Stellungnahme des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei zum 1. Mai 2025
Uns trifft eine schlechte Nachricht nach der anderen: Kolleginnen und Kollegen werden entlassen, gleichzeitig werden Angriffe auf unsere erkämpften Arbeitsrechte angekündigt und Arbeitslose mit Sanktionen überzogen. Weltweit verschlechtern sich die Lebensbedingungen unserer Klasse zusätzlich durch Kriege und Umweltkatastrophen extrem. Wer deshalb nach einem neuen sicheren Zuhause suchen muss, soll in Zukunft noch gefährlicheren Fluchtrouten und Grenzkontrollen ausgesetzt sein. Wir leben also in einer Zeit, in der massive Angriffe der herrschenden Klasse auf uns stattfinden.
Strategie der Herrschenden: „Sondervermögen“ und Repression
Das kommt nicht von ungefähr – unsere Beherrscher und Ausbeuter sind in einer Krise: Die Konkurrenz zwischen US-amerikanischen und europäischen Unternehmen verschärft sich, ihre Bündnisse werden damit schwächer. Durch Abschirmung der Wirtschaft vor allem in den USA und China und schrumpfende Absatzmärkte haben die Exporte aus Deutschland abgenommen, die Gewinnprognosen der Hersteller sehen kritisch aus. Das ist keine überraschende Entwicklung: Der Kapitalismus führt zwangsläufig zu wiederkehrenden globalen Krisen. Aber die Politiker hier in Deutschland schaffen für die Unternehmer und Reichen einen Ausweg.
Um die deutschen Kapitalinteressen aggressiv nach außen durchsetzen zu können, wollen sie massiv aufrüsten. Gigantische Investitionsprogramme sollen die Position der deutschen Konzerne international stärken und die militärischen Fähigkeiten Deutschlands verbessern. Beim sogenannten Sondervermögen von 500 Milliarden Euro handelt es sich eigentlich um Kriegskredite in unvorstellbaren Höhen, die „wir alle zusammen“ aufbringen sollen. Nicht erwähnt wird dabei, dass es dieses „Wir“ nicht gibt und die Sparmaßnahmen, Entlassungen, Sanktionen und Repressionen unserer Klasse die Luft abschnüren, während unsere Ausbeuter es sich weiter in ihrer Ferienvilla auf Sylt gemütlich machen können und einfach ein paar mehr unserer Kolleginnen und Kollegen entlassen, um weiterhin dieselbe Rendite an sich selbst ausschütten zu können.
Was es heißt, den Profit auf dem Rücken der Arbeiterschaft zu maximieren, hat sich schon die letzten Jahrzehnte gezeigt: Personalmangel bei gleichzeitiger Arbeitsverdichtung, höhere körperliche Belastungen und psychischer Stress, unbezahlte Krankheitstage und der daraus resultierende Druck, sich nicht krankschreiben zu lassen und ein massiver Reallohnverlust aufgrund der hohen Inflation und schwachen Tarifrunden.
Aufkündigung der Sozialpartnerschaft
Dabei zeigt sich: Das Modell der „Sozialpartnerschaft“ wurde von den Unternehmen größtenteils aufgekündigt, weil sie es nicht mehr brauchen. Die Sozialpartnerschaft war immer ein Instrument des Kapitals – aber inzwischen funktioniert sie noch stärker als früher ausschließlich in eine Richtung. Umso schädlicher ist es, dass die großen Gewerkschaften an ihrer sozialpartnerschaftlichen Orientierung in Wort und Tat festhalten. Mitgliederschwund und Tarifflucht sind Ergebnisse davon, dass in den Tarifrunden Teile der Tarifkommissionen oder des Gewerkschaftsapparats auf Schlichtungen und ein gemeinsames Vorgehen mit dem Kapital orientieren. Oft werden mit dieser Haltung streikbereite Belegschaften gelähmt, demotiviert und ausgebremst – ein Teufelskreis. Die Gewerkschaften schaffen es heute kaum noch, die Massenentlassungen aufzuhalten und die erkämpften Errungenschaften zu verteidigen. Das merken die Unternehmer und greifen zunehmend Tarifverträge an oder gehen gar nicht erst Tarifverhandlungen ein, beschränken gewerkschaftliche Zugangsrechte und fordern Nullrunden.
Die Folgen sehen wir in den letzten großen Tarifrunden, die hier nur exemplarisch aufgezählt werden:
- Dezember 2024, Tarifrunde Volkswagen: Während der Konzern Rekordsummen an die Aktionäre auszahlte, wurden die Löhne massiv gekürzt und die Massenentlassungen einfach ein paar Jahre nach hinten geschoben – und das, ohne die Streikmacht der Beschäftigten auch nur ansatzweise auszuschöpfen.
- Februar 2025, Tarifrunde Eisenbahn und Verkehr: Die Verhandlungen wurden so vorgezogen, dass Streik von vornherein ausgeschlossen war; das Ergebnis von 6,5 Prozent bei 33 Monaten Laufzeit wird die Inflation in diesem Zeitraum kaum ausgleichen und verhindert nun knapp drei Jahre lang, für höhere Löhne streiken zu dürfen.
- März 2025, Tarifrunde der Post: Die Kapitalseite kündigte direkt nach Tarifabschluss (5 Prozent, Laufzeit 24 Monate) an, noch in diesem Jahr 8000 Stellen zu streichen – so können die Dividendenzahlungen an die Aktionäre auf dem bisherigen Niveau gehalten werden.
- April 2025, Abschluss Tarifvertrag Öffentlicher Dienst: Das „Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ soll laut Schlichtungskommission Voraussetzung dafür sein, dass Azubis und Dual-Studierende übernommen werden. Durch die Hintertür wird es damit möglich sein, fortschrittliche Positionen, etwa Palästinasolidarität oder den aktiven Einsatz gegen das kapitalistische System, abzustrafen und damit vorbeugend zu unterdrücken – ganz zu schweigen von der lähmenden Laufzeit von 27 Monaten. Mit der Veröffentlichung des Schlichtungsvorschlags wurden schon vor der Abstimmung durch die Mitglieder Tatsachen geschaffen.
Aber auch Forderungen von Unternehmern wie die Wiedereinführung von Karenztagen, bei denen Beschäftigte am ersten Krankheitstag keinen Lohn erhalten oder das Streikrecht zu begrenzen in Bereichen der kritischen Infrastruktur wie Bahn, Flugverkehr und Energieversorgung, oder den Achtstundentag abzuschaffen, zeigen, dass das Kapital gerade keine Scheu hat, Angriffe zu starten angesichts mangelnder Gegenwehr.
Diese Angriffe kommen meist verschleiert und in schöne Worte gehüllt daher:
- CDU und SPD wollen das Arbeitszeitgesetz „modernisieren“, um flexiblere Arbeitszeiten zu ermöglichen. Ein Vorschlag sieht vor, die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zu ersetzen. Das ist ein massiver Angriff auf den Achtstundentag, den unsere Klassengeschwister blutig erkämpft haben.
- Sie wollen mehr „Tariföffnungsklauseln“ einführen. Eigentlich wollen sie damit unsere Tarifverträge angreifen und noch leichter Abweichungen nach unten zulassen.
- Sie wollen für mehr „Flexibilität“ am Arbeitsmarkt sorgen. Eigentlich wollen sie prekäre und befristete Arbeitsplätze als Geschenk an das Kapital ausweiten und bei unseren Kolleginnen und Kollegen somit für noch mehr Zukunftsängste sorgen.
„Für ein starkes Deutschland“: Aufleben von Nationalismus und Militarisierung
Spricht sich doch mal jemand auf einer Betriebsversammlung oder in Tarifverhandlungen gegen diese Angriffe aus und fordert unbefristete Streiks, um die Arbeits- und Lebensbedingungen unserer Klasse zu verbessern, wird gleich das angeblich gemeinsame Interesse zwischen den Chefs und der Belegschaft beschworen: Ihre arbeiterfeindliche Politik sei eine Notwendigkeit, um „den Standort Deutschland“ zu retten. Hierbei werden wahlweise die im Vergleich zum EU-Ausland höheren Lohnkosten in Deutschland, die ökonomische Macht Chinas oder die angebliche militärische Gefahr Russlands für „unsere deutschen Interessen“ betont. Die Kapitalisten konstruieren ein gemeinsames Interesse der Lohnabhängigen und ihrer Ausbeuter, das es in Wirklichkeit nicht gibt. Hierzu brauchen sie den Nationalismus – der Ruf nach einem „starken Deutschland“ wird von allen Kapitalfraktionen und ihren Interessensvertretern aus den bürgerlichen Parteien lauter, von der Linkspartei bis zur CDU.
Politiker und Medien nutzen dabei zwei Angstszenarien, um die Bevölkerung hinter diese Politik zu bringen. Den Teilen der Arbeiter und Arbeiterinnen, die von der Politik von CDU, SPD, Grüne und Linkspartei enttäuscht sind, werden Migranten und Arbeitslose als die Schuldigen serviert. Diese offen rassistische Hetze wird neben der AfD auch von der CDU und von Teilen der Grünen, der SPD und des BSW vertreten. Härtere Repressionen, Aufrüstung der Polizei, verstärkte Überwachung des öffentlichen Raums werden mit massiver Hetze gegen Ausländer durchgesetzt – so als wäre die Einwanderung von Geflüchteten und Migranten schuld an den sinkenden Profiten, und nicht die innere Logik des kapitalistischen Systems.
Wo das nicht zieht, werden Aufrüstung und Kriegsvorbereitung mit der angeblichen Verteidigung „europäischer Werte“ und der „freiheitliche Demokratie“ gegen Russland, China und mittlerweile auch die USA gerechtfertigt. Dabei wird behauptet, dass mit der „neuen imperialistischen“ Politik Russlands eine neue Zeit begonnen hätte, in der wieder Länder angegriffen und Grenzen verschoben werden. Nicht nur werden dabei die Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine vom März 2022 verschleiert, die durch US-amerikanisches und britisches Einwirken abgebrochen wurden. Viel wichtiger ist, dass schon seit weit über 100 Jahren Länder im Kapitalismus imperialistische Politik machen – sei es über erzwungene Handelsverträge oder durch Kriege. Als Beispiele der letzten Jahrzehnte seien hier nur die Angriffe auf den Kosovo, auf Afghanistan, den Irak, auf Syrien, den Jemen und die Besetzung Palästinas genannt. Doch indem die Gefahr, die aktuell vom russischen Staat ausgeht, im Verhältnis maßlos übertrieben wird, sollen wir eingeschüchtert werden und die Aufrüstungsspirale unterstützen. Diese Linie wird vor allem von Grünen und SPD, aber mittlerweile auch von der Linkspartei vertreten, wie beispielsweise die Rede Gysis als Alterspräsident im Bundestag gezeigt hat.
Auch die Führungen der DGB-Gewerkschaften vertreten dieselbe Linie, wollen „Made in Germany“ wieder großschreiben und setzen sich für billigen Strom für die Industrie und massive Ausgaben für die Infrastruktur ein, statt den Schwerpunkt auf den Aufbau kämpferischer Belegschaften zu setzen. Auch die Positionen gegen Aufrüstung und Militarisierung innerhalb der Gewerkschaften werden nach und nach leiser oder bewusst nicht gehört. Dabei ist der Einsatz für Frieden und gegen Militarisierung immer noch Bestandteil der Satzungen der DGB-Gewerkschaften.
Letzten Endes müssen also immer Arbeiter, Rentner, Arbeitslose, Schüler und Studenten den Preis zahlen, egal ob es um ein „Sondervermögen“ geht, um die Renditen für Aktionäre oder darum, letzten Endes mit den von der Arbeiterklasse selbst produzierten Waffen an die Front geschickt zu werden und als Kanonenfutter herzuhalten. Aufrüstung und Arbeitsplätze in der Waffenproduktion schützen uns nicht, sondern sind Teil der Gewaltspirale und gegenseitigen Provokation in der weltweiten imperialistischen Logik. Die Herrschenden wollen uns zu gehorsamen und genügsamen Untertanen machen, um ihre Kapitalinteressen gegen die internationale Konkurrenz durchzusetzen. Im Zweifelsfall werden sie nicht vor einem neuen Weltkrieg oder einer faschistischen Herrschaft zurückschrecken. Auf beides bereitet sich die deutsche herrschende Klasse aktuell vor, auch wenn Politiker Sanktionen wie Kündigungen bei propalästinensischen Äußerungen, Bürgergeldkürzungen, Exmatrikulation oder Abschiebungen ankündigen und unsere Kampfmittel – wie Streikrecht, Demonstrations- und Meinungsfreiheit – eingeschränkt werden.
Gegenstrategie
Was bleibt also? Keine der genannten Kräfte kann uns aus der Krise helfen, vor allem dürfen wir dabei im Betrieb nicht auf den guten Willen oder den guten Charakter der Geschäftsführungen hoffen. Es zeigt sich immer wieder: Den Widerstand gegen Management und Besitzer der Unternehmen aufzugeben bringt nichts, sondern schwächt nur unsere Position. Zugeständnisse zu machen, um Werkschließungen und Entlassungen zu verhindern, bedeutet letzten Endes nur, Verhandlungsmasse aufzugeben.
Innerhalb der Gewerkschaften gibt es viele Aktive, die nicht bereit sind, die Angriffe des Kapitals hinzunehmen. Viele sind unzufrieden mit der Unterstützung der Kriegsvorbereitungen durch die Vorstände der DGB-Gewerkschaften. Diese Positionen des Widerstands müssen wir stärken, sie müssen hörbarer werden und diskutiert werden. Um das zu erreichen, müssen wir uns vernetzen mit dem Ziel, für fortschrittliche Positionen in den Gewerkschaften zu sorgen. Ansätze für solche Plattformen gibt es schon mit Netzwerken für Frieden und gegen Sozialpartnerschaft, oder einzelnen Aktionen gegen Aufrüstung.
Noch wichtiger als bisher ist als Grundlage für diese Kämpfe die eigenständige und starke Organisierung in Vertrauensleutekörpern und Betriebsräten, die gut verankert sind in der Belegschaft – notfalls auch gegen Teile des Gewerkschaftsapparats. In Diskussion mit Kollegen und Kolleginnen müssen wir immer die gegensätzlichen Interessen zu den Unternehmern deutlich machen: Nur wir selbst können uns retten!
Kriegsgefahr, Flucht, unsichere Arbeitsplätze, Armut und Hunger können nur überwunden werden, wenn wir mit der kapitalistischen Logik brechen und die kapitalistische Gesellschaft überwinden. Nur in einem sozialistischen System, das nach den Bedürfnissen der Menschen statt nach Profit geplant wird, können diese Probleme gelöst werden.