat und die Bedeutung der Ausbeutung der Arbeiterklasse für die Stellung der Frauen nicht, sondern führt ihrer ökonomischen Interessenlage entsprechend einen Kampf um das Geschlechterverhältnis und betrachtet den Konflikt zwischen Frauen und Männern als den wichtigsten gesellschaftlichen Gegensatz.180

Die bürgerliche Frauenbewegung strebt nach rechtlicher Gleichstellung der Geschlechter durch Reformen auf dem Boden der bürgerlichen Demokratie.181 Sie fordert, die kapitalistische Ordnung zugunsten der Frauen „der besitzenden Klassen zu reformieren, während die ungeheure Mehrzahl der Proletarierinnen, die Frauen des schaffenden Volkes, nach wie vor als Unfreie und Ausgebeutete der Verkümmerung und der Missachtung ihres Menschentums, ihrer Rechte und Interessen preisgegeben sind“.182 Zetkin zufolge erhalten die Frauen der ausgebeuteten und unterdrückten Klasse – ebenso wie die Männer – durch die formale gesetzliche Gleichstellung keine „tatsächliche volle soziale und menschliche Freiheit und Gleichberechtigung“.183 Dem Leiden der Ausgebeuteten und Unterdrückten begegnet die bürgerliche Frauenbewegung mit Mitleid und Wohltätigkeit, doch die Überwindung des Kapitalismus als dessen Ursache lehnt sie ihrer Klassenlage entsprechend ab.184 Die bürgerlichen Frauen proklamieren die Einigkeit aller Frauen, doch „[b]ei ihnen scheint der Begriff der Frau aufzuhören, sobald die Frau der ausgebeuteten Klasse der Arbeiter angehört“.185 Bezugnehmend auf Marx erklärt Zetkin den Widerspruch in den Interessen und Forderungen der Frauen der verschiedenen Klassen:

„Gleich schillernden Seifenblasen zerstieben in der Luft der materialistischen Geschichtsauffassung die ‚Liebessabbeleien‘ von der einen großen ‚Schwesternschaft‘, die vorgeblich ein einigendes Band um Bourgeoisdamen und Proletarierinnen schlingt. Marx hat das Schwert geschmiedet und gebrauchen gelehrt, welches die Verbindung zwischen der proletarischen und der bürgerlichen Frauenbewegung zerhauen hat; er hat aber auch die Kette der Einsicht geschmiedet, welche die erstere unlöslich mit der sozialistischen Arbeiterbewegung zusammenschließt, dem revolutionären Klassenkampf des Proletariats angliedert“.186

Die Klassenzugehörigkeit ist entscheidend für die Lage und die Interessen der Frauen, „und nicht ihre Gemeinschaft als Geschlecht, das zugunsten der Vormacht- und Vorrechtstellung des Mannes mehr oder minder rechtlos und unterdrückt ist“.187 Die bürgerliche Frauenbewegung ist den Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter in Theorie und Praxis objektiv entgegengesetzt, aber nährt zugleich die Illusion klassenübergreifender gemeinsamer Interessen aller Frauen und treibt die Spaltung der Arbeiterklasse voran, indem sie einen „täuschenden, lähmenden Einfluß auf große werktätige Frauenmassen, deren Wollen und Handeln auf den Kampf von Geschlecht zu Geschlecht für die Reform der bürgerlichen Ordnung konzentriert wird, statt auf den Kampf von Klasse zu Klasse für die Revolution,“ ausübt.188 Zetkin betont, dass die proletarische und die bürgerliche Frauenbewegung zwar teils die gleichen Forderungen vertreten, aber die bürgerlichen Frauen die weitgehenderen, umfassenderen und grundsätzlichen Forderungen der proletarischen Frauen nach realer Befreiung nicht teilen: „Wir weisen die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen nicht etwa deshalb zurück, weil wir das bisschen nicht wollen, sondern weil sie das mehr nicht wollen, was gerade den wesentlichen Inhalt unserer Forderungen ausmacht“.189 Für die bürgerliche Frauenbewegung ist die Gleichstellung mit den Männern das Endziel – für die Arbeiterinnen dagegen bedeutet sie keine vollständige Befreiung, sondern nur eine Verbesserung der Bedingungen, unter denen sie sich für die Überwindung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse und der Ausbeutung durch die Bourgeoisie einsetzen können. Daher können sie Zetkin zufolge auch manchen Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung zustimmen – doch die Erfüllung dieser Forderungen „nur als Mittel zum Zweck“ betrachten.190 Dabei dürfen die proletarischen Frauen nie vergessen, dass die bürgerliche Frauenbewegung die wirkliche Befreiung aller Frauen aktiv verhindert, indem sie die kapitalistische Ordnung stützt.

Auf der Grundlage der Analyse der Klasseninteressen im Kapitalismus zeigt Zetkin den Gegensatz zwischen bürgerlichen und proletarischen Frauen auf und entlarvt damit die angebliche harmonische Einigkeit aller Frauen als leere Behauptung der bürgerlichen Frauenbewegung, die aufgrund ihres Klassencharakters der sozialistischen Revolution und damit der Befreiung aller Frauen entgegensteht, objektiv im Interesse der Bourgeoisie die Klassengegensätze verschleiert und die proletarischen Frauen von der Erkenntnis ihrer Interessen und dem Einsatz für diese abhält.

Feminismus und bürgerlicher Frauenkampf

Ihren Ursprung hatte die organisierte Frauenbewegung im 19. Jahrhundert, als Frauen aus der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht und dem Kleinbürgertum, deren Recht auf Erwerbsarbeit weitgehend beschränkt war, Bildung, Berufsfreiheit und gleiche Bürgerrechte zu fordern begannen.191 Der bürgerlichen Frauenbewegung ging es um die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter durch Reformen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, die sie im Kampf gegen die Männer ihrer Klasse durchzusetzen versuchte. Der Begriff „Feminismus“ kam um 1900 auf und bezeichnete diese im deutschsprachigen Raum auch „Frauenrechtlerei“ genannte Bewegung.192 Aus der Bewegung der proletarischen Frauen heraus wurde der Feminismus scharf kritisiert, allen voran von Clara Zetkin, er teilte die wesentlichen Forderungen der Arbeiterinnen nach einer Gesellschaft frei von Ausbeutung und Klassenherrschaft nicht und wandte sich sogar gegen sie. Zwar vertraten sowohl bürgerliche als auch proletarische Frauen teils die gleichen Forderungen nach Reformen – beispielsweise in Bezug auf das Frauenwahlrecht – doch gerade weil diese für die Feministinnen ein letztes Ziel und kein Mittel zum Zweck darstellten, bestand hier andauernd die Gefahr einer Ablenkung von den wesentlichen Zielen der Revolution.193 Zudem waren manche Forderungen der bürgerlichen Frauen auch den unmittelbaren Interessen der Arbeiterinnen entgegengesetzt, beispielsweise stand die (klein)bürgerliche Forderung nach Berufsfreiheit im Gegensatz zum Kampf der Arbeiterinnen um Arbeitsschutzgesetze. Auch die bürgerliche Forderung nach Geburtenkontrolle wurde teils mit dem Argument begründet, das Leid der Arbeiterinnen könne durch Beschränkung der Kinderzahl gelindert werden – eine für die Arbeiterbewegung gefährliche Argumentation, da sie die kapitalistische Ausbeutung als Ursache von Armut und Hunger unter den Arbeiterfamilien leugnete.

Der Klassencharakter der feministischen Bewegung ist bis heute im Wesentlichen unverändert geblieben, obwohl es seit Beginn des 20. Jahrhunderts einige große Fortschritte im Bereich der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter gab. Diese konnten häufig nur durch die schlagkräftige Unterstützung der gesamten Arbeiterbewegung durchgesetzt werden, so im Fall des Frauenwahlrechts, einige wurden durch das Beispiel der sozialistischen Umgestaltung in Sowjetunion und DDR auch in den kapitalistischen Staaten vorangetrieben, so das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und die öffentliche Kinderbetreuung. Inhaltlich haben sich dementsprechend die Forderungen der bürgerlichen und der proletarischen Frauen verändert. Doch auch in der heutigen Bundesrepublik Deutschland ist die Gesellschaft entscheidend durch die ökonomische Basis des Kapitalismus und damit auch die Klassenverhältnisse bestimmt. Die bürgerliche Frauenbewegung vertritt bis heute die Interessen der bürgerlichen Frauen und bleibt ungeachtet der weitgehenden rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter darauf ausgerichtet, die Position der Frauen innerhalb der kapitalistischen Konkurrenz gegenüber den Männern zu verbessern, und lediglich Reformen auf dem Boden des Kapitalismus zu fordern. Was Zetkin über die bürgerliche Frauenbewegung feststellte, gilt also bis heute, ihre Voraussagen über die Auswirkungen der politischen Gleichberechtigung sind eingetreten und die feministischen bürgerlichen Frauenorganisationen stützen bis heute die herrschende kapitalistische Ordnung und vertreten damit nicht die Interessen der ausgebeuteten und unterdrückten Frauen der Arbeiterklasse, auch wenn sie das Gegenteil behaupten: Erscheinungen wie die Bewegung für „Mehr Frauen an die Spitze“, Karrierenetzwerke für Frauen oder „Girls Days“ in technischen Unternehmen sowie die Rechtfertigung imperialistischer Außenpolitik haben keine oder sogar negative Folgen für die Lage der meisten Frauen und Mädchen. Auch Bewegungen wie „One Billion Rising“ lenken von den Ursachen der Gewalt gegen Frauen ab. Sie können im besten Fall relative Vorteile für einige wenige Frauen erreichen – diese sind jedoch nicht gesamtgesellschaftlich und dauerhaft durchsetzbar, sie können leicht zurückgedrängt werden, weil sie die Wurzel der Unterdrückung der Frau nicht angreifen.

Heute wie damals versucht die feministische Bewegung, auch die besonderen Belange der proletarischen Frauen anzusprechen, doch aufgrund ihres bloßen Reformcharakters führen diese Ansätze nur dazu, das Proletariat in den Kapitalismus zu integrieren, anstatt diesen zu bekämpfen. Anstatt die Ursache der Unterdrückung der Frau in der kapitalistischen Klassengesellschaft zu benennen, stellt sie Reformforderungen als Selbstzweck auf und lenkt den Kampf gegen die Unterdrückung in für den Kapitalismus ungefährliche Bahnen. Die bürgerliche Frauenbewegung schürt Illusionen, sie gewinnt Teile der Arbeiterklasse für ihre Ziele und lenkt die breiten Massen der Frauen vom revolutionären Klassenkampf ab. Zudem fördert sie ein antifeministisches Feindbild in Teilen der Arbeiterklasse, insbesondere unter Männern, die in der Konsequenz teilweise auch den Kampf um die Belange proletarischer Frauen ablehnen. Sie ist damit unser Gegner, wenn es um die Frage der Revolution und der Befreiung geht. Wir beurteilen die bürgerliche Frauenbewegung also nicht nach ihrer Selbstdarstellung, sondern nach ihrem tatsächlichen Klassencharakter, der sich in ihren Taten zeigt. Zetkin erlebte, wie im Zuge des Bruchs zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten Anfang des 20. Jahrhunderts Teile der ehemals sozialistischen Frauenbewegung ihren revolutionären Anspruch und ihre praktischen Ansätze aufgaben und „ihrem Ziel und Inhalt nach bloße Reformbewegung, eine besondere Spielart bürgerlicher Frauenrechtlerei“ wurden.194 Auch heute gibt es Kräfte, welche sich zwar als Vertreter der Frauen (und Männer) der Arbeiterklasse und ihrer Interessen darstellen, aber tatsächlich im Interesse der Bourgeoisie handeln und den Kapitalismus stützen. Dies betrifft beispielsweise reformistische Parteien und Organisationen wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die einen „linken Feminismus“ vertreten und den Kampf gegen die ökonomische Schlechterstellung von Frauen und gegen geschlechtsspezifische Gewalt fordern, aber praktisch keine ernsthaften Anstalten machen, eine Organisierung zum Sturz des Kapitalismus voranzutreiben. Die Probleme einer Verknüpfung von Feminismus und materialistischen Ansätzen werden weiter unten am Beispiel des „marxistischen Feminismus“ behandelt.

Die Ideologie der bürgerlichen Frauenbewegung ist der Feminismus, der in zahlreichen Varianten auftritt. Wesentlich ist, dass feministische Ideologien die von uns beschriebene entscheidende Bedeutung der Ausbeutung der Arbeiterklasse für die Unterdrückung der Frau nicht berücksichtigen. In unseren Programmatischen Thesen heißt es:

„Die vielfältigen Formen des bürgerlichen Feminismus behandeln die Frauenfrage hingegen entweder ganz losgelöst von der Klassenfrage oder, indem sie unvermittelt neben die Klassenfrage und auf dieselbe Ebene wie diese gestellt wird. Dies gilt auch für diverse verklärende ‚postmoderne‘ Theorien, welche die Unterdrückung der Frau lediglich auf der Ebene von individuellen Einstellungen, als ein von Männern ausgehendes Problem oder eine Frage von Rollen-Zuschreibungen, ‚Kultur‘ oder Ideologie betrachten, ohne dabei die materielle Basis dieser Unterdrückung zu beachten. Das reale Verhältnis von Geschlechter- und Klassenfrage wird damit verwischt und der Kampf für die Befreiung der Frau behindert. Der Kampf gegen diese Ideologien gehört damit ebenfalls zum Kampf um die Befreiung der Frau und ist eine Aufgabe der Arbeiterbewegung“.195

Wir haben im vorliegenden Text die materielle Basis der Unterdrückung der Frau ausführlich dargestellt, um das Verhältnis von Geschlechter- und Klassenverhältnissen sowie den Kämpfen um diese zu klären. Auf dieser Grundlage können wir die Einschätzung des bürgerlichen Feminismus in den Programmatischen Thesen bekräftigen. Feministische Ansätze betrachten die Frauenfrage unabhängig von der Klassenfrage oder stellen beide unvermittelt nebeneinander. Sie leugnen, dass die Frauen der verschiedenen Klassen verschiedene Interessen haben und nicht gemeinsam um ihre Emanzipation kämpfen können. Für sie ist die Klassenfrage im Vergleich zur Frauenfrage gleich, weniger oder gar nicht relevant. Für uns kann die Frauenfrage nicht ohne die Klassenfrage verstanden und gelöst werden. Wir fordern daher alle, die sich ernsthaft für die Befreiung aller – nicht nur der bürgerlichen – Frauen einsetzen wollen, dazu auf, sich uns anzuschließen, da der Feminismus dieses Ziel nicht erreichen kann. Wir kritisieren den Feminismus als Ideologie der bürgerlichen Frauenbewegung und möchten mit unserer Kritik alle, die ein ehrliches Interesse an der Emanzipation der Frauen haben, erreichen und überzeugen.

Solche Ideologien und entsprechende Bewegungen sind nicht nur falsch, sondern auch eine Gefahr für die Interessen der Arbeiterklasse, da sie diese spalten und den Proletarierinnen suggerieren, dass sie sich gemeinsam als Frauen und nicht als Klasse befreien könnten. Wir bekämpfen daher die Verbreitung der feministischen Ideologie und ringen darum, in der Arbeiterklasse das Bewusstsein für die wirklichen Ursachen der Unterdrückung der Frauen zu schärfen. Der Feminismus vertritt die Interessen der Bourgeoisie, er ist aufgrund dieses Klassencharakters ein Gegner der Arbeiterklasse. Diese grundlegende Kritik muss anhand konkreter Beispiele angewendet und überprüft werden. Einige verbreitete feministische Konzepte und Auffassungen werden wir im Folgenden kritisieren, eine detaillierte Kritik der Positionierungen bestimmter Gruppen oder Einzelpersonen steht noch aus. Wir beschränken uns an dieser Stelle auf den sogenannten „marxistischen Feminismus“ von Silvia Federici und den Queerfeminismus von Judith Butler, da sie zwei wichtige Strömungen der aktuellen feministischen Debatte repräsentieren.

Der sogenannte „marxistische Feminismus“ von Silvia Federici

Silvia Federici ist als herausragende „marxistische Feministin“ bekannt. Ihr 2004 erschienenes Buch „Caliban und die Hexe“ soll eine kritische Alternative zu Marx‘ Theorie der ursprünglichen Akkumulation bieten, eine Alternative, die die Frauen in den Mittelpunkt stellt. Das Wort Alternative kommt nicht von ungefähr. Für Federici soll der Marxismus vor allem aufgrund einer „Blindheit gegenüber der Reproduktionsarbeit“196 überarbeitet werden. Federici schließt sich damit anderen Autoren an, die die Absicht verkünden, den Marxismus „zu erneuern“.197 Ihr explizites Anliegen ist, festzustellen, „welchen Beitrag ein überarbeiteter Marxismus für die feministische Theorie leisten kann“198.

Der Bezug auf die Bedeutung des Bereiches der Reproduktion im kapitalistischen Akkumulationsprozess ist bei Federici zentral. Neben Federici verwenden einige andere Feministen den Begriff der Reproduktionsarbeit.199 Damit beschreiben sie die konkreten Tätigkeiten, die erledigt werden, um die Arbeitskraft zu produzieren und zu reproduzieren – inklusive der alltäglichen Sorge für und Versorgung von Menschen – und die daher einen wesentlichen Einfluss auf den Wert der Ware Arbeitskraft hätten. In diesen Bereichen sind ausschließlich oder überwiegend Frauen tätig. Dazu Federici: „Die Reproduktionsarbeit ist die Grundlage aller anderen Arten von Arbeit. Und sie ist immer noch unbezahlt. Denn als Arbeit ist sie gar nicht sichtbar: Sie wird nicht als Arbeit wahrgenommen. Das hat viele Frauen verarmen lassen und von Männern abhängig gemacht.“200 Den Begriff der Reproduktion wollen wir genauer betrachten.

Marx verwendet „Reproduktion“ im Kapital nicht für sich alleinstehend, sondern in Bezug auf die gesellschaftliche Produktion: „Welches immer die gesellschaftliche Form des Produktionsprozesses, er muß kontinuierlich sein oder periodisch stets von neuem dieselben Stadien durchlaufen. […] In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zugleich Reproduktionsprozeß.“201 „Reproduktion“ bezieht sich hier also auf die Wiederholung der Produktion inklusive Erneuerung der Produktionsmittel einerseits und der individuellen und gesellschaftlichen Arbeitskraft andererseits. Der Begriff bezeichnet keinen besonderen Bereich, der von der Produktion getrennt wäre. Die Produktion und Reproduktion der Arbeitskraft ist nur ein Teil der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion, die im Kapitalismus unter der Herrschaft des Kapitals stattfindet und auf der Arbeit der ausgebeuteten Klasse basiert.

So muss die Arbeiterklasse, um sich am Leben und arbeitsfähig zu halten, Waren kaufen und konsumieren, die sie selbst produziert hat. Dazu verwenden die Arbeiter den Arbeitslohn, den sie von den Kapitalisten für die Anwendung ihrer Arbeitskraft erhalten. Wie schon oben erwähnt richtet sich der Arbeitslohn nach dem Wert der Ware Arbeitskraft, der wiederum durch die gesellschaftlich durchschnittlich zu ihrer Produktion notwendige Arbeitszeit bestimmt ist: „Der Wert der Arbeitskraft, gleich dem jeder andren Ware, ist bestimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifischen Artikels notwendige Arbeitszeit.“202 Allerdings ist die Arbeitskraft immer an die Existenz eines lebendigen Individuums gebunden. Wird diese vorausgesetzt, ist zur Erhaltung des arbeitenden Individuums eine gewisse Menge an Lebensmitteln notwendig, welche die lokal und historisch unterschiedlichen Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung, aber auch Kultur befriedigen.203 Die Produktion der Arbeitskraft umfasst auch die Fortpflanzung der Arbeiterklasse, also die Lebensmittel für die Nachkommen. Je nach Berufszweig fallen zudem Kosten für die Bildung oder Erziehung der Arbeitskräfte an. Vereinfacht gesagt ist also der Wert der Arbeitskraft durch die durchschnittliche gesellschaftliche Arbeitszeit bestimmt, die notwendig ist, um die für den Erhalt der Arbeitskraft nötigen Lebensmittel zu produzieren. Der Wert der Arbeitskraft ändert sich daher auch, wenn sich der Wert dieser Lebensmittel, also die Größe der zu ihrer Produktion nötigen Arbeitszeit, ändert.

Der Drang des Kapitals, die Kosten der Reproduktion der Arbeitskraft möglichst gering zu halten, drückt sich also sowohl in der Verlagerung von Tätigkeiten der Reproduktion in das Private der Arbeiterfamilie als auch in der Tendenz, die für diese Reproduktion notwendige Zeit möglichst zu minimieren, aus. Da der Profit des Kapitalisten umso größer ist, je geringer der Arbeitslohn, haben diese ein Interesse an möglichst wenig einzusetzender Arbeitszeit für die Reproduktion der Arbeitskraft. Die ausgeprägte Rolle der Frau als Hauptverantwortliche für die unbezahlte Erledigung dieser Tätigkeiten kommt diesem Drang entgegen. Außerdem sind Berufe, die zur Reproduktion der Arbeitskraft beitragen, auch heutzutage gering bezahlt.204

Auch wenn Marx die vor allem von Frauen im Haushalt geleisteten Arbeiten im Kapitalismus analytisch darlegt und die Rolle der Familie diesbezüglich skizziert,205 verwendet er den Begriff Reproduktionsarbeit nicht. Das ist Federici scheinbar bewusst, da sie Reproduktionsarbeit im Kontext der angeblichen „fehlende[n] theoretische[n] Berücksichtigung der reproduktiven Arbeit“206 bei Marx anwendet.207 Für Federici bedient also die marxistische Theorie ein Verständnis, das die Bedeutung der Hausarbeit im kapitalistischen Akkumulationsprozess ignoriert und eine „körperlose Konzeption von Arbeit“ entwickelt, also eine Konzeption ohne Berücksichtigung wichtiger geschlechtsspezifischen Merkmale.208 Damit ist gemeint, dass Marx „obwohl er patriarchale Verhältnisse missbilligte, eine Analyse von Kapital und Klasse hinterließ, die von einer männlichen Perspektive aus gedacht ist, der ,des arbeitenden Mannes’, des überwiegend weißen Industriearbeiters.“209 Die Autorin erkennt dabei an, dass Marx und Engels in ihren Texten auch spezifisch auf die besondere Lage der Arbeiterinnen eingehen, für sie tun sie das aber nur deskriptiv und nicht analytisch. Eine Analyse der „Genderverhältnisse“, sprich der „Machtbeziehungen zwischen Frauen und Männern“210 fehlt für Federici bei Marx und Engels komplett. Wir hoffen, mit den vorangegangenen Zitaten von Marx und insbesondere Engels in diesem Text gezeigt zu haben, dass dies nicht der Fall ist.

Allerdings ist das, was Federici sich von Marx und Engels erhofft, eine ganz bestimmte Art der Miteinbeziehung der Frauenperspektive in die Kapitalismusanalyse. Für Federici würde das bedeuten, die Produktion und Reproduktion der Arbeitskraft ins Zentrum der marxistischen Kategorien zu rücken. Das verbindet sie mit ihrer Kritik der Lohnarbeit und der Warenproduktion als „Gravitationszentrum“ der marxistischen Theorie. Was bedeutet das aber alles konkret?

Für Federici ist die Reproduktion der Arbeitskraft wie bei Marx ein Teil der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion. Anders aber als Marx sieht Federici in der Produktion und Reproduktion der Arbeitskraft einen Bereich der Kapitalakkumulation: Da die Arbeitskraft, die Kapital produziert und Kapitalakkumulation ermöglicht, durch die Hausarbeit produziert und reproduziert wird, wird insbesondere die Hausarbeit ein Feld der Akkumulation, so Federicis Argumentation. Wie schon oben erwähnt, ist das unserer Auffassung nach eine falsche Annahme: Damit Kapital durch Hausarbeit entsteht, müsste die Frau dabei ausgebeutet werden, da es ohne die Produktion von Mehrwert kein Kapital und keine Kapitalakkumulation geben kann. Die Verantwortung der Frau für Haushalt und Familie ist Ausdruck ihrer Unterdrückung in der bürgerlichen Gesellschaft, es handelt sich jedoch nicht um eine Form der Ausbeutung. Hausarbeit, ähnlich wie andere Formen der konkreten Arbeit, steht außerhalb des Produktionsprozesses, findet also in Arbeiterfamilien nicht warenförmig statt.

Folglich bleibt für Federici der Beitrag der Frauen, die die meiste Hausarbeit leisten, nicht nur im Kapitalismus abgewertet und unerkannt, sondern auch in der marxistischen Analyse. Laut Federici ist es ein Verdienst ihrer eigenen Theorie sowie anderer Versuche, marxistische und feministische Theorien zu vereinigen, dass sie „ein neues Terrain der Akkumulation und des Kampfes“211 sichtbar gemacht haben. Federici knüpft also an ein reales Thema an, nämlich die relative soziale Unsichtbarkeit der Hausarbeit im Vergleich zur Lohnarbeit, leitet aber daraus ein Verständnis ab, welches die Hausarbeit als ein Feld der Kapitalakkumulation versteht.

Sehen wir uns den Prozess der Reproduktion der Arbeitskraft genauer an: Der Arbeiter – oder viel öfter die Arbeiterin – kauft die Lebensmittel des täglichen Bedarfs. Außerdem muss die Arbeiterfamilie noch Miete, Heizung und Ähnliches bezahlen. All diese Zahlungen bilden zusammengenommen (vereinfacht gesagt) den Wert, den der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft braucht. Zudem müssen die Wohnung geputzt, das Essen gekocht und die Kinder versorgt werden. Es sieht so aus, als würden alle diese Arbeiten, die bis heute in der übergroßen Mehrzahl der Fälle von den Frauen der Arbeiterfamilien erledigt werden, den Lebensmitteln noch Wert hinzusetzen, denn es fließt lebendige Arbeit in sie und vergegenständlicht sich beispielsweise in einem gekochten Abendessen. „Wert“ ist jedoch eine rein gesellschaftliche Kategorie und setzt voraus, dass ein Produkt wie das Abendessen als Ware auf dem Markt angeboten wird, damit sich ihr Wert (vereinfacht) überhaupt realisieren kann. Das findet in der Arbeiterfamilie allerdings nicht statt. Zwar wird der Gebrauchswert der Lebensmittel durch die Zubereitung des Essens in der Perspektive der Familie erhöht, aber die Mahlzeit selbst wird nicht zur Ware und bekommt keinen Doppelcharakter aus Gebrauchswert und Wert. Die Hausarbeit der Frau ist also produktive Arbeit in dem Sinne, dass sie einen Gebrauchswert schafft, aber nicht im Sinne der kapitalistischen Warenproduktion, da die unmittelbar hergestellten Produkte (z.B. Essen, saubere Wohnung) nicht verkauft werden und sich damit nicht in ein Verhältnis mit anderen Produkten setzen, also auch keinen Tauschwert haben.

Auch findet kein Verkauf der Arbeitskraft der Frau der Arbeiterfamilie statt, sie wird nicht direkt vom Kapitalisten in der Produktion eingesetzt. Die Lebensmittel, die sie für die Familie einkauft, behalten ihren Wert nicht, sondern gehen in die Konsumtion ein. Das Kommando des Kapitals herrscht hier nicht direkt, wenngleich die Arbeiterfamilie, die „doppelt frei“ ist, jederzeit den gesellschaftlichen Zwängen unterworfen ist. Vom Kauf der Lebensmittel bis zum Abspülen der Teller hat keine Wertproduktion stattgefunden, die es einem Kapitalisten ermöglicht hätte, einen Mehrwert daraus zu ziehen.

Der Arbeiter regeneriert seine Arbeitskraft durch den Verzehr des Abendessens und auch, indem er sich beispielsweise in einem sauberen Zuhause erholen und in einem frisch gemachten Bett gut schlafen kann. Auch, indem sich die Frau der Arbeiterfamilie um die Kinder kümmert, wird im weiteren Sinne die Arbeitskraft der Arbeiterfamilie reproduziert. Würde der Arbeiter nur ungekochtes Essen essen, in einem dreckigen Zuhause wohnen, sich dadurch Krankheiten einfangen, schlecht schlafen und würden auch seine Kinder verwahrlosen, dann wäre die Arbeitskraft schlechter reproduziert – dies sind allerdings nur beispielhaft angeführte Bedingungen für eine bessere oder schlechtere Reproduktion der Arbeitskraft.

Jedoch ist es ja gerade die besondere Beschaffenheit der Ware Arbeitskraft, kein „Ding“ zu sein, keine reine Anhäufung toter geleisteter Arbeit wie bei anderen Waren, sondern im Gegenteil potentielle lebendige Arbeit. Daher sind die Bedingungen ihrer Wiederherstellung auch viel komplexer als bei jeder anderen Ware. Anzunehmen, dass die Frau durch ihre Arbeit den Wert der Arbeitskraft des Mannes direkt reproduziert, erzeugt das Bild, dass es sich bei der Arbeitskraft selbst – wie jede andere Ware auch – um das Produkt von Arbeit handelt. Dieses Verständnis führt aber den kapitalistischen Begriff von Arbeit ad absurdum, auch die Kieferbewegung des Mannes beim Zerkauen des Essens müsste dann als wertschaffende einbezogen werden als, weil sie das Essen verdaulich macht. Wer also versucht, die Reproduktionsarbeit als wertschaffende Arbeit zu deklarieren, wird kein vernünftiges Maß finden können, wo wertschaffende Arbeit überhaupt von konkreter physischer Tätigkeit getrennt werden kann. Ist beispielsweise Sport treiben, was auch zur Wiederherstellung der Arbeitskraft beitragen kann, wertschaffende Arbeit? Warum, warum nicht?

Wir vertreten die Position, dass eine Vergesellschaftung der Hausarbeit eine wichtige Forderung in der Frauenfrage darstellt und wir als Kommunisten für diese Forderung kämpfen müssen. Es braucht beispielsweise mehr Kita-Plätze und kostengünstigeres oder kostenloses Schul- und Kantinenessen. Der Kampf um diese Forderungen muss aus der Perspektive der Interessen der gesamten Arbeiterklasse zur Abschaffung der Ausbeutung geführt werden. Das hier kritisierte falsche Verständnis von „wertschaffender Reproduktionsarbeit“ führt zu einem weitreichenden Problem: Es verunmöglicht letztlich eine richtige Analyse des Kapitalismus selbst, weil es die besondere Rolle der Lohnarbeit und damit die Ausbeutung und die Mehrwertproduktion selbst nicht mehr erkennen kann. Eine falsche Analyse führt notwendig zu falschen Schlüssen in Strategie und Praxis.

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Federicis Kritik an Marx betrifft den fortschrittlichen Charakter des Kapitalismus, unter anderem was die Emanzipation der Frau angeht. Federici zufolge verbessert sich laut Marx die Lage der Arbeiter im Kapitalismus durch Mechanisierung kontinuierlich, bis „wir die Kontrolle über unsere Existenz und unsere natürliche Umgebung“212 erreichen. Diese Behauptung ist auch mit der Ansicht verbunden, Marx hätte die Bedeutung von Hausarbeit nicht richtig eingeschätzt, da Pflege- und Erziehungstätigkeiten nicht nachhaltig mechanisiert werden können. Federici kritisiert außerdem, dass Marx’ Theorie „das Wissen und den Reichtum“213 von nicht-kapitalistischen Gesellschaften verkennt. Entsprechend zeugen ihre Schriften von einer Idealisierung der vorkapitalistischen Zeiten, vor allem in Bezug auf die Lage der Frau. Dazu schreibt sie:

„[…] die Hexenverfolgung zerstörte eine ganze Welt weiblicher Praktiken, kollektiver Beziehungen und Wissenssysteme, die die Grundlage für die Macht der Frauen im vorkapitalistischen Europa und die Voraussetzung für ihren Widerstand im Kampf gegen den Feudalismus gewesen waren. Aus dieser Niederlage entstand ein neues Modell der Weiblichkeit: die ideale Frau und Ehefrau – passiv, gehorsam, sparsam, wortkarg, stets mit der Arbeit beschäftigt und keusch.“214

Federici impliziert, Frauen wären in anderen Klassengesellschaften, beispielsweise im Feudalismus, nicht systematisch unterdrückt („Macht der Frauen“). Sicher war die Hexenverfolgung ein besonders gewaltvoller Ausdruck der Stellung der Frau in dieser Epoche, doch die Umwälzungen der ökonomischen Basis haben progressiv dazu geführt, dass die Frau in die gesellschaftliche Produktion integriert wurde. Federici idealisiert vorkapitalistische Klassengesellschaften, in denen die Frauen bereits unterdrückt waren, wie wir im zweiten Teil ausführlich dargelegt haben. Zugleich unterstellt sie Marx zu Unrecht, er würde den Kapitalismus idealisieren. Tatsächlich begriff Marx im Gegensatz zu Federici die Geschichte der Menschheit – und damit auch die historisch veränderte Lage der Frau – auf Basis der ökonomischen Verhältnisse dialektisch: Er und – bezugnehmend auf seine Arbeit – beispielsweise Engels, Zetkin und Kollontai, erklärten ausführlich den Zusammenhang zwischen Produktions- und Eigentumsverhältnissen, der Stellung der Frau, Mutterschaft und Hausarbeit. Sie würdigten dabei zugleich die Fortschritte und die neuen Probleme, die der Kapitalismus für die Lage der Frauen brachte.

Was die Lage der Frau angeht, ist Federici entsprechend skeptisch, dass die Integration in die kapitalistische Produktion ein Schritt in Richtung Emanzipation der Frau war und ist. Wie schon erwähnt, erlaubt aus unserer Sicht diese Integration in der produktiven Arbeit einen gesellschaftlichen Beitrag der Frau, da sie für die Gesamtgesellschaft nützliche Werte produziert. Die Beteiligung an der Produktion schafft die ökonomische Basis für die Gleichberechtigung, die sich in bestimmten Bereichen in der Anerkennung von Rechten im Kapitalismus ausdrückt. Für Federici bedeutet jedoch die neue kapitalistischen Gesellschaft „eine historische Niederlage“ der Frau: „jede Frau (mit Ausnahme derer, die von bürgerlichen Männern privatisiert wurden) [wurde] zu einem Gemeinschaftsgut, denn sobald die Tätigkeiten der Frauen als Nicht-Arbeit definiert wurden, begann die Arbeit der Frauen als eine natürliche Ressource zu erscheinen, die allen zur Verfügung steht.“215 Durch ihre inhaltliche Hervorhebung der Hausarbeit, die sie als zentralen Aspekt der kapitalistischen Produktion ansieht, verkennt Federici die emanzipatorische Rolle der Integration der Frauen in die Produktion, die wie schon erwähnt nur ein Element auf dem Weg zur wirklichen Emanzipation ist.

Federici sieht außerdem einen veränderten Klassenantagonismus im Kapitalismus aufgrund einer „neuen patriarchalen Ordnung“, die sie Lohnpatriarchat nennt: „Der Klassenantagonismus wurde in erheblichem Maße entschärft, weil sich die Männer die Macht, die sie am Arbeitsplatz verloren hatten, zu Hause auf Kosten der Frauen zurückholen konnten.“216 Es wird aus der bisherigen Beschäftigung mit ihrer Theorie nicht ganz ersichtlich, inwiefern diese Entschärfung praktische Konsequenzen für den Kampf als Klasse, also von arbeitenden Männer und Frauen gemeinsam, hat. So viel kann gesagt werden: Federicis Ansatz ist, durch die Verwendung einiger marxistischer Kategorien und die aus unserer Sicht nicht begründete Verwerfung anderer, nicht marxistisch und kein Ansatz, der unseren Kampf gegen die Unterdrückung der Frau bereichert.

Zurück zum Begriff der Reproduktionsarbeit: Er ist bei Federici und anderen Autoren im Kontext des Versuches zu verstehen, die Tätigkeiten bezüglich der Reproduktion der Arbeitskraft, die vor allem von Frauen erledigt werden, aufzuwerten. Sie tut dies, indem sie der Reproduktion eine Rolle bei der Kapitalakkumulation zuweist, die ihr unseres Erachtens nicht zukommt. Daraus wird ein falsches Verständnis der Unterdrückung der Frau im Kapitalismus abgeleitet. Dieses kann in Verbindung mit einer Sicht auf die historische Entwicklung, die den Fortschritt verkennt, zu der falschen Ausrichtung des Kampfes gegen Frauenunterdrückung führen. Der Begriff Reproduktionsarbeit und ihre Varianten laden außerdem zu Missverständnissen ein, da die Reproduktion der Arbeiterklasse mehr benötigt als das, was durch Haus- und Pflegearbeit geschaffen wird und da sie suggerieren, es gäbe zwei Arten von Arbeit: produktive und reproduktive.217 Dabei ist aber die Reproduktion nicht getrennt von der Produktion zu denken, sondern das eine ist ein Moment des anderen, da die Produktion der Arbeitskraft auch ihre eigene Reproduktion oder Erhaltung ist.218

Der Queerfeminismus von Judith Butler

Judith Butler, bekannt geworden durch „Das Unbehagen der Geschlechter“ (1990 in englischer Sprache erschienen), ist eine bedeutende Theoretikerin für die poststrukturalistische Strömung des Feminismus. Typisch für den sogenannten Poststrukturalismus ist die idealistische Vorstellung, dass der Diskurs219 oder die Sprache der Ort der Entstehung von sozialer Wirklichkeit ist.

Geschlecht besteht laut Butler aus drei Dimensionen, die relativ unabhängig voneinander sind: die anatomische Materialität des Körpers („sex“), die gespürte Geschlechtsidentität beziehungsweise das Selbstverständnis des eigenen Geschlechts („gender identity“) und das Ausleben der eigenen Geschlechtsidentität und des sexuellen Begehrens („gender performance“). Nach Butler sind alle drei Dimensionen diskursiv konstruiert, also Ausdruck kultureller Interpretation, was die Gegebenheit eines natürlichen biologischen Geschlechts infrage stellt.220 Butler schreibt: „Geschlecht ist eine Art Nachahmung, für die es kein Original gibt; in der Tat ist es eine Art Nachahmung, die den Begriff des Originals als eine Wirkung und Folge der Nachahmung selbst hervorbringt.“221 Die Kultur steht über der Natur, die Natur kann nicht unabhängig von der Kultur gedacht werden. Die Tatsache, dass bestimmte anatomische Gegebenheiten relevant für die Einteilung von Menschen in ein Geschlecht sind, ist Butler zufolge eine gesellschaftlich-kulturelle Dimension, die so von der Materialität des Körpers selbst nicht vorgegeben ist. Es ist also eine Konstruktion der Gesellschaft, inklusive der Wissenschaft, dass Chromosomen, Zygoten, sekundäre Geschlechtsmerkmale als „Geschlecht“ verstanden werden. Butler meint, dass die binäre Geschlechterordnung kein materieller Fakt und keine natürliche Wahrheit, sondern kulturell konstruiert ist.222

Damit wendet sich Butlers Theorie auch gegen feministische Ansätze, die Frauen als Gruppe mit gemeinsamen Merkmalen und Interessen darstellen und von der vordiskursiven Gegebenheit des biologischen Geschlechts ausgehen.223 Zwar kritisieren auch wir die feministische Vorstellung gemeinsamer Interessen aller Frauen, doch anders als Butler gehen wir von einer materialistischen Analyse der Klassenverhältnisse aus, welche für die Lage der Frauen entscheidend sind. Die „radikale Infragestellung einer biologischen und binären Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit“224, wie Butler sie in „Das Unbehagen der Geschlechter“ ausführt, kritisieren wir als falschen Konstruktivismus, denn das biologische Geschlecht ist keine willkürliche Konstruktion, sondern lässt sich über die Veranlagung zur Produktion kleiner oder großer Gameten bestimmen.225 Auch der Zusammenhang zwischen dem biologischen Geschlecht einerseits und Geschlechterrollen, Zuschreibungen und sexistischen Ideologien andererseits ist nicht zufällig, sondern lässt sich historisch-materialistisch erklären.226 Es ist notwendig, diese gesetzmäßigen Zusammenhänge und Ursachen aufzudecken, um die richtige Strategie zur Überwindung bestehender Unterdrückung zu finden.

Butler bemüht sich um eine „emanzipatorische“ feministische Theorie, die sich nicht auf die materielle Gegebenheit des Körpers beruft.227 Ein Problem sind ihre mangelhafte historische Analyse und Einordnung sowie die fehlende Berücksichtigung der gesellschaftlichen Bedingungen.228 Butler kritisiert die Gesellschaft letztlich nur auf der ideologischen Ebene: Ihr zufolge besteht das Problem darin, dass die Gesellschaft die drei Dimensionen von Geschlecht als kongruent zueinander konstruiert. Zudem nimmt sie eine „Disziplinierung“ der Körper vor und zwar vermittels der gesellschaftlichen Norm eines körperlichen Ideals der Geschlechter, das zu einem bestimmten Selbstverständnis des Geschlechts sowie zu einem bestimmten Verhalten inklusive heterosexuellem Begehren passt. Diese gesellschaftliche Norm ist so stark und operiert so perfide, dass Menschen sie verinnerlichen und sich selbst in ihrer geschlechtlichen Offenheit beschränken. Entsprechend leitet Butler ihre politische Schlussfolgerung ab, dass es notwendig ist, die Kongruenz der geschlechtlichen Dimensionen zu dekonstruieren und bewusst Brüche zwischen ihnen herbeizuführen. Dies soll dazu dienen, ein offenes Bild von Geschlecht als unendliche Vielfalt zu entwickeln, wodurch die Unterdrückung von Geschlechtern, die von der Norm abweichen, beendet würde. Laut Butler ist Geschlecht also ein Konstrukt, das auf der Ebene des Diskurses und der Performanz zu überwinden ist. Sie empfiehlt daher, Geschlechternormen zu parodieren und die bestehenden Frauen- und Männerrollen zu destabilisieren. Die festgelegten Geschlechter sollen performativ verändert werden, „indem man die Geschlechter-Binarität in Verwirrung bringt“229. Um aus den bestehenden Strukturen auszubrechen, müsse man „jene Geschlechter-Normen, die die Wiederholung selbst ermöglichen […] durch eine radikale Vervielfältigung der Geschlechtsidentität verschieben“230. Wenn Geschlecht performativ bzw. „diskursiv konstruiert“ ist und „dekonstruiert“ werden soll, dann soll die Veränderung der Gesellschaft letztlich im Individuum stattfinden. Diese bürgerliche Theorie verschleiert die tatsächlichen Ursachen der bestehenden Geschlechterverhältnisse und den Weg zur Befreiung durch den revolutionären Klassenkampf für den Sozialismus.

Wir kritisieren also diese politische Schlussfolgerung Butlers, die auf dem falschen Verständnis von Geschlecht beruht. Sie ist idealistisch, insofern sie die materiellen Verhältnisse, auf denen die Geschlechterverhältnisse beruhen, nicht antastet, sondern verschleiert. Butler verweist stellenweise auch auf strukturelle Aspekte von Macht und Unterdrückung und argumentiert, dass individuelle Handlungen und Diskurse in einem komplexen Wechselspiel mit gesellschaftlichen Strukturen stehen und sich gegenseitig beeinflussen.231 Doch entgegen ihren Beteuerungen beziehen sich ihre Handlungsempfehlungen lediglich auf die Bewertung oder Infragestellung traditioneller Vorstellungen und bewegen sich auf der Ebene der Theorie und des Diskurses. So gibt sie zu, dass es soziale und wirtschaftliche Machtfragen gibt, meint aber, dass auch deren Erfassung am besten durch ihren eigenen theoretischen Ansatz zu bewältigen sei.232 Das Verständnis und die Kritik von Butlers Theorie wird durch ihr stellenweise vieldeutiges und widersprüchliches Schreiben erschwert. So behauptet sie beispielsweise an einer Stelle, dass sexuelle Differenz eine klare materielle binäre Grundlage hat und keine Illusion ist, was ihrer oben dargestellten Position widerspricht.233 Wir kritisieren auch diese für poststrukturalistische Theorien typische Widersprüchlichkeit, Mehrdeutigkeit, Unklarheit und Kompliziertheit im Ausdruck, weil dadurch eine breite Debatte strittiger Punkte verhindert wird. So sind auch unterschiedliche Interpretationen und Strömungen entstanden, die sich auf Butler beziehen.

„Materialistischer“ Queerfeminismus

Der Queerfeminismus ist die wohl bedeutendste Strömung, die Butler folgend ein biologisch gegebenes Geschlecht, jeden Bezug auf Zweigeschlechtlichkeit und damit auch die Kategorie Frau zugunsten einer Pluralität von Geschlechtern ablehnt. Trotz der Uneinheitlichkeit und Vielfalt queerfeministischer Ansätze versuchen wir hier einige Schlaglichter auf die Probleme zu werfen, die den Queerfeminismus zumeist auszeichnen. Dem Queerfeminismus fehlt nicht nur ein Begriff der materialistischen, in dem Fall auch biologischen Grundlage der Entstehung von Geschlechterrollen und der Unterdrückung der Frau, sondern auch – wie allen feministischen Ansätzen – die materialistische Klassenanalyse als Voraussetzung für einen erfolgreichen Kampf um Befreiung. Zudem trifft auf den Queerfeminismus die Kritik zu, die aus unseren Reihen an der „postmodernen Identitätslinken“ am Beispiel des Antirassismus formuliert wurde: Die Lenkung der spontanen Empörung in für das herrschende System insgesamt ungefährliche Bahnen, das Schüren von Reformvorstellungen und Illusionen in den bürgerlichen Staat und den Kapitalismus, das Betonen der Spaltungslinien entlang von Identitätsgrenzen, das die Formulierung eines gemeinsamen Klasseninteresses verhindert und dadurch das Verhindern eines gleichzeitigen Kampfes gegen aktuell besondere Unterdrückung und Benachteiligung sowie die kapitalistische Ausbeutung insgesamt. Fazit: „Mit einer marxistischen Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse sind die meisten Positionen der postmodernen Identitätslinken nicht vereinbar.“234

Es folgen noch einige grobe Gedanken zu dem Versuch, Marx und Butler im sogenannten „Materialistischen Queerfeminismus“ zusammenzubringen.235 Das kann grundsätzlich nicht gelingen, da der materialistisch-dialektische wissenschaftliche Ansatz von Marx mit dem idealistischen postmodern-dekonstruktivistischen Ansatz von Butler nicht vereinbar ist. Butler stellt relativ wahllos materielle und ideologische Gegebenheiten infrage. Marx dagegen – und ihm folgend auch Engels, Zetkin, Kollontai und wir – analysiert die Ursachen der Entstehung und Entwicklung der bestehenden Verhältnisse, wobei er von der letztlich bestimmenden Rolle der Basis gegenüber dem Überbau ausgeht, wie wir es auch im zweiten Teil des Referats getan haben. Wir wissen, dass die Unterdrückung der Frau und die Entstehung von Geschlechterrollen – die sich wiederum negativ auf alle auswirken, die diesen Normen nicht entsprechen – ihre Ursache im Zusammenspiel der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern aufgrund der Gebärfähigkeit der Frau einerseits und mit der Entstehung von Eigentum aufgrund steigender Arbeitsproduktivität (und damit der Klassen) andererseits hat. Queerfeministische Ansätze dagegen haben kein wissenschaftliches Verständnis dieser Ursachen der herrschenden Geschlechterverhältnisse, sondern meinen, dass die geschlechtliche Unterdrückung und die Existenz von Geschlechtern aus den materiellen Verhältnissen folgend relativ beliebig konstruiert und demzufolge dekonstruiert werden kann. Die queerfeministische Strategie dagegen ist individualistisch und letztlich idealistisch und bürgerlich, weil sie die entscheidende Bedeutung des Klassenkampfes von unten nicht berücksichtigt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Begriff „Klasse“ verwendet, aber nicht im wissenschaftlichen Sinne angewendet wird: Wie beim sogenannten „marxistischen Feminismus“ handelt es sich nur um eine vordergründige Bezugnahme auf marxistische Theorien und Begriffe, während die wesentlichen Bestandteile des Historischen Materialismus fehlen oder aktiv geleugnet werden.

Fünfter Teil: Strategie zur Befreiung der Frau

Der Weg zur Befreiung der Frau

Der Weg zum Sozialismus

Strategie und Taktik der Kommunistischen Partei sind zusammengenommen der Handlungsplan für die Machteroberung durch die Arbeiterklasse.236 Strategie verstehen wir Stalin folgend als „die Festlegung der Richtung des Hauptschlags des Proletariats auf der Grundlage der gegebenen Etappe der Revolution, die Ausarbeitung eines entsprechenden Planes für die Aufstellung der revolutionären Kräfte (der Haupt- und Nebenreserven), de[n] Kampf für die Durchführung dieses Planes während des ganzen Verlaufs der gegebenen Etappe der Revolution“237. Heutzutage hat sich der Monopolkapitalismus weltweit durchgesetzt. In fast allen Ländern hat die Bourgeoisie eindeutig die politische Macht inne, selbst wenn es noch Überreste vorkapitalistischer Gesellschaftsstrukturen gibt (zum Beispiel das Kastensystem in Indien). Daher stellt sich in der Regel nicht mehr die Frage nach nationaler Befreiung und der Zusammenarbeit mit bürgerlichen Kräften für dieses Ziel.238 Es spielen auch in vielen Ländern, wie beispielsweise die Kommunistische Partei Mexikos (PCM) für ihr Land formuliert, die armen Bauern und Bäuerinnen und unterdrückte nationale Minderheiten eine wichtige Rolle als „Teil des Bündnisses mit den Volkssektoren“239.

Wie wir in unseren Programmatischen Thesen formulieren, arbeitet die Kommunistische Partei im Kampf um den Sozialismus auf ein Bündnis der Arbeiterklasse mit den Gesellschaftsschichten hin, die objektiv im Widerspruch zum Kapital stehen – und nicht auf ein Bündnis mit anderen Organisationen.240 Ziel ist also die Einheitsfront von unten, angeführt von der Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt. Dabei liegt der Fokus darauf, Arbeiter und Arbeiterinnen verschiedener Gesinnungen, unabhängig von ideologischen Präferenzen, Wahlverhalten oder auch Parteizugehörigkeiten, für das gemeinsame objektive Klasseninteresse im gemeinsamen Kampf zu organisieren. Ziel der Einheitsfront von unten ist, die größtmögliche Schlagkraft der Arbeiterbewegung in ihrem täglichen Kampf gegen die Bourgeoisie zu erreichen und so mit den nicht-kommunistischen Kolleginnen und Kollegen möglichst enge Bande zu knüpfen, gegenseitiges Vertrauen zu entwickeln, in die Diskussion zu kommen und sie letztlich für den Sozialismus zu gewinnen. In Deutschland sind die verbündeten, aber schwankenden kleinbürgerlichen Volksschichten beispielsweise Besitzer kleiner Imbissbuden, Intellektuelle und kleine Selbstständige. Sie werden von der Kapitalistenklasse unter Druck gesetzt und ins Proletariat hinabgestoßen, ringen aber gleichzeitig um die Erhaltung des Privateigentums.241

Strategie bezogen auf die Frauenfrage

Wie es auch der dritte Kongress der Kommunistischen Internationale 1921 formuliert hat, kann es keine vom Kampf für den Sozialismus-Kommunismus losgelöste, „besondere Frauenfrage“ und keine besondere Frauenbewegung geben.242 Die historische Erfahrung zeigt, dass der Kampf für die Befreiung der Frau untrennbar mit dem Kampf der Arbeiterklasse für den Sozialismus verbunden und ein Kampf der gesamten Klasse zum Wohl der gesamten Klasse ist. Wenn wir sagen, dass erst im Sozialismus die vollständige Befreiung der Frau überhaupt möglich ist, und dass die Beteiligung der Frauen am Kampf für den Sozialismus nötig ist, dann kann es sich bei der Strategie zur Befreiung der Frau nicht um getrennte, abgesonderte Kämpfe und Fragen handeln, sondern sie muss Teil unserer Gesamtstrategie sein. Der Kampf für die Frauen muss den Kampf um den Sozialismus insgesamt voranbringen und umgekehrt. Wir werden sonst nicht die Ursache für die Unterdrückung der proletarischen Frauen und ihrer Verbündeten bekämpfen: Das Privateigentum an Produktionsmitteln.

Gleichzeitig ist klar, dass es bestimmte Themen gibt, die proletarische Frauen vor allem betreffen. Wir müssen die Belange der proletarischen Frauen immer als besondere Belange in unseren Orientierungen hervorheben. Was das für uns heißt, versuchen wir in diesem Kapitel genauer zu klären.

Die Arbeiterbewegung hat sich historisch als die konsequenteste und schlagkräftigste Unterstützung der Befreiung der Frau erwiesen. Innerhalb der Arbeiterbewegung mussten vor allem zu Beginn des Kapitalismus reaktionäre Einstellungen bekämpft und die Erkenntnis durchgesetzt werden, dass die Gleichberechtigung der Frau im Interesse der gesamten Arbeiterklasse ist und der revolutionäre Klassenkampf nur unter Beteiligung der proletarischen Frauen erfolgreich sein kann. Gegen die bürgerliche Frauenbewegung musste die Auffassung durchgesetzt werden, dass es keine gemeinsame Bewegung aller Frauen geben kann und dass nur die Überwindung des Kapitalismus die vollständige Befreiung der unterdrückten Frauen möglich macht. Wie wir in unserer Kritik verschiedener Strömungen des Feminismus gezeigt haben, ist das auch für unsere Situation heute relevant: Kämpfe, die nicht auf das Interesse der gesamten Arbeiterklasse ausgerichtet sind, spalten die Klasse und schwächen ihre Kampfkraft gegen Angriffe des Kapitals und beispielsweise faschistische Ideologie.

Aus unserer Strategie zum Sozialismus leitet sich für die Kämpfe der Frauen ab:

  1. Die Kämpfe müssen vor allem das inhaltliche Ziel haben, den Zusammenhang zwischen der kapitalistischen Ausbeutung und der besonderen Unterdrückung der Frau aufzudecken. Damit müssen die Forderungen nach ökonomischer Gleichstellung im Interesse der arbeitenden (und nicht der bürgerlichen) Frau im Vordergrund stehen. Damit zusammenhängend müssen die Kämpfe dazu beitragen, die Arbeiterklasse nicht weiter zu spalten, sondern gegen die Bourgeoisie und ihre Ideologie zu vereinigen. Ziel muss sein, das Bewusstsein der proletarischen Frauen über ihre revolutionäre Macht zu stärken: Gerade wegen der teilweise noch verankerten gesellschaftlichen Rollenbilder der abhängigen, auf das Private beschränkten Frau, ist das eine besondere Herausforderung, die wir gezielt angehen müssen.
  2. Wie wir in unseren Betrachtungen zur Unterdrückung der proletarischen Frau im Kapitalismus gezeigt haben, hat sie ein materielles Interesse an der Überwindung des Privateigentums an Produktionsmitteln: Von ihr wird erwartet, in schlechter bezahlten Berufen zu arbeiten, einen Großteil der Arbeit im Bereich der Reproduktion im privaten Haushalt zu erledigen, sie ist struktureller Gewalt und Verachtung besonders schutzlos ausgesetzt. Aber auch kleine Selbstständige, kleine Ladenbesitzerinnen und (soweit in Deutschland noch vorhanden) kleine Bäuerinnen leiden unter diesen Problemen zumindest zum Teil. Auch ihre materielle Lage macht sie zu – wenn auch schwankenden – Verbündeten.
  3. Aus der Stoßrichtung und der Festlegung der Haupt- und Nebenreserven ergibt sich auch die Organisierung dieser Schichten: in gesellschaftlichen Bündnissen als Erweiterung der Einheitsfront von unten. Anstelle von Bündnissen der kommunistischen Partei mit anderen Organisationen muss die Organisierung der proletarischen Frauen und ihr Bündnis mit Frauen der anderen Gesellschaftsschichten, die objektiv im Widerspruch zum Kapital stehen, in den Mittelpunkt gestellt werden. Das Klassenbündnis „von unten“ müssen wir aufbauen, indem wir die verschiedenen Kämpfe für bessere Lebensbedingungen des Volkes entwickeln: Indem diese durch den Kontakt zwischen den kämpfenden einzelnen Menschen verwachsen und unter dasselbe strategische Ziel gestellt werden.

Verhältnis von Reform und Revolution

Von der Strategie leiten wir die Taktik ab. In der Umsetzung der strategischen Orientierung müssen natürlich auf taktischer Ebene nationale Besonderheiten berücksichtigt werden: Die Aufstellung der Kapitalisten und der Produktion, die Größe der Arbeiterklasse und anderer Klassen (zum Beispiel der Kleinbauern), Fragen der nationalen und Volkskultur sowie ethnischer und sprachlicher Minderheiten. Insgesamt müssen unsere taktischen Überlegungen die materiellen Ursachen der Unterdrückung im Fokus haben. Wir haben festgestellt, dass sich die Rollenverteilung der Geschlechter historisch auf der Grundlage der potentiellen Gebärfähigkeit der Frau entwickelt hat und sich diese Rollen über die Zeit hinweg auf der Ebene der Produktion und damit auch zunehmend ideologisch verfestigt und ausgestaltet haben. Die Frau wurde dabei auf das Private beschränkt, was wiederum ihre ökonomische Abhängigkeit verstärkte und dazu führte, dass sie im Vergleich zum Mann weniger als gesellschaftliche Kraft ernst genommen wurden. Wir stellten fest, dass eine Verringerung der ökonomischen Abhängigkeit der proletarischen Frauen und die Beteiligung am Berufsleben überhaupt erst die Voraussetzung sein kann, weitere Schritte in Richtung der Emanzipation der Frau zu machen. Das berichtet auch Kollontai am Beispiel der Lage der Bäuerinnen zu Beginn des Aufbaus der Sowjetunion:

„Vor der Oktoberrevolution gab es auf dem Lande so gut wie überhaupt keine Ehescheidung. Manchmal ließ der Mann zwar seine Frau im Stich; dass aber eine Bäuerin ihren Ehemann verließ, kam alle Jahrhunderte nur einmal vor und erregte in der Dorfgemeinschaft ein ungeheures Aufsehen. Seitdem aber die Ehescheidung durch das Dekret von 1917 wesentlich erleichtert wurde, ist es besonders bei der jüngeren Generation auf dem Lande gar nicht mehr so ungewöhnlich, dass sich ein Ehepaar scheiden lässt. Diese Tatsache zeigt deutlich, dass auch auf dem Lande das scheinbar unerschütterliche Fundament der Institution Familie ins Wanken geraten ist. Wenn heute eine Bäuerin ihren Mann verlässt, so löst sie durch diesen Schritt keine große Unruhe mehr in der Dorfgemeinschaft aus. Je mehr die Bäuerin innerhalb der kommunistischen Landwirtschaft selbständige Arbeit ausführt, als gewähltes Mitglied im örtlichen Sowjet mitarbeitet und sich an den gemeinsamen Arbeitseinsätzen beteiligt, desto einfacher wird es für sie auch sein, die traditionelle Vorstellung von der Minderwertigkeit der Frau zu überwinden.“243

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass während des Aufbaus der Sowjetunion die Lockerung des Scheidungsrechts sowie deren praktische Umsetzung nur durch die zunehmende Beteiligung der Frauen an Produktion und gesellschaftlicher Organisation möglich wurde. Kämpfe, die die Arbeitsbedingungen der proletarischen Frau betreffen, sollten deshalb im Mittelpunkt der Orientierungen stehen. Das ist auch wichtig mit Blick auf unser strategisches Ziel, in den Betrieben Arbeiterräte aufzubauen.244

Wie für alle taktischen Fragen gilt außerdem, dass unsere Orientierungen in Kämpfen der Frauen- und Geschlechterfragen keine Illusionen schüren, aber auch nicht zu kleine Forderungen verfolgen dürfen, die ohne größeren Widerstand umsetzbar sind. Denn sonst verfehlen wir unser strategisches Ziel, das Bewusstsein der revolutionären Schichten über ihre Klassenzugehörigkeit und über die Grenzen des Kapitalismus zu formen. Reformen, die das Leben der Arbeiterin verbessern, sind im Kapitalismus zwar möglich, aber sie haben keinen dauerhaften Charakter und können die grundlegenden Probleme nicht lösen.

Der Kampf um Reformen ist dennoch notwendig, weil die Arbeiterklasse und die anderen unterdrückten Teile des Volkes erst durch den Kampf zusammengeschlossen werden, erst dadurch die notwendigen Kampferfahrungen sammeln, die Solidarität der ganzen Klasse erfahren und beginnen, sich als Klasse, als kollektive, gemeinsame Kraft zu verstehen, die die Welt auch wirklich verändern kann. Wir dürfen hier weder wie rechte Opportunisten das strategische Ziel der Revolution zugunsten von taktischen Zielen wie Reformen aufgeben, noch linksopportunistisch die mühsame alltägliche Arbeit zur Organisierung der Arbeiterklasse im Kampf um bessere Lebensbedingungen zugunsten radikaler Sprüche aufgeben.

Die taktischen Orientierungen müssen deshalb an der aktuellen Situation hier in Deutschland und dem Bewusstsein der Arbeiterklasse und mit ihr verbündeter Schichten ansetzen, ohne dabei den Massen und ihren teilweise reaktionären Einstellungen oder der unter kleinbürgerlich-intellektuellen Schichten vorherrschenden vermeintlich fortschrittlichen Haltung hinterherzulaufen. Letztere ist im Grunde oberflächlich, übertrieben moralisch oder scheinheilig, ohne die Wurzeln des Problems anzugreifen und ist somit Teil der Integrationsstrategien des Kapitalismus.

Nicht zuletzt sollten die Kämpfe und Forderungen natürlich darauf abzielen, die Lage der proletarischen Frau zu verbessern, wie wir auch in unseren Programmatischen Thesen als Anspruch formulieren: „Wir bekämpfen auch heute schon die ökonomische Benachteiligung von Frauen und die aus ihr resultierenden Formen der Frauenfeindlichkeit.“245

Vorschläge für konkrete taktische Orientierungen

Taktische Orientierungen müssen wir vor allem von den Kriterien ableiten, die wir in diesem Kapitel bisher genannt haben. Wenn unser Ziel ist, das Bewusstsein der proletarischen Frau über sich selbst als revolutionäres Subjekt und den Klassenwiderspruch zu entwickeln, müssen wir dabei nicht nur über die richtigen Inhalte der Losungen sprechen, sondern auch darüber, wie wir den Kampf darum organisieren wollen. Kämpfe in Betrieb und Gewerkschaft müssen dabei im Mittelpunkt stehen, weil dort sichtbar wird, dass die Interessen der Belegschaft und des Kapitals sich direkt widersprechen. Natürlich wirkt auch hier die verschleiernde Ideologie der herrschenden Klasse in Form von Sozialpartnerschaft und Kompromisslertum, sowie vom Ideal einer Familie mit klarer Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern. Doch es ist eben unsere Aufgabe, dies zu bekämpfen. Wie wir im dritten Teil gezeigt haben, ist außerdem – gezwungenermaßen – heute auch ein Großteil der proletarischen Frauen zumindest in Teilzeit berufstätig und macht die deutliche Mehrheit in besonders schlecht bezahlten Berufen aus, sodass Kämpfe in diesen Bereichen direkt die Lebenssituation eines großen Teils der proletarischen Frauen verbessern.

Löhne und Arbeitsbedingungen

Das zentrale Kampffeld muss für uns deshalb die Frage von Lohn- und Arbeitsverhältnissen proletarischer Frauen sein. Der Kampf um „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ hat dabei nicht nur zum Ziel, die ökonomische Abhängigkeit von Frauen zu verringern. Gleiche Löhne für die gleichen Tätigkeiten sollen auch eine Spaltung der Arbeiterklasse vermeiden, wo Frauen ansonsten zur lohndrückenden Konkurrenz werden.246 Doch hier können wir natürlich nicht haltmachen, stattdessen muss es vor allem um höhere Löhne in den schlechter bezahlten Berufen gehen. Die größte Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern besteht nicht für gleiche Arbeit, sondern entsteht, weil Frauen durchschnittlich in schlechter bezahlten Berufen arbeiten, oft in Bereichen wie Pflege, Bildung und Erziehung.247 Wir müssen deshalb Betriebskämpfe sowohl in diesen Branchen als auch in typisch „männerdominierten“ Berufen nutzen, um dieses Problem bewusst zu machen und dabei auch über die Funktion von Bereichen der Pflege, Bildung und Erziehung im Kapitalismus aufzuklären. Mittelfristiges Ziel müssen solidarische Aktionen und betriebsübergreifende Streiks sein, um Lohnkämpfe in diesen schlechter bezahlten Berufen zu unterstützen. Ein möglicher Ansatz kann hier sein, uns mit Kollegen und Kolleginnen in Lohnkämpfen für soziale Komponenten einzusetzen: Statt prozentualer Erhöhungen gleiche Lohnerhöhungen für jeden, was vor allem den am geringsten bezahlten Stellen nützt. Auch die Forderung von höherer Eingruppierung von beispielsweise Teamassistenz-Stellen, Putzkräften oder Kantinenkräften ist eine mögliche Orientierung.

Über Lohnkämpfe hinaus spielt der Kampf für bessere Arbeitsverhältnisse eine zentrale Rolle: Da Frauen deutlich häufiger in Leiharbeit, befristeten Stellen, Outsourcing oder Minijobs arbeiten, ist es vor allem in ihrem Interesse, gegen prekäre Arbeitsverhältnisse zu kämpfen. Besonders Alleinerziehende, die ohne direkten Rückhalt eines zweiten Gehalts für ihre Kinder verantwortlich sind, sind hier einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt. Beschäftigte im Bereich der Leiharbeit verdienen im Schnitt ein Drittel weniger als ihre festangestellten Kollegen und Kolleginnen. So ist Zukunftsplanung nur sehr eingeschränkt möglich: Mehrere Kündigungen und Wiedereinstellungen hintereinander sind keine Seltenheit, rund die Hälfte aller Leiharbeitsverhältnisse dauern nur etwa drei Monate.248 Die richtige Orientierung wäre hier das Verbot von Leiharbeit, sowie einen Anspruch der Beschäftigten auf Festanstellung nach einer gewissen Zeit und letzten Endes natürlich der Abschaffung der Leiharbeit. Outsourcing betrifft in der Regel Beschäftigte in Bereichen der Kantinen oder Reinigung im Betrieb und hat oft die Beschäftigung in einem schlechteren Tarifvertrag oder nicht tarifgebundenen Verhältnis zur Folge, wirkt dadurch in den meisten Fällen lohndrückend.249 Für all diese prekären Beschäftigungsverhältnisse gilt, dass die Arbeiter und Arbeiterinnen oft schwieriger zu organisieren sind – aufgrund der sehr kurzen Dauer der Anstellung, wenig Kontakt mit der Stammbelegschaft und insbesonders große Angst vor und Abhängigkeit von der Kapitalseite .

Die bisherigen Ausführungen zeigen konkret, wie ein wichtiger Teil unserer Kämpfe für eine Verbesserung der Lage der proletarischen Frauen direkt übereinstimmt mit den Kämpfen für die gesamte Arbeiterklasse und dementsprechend auch von proletarischen Männern und Frauen gemeinsam geführt werden muss.

Familie und Haushalt

Die statistische Schlechterstellung von Frauen im Berufsleben, ihr berufliches Ausfallen durch Geburt und auch die Erwartung, zu Hause die Hausarbeit und Kindererziehung zu übernehmen, bestimmen die Rolle der Frau in der Familie. Hier müssen wir innerhalb der Arbeiterklasse den kulturellen Kampf für die geteilte Verantwortung der Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit führen. Das bedeutet auch die agitatorische Aufklärung über die Rückständigkeit der Hausfrauenrolle, den hohen Wert der Kindererziehung und die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeit im Haushalt. Die individuelle Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann im Haushalt darf bei diesem Thema allerdings nicht im Vordergrund stehen, denn das könnte auf eine Individualisierung und Spaltung der Geschlechter hinwirken. Zudem würde so die Belastung der proletarischen alleinerziehenden Frauen vernachlässigt werden. Stattdessen müssen wir, soweit es im Kapitalismus möglich ist, für eine Übernahme der Hausarbeit und des Bereiches der Reproduktion durch staatliche Institutionen kämpfen. Das bedeutet auch, dass diese Dienstleistungen möglichst günstig oder kostenlos sein müssen, da sich sonst nur die Lage der Frauen der Arbeiteraristokratie und kleinbürgerlichen Schichten verändert.

Damit wir nicht bei Appellen an die Regierung stehenbleiben, Illusionen über den Kapitalismus schüren und somit unsere Kampfkraft nicht verbessern, sollten diese Kämpfe in Streiks und Betriebskämpfe an Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten integriert werden. Auch hier sollten wir wieder versuchen, die Spaltung der Arbeiterklasse zu überwinden und beispielsweise bezüglich Kitas und Schulen betroffene Eltern und Streikende zusammenbringen, anstatt zuzulassen, dass sie gegeneinander ausgespielt werden. Zuletzt hat sich mit der Coronakrise wieder gezeigt, wer in Krisenzeiten die ersten Leidtragenden sind: Zu Zeiten von Kindergartenschließungen mussten proletarische Frauen, die sich keine private Betreuung leisten konnten, zu Hause bleiben. Doch auch heute ist das Bedürfnis an Betreuungsplätzen vor allem in Westdeutschland in einem solchen Ausmaß ungedeckt, dass nicht wenige Frauen allein schon deshalb nicht oder nur in geringerem Maße arbeiten gehen. In vielen Kommunen gibt es sogar Werbung für neues Personal, die allerdings aufgrund der belastenden, stressigen und schlecht bezahlten Arbeitsbedingungen keinen großen Erfolg hat. Hier fällt der Kampf um kostenlose, wirklich flächendeckende Kinderbetreuung im frühen Alter also wieder mit jenem um höhere Löhne für diese Branchen zusammen. Teil der Verlagerung von Hausarbeit in den gesellschaftlichen Bereich ist zudem der Kampf für kostenlose Kantinen an Schule, Hochschule und Arbeitsplatz.

Da gerade proletarische Frauen besonders häufig von Armut betroffen sind, sind außerdem bezahlbare Mieten und Lebenshaltungskosten generell – wie Heizkosten und Stromkosten – besonders in ihrem Interesse. Dies ist bei Betriebskämpfen zu thematisieren oder im nächsten Schritt als Thema von politischen Streiks. Weitere mögliche Formen sind Kämpfe im Stadtviertel und gemeinsam mit Gewerkschaften organisierte Kundgebungen.

Die Ehe als juristischer Rahmen einer familiären Einheit kann sich unterschiedlich auf die Stellung der Frau auswirken. Wir setzen uns gegen die Berechnung des Bürgergeldes über die Bedarfsgemeinschaft ein, da dies häufig Frauen in finanzieller Abhängigkeit von ihren Ehemännern und Partnern hält. Eine Trennung muss immer einseitig und ohne finanzielle Risiken möglich sein, über Unterhaltszahlungen und staatliche Zuschüsse muss die finanzielle Eigenständigkeit der finanziell schlechtergestellten Person – bei heterosexuellen Paaren in der Regel die Frau – abgesichert werden.

Gesundheit und Sexualität

Auch hier gilt im Gegensatz zu bürgerlichen Bewegungen, dass Teil des Kampfes die Aufklärung über Grenzen und Charakter dieser Einrichtungen und des kapitalistischen Systems insgesamt sein muss und wie schnell erkämpfte Fortschritte in Krisenzeiten wieder rückgängig gemacht werden können.

Grundlegend ist die Einführung einer tatsächlich vollumfänglichen kostenlosen Gesundheitsversorgung, die mit ausreichenden Ressourcen und guten Arbeitsbedingungen ausgestattet ist, um eine gleichwertige medizinische Versorgung für alle Frauen zu gewährleisten. Der Mutterschutz sowie der Schutz des kleinen Kindes sollten weiter ausgebaut werden, indem dieser auf alle Arbeitsverhältnisse angewendet wird – auch für Arbeitslose – und ein sofortiges Arbeitsverbot für Schwangere bei gefährlicher oder schwerer Arbeit eingeführt wird.

Innerhalb der Arbeiterklasse, auch als Teil unserer betrieblichen Kämpfe, müssen wir das Thema sexueller Gewalt angehen, insbesondere durch männliche Kollegen und Vorgesetzte. Auf juristischer Ebene müssen Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe klar geahndet werden, wobei der Fokus auf der Unterstützung der betroffenen Frauen liegt. Sexuelle Gewalt durch Vorgesetzte sollte als besonders schwerer Fall gewertet werden. Für Frauen, die in ihrer Beziehung von Gewalt betroffen sind, müssen Frauenhäuser sowie schneller Zugriff auf alternative Wohnungen bereitgestellt werden, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.

Darüber hinaus ist ein Verbot des Sexkaufs notwendig, wobei der Fokus auf den Zuhältern liegt. Dies muss begleitet werden von wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen, die darauf abzielen, die ökonomischen Ursachen von Prostitution zu beseitigen und Ausstiegsprogramme zu fördern. Dazu gehören etwa die Schaffung von Ausbildungsmöglichkeiten, das Abschaffen von Studiengebühren sowie Integrations- und Nachbetreuungsmaßnahmen für Prostituierte, insbesondere für Migrantinnen.250 Teil davon ist das Verbot der Produktion, Bewerbung und des Vertriebs von Pornografie, da dies die objektivierende Darstellung von Frauen fördert. Innerhalb der kapitalistischen Zwänge sollte zudem der Zugang zu sicheren und kostenlosen Schwangerschaftsabbrüchen sowie zu Vasektomien und Tubenligaturen sichergestellt werden. Es sollte auch eine unkomplizierte ärztliche und psychologische Beratung zu diesen Themen geben.

Ein Teil dieses Kampfes ist, durch gezielte Bildungsarbeit über Prostitution und die Lebensumstände von Prostituierten aufzuklären, um den Abbau ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung zu fördern. Ein wichtiger Bestandteil der Bildungsarbeit ist außerdem die Aufklärung über verschiedene Formen sexueller Orientierung sowie die aktive Bekämpfung von Diskriminierung. Sexualität allgemein sollte offen und sachlich in der Schule thematisiert werden, um überholte Vorstellungen wie die Fixierung auf Keuschheit oder Jungfräulichkeit der Frau abzubauen. Vielerorts wird dies mittlerweile auch schon so umgesetzt. Gleichzeitig ist es essenziell, der Normalisierung von an Pornografie orientiertem Sexualverhalten, insbesondere bei jungen Menschen, entgegenzuwirken. Ziel ist es, ein gesundes und respektvolles Verständnis von Sexualität zu fördern.

Ferner muss die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln und Menstruationsprodukten sichergestellt werden, um die wirtschaftliche Belastung von Frauen zu verringern. Schließlich ist es wichtig, die Forschung und Verbreitung von Verhütungsmitteln voranzutreiben, die temporär den Mann unfruchtbar machen, um die Verantwortung für Verhütung gleichmäßig zwischen den Geschlechtern zu verteilen. Schwangerschaftsabbrüche müssen vollständig legalisiert und ihre Finanzierung durch die Kassen gedeckt werden. Ärzten, die einen Abbruch verweigern, gehört die Lizenz entzogen.

Unser Verhältnis zu den Herausforderungen und Kämpfen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transpersonen

Wir bekämpfen reaktionäre Auffassungen über die Rolle der Frau als Hausfrau, die Ablehnung von Abtreibung und von sexueller Aufklärung in der Schule. Wir wenden uns aber auch gegen Vorstellungen über Geschlecht als Spektrum, wie wir im ersten Teil ausgeführt haben. Der Begriff des biologischen Geschlechts ist wichtig, um die materielle Grundlage – der Unterdrückung der proletarischen Frau zu verstehen. Dies und der Kampf dagegen ist nicht möglich, wenn die Kategorie „Frau“ nicht mehr anerkannt und beispielsweise durch „FLINTA“251 ersetzt wird. Dazu gehört auch beispielsweise, den Frauenkampftag den Kämpfen der proletarischen Frau weltweit zu widmen und diesen nicht auf eine Stufe mit dem gegen unterschiedliche Formen der Diskriminierung zu stellen.

Unser Schwerpunkt liegt auf dem Kampf mit und für die proletarische Frau, da dieser Kampf mit unserem Kampf für den Sozialismus übereinstimmt. Die Diskriminierung von Transpersonen, Homo- und Bisexuellen ist letztlich auch eine Folge der Geschlechterrollen und der Unterdrückung der Frau und kann auch nur in diesem Zusammenhang überwunden werden. Deswegen spielt sie im Vergleich zur Unterdrückung der proletarischen Frau in der Reproduktion für die Aufrechterhaltung des Kapitalismus eine untergeordnete Rolle. Wir kämpfen gegen Benachteiligung, Diskriminierung und Gewalt, die sich gegen homosexuelle, bisexuelle, Trans- und intergeschlechtliche Personen richten – sowohl in unseren eigenen Reihen als auch als Teil unserer Kämpfe im Betrieb unter den Massen. Nicht nur, weil diese Diskriminierung und Gewalt unseren Klassengeschwistern das Leben schwermachen, sondern auch weil sie die Klasse spalten und damit uns alle schwächen.

Unsere bisher dargelegte strategische und taktische Orientierung gilt auch für den proletarischen Teil der Homosexuellen, Bisexuellen und Transpersonen, wie zum Beispiel kostenlose und gut organisierte Gesundheitssysteme. Darüber hinaus ist hier beispielsweise der leichte Zugang zu medizinischer und psychologischer Unterstützung bei Transgeschlechtlichkeit zu nennen oder auch, dass homosexuelle Paare die gleiche gesellschaftliche Verantwortung übernehmen können und sollen wie heterosexuelle Paare und damit auch als Paare gleichbehandelt werden. Daraus folgt das Recht auf Eheschließung und Adoption. Wir wenden uns gegen eine Auffassung eines „Rechts auf Kinder“ und halten es für richtig, das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt dieser Diskussionen zu stellen. Es wird immer Institutionen brauchen, die potentielle Gefährdungen des Kindeswohls erkennen und notfalls Kinder zeitweise oder endgültig von ihren Eltern trennen. Fruchtbare heterosexuelle Paare können jedoch Kinder ohne gesellschaftliche Überprüfung zeugen, homosexuelle Paare können dies nicht.

Leihmutterschaft und ähnlichen Einrichtungen, die Schwangerschaft und Geburt zu käuflichen Waren machen, müssen wir uns entgegenstellen. Sie widersprechen dem Interesse der proletarischen Frauen, die durch ökonomische Zwänge in die Leihmutterschaft gedrängt werden. Wir gehen davon aus, dass es positiv für die Entwicklung von Kindern ist, sowohl männliche als auch weibliche enge Bezugspersonen zu haben. Darin sehen wir aber keine ausreichende Begründung, um homosexuelle Paare von der Aufgabe der Kindererziehung auszuschließen. Es wird noch sehr lange ökonomische, finanzielle oder andere persönliche Gründe geben, aus denen sich Mütter dazu entscheiden, ihre Kinder zur Adoption freizugeben. Diese Kinder benötigen ein stabiles Umfeld und enge Vertrauenspersonen. Es gibt keine ausreichende Begründung für die Annahme, dass homosexuelle Paare diese Aufgabe schlechter erledigen könnten als heterosexuelle Paare, deren Vorstellungen eben auch von den Geschlechterrollen unserer kapitalistischen Gesellschaft geprägt sind. Historisch war die Kindererziehung durch Mann und Frau (vor allem vor Einsetzen der Pubertät) nicht immer gegeben, häufig übernahmen allein Frauen oder Gruppen von Frauen die Erziehung der Kinder. Wir sollten deshalb nicht davon ausgehen, dass Kinder ausschließlich in der Konstellation Vater-Mutter-Kind aufwachsen können und müssen uns für rechtliche Rahmenbedingungen für andere Familienkonstellationen einsetzen.

Wofür kämpfen wir? – Frauen und Geschlecht im Sozialismus

„Keine Befreiung der Frau ohne Sozialismus – kein Sozialismus ohne Befreiung der Frau“ – oder wie Zetkin es formuliert hat: „Ohne revolutionären Klassenkampf des Proletariats keine wirkliche volle Frauenemanzipation, ohne Beteiligung der Frauen daran keine Zerschmetterung des Kapitalismus, keine sozialistische Neuschöpfung.“252 Seit Beginn der proletarischen Frauenbewegung wurde diese Parole immer wieder hochgehalten, doch wie können wir sie verstehen? Bei der zweiten Hälfte der Parole müssen wir etwas genauer hinsehen. Auch wenn der Sozialismus die ökonomische und politische Grundlage für die Befreiung aller schafft, ist die Befreiung der Frau auch dann noch kein Automatismus. Die neue Gesellschaft ist geprägt von den kulturellen und moralischen Vorstellungen der alten Gesellschaft. Die Unterdrückung der Frau hat sich über Jahrtausende entwickelt und Vorstellungen darüber, was Frauen „an sich“ schlechter oder besser als Männer können, sterben nicht von selbst aus – auch nicht, wenn die Produktionsmittel in den Händen der Werktätigen liegen. Doch im Sozialismus hat tatsächlich die herrschende proletarische Klasse ein Interesse daran, die Frauen zu befreien (anders als im Kapitalismus, wo die Unterdrückung der Frau der herrschenden Klasse nutzt), damit sie den bestmöglichen Beitrag zur Gesellschaft leisten können.

Der Kampf gegen reaktionäre Vorstellungen von Geschlechterrollen wird also im Sozialismus noch geführt werden müssen, wie wir auch in unseren Programmatischen Thesen formulieren: „Der Sozialismus als eine Gesellschaft, die nicht auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln basiert, ist [lediglich] die Voraussetzung für die Befreiung der Frau. Die aus den vorherigen Gesellschaftsformationen mitgebrachten Einstellungen, Ideologien und Gewohnheiten können auf dieser Grundlage zurückgedrängt werden, wobei dies auch ein bewusster und aktiver Kampf sein muss.“253 Der erste Schritt wird darin bestehen, die ökonomische, politische und juristische Gleichstellung vollkommen durchzusetzen.

„Keine Befreiung der Frau ohne Sozialismus“ – was bedeutet das?Manchen scheint es so, dass heute in einigen Teilen der Welt die vollständige Emanzipation der Frau noch im Kapitalismus zu erreichen sei: Zumindest der gesellschaftliche Anspruch an Geschlechterrollen verändert sich. Konkrete Auswirkungen zeigen sich beispielsweise daran, dass der Anteil an Männern, die Vaterschaftsurlaub in Anspruch nehmen, deutlich gestiegen ist254 und Männer tendenziell in den letzten Jahrzehnten etwas mehr Hausarbeit übernehmen.255 Diese Entwicklungen sind zunächst einzuordnen in das Gesamtbild der Ungleichheit zwischen beiden Geschlechtern, wie im dritten Teil dargestellt. Vor allem ist aber entscheidend, dass im Kapitalismus keine Befreiung der Frauen der Arbeiterklasse (oder auch in manchen Ländern der armen Bauernschichten) möglich ist. Stattdessen gibt es – neben hart erkämpften Errungenschaften – nur vorübergehende Maßnahmen, die die herrschende Klasse für die Verschleierung der Verhältnisse und zur Integration revolutionärer Maßnahmen erlässt.

In jedem Fall sind solche Reformen nur temporäre Verbesserungen, die wir als Kommunisten und Kommunistinnen verteidigen und ausdehnen müssen. Diese Errungenschaften sind aber nicht für immer gesichert. Der Kapitalismus ist grundsätzlich krisenhaft, was immer wieder Situationen von Überproduktion, Krieg, staatlichen Kürzungen, Privatisierungen und Einschnitten in die öffentliche Versorgung bedeuten muss. Dauerhaft werden wir also nicht erreichen können, dass Kindergartenplätze für alle kostenlos zur Verfügung stehen, die Hausarbeit weitgehend in die Gesellschaft ausgelagert wird und Löhne im Bereich von Pflege und Erziehung gut zum Leben ausreichen. All diese Errungenschaften, selbst wenn sie teilweise erkämpft werden könnten, wären nicht mit der Befreiung der Frau gleichzusetzen. Wie im vierten Teil ausführlich dargelegt, bedeutet die Befreiung der Frau auch die Freiheit von Ausbeutung.

Grundsätzlich sind die Geschlechterrollen für das Kapital äußerst nützlich als Spaltungsmechanismus, um so die Kosten für die Reproduktion der Arbeitskraft möglichst gering zu halten und die Kampfkraft und Einheit der Arbeiterklasse zu schwächen. Vor allem aber wird die Rolle der Frau in der biologischen Reproduktion, also ihre Möglichkeit schwanger zu werden, als historische Wurzel der Unterdrückung und heutige Einschränkung am kapitalistischen Arbeitsmarkt erst in einer Gesellschaft der geplanten Produktion auf der Grundlage von gesellschaftlichem Eigentum an Produktionsmitteln keine Verwundbarkeit der Frauen mehr sein. Denn dann wird die Gesellschaft nicht mehr von geschaffenem Mehrwert bestimmt. Stattdessen entscheidet die proletarische Klasse (beziehungsweise später im Kommunismus die gesamte Gesellschaft) bewusst über die gesamte Mehrarbeit, die das Mehrprodukt schafft. Damit spielen individuelle Voraussetzungen wie die Gebährfähigkeit eine kleinere Rolle beziehungsweise im Kommunismus keine Rolle mehr. Im Anfangsstadium des Sozialismus werden Produkte zwar noch nach dem Prinzip „jeder und jede nach den Leistungen“ verteilt, aber dabei können Reproduktionsarbeit – inklusive Schwangerschaft und Geburt – als wichtige gesellschaftliche Aufgaben anerkannt werden und damit auch als Leistung gelten. Wesentliche Teile der Arbeit im Bereich der Reproduktion sollen aber – wie auch schon historisch umgesetzt – gesellschaftlich organisiert werden. Damit werden alle, die nicht in der Produktion arbeiten können, mitgetragen durch das gesellschaftliche Mehrprodukt. Das betrifft beispielsweise Kinder, Studenten und Studentinnen, Auszubildende, Rentner, Menschen mit Behinderung, Kranke, aber eben auch Frauen während des Arbeitsverbots und im Mutterschutz.

Da außerdem für jeden und jede die Berufstätigkeit das Ziel ist (soweit gesundheitlich möglich), wird auch in dieser Hinsicht die materielle Basis für die Befreiung der Frau geschaffen. So formuliert auch Lenin:

„Die Frau bleibt nach wie vor Haussklavin, trotz aller Befreiungsgesetze, denn sie wird erdrückt, erstickt, abgestumpft, erniedrigt von der Kleinarbeit der Hauswirtschaft, die sie an die Küche und an das Kinderzimmer fesselt und sie ihre Schaffenskraft durch eine geradezu barbarisch unproduktive, kleinliche, entnervende, abstumpfende, niederdrückende Arbeit vergeuden läßt. Die wahre Befreiung der Frau, der wahre Kommunismus wird erst dort und dann beginnen, wo und wann der Massenkampf (unter Führung des am Staatsruder stehenden Proletariats) gegen diese Kleinarbeit der Hauswirtschaft oder, richtiger, ihre massenhafte Umgestaltung zur sozialistischen Großwirtschaft beginnt.“256

Dies war auch laut Engels die „erste Vorbedingung“ zur Befreiung der Frau, neben der „Beseitigung der Eigenschaft der Einzelfamilie als wirtschaftlicher Einheit der Gesellschaft“.257 Das bedeutet nicht, die Familie im Sinne des Zusammenhangs von Eltern (hetero- oder homosexuell) und ihren Kindern im Sozialismus aufzulösen. Stattdessen sollten Kleinfamilien für die Produktion nicht mehr die Rolle als grundlegende Einheit spielen. Die „klassische“ Familie soll nicht mehr wie bisher durch ökonomische Zwänge zusammengehalten werden, sondern wie auch alle anderen Formen von familiären oder partnerschaftlichen Zusammenschlüssen auf gegenseitiger Zuneigung beruhen. Engels dazu:

„Die Privathaushaltung verwandelt sich in eine gesellschaftliche Industrie. Die Pflege und Erziehung der Kinder wird öffentliche Angelegenheit; die Gesellschaft sorgt für alle Kinder gleichmäßig, seien sie eheliche oder uneheliche. […] Die volle Freiheit der Eheschließung kann also erst dann allgemein durchgeführt werden, wenn die Beseitigung der kapitalistischen Produktion und der durch sie geschaffnen Eigentumsverhältnisse alle die ökonomischen Nebenrücksichten entfernt hat, die jetzt noch einen so mächtigen Einfluß auf die Gattenwahl ausüben. Dann bleibt eben kein andres Motiv mehr als die gegenseitige Zuneigung. […] Was aber von der Monogamie ganz entschieden wegfallen wird, das sind alle die Charaktere, die ihr durch ihr Entstehn aus den Eigentumsverhältnissen aufgedrückt wurden, und diese sind erstens die Vorherrschaft des Mannes und zweitens die Unlösbarkeit.“258

Dies wird auch Folgen für die heutige Darstellung von Prostitution als gesellschaftlich „normales“ Arbeitsfeld haben, der „Kauf“ einer Frau wird inakzeptabel werden:

„Was wir also heutzutage vermuten können über die Ordnung der Geschlechtsverhältnisse nach der bevorstehenden Wegfegung der kapitalistischen Produktion ist vorwiegend negativer Art, beschränkt sich meist auf das, was wegfällt. Was aber wird hinzukommen? Das wird sich entscheiden, wenn ein neues Geschlecht herangewachsen sein wird: ein Geschlecht von Männern, die nie in ihrem Leben in den Fall gekommen sind, für Geld oder andre soziale Machtmittel die Preisgebung einer Frau zu erkaufen, und von Frauen, die nie in den Fall gekommen sind, weder aus irgendwelchen andern Rücksichten als wirklicher Liebe sich einem Mann hinzugeben, noch dem Geliebten die Hingabe zu verweigern aus Furcht vor den ökonomischen Folgen. Wenn diese Leute da sind, werden sie sich den Teufel darum scheren, was man heute glaubt, daß sie tun sollen; sie werden sich ihre eigne Praxis und ihre danach abgemeßne öffentliche Meinung über die Praxis jedes einzelnen selbst machen – Punktum.“259

Insgesamt bedeutet die Befreiung der Frau in einer sozialistischen Gesellschaft also ein kostenloses und gutes Gesundheits- und Bildungssystem, das vom Staat im Interesse der proletarischen Klasse organisiert wird. Wohnraum soll gerecht verteilt werden, damit alle Menschen ihren Bedürfnissen entsprechend genügend Platz haben. Um alle Kräfte zu nutzen und eine Grundlage für die Gleichstellung zu schaffen, gibt es eine Arbeitspflicht für alle, die arbeiten können. Wer arbeitslos ist, kann eine Ausbildung oder Weiterbildung bekommen. Gleichzeitig soll die Arbeitszeit und das Rentenalter schrittweise verkürzt werden, damit die Menschen mehr Freizeit haben.

Frauen und Männer werden gleich bezahlt, und es soll kostenlose, ganztägige Betreuungsmöglichkeiten für alle Kinder, ältere Menschen und Pflegebedürftige geben. Dadurch werden Frauen von der vielen Arbeit im Haushalt entlastet. Außerdem sollen Kantinen in Schulen und Betrieben dazu beitragen, dass im eigenen Haushalt seltener gekocht werden muss. Ehepaare sollen keine besonderen finanziellen Vorteile mehr haben und schwangere Frauen sowie Kleinkinder sollen besonders geschützt werden. Gleichzeitig werden Kampagnen durchgeführt, um die bisherigen Denkweisen zu Geschlechterrollen zu überwinden.

Alle Menschen bekommen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln und die Forschung an Verhütungsmethoden für Männer soll vorangetrieben werden. Jeder Mensch soll über Beginn oder Beendigung einer Schwangerschaft selbst bestimmen können. Deshalb werden Schwangerschaftsabbrüche, Vasektomien und Sterilisationen kostenlos und sicher angeboten. Gewalt gegen Frauen und Kinder wird entschieden bekämpft. Es soll genug Frauenhäuser geben, damit betroffene Frauen schnell einen sicheren Ort finden können. Auch Beratungs- und Therapieangebote sollen kostenlos zur Verfügung stehen. Prostitution soll verboten werden, ohne die betroffenen Frauen zu bestrafen. Ziel ist es, Gewalt und Ausbeutung zu stoppen. Für eine solche Gesellschaft, in der alle heute Unterdrückten ihr Schicksal selbst in der Hand haben und ihr Leben kollektiv organisieren, wollen wir kämpfen.

Abschließende Gedanken

Die Unterdrückung der Frau ist kein zufälliges oder isoliertes Problem, sondern tief in die kapitalistische Gesellschaft eingebettet. Sie manifestiert sich in wirtschaftlicher Abhängigkeit, in diskriminierenden Strukturen und in kulturellen Vorstellungen, die Frauen auf bestimmte Rollen reduzieren. Diese Unterdrückung kann nicht durch Reformen innerhalb des Kapitalismus überwunden werden, sondern erfordert eine revolutionäre Veränderung der gesamten Gesellschaft.

Eine Strategie zur Befreiung der Frau muss daher die grundlegenden ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Frage stellen. Eine bloße Integration von Frauen in das bestehende System ist ein erster Schritt Richtung Emanzipation, reicht aber nicht aus, da die Grundlage ihrer verschärften Unterdrückung weiterhin besteht. Vielmehr braucht es eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung, in der Hausarbeit wie alle anderen notwendigen Arbeiten kollektiv organisiert wird, die über biologische Notwendigkeiten hinausgehenden geschlechtsspezifische Arbeitsteilung aufgelöst und eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sichergestellt wird.

Die Überwindung der Unterdrückung der Frau – ein Hemmschuh für die Arbeiterbewegung und eine Waffe in der Hand der Reaktion – muss von allen Kommunisten als zentrales Ziel begriffen werden. Gemeinsam als Klasse kämpfen wir gegen die Bevorzugung von Teilen der Klasse auf Kosten eines anderen Teils. Die Unterdrückung der Frau beinhaltet materielle und ideologische Aspekte, die wir verstehen und bekämpfen müssen. Bei unserem Kampf müssen wir uns auf die werktätigen Frauen konzentrieren, die die Mehrheit der Frauen ausmachen und gleichzeitig von der Unterdrückung entscheidend betroffen sind. Unsere Losungen und Forderungen müssen sich an ihren Interessen als Teilaspekt der allgemeinen Klasseninteressen des Proletariats und der Volksschichten orientieren. Der Kampf gegen diese Unterdrückung muss von Männern und Frauen gemeinsam geführt werden und führt uns direkt in den Konflikt mit starren Vorstellungen von Geschlechterrollen, die wir propagandistisch, aber auch in der Entwicklung unserer Genossinnen und Genossen bekämpfen müssen.

Der Kapitalismus wird die Befreiung der Frau niemals ermöglichen, denn das Privateigentum an den Produktionsmitteln und die Produktion mit dem Zweck der Profitmaximierung führen notwendigerweise zu ihrer Unterdrückung. Der Kampf um die Gleichstellung der Frau ist daher untrennbar mit dem Kampf für eine klassenlose Gesellschaft verbunden. Jetzt ist die Zeit zu handeln! Organisiert euch, schließt euch den Gewerkschaften an und werdet aktiv in der Kommunistischen Partei. Der Weg zur Befreiung ist kein einfacher, aber er ist notwendig. Unsere Zukunft liegt nicht in den Händen der Herrschenden, sondern in unseren eigenen!

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1 Hughes & Deeb (2006); Witchel (2018).

2 Z. B. van Eijk et al. (2021).

3 Beauvoir (1999), S. 28.

4 Die materiellen Bedingungen, unter denen sich die Geschlechterrollen herausgebildet und verändert haben, führen wir im zweiten Teil aus. Dort wird auch das konkrete Verhältnis von biologischem Geschlecht und Geschlechterrollen dargestellt.

5 Vgl. Scheu (1981).

6 Meuser (2010).

7 Impett & Peplau (2002). Siehe auch den dritten Teil zu Pornografie.

8 Für eine knappe Einschätzung des Queerfeminismus siehe den vierten Teil.

9 Einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge werden zwischen 0,05 und 1,7 Prozent der Weltbevölkerung mit intergeschlechtlichen Merkmalen geboren (UN, 2024a). Es gibt keine zuverlässigen Zahlen oder Statistiken zu der Anzahl der Betroffenen in Deutschland.

10 Allerdings führt die Trisomie nicht notwendigerweise zur Intergeschlechtlichkeit. Entscheidend für die Geschlechtsbestimmung in Bezug auf die Chromosomen ist eher die An- oder Abwesenheit des Y-Chromosoms und nicht die Anzahl der Chromosomen insgesamt (s. Stock, 2021, S. 47).

11 Ainsworth (2015). Hier ist anzumerken, dass der Artikel häufig zitiert wird, um einen angeblichen Konsens unter Biologen für die Kritik an Binarität anzuführen, obwohl er das nicht aussagt.

12 Griffiths (2020).

13 WHO (2022).

14 Leinung (2020).

15 GenderGP (2021).

16 Kurze Einordnung durch Lenin: „Der historische Materialismus von Marx war eine gewaltige Errungenschaft des wissenschaftlichen Denkens. Das Chaos und die Willkür, die bis dahin in den Anschauungen über Geschichte und Politik geherrscht hatten, wurden von einer erstaunlich einheitlichen und harmonischen wissenschaftlichen Theorie abgelöst, die zeigt, wie sich aus einer Form des gesellschaftlichen Lebens, als Folge des Wachsens der Produktivkräfte, eine andere, höhere Form entwickelt – wie zum Beispiel aus dem Feudalismus der Kapitalismus hervorgeht. Genauso wie die Erkenntnis des Menschen die von ihm unabhängig existierende Natur, d.h. die sich entwickelnde Materie widerspiegelt, so spiegelt die gesellschaftliche Erkenntnis des Menschen (d.h. die verschiedenen philosophischen, religiösen, politischen usw. Anschauungen und Lehren) die ökonomische Struktur der Gesellschaft wider. Die politischen Einrichtungen sind ein Überbau auf der ökonomischen Basis.“ Lenin (1913).

17 Marx (1867), S. 18, zitiert nach KO (2022). Siehe dort eine Einordnung zur wissenschaftlichen Methode.

18 Marx (1867), S. 514.

19 Marx & Engels (1846).

20 Zetkin (1889a).

21 Urkommunismus, auch „Urgesellschaft“, bezeichnet im historischen Materialismus eine frühe menschliche Form der sozialen Organisation, bei der gemeinschaftlicher Besitz an lebensnotwendigen Ressourcen und Gütern vorherrschte.

22 Engels (1884), S. 68.

23 Siehe z.B. Holborow (2024).

24 Dies ist in der konkreten Forschung nicht unbedingt intentional, sondern entspricht meistens dem Stand der Technik. Insbesondere in der geistes- und sozialwissenschaftlichen Wissensproduktion ist der Einfluss der Ideologie relevant.

25 Hollasky (2021), S. 59; Gill-Frerking (2014), S. 70.

26 Draper (2019).

27 Kollontai (1921), 1. Vorlesung: Die Stellung der Frau im Urkommunismus.

28 Gemeint ist die Entwicklung der Gattung Homo, die sich durch eine Reihe von Merkmale von allen früheren Hominiden unterscheidet (größeres Gehirn, kleinere Zähne, längere Kindheit usw.). Bojs, (2022), S. 30.

29 Das Mehrprodukt ist der Überschuss, der über den Bedarf hinaus produziert wird.

30 Schaik et al (2020), S. 185.

31 Engels (1884), S. 164. Mit „kommunistischem Gemeinwesen“ ist bei Engels die frühere Organisationsform mit gemeinschaftlichem Besitz gemeint. Unter Zivilisation wird andererseits die Entwicklungsstufe der Gesellschaft verstanden, „auf der die Teilung der Arbeit, der aus ihr entspringende Austausch zwischen einzelnen und die beides zusammenfassende Warenproduktion zur vollen Entfaltung kommen und die ganze frühere Gesellschaft umwälzen.“ Engels (1884), S. 168.

32 Siehe z.B. Thomas (2012), S. 34; Diamond (1997), S. 47; McGregor (2021); Bojs (2022); Cummings et al. (2014), S. 590.

33 Lee (1988), S.119.

34 Engels (1884), S.53.

35 Bentley (2022), S. 138 ff.; Knight (2009), S. 66 ff.; Kraemer (1991).

36 Engels (1884), S. 37.

37 Bloodworth (2018), eigene Übersetzung.

38 Brown (1970), Friedl zitiert nach Harman (1994); Kollontai (1921), 1. Vorlesung: Die Stellung der Frau im Urkommunismus.

39 Venkataraman (2021), Anderson et al (2023).

40 Entspricht bei Engels dem Ende der Mittelstufe der Barbarei.

41 „Im Laufe der langen Zeit, über die Archäologen die Geschichte der Werkzeuge verfolgen können, haben die Menschen nicht nur ihre Werkzeuge verändert, sondern auch die gesamte Art und Weise, wie sie ihren Lebensunterhalt bestritten (ihre Wirtschaft), und folglich auch die Art und Weise, wie die Gesellschaft für die Zusammenarbeit organisiert war.“ (eigene Übersetzung); Childe (1936), S. 40.

42 Schaik (2020), S. 182; Childe (1956), S. 59.

43 Diamond (1997), S. 42.

44 Dazu Kollontai: „Die ersten Ansätze produktiver Arbeit und wirtschaftlicher Haushaltung waren das Resultat eines langwierigen Prozesses, unter dem die Menschheit eifrig nach der besten Art und Weise ihrer Existenzsicherung gesucht hatte. […] Aus klimatischen und geographischen Gründen, je nach dem ob er nun in waldiges Gebiet oder Steppe geriet, wurde der eine Stamm sesshaft, während der andere zur Viehzucht überging. Dies ist das nächste Stadium der ökonomischen Entwicklung, das dem ursprünglichen Jagd- und Sammler-Kollektiv folgt. Gleichzeitig mit dieser neuen Form der Haushaltung entstehen neue Formen sozialer Gemeinschaft.“ Kollontai (1921), 1. Vorlesung: Die Stellung der Frau im Urkommunismus.

45 Wie beispielsweise in Mohenjo Daro im Gebiet des heutigen Indiens, bei den Bandkeramikern in Mitteleuropa oder im Gebiet des heutigen Schottlands. Hollasky (2021), S. 108, 122, 133.

46 Krause (2021) S. 185-201; Diamond (1997), S.40.

47 Engels (1884), S. 168.

48 Statistisches Bundesamt (2025a).

49 Diamond (1997), S. 43; Harman (1994), S. 200; Smith (1997).

50 Hollasky (2021), S. 86.

51 Engels (1884), S. 58.

52 Engels (1884), S. 157.

53 Engels (1884), S. 158 ff.

54 Engels (1884), S. 157 ff.

55 Kollontai (1921), 2. Vorlesung: Die Rolle der Frau im ökonomischen System der Sklaverei.

56 Bloodworth (2018).

57 Gemeint ist die Herausbildung einer Familienform, in der Frauen untergeordnet sind.

58 Dies bezeichnet die Vererbung und Übertragung von Besitz sowie des Familiennamens ausschließlich über die männliche Linie von Vätern.

59 Engels (1884), S. 59.

60 Kollontai (1921), 2. Vorlesung: Die Rolle der Frau im ökonomischen System der Sklaverei.

61 Engels (1884), S.106.

62 Kollontai (1921), 2. Vorlesung: Die Rolle der Frau im ökonomischen System der Sklaverei.

63 Kollontai (1921), 2. Vorlesung: Die Rolle der Frau im ökonomischen System der Sklaverei.

64 Kollontai (1921), 2. Vorlesung: Die Rolle der Frau im ökonomischen System der Sklaverei.

65 Wortstamm des Begriffs vom römischen Begriff „Famulus“ für „Haussklave“. Engels (1884), S. 62.

66 Engels (1884), S. 67.

67 „Die der Zivilisation entsprechende und mit ihr definitiv zur Herrschaft kommende Familienform ist die Monogamie, die Herrschaft des Mannes über die Frau, und die Einzelfamilie als wirtschaftliche Einheit der Gesellschaft.“ Engels (1884), S. 170.

68 Engels (1884) S. 76.

69 Kollontai (1921), 3. Vorlesung: Die Stellung der Frau im geschlossenen Naturhaushalt. Der Begriff „Proletariat“ ist hier als revolutionäre Klasse zu verstehen. Genau gesehen sind Sklaven und später Bauern die unterdrückten Klassen ihrer Zeit, die nicht mit der im Kapitalismus revolutionären Klasse des Proletariats zu verwechseln sind.

70 Kollontai (1921), 4. Vorlesung: Frauenarbeit in der Dorfgemeinschaft und in der handwerklichen Produktion.

71 Kollontai (1921), 3. Vorlesung: Die Stellung der Frau im geschlossenen Naturhaushalt.

72 Kollontai (1921), 4. Vorlesung: Frauenarbeit in der Dorfgemeinschaft und in der handwerklichen Produktion.

73 Ebd.

74 „Es besteht ein äußerst enger und organischer Zusammenhang zwischen den Einsätzen der Frau in der Produktion und ihrer Stellung in der Gesellschaft.“ Kollontai (1921), 1. Vorlesung: Die Stellung der Frau im Urkommunismus.

75 Marx (1867), S. 358.

76 Marx (1867), S. 485. In Deutschland waren 1875 laut dem deutschen Frauenarchiv 20 Prozent aller Industriearbeiter Frauen, s.a. Wenzel (2022).

77 „Die niedrigste und die einzig notwendige Taxe für den Arbeitslohn ist die Subsistenz des Arbeiters während der Arbeit und so viel mehr, daß er eine Familie ernähren kann und die Arbeiterrace nicht ausstirbt.“ Marx (1844), S. 471.

78 S.a. Kollontai (1921), 6 Vorlesung: Die Frauenarbeit in der Entwicklungsperiode der kapitalistischen Großindustrie.

79 Zetkin (1906a), S. 113.

80 „Durch die Entstehung der Großproduktion schrumpft die Bedeutung der Familienökonomie. Eine Funktion nach der anderen fällt weg. Wichtige Aufgaben des Familienhaushaltes, die früher untrennbare Bestandteile der Hausarbeit gewesen sind, verschwinden. […] Durch diesen Prozess wird die Arbeit der Frau für die Familie zunehmend überflüssig, sowohl nationalökonomisch gesehen, als auch aus der Sicht der Familie. Deshalb also löst sich die Familie, insbesondere in der Stadt, auf.“ Kollontai (1921), 7. Vorlesung: Die Ursachen der Frauenfrage.

81 Marx und Engels (1848), S. 478.

82 Zetkin (1898c), S. 59.

83 Zetkin (1906c), S. 64.

84 Zetkin (1896c).

85 Thomas (2012), S.55.

86 Thomas (2012), S.56.

87 Marx (1867), S. 514. Es gibt natürlich auch gegenseitige Tendenzen im Überbau, meist als Reaktion auf die Verschiebung der Geschlechterrollen.

88 KO (2021).

89 Ebd.

90 Geißler (1991).

91 Über 70 Prozent aller arbeitsfähigen Frauen im Alter von 15 bis 60 Jahren waren in der DDR 1964 berufstätig. Im Jahr 1989 waren es über 90 Prozent. Frauen waren zunehmend in „Männerberufen“ zu finden. Umgekehrt ist das aber nicht gleichermaßen passiert. Insbesondere Sorge- und Pflegeberufe blieben, wie erwähnt, „Frauenberufe“ (Kindergärtnerin, Hortnerin, Krankenschwester).

92 Ebd.

93 Domscheit-Berg (2016).

94 Außerdem waren 23 Prozent aller Richter des Obersten Gerichts und 29 Prozent aller Direktoren und Richter der Bezirksgerichte Frauen. In der Regierung der DDR gab es drei Frauen als Minister und im Staatsrat fünf weibliche Mitglieder.

95 Bock (2018).

96 Feldkamp & Sommer (2003).

97 DDR (1950).

98 Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik (1965), §10.

99 Geißler (1991).

100 Statistisches Bundesamt (2006).

101 Kaminsky (2019). Anna Kaminsky ist die Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

102 Mit dem entscheidenden Beitrag der proletarischen Frauenbewegung sowie der gesamten Arbeiterbewegung. Siehe Zetkin (1971) sowie den vierten Teil.

103 Von rund 83 Mio. Menschen waren 2022 knapp 41 Mio. Männer und über 42 Mio. Frauen (Statistisches Bundesamt, 2024a).

104 Statistisches Bundesamt (2023a).

105 DGB (o.J.).

106 Jeweils 10,7 Prozent der Frauen und 3,1 Prozent der Männer. Als Personen mit Minijobs werden hier ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte im Alter von 30 bis unter 55 Jahren (Kernerwerbsphase) betrachtet. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020).

107 Arbeitslos ist, wer keine Beschäftigung hat (weniger als 15 Wochenstunden), Arbeit sucht, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und bei einer Agentur für Arbeit oder einem Träger der Grundsicherung arbeitslos gemeldet ist. Bundesagentur für Arbeit (2024).

108 36 Prozent der Frauen und 34 Prozent der Männer sind arbeitslos. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020).

109 Im November 2023 bezogen 26 Prozent der Frauen und knapp 10 Prozent der Männer Arbeitslosengeld von weniger als 700 Euro; 1600 Euro oder mehr erhielten nur 12 Prozent der Frauen, aber 25 Prozent der Männer (Sozialpolitik Aktuell, o.J.a).

110 Statistisches Bundesamt (2025b)

111 Bundesagentur für Arbeit, zitiert nach Berufsbild (2024).

112 Statistisches Bundesamt (2025b).

113 Frauen verdienten damit durchschnittlich 4,46 € pro Stunde weniger als Männer. Der Einkommensunterschied (unbereinigter Gender Pay Gap) betrug in den früheren Bundesländern 19 Prozent, dagegen in den neuen Ländern (ohne Berlin) 7 Prozent. Statistisches Bundesamt (2025c).

114 Der sogenannte bereinigte Gender Pay Gap, bei dessen Berechnung u.a. von vergleichbarem Beruf, Ausbildung und Beschäftigungsumfang ausgegangen wird, stellt dementsprechend eine geringere Lohndifferenz fest. Statistisches Bundesamt (2025c).

115 Statistisches Bundesamt (2020a). Die Zahlen beziehen sich auf das Äquivalenzeinkommen, also nicht direkt auf das wirkliche Einkommen, sondern mit Gewichtung der Familienzusammensetzung.

116 Ost 19 Prozent und West 44 Prozent. Statistisches Bundesamt (2025c).

117 Nur knapp jede dritte Führungskraft war 2023 weiblich. Im Zeitraum von 1992 bis 2011 stieg der Anteil von Frauen in Führungspositionen von 25,8 auf 30,3 Prozent an (Statistisches Bundesamt, 2023). Es sind natürlich fast ausschließlich bürgerliche Frauen, die Führungspositionen übernehmen. Uns ist außerdem bewusst, dass Forderungen, die sich daraus ableiten lassen und hauptsächlich auf die Repräsentation von Frauen und anderen Gruppen in Führungspositionen fokussieren, eine bewusste Strategie der Bourgeoisie ist, sich einerseits ein „progressives“ Image zu geben und andererseits die Vorstellungen von gesellschaftlichem Fortschritt komplett ihres Gehalts zu entleeren und von der Klassenfrage abzukoppeln. Trotzdem ist der geringe Anteil von Frauen in Führungsposition ein Zeichen für die Lage der Frau, wenn auch kein zentrales. Statistisches Bundesamt (2025c).

118 Etwa die Hälfte der Familien hat ein Kind, ein Drittel hat zwei Kinder, gut 10 Prozent drei oder mehr Kinder. Statistisches Bundesamt (2023b).

119 Sozialpolitik Aktuell (o.J.b).

120 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2025).

121 Ein Babyboom ist ein Zeitraum, der durch einen erheblichen Anstieg der Geburten gekennzeichnet ist. Hier ist der erhöhte Geburtenanstieg nach dem Zweiten Weltkrieg gemeint. 1964 waren es 1,36 Mio. Geburten, 2023 gab es insgesamt 692.989 Neugeborene. Im Jahr 2011 wurde mit 663.000 Neugeborenen die niedrigste Geburtenzahl seit 1946 registriert. Statistisches Bundesamt (2025d).

122 2022 waren es 1,46 Kinder pro Frau. Die durchschnittliche Kinderzahl je Mutter schwankte in den letzten fast vier Jahrzehnten nur leicht um den Wert von 2,0 Kindern. In Ostdeutschland sind Frauen nach wie vor öfter Mütter als im Westen, haben aber seltener mehr als zwei Kinder. Statistisches Bundesamt (2025d).

123 Statistisches Bundesamt (2022).

124 Ghodsee (2019), S. 116.

125 Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend benutzt den Begriff „Sorgearbeit“ für sämtliche Arbeiten im Haushalt und Garten, die Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen sowie ehrenamtliches Engagement.

126 Statistisches Bundesamt (2024b).

127 Es ist beispielsweise bekannt, dass Männer auch die erste Bezugsperson von Babys nach der Geburt sein können, was u.a. in ihrer Hormonspiegelung Ausdruck findet. Diese Tatsache beeinflusst die der Frau zugeschriebene Rolle in der Zeit nach der Geburt bisher nicht erheblich.

128 Das Elterngeld entspricht 66 Prozent des im Vorjahr durchschnittlichen Gehalts eines Elternteils.

129 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Juli (2020).

130 ebd.

131 Die Differenz reicht von 58 Prozent in Sachsen-Anhalt bis zu 29 Prozent in Baden-Württemberg. Statistisches Bundesamt (2023c).

132 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2021).

133 Grunow (2010).

134 Stand 2018 (Statista 2021).

135 Kollontai (1921): 1. Vorlesung, Die Stellung der Frau im Urkommunismus.

136 Zetkin (1905), S. 37.

137 Sexualisierte Gewalt wird dabei als „jeden Übergriff auf die sexuelle Selbstbestimmung“ definiert, dazu zählen nicht nur körperliche Übergriffe wie Vergewaltigung, sexuelle Nötigung oder sexueller Missbrauch, sondern auch sexuelle Belästigungen und jede Form unerwünschter sexueller Kommunikation. Im Vergleich ist laut BMFSFJ repräsentativen Befragungen zufolge jeder dritte Mann bereits Opfer eines solchen Übergriffs geworden (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2024)

138 Im Jahr 2023 waren es 360 Frauen (Bundeskriminalamt, 2023).

139 Bundeskriminalamt (2023).

140 Das weit verbreitete Verständnis von Feminizid als Tod einer Frau in einer Partnerschaft oder gar als Tod einer Frau halten wir für unangemessen, da neben dem Geschlecht auch andere Aspekte eine Rolle spielen können. Dies verhindert einen korrekten Umgang mit dem Problem. Für eine knappe Einordnung des Begriffes siehe Vásquez (2021).

141 Ausführlicher beispielsweise hier: „Während Unternehmen sowie der bürgerliche Staat sich dadurch zu profilieren versuchen, dass sie einige Frauen in ihre Führungspositionen heben, sind es Frauen aus der Arbeiterklasse, die in der Arbeit sexualisierte Gewalt schweigend tolerieren, um ihre eigene Existenz und die ihrer Familie weiterhin gewährleisten zu können. Es sind Proletarierinnen, die aufgrund ihrer ökonomischen Abhängigkeit ihren Partner im Fall von Gewalt nicht verlassen und die mangelnden Plätze in Frauenhäusern schmerzhaft zu spüren bekommen, während bürgerliche Frauen viele Möglichkeiten haben, sich ökonomisch und sozial zu verselbstständigen, wenn sie es nicht schon sind. Es sind auch die arbeitenden Frauen, die die Hausarbeit übernehmen und im Fall von mangelnder Kinderbetreuung zu Hause bleiben, während Frauen der herrschenden Klasse sich freiwillig für die persönliche Entfaltung in der Produktion oder im Eigenheim entscheiden können. Die Unterdrückung von und die Gewalt gegen Frauen betrifft also Frauen aus der Arbeiter- und Kapitalistenklassen grundsätzlich auf unterschiedliche Weise.“ KP, 2024b.

142 Auf das Thema des allgemeinen gemeinsamen oder getrennten Kampfes mit den bürgerlichen Frauen wird auch im vierten Teil eingegangen. Konkrete Forderungen werden im fünften Teil genannt.

143 Auch diese Zahlen sind nur bedingt aussagekräftig, da die Dunkelziffer wahrscheinlich groß ist (Statista 2024a, 2024b).

144 Die Zahlen zur häuslichen Gewalt berücksichtigen zusätzlich zur Partnerschaftsgewalt auch innerfamiliäre Gewalt z.B. gegen Kinder, Gewalt von Kindern gegenüber ihren Eltern oder Gewalt zwischen Geschwistern. Auch wenn dies ein viel breiteres Spektrum von Konflikten umfasst, ist es hierfür relevant, da Frauen am meisten betroffen sind (Statista, 2024c).

145 Bei etwa einem Viertel der Befragten war der Freund oder Partner Täter, bei je 12 Prozent war entweder der ehemalige Mann bzw. Partner oder ein anderer männlicher Familienangehöriger der Täter. Etwa sieben Prozent gaben an, Opfer von Gewalt durch weibliche Angehörige gewesen zu sein, bei unter 0,5 Prozent war die aktuelle oder ehemalige Partnerin oder Ehefrau gewalttätig (Statista 2024d).

146 Statista (2024e).

147 Bundesministerium für Familien, Frauen, Senioren und Jugend (2005).

148 Ideologiefragmente, weil es nicht um eine kohärente und ganzheitliche Ideologie geht, die Frauen ausschließlich abwertet, sondern um einzelne Vorstellungen. Hier ist daran zu erinnern, dass ideologisch sowohl die Degradierung der Frau als auch ihre Aufwertung als Arbeiterin für ihre Ausbeutung in der kapitalistischen Gesellschaft von Nutzen sind.

149 Wir verwenden den Begriff „Sex Work“ bzw. „Sexarbeit“ nicht, da er Prostitution als einvernehmliche sexuelle Dienstleistung versteht. Durch einen vermeintlichen Fokus auf „Dekriminalisierung“ und „Selbstbestimmung der Frau“ werden wichtige Aspekte des Problems verschwiegen, denn die meisten Frauen in der Prostitution haben weder Zugang zum Rechtssystem noch können sie frei über ihren Beruf entscheiden. Aber dazu gleich mehr.

150 Circa 75 Prozent sind zwischen 21 und 44 Jahre alt. Nur 18 Prozent der Prostituierten haben die deutsche Staatsangehörigkeit (Statistisches Bundesamt, 2020b).

151 Leider wurden in den letzten Jahrzehnten, v.a. seit der Legalisierung der Prostitution 2002, kaum ausführliche Statistiken zur Lage der Prostituierten in Deutschlnad veröffentlicht, mit Ausnahme eines kurzen Berichtes 2013. Der ausführliche Bericht vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahr 2005 wird nach wie vor häufig als Referenz verwendet und enthält sehr wichtige Informationen über die Situation von Prostituierten. Es ist nicht von signifikanter Verbesserung seitdem auszugehen, was der Kurzbericht 2013 teils bestätigt, auch wenn der öffentliche Diskurs rund um Sexarbeit verschiedene Facetten des Problems zu verschleiern versucht.

152 Etwa drei Viertel der Frauen gingen keiner anderen Tätigkeit nach und lebten allein von der Prostitutionstätigkeit. Ein Drittel der Frauen gaben an, zusätzlich Sozialhilfe zu erhalten (in der sonstigen weiblichen Bevölkerung in Deutschland sonst ca. 9 Prozent). Etwas mehr als die Hälfte der Frauen hatten eigene Kinder. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005).

153 Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) erhalten selten oder nie Besuch durch Freunde oder Bekannte (sonstige weibliche Bevölkerung bei 17 Prozent). Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005).

154 Die Mehrheit der Frauen hatte Angst vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen durch Freier, Zuhälter, sowie Fremde. Ein Drittel der Frauen wurde schon einmal für längere Zeit gegen ihren eigenen Willen eingesperrt, gefesselt oder sonst wie inder Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005).

155 „Etwa die Hälfte der Befragten weist zudem Symptome von Depressionen auf, ein Viertel der Befragten hat häufig oder gelegentlich Selbstmordgedanken, fast ein Drittel hat Angstanfälle und Panikattacken und etwa jede siebte Selbstverletzungsabsichten in den letzten 12 Monaten gehabt. Die sehr hohen psychischen und gesundheitlichen Belastungen in dieser Befragungsgruppe verdeutlichen zudem der hohe Drogenkonsum (41 Prozent hatten in den letzten 12 Monaten Drogen zu sich genommen) und der erhöhte Tabakkonsum.“ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2013).

156 In der Kindheit und Jugend zu 43 Prozent. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2013).

157 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005).

158 So wie bei einigen anderen Aspekte der Prostitution ist auch hier kein direkter Zusammenhang belegbar. Nur ein Bruchteil der Prostituierten sind bekannt und es gibt keine zuverlässige Datenlage dazu, wie die große Mehrheit derjenigen, die aus dem Ausland kommen, zu Prostituierten wurden. Ein Hinweis dazu: 60 Prozent der Mädchen und 66 Prozent der Frauen, die weltweit Opfer von Menschenhändlern werden, werden zur sexuellen Ausbeutung benutzt. UN (2022).

159 Nach einigen Schätzungen besteht das Internet zu einem Drittel aus pornografischen Inhalten (Stalder 2018).

160 Studien aus verschieden Ländern deuten darauf hin, dass Männer, die regelmäßig Pornografie konsumieren, sexuell wesentlich aggressiver werden und Gewalt gegen Frauen zunehmend bagatellisieren. Waltman (2016).

161 Der Erstkontakt mit Pornografie findet im Durchschnitt im Alter von 12,7 Jahren in Deutschland statt. In einer Befragung 2018 gaben beispielsweise fast die Hälfte der 14- bis 20-Jährigen an, „Hardcore-Pornografie“ gesehen zu haben, die Hälte dabei ungewollt. Quandt & Vogelgesang (2018). Für die Auswirkungen des Konsums siehe Dines (2011).

162 Studie mit Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren aus fünf europäischen Ländern. Stanley et al. (2016).

163 Signifikant viele Prostituierten schilderten in einer etwas älteren Studie, dass sie bereits vor der Prostitution in der Pornografie ausgebeutet wurden. Sie berichten auch, wie Vergewaltiger immer wieder auf pornografisches Material verwiesen, das sie gesehen hatten. Waltman (2016).

164 Einige Forschungsergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass von weiblichen Produzenten hergestellte Pornografie genauso viele erniedrigende und aggressive Handlungen gegen Frauen enthält wie Filme, die von Männern produziert werden. Also frauenfeindliche, aber auch rassistische und andersartig menschenfeindliche Bilder. Sun et al. (2008).

165 Das Risiko des Klassenabstiegs existiert natürlich für bürgerliche Frauen, sie sind aber in der Regel nicht aufgrund ihres Geschlechts von Eigentum ausgeschlossen.

166 Hervé (1981), S. 35.

167 SPD (1896), S. 163.

168 Zetkin (1906b), S. 120.

169 Bebel verwendet den Begriff der „Geschlechtssklaverei“ in Analogie zur „Klassensklaverei“ (Bebel 1996, S. 240). In ihren früheren Äußerungen, insbesondere vor 1900, zieht Zetkin ähnliche Vergleiche, zum Beispiel: „Wie der Arbeiter vom Kapitalisten unterjocht wird, so die Frau vom Manne; und sie wird unterjocht bleiben, solange sie nicht wirtschaftlich unabhängig dasteht“ (Zetkin 1889b, S. 4ff). Engels schrieb: Der Mann „ist in der Familie der Bourgeois, die Frau repräsentiert das Proletariat“ (MEW 21, S. 75). Bereits 1846 hatten Marx und Engels formuliert: „Die erste Teilung der Arbeit ist die von Mann und Weib zur Kinderzeugung“ (MEW 3, S. 31). Dies kommentiert Engels später mit der Feststellung: „Der erste Klassengegensatz, der in der Geschichte auftritt, fällt zusammen mit der Entwicklung des Antagonismus von Mann und Weib in der Einzelehe, und die erste Klassenunterdrückung mit der des weiblichen Geschlechts durch das männliche“ (MEW 21, S. 68). In der (feministischen) Literatur wird Engels teilweise so interpretiert, als wären Klasse und Geschlecht für ihn analog und gleichrangig.

170 Zetkin (1921), S. 539. Aufgrund der weitgehenden Gleichberechtigung verwenden wir heute nicht mehr den Begriff der „Minderberechtigung“. Wir sprechen von „Unterdrückung“, um die Lage der Arbeiterin als Frau zu beschreiben. Wichtig ist, dass sich der Unterschied zwischen Klassen- und Geschlechtslage auch in unseren Begriffen widerspiegelt.

171 Zetkin (1894b), S. 103.

172 KO 2018.

173 Zetkin dazu: „Die Masse der bürgerlichen Frauen wird und muss der Sozialdemokratie feindselig gegenüberstehen, so will es ihre Klassenlage, und diese ist von zwingenderem Einfluss auf ihre Haltung, als ihre Geschlechtslage, als der Umstand, dass sie Frauen sind“ (Zetkin 1894a, S. 63). „In letzter Instanz ist es bei ihr nicht die Geschlechtslage, ihre Eigenschaft als Frau, welche das Ausleben ihrer Individualität hindert, vielmehr ihre Klassenlage, ihre Zugehörigkeit zum Proletariat. Mag sie als Frau dem Buchstaben des Gesetzes nach zehnmal alle Rechte besitzen auf freie Ausgestaltung ihres Wesens, ihre Klassensklaverei als Proletarierin, ihre Armut wird bewirken, dass sie diese Rechte nicht auszunutzen vermag“ (Zetkin 1894b, S. 103).

174 Zetkin (1894c), S. 115.

175 „Nicht die Erbitterung der sozialen Kämpfe trübt den Blick für das allen Frauen gemeinsame Ziel, sondern die Klassengegensätze verhindern, dass es überhaupt ein solches Ziel gibt“ (Zetkin 1894c, S. 115).

176 Im Unterschied zum Begriff „Patriarchat“ bezeichnet der Begriff „Patrilinearität“ lediglich die der väterlichen Linie folgende Erbfolge, das heißt ein vaterrechtliches Verwandtschaftssystem, in dem die Vererbung von Besitz, Titel und Familienname über die männliche Linie von Vätern an Söhne erfolgt, also einlinig nach der Abstammung des Mannes. Das Gegenteil ist „Matrilinearität“, ein System von Verwandtschaft und Vererbung, das der weiblichen Linie folgt, früher auch als „mutterrechtlich“ bezeichnet. Es gibt auch gemischte Formen wie die heute übliche beidseitige Herleitung der Abstammung von Vater und Mutter.

177 Der Begriff der „patriarchalischen Familie“ oder Hausgenossenschaft wird bei Engels nur verwendet, um die Unterordnung unfreier Familienmitglieder unter die väterliche Gewalt eines Familienoberhaupts zu beschreiben (MEW 21, S. 61). In einem Artikel der PCPE (aktuell PCTE, Kommunistische Partei der Arbeiter Spaniens) von 2018 heißt es dazu, dass die ab den 1960er Jahren formulierte Theorie des Patriarchats ein von der Produktionsweise unterschiedenes Gesellschaftssystem annimmt, was nicht mit einem historisch-materialistischen Verständnis der kapitalistischen Gesellschaftsformation vereinbar ist. Es sei jedoch denkbar, von einer „patriarchalischen Ideologie“ zu sprechen, welche den rechtlichen, moralischen, religiösen und normativen Überbau als ideologische Widerspiegelung der konkreten geschlechtlich geprägten Arbeitsteilung im Kapitalismus bezeichnet, und die dazu dient, die Bedingungen der Unterdrückung der arbeitenden Frauen und mit ihnen die kapitalistische Ausbeutung als Ganzes aufrechtzuerhalten (Martínez & Quintillán 2018).

178 Zetkin (1894b), S. 103.

179 Zetkin (1894a), S. 63; SPD (1896), S. 164; vgl. Gaido/Frencia (2018), S. 289f.

180 Zetkin (1971), S. 203ff; vgl. Zetkin (1894b), S. 103.

181 Zetkin (1971), S. 206.

182 Zetkin (1971), S. 532.

183 Zetkin (1971), S. 203.

184 Zetkin (1971), S. 205; SPD (1896), S. 161, 173.

185 Zetkin (1896a).

186 Zetkin (1903), S. 50.

187 Zetkin (1971), S. 203.

188 Zetkin (1971), S. 210.

189 SPD (1896), S. 173.

190 SPD (1896), S. 163.

191 Hervé (1979), S. 35.

192 Evans (1983), S. 247ff.

193 Zum Verhältnis von Reform und Revolution siehe auch den fünften Teil.

194 Zetkin (1971), S. 213.

195 KO 2018a.

196 Federici (2021), S. 11. Ausführlicher hier: „Indem er [Marx] die kapitalistische Produktion und die Lohnarbeit als die zentralen Felder des Klassenkampfs begriff und einige jener Tätigkeiten vernachlässigte, die am wichtigsten sind, um unser Leben zu reproduzieren, lieferte uns Marx nur einen unvollständigen Blick in das kapitalistische System“ (S. 8); „Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass die Marxschen Kategorien einer Überarbeitung bedürfen“ (S. 79).

197Siehe dazu Antonio Negris „Marx beyond Marx“ (1991).

198 Federici (2021), S. 13.

199 Andere Varianten sind „Sorgearbeit“ und „Care-Arbeit“, die in ihrer Bezeichnung die Aspekte der Reproduktion hervorheben wollen, welche in Bezug auf die wirtschaftliche Produktion weniger sichtbar wären, beispielsweise Beziehungsaspekte.

200 Zitiert nach Boddenberg (2019).

201 MEW 23, S. 591.

202 MEW 23, S. 184.

203„Innerhalb der Grenzen des absolut Notwendigen ist daher die individuelle Konsumtion der Arbeiterklasse Rückverwandlung der vom Kapital gegen Arbeitskraft veräußerten Lebensmittel in vom Kapital neu exploitierbare Arbeitskraft. Sie ist Produktion und Reproduktion des dem Kapitalisten unentbehrlichsten Produktionsmittels, des Arbeiters selbst. Die individuelle Konsumtion des Arbeiters bleibt also ein Moment der Produktion und Reproduktion des Kapitals.“ MEW 23, S. 597.

204Über die Zeit veränderte sich – abhängig von nationalen Faktoren wie der ökonomischen Lage und den Kräfteverhältnissen im Klassenkampf – der Anteil der Arbeit, die durch die Arbeiterfrau nicht direkt entlohnt im familiären Rahmen geleistet wurde, im Verhältnis zu dem Anteil der entlohnten Arbeit in der Produktion. Die Kontinuität der Zuschreibung von Frauen zur Tätigkeiten der Reproduktion weist in jedem Fall darauf hin, dass reale Emanzipation nur in einem anderen Wirtschaftssystem möglich ist.

205S. beispielsweise MEW 23, S. 417 Fn. 121: „gewisse[n] Funktionen der Familie, z. B. Warten und Säugen der Kinder usw., [die] nicht ganz unterdrückt werden können, [wofür] die vom Kapital konfiszierten Familienmütter mehr oder minder Stellvertreter dingen [müssen]. Die Arbeiten […] wie Nähen, Flicken usw., müssen durch Kauf fertiger Waren ersetzt werden. Der verminderten Ausgabe von häuslicher Arbeit entspricht also vermehrte Geldausgabe.“

206 Federici (2021), S. 13.

207 Federici (2021), S. 13.

208 Federici (2021), S. 8.

209 Federici (2021), S. 52.

210 Federici (2021), S.51. Hier ähnelt sie anderen Ansätzen, die Marx dafür kritisieren, sich nicht genug mit Themen wie Rasse und Gender auseinandergesetzt zu haben. Für eine ausführlichere Kritik dieser Position siehe Textor (2020).

211 Federici (2021), S. 85.

212 Federici (2021), S. 92.

213 Federici (2021), S. 98. Die Autorin ist auch der Meinung, die moderne Industrie könnte im Aufbau einer neuen Gesellschaft nicht sinnvoll übernommen werden: „Man muss auch betonen, dass keines der Produktionsmittel, das der Kapitalismus hervorbrachte, einfach übernommen und einem anderen Zweck zugeführt werden kann.“ (Federici 2021, S. 96).

214 Federici (2004), S.117. Eigene Übersetzung.

215 Federici (2004), S. 109. Eigene Übersetzung.

216 Federici (2021), S. 9.

217 Das ist nicht zu verwechseln mit der Unterscheidung zwischen produktiver und unproduktiver Arbeit: Erstere ist Arbeit, die Mehrwert schafft.

218 „Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eigenen Reproduktion oder Erhaltung“ (MEW 23, S. 185).

219 Der Diskurs-Begriff ist zentral für viele poststrukturalistische Theoretiker, z.B. Foucault. Der Diskurs bezeichnet hier nicht nur einen sprachlichen Austausch, sondern ein soziales System der Bedeutung, das einerseits durch Machtverhältnisse erzeugt wird und diese aber auch selbst erzeugt oder stützt. Dabei wird die materielle Grundlage von Macht und Herrschaft in den Klassenverhältnissen tendenziell ausgeblendet und der Einfluss, den der Diskurs auf diese hat, in idealistischer Weise verabsolutiert. Die Machtverhältnisse werden in „Bedeutungssystemen“ und „Diskursen““ selbst verortet und nicht die Diskurse als Produkt und Instrument der Machtverhältnisse erkannt.

220 Butler (1987), S. 134.

221 Butler (1991b).

222 Butler (1987), S. 142

223 Butler (1987), S. 139f.

224 Bublitz (2010), S. 53, 57.

225 Siehe den ersten Teil.

226 Siehe den ersten und zweiten Teil.

227 Butler (1993a), S. 31f, 51ff.

228 Bublitz (2010), S. 136f.

229 Butler (2021), S. 218.

230 Butler (2021), S. 217.

231 Butler (1993a), S. 44.

232 Butler (1993b), S. 132.

233 Butler (1987), S. 135.

234 Textor (2020). Die hier so bezeichneten „postmoderne Identitätslinken“ zeichnet aus, „dass sie nicht mehr die Analyse der ökonomischen Ausbeutungsstrukturen und der Klassenherrschaft in den Mittelpunkt stellen, sondern ihre Gesellschaftskritik auf das Gebiet der Kultur und des ‘Diskurses’ verlagern. Dabei werden nicht mehr Verhältnisse zwischen gesellschaftlichen Klassen, sondern zwischen Individuen bzw. zwischen ‘Mehrheitsgesellschaft’ und diskriminierten ‘communities’ in den Blick genommen. An die Stelle der ökonomischen Ausbeutung als Kern der gesellschaftlichen Machtverhältnisse tritt die individuelle und strukturelle Diskriminierung aufgrund bestimmter Identitätsmerkmale.“

235 Ein Beispiel ist der von Friederike Beier herausgegebene Sammelband „Materialistischer Queerfeminismus“ (2023).

236 KO (2020), Kapitel 6.2 Strategie und Taktik

237 Stalin (1924), S. 82

238 Siehe KO (2023), Kapitel ​2.1 „Rechte und linke Abweichungen in der Frage der nationalen Befreiung“ und KP (2024), S. 13.

239 Partido Comunista de México (2017); Partido Comunista de México (2022), These 108.

240 KO (2018a), These 10: Die revolutionäre Strategie.

241 KO (2020), Kapitel 6.2.3.

242 Kommunistische Internationale (1921), These 4.

243 Kollontai (1921), S. 10. Vorlesung: Die Frauenarbeit heute und morgen.

244 Im Sozialismus sind Arbeiterräte die unterste und grundlegendste Ebene der Volksmacht. Die Arbeiter und Arbeiterinnen der Betriebe wählen die Räte aus ihren eigenen Reihen. In Deutschland bildeten sich mit der Novemberrevolution 1918 Arbeiter- und Soldatenräte, die aber aufgrund einer fehlenden starken Kommunistischen Partei wieder aufgelöst wurden. S.a. KO (2018b)

245 KO (2018), 7. These.

246 Zetkin (1893).

247 Siehe den dritten Teil.

248 DGB (2021).

249 Hans Böckler Stiftung (2015)

250 Damit bekennen wir uns zu den Hauptinhalten des sogenannten Nordischen Modells: Die Anerkennung der Prostitution als sexuelle Gewalt gegen Frauen; Die völlige Entkriminalisierung der prostituierten Frau; Die Schaffung von Ausstiegshilfen; Die Einführung der Bestrafung von Freiern und Zuhältern und die Aufklärung über Prostitution. Dabei ist zu nennen, dass das Modell in verschiedenen Ländern unterschiedlich konsequent und unterschiedlich erfolgreich umgesetzt wurde.

251 Begriff soll Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen fassen.

252 Zetkin (1971), S. 228.

253 ebd.

254 Suhr 2016.

255 Samtleben 2019.

256 Lenin (1919), S.419.

257 Engels (1884), S.76.

258 ebd., S. 77.

259 ebd. S. 83

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