Bericht vom Sommercamp 2024

Das erste Sommercamp, das wir nicht mehr als Kommunistische Organisation, sondern als Kommunistische Partei organisiert haben, liegt hinter uns.

Zwischen dem 7. und 12. August kamen in Nordrhein-Westfalen 150 Menschen zusammen, um sich unter dem Motto „Revolutionäre Strategie zur sozialistischen Revolution“ über Strategie und Taktik der kommunistischen Bewegung auszutauschen. Inhaltlicher Schwerpunkt des Camps war die Diskussion über einen ersten – bisher unveröffentlichten – Entwurf unseres Parteiprogramms. Wir bedanken uns an dieser Stelle für die wertvollen Rückmeldungen, die wir erhalten haben; wir konnten Mängel und Probleme aufdecken sowie Leerstellen diskutieren. Besonders wertvoll für uns war auch der Austausch mit den Delegierten kommunistischer Parteien anderer Länder. Neben diversen Sport- und Freizeit-Aktivitäten gab es ein vielfältiges kulturelles Angebot. Außerdem wurde im Rahmen des Camps eine Protestaktion vor der Erwin-Rommel-Kaserne durchgeführt, der größten Kaserne der Bundeswehr.

Revolutionäre Strategie zur sozialistischen Revolution

Ein revolutionäres Parteiprogramm muss die Strategie der Arbeiterklasse zum Sozialismus darlegen. Vor sechs Jahren sind wir als Kommunistische Organisation (KO) angetreten, um eine solche Strategie zu formulieren. Das Programm, das in den nächsten zwei Jahren ausgearbeitet werden wird, wird die inhaltliche Richtlinie und das ideologische Fundament sein, auf deren Basis sich die Arbeit der Kommunistischen Partei (KP) aufbauen wird.

Den ersten Entwurf für ein Parteiprogramm, der in den vergangenen Monaten in der Leitung der KO/KP erarbeitet wurde, werden wir voraussichtlich im September veröffentlichen. Auf dem Camp fanden verschiedene Workshops und Veranstaltungen zur Strategiefrage statt, in die jeweils die Diskussion um Teile dieses Programmentwurfs eingebunden wurden:

  • Beim Einsteigerworkshop über Strategie und Taktik verständigten wir uns über unsere Grundlagen – was die Bedeutung und Abgrenzung der beiden Begriffe angeht, so herrscht in der kommunistischen Bewegung keine Einheit.
  • Wir haben zwei Workshops genutzt, um uns gezielt mit historischen Erfahrungen unserer Genossen und Genossinnen zu beschäftigen. Ausgehend von den Lehren aus dem Hamburger Aufstand 1923, haben wir uns mit den Aufgaben der Kommunistischen Partei vor und während der Revolution befasst. Im anderen Workshop haben wir uns mit der Entwicklung der Taktiken von Einheitsfront und Volksfront auseinandergesetzt und uns mit einigen Fallstricken und Problemen beschäftigt, die z.B. in unserer antifaschistischen Orientierung von Bedeutung sind.
  • Eine der größten Leerstellen der kommunistischen Bewegung in Deutschland ist die Klassenanalyse. Dabei entsteht die Strategie der Arbeiterklasse nicht nur in der Auseinandersetzung mit dem Klassenfeind, sondern auch im Erfassen der Kräfte der proletarischen Revolution. Wir freuen uns, dass wir mit John Lütten einen Genossen gewinnen konnten, der sich diese Frage seit einiger Zeit stellt und uns in seinem Workshop historisch sowie anhand aktueller Fragen an zentrale Fragen der Arbeiterklassenanalyse herangeführt hat.
  • In einem weiteren Workshop beschäftigten wir uns mit der Frauen- und Geschlechterfrage. Wir konnten eine erste Diskussion führen und Ansätze entwickeln zu aktueller Strategie und Taktik im Frauenkampf, z.B. welche Forderungen wir aufstellen müssen, um Frauen im Betrieb anhand besonderer Bedürfnisse zu organisieren, ohne die Belegschaft zu spalten.
  • Im Workshop zum Thema „Strategie und Taktik des palästinensischen Befreiungskampfes“ haben wir in mehreren Kleingruppen gearbeitet. Wir haben uns mit den Grundlagen des Imperialismus, der Rolle Israels und den Widerstandskräften in Palästina befasst. Es wurde herausgearbeitet, warum der palästinensische Kampf als nationale Befreiungsbewegung und nicht als zwischenimperialistischer Konflikt einzuordnen ist. Daraus haben wir abgeleitet, welche Bedeutung dies für mögliche Bündnisse mit bürgerlichen Kräften hat, und wie das objektive Interesse der israelischen Arbeiterklasse im Kontext des palästinensischen Befreiungskampfes einzuordnen ist.
  • Die Geschichte der KO/KP im Kontext der gesellschaftlichen Lage und der deutschen und internationalen kommunistischen Bewegung war Thema eines Workshops, bei dem Fragen zu den Aufgaben der KP sowie zur konkreten Parteigründung diskutiert werden konnten. Aus einer Gruppenphase zum Programmentwurf kamen wichtige Rückmeldungen zum Parteiverständnis und zum Parteigründungsprozess. Auch über die Möglichkeiten der konkreten Beteiligung an der Programmerarbeitung in den verschiedenen Regionen wurde informiert.
  • In einem Vortrag „zur Herrschaft des Kapitals in China“ wurden wesentliche Ergebnisse der von uns vor einigen Monaten veröffentlichten Analyse des chinesischen Kapitalismus, die inzwischen auch als gedrucktes Buch vorliegt, in kompakter Form vorgestellt.

Aus der Strategie in die Praxis

Eine einflussreiche kommunistische Partei muss in der Arbeiterklasse verankert sein und deren Probleme und Sorgen kennen. Den Umstand, dass Kommunisten in politischen Bewegungen und in der Gewerkschaftsbewegung momentan unterrepräsentiert sind, sollten wir als Ansporn verstehen! In Austauschrunden zur Massenarbeit zum Thema Betrieb und Gewerkschaft und zu Palästina kamen wir miteinander ins Gespräch, tauschten uns über Erfahrungen aus und überlegten, wie wir die Massenarbeit auf unsere strategischen Ziele ausrichten können. In der Massenarbeit bisher noch unerfahrene Genossinnen und Genossen hatten die Möglichkeit zum Austausch mit Personen, die auf diesem Gebiet bereits Erfahrungen gesammelt haben. Gerade die Gewerkschaftswelt erscheint bürokratisch und kompliziert; deshalb gab es ein Planspiel, um praktisch zu lernen, wie ein Tarifkampf überhaupt läuft.

Hoch die internationale Solidarität!

Der Austausch mit Genossinnen und Genossen aus anderen Ländern hat für uns hohe Priorität. So gaben uns auf dem Camp etwa Genossen von der Communist Workers Platform aus den USA (CWPUSA), die sich, ähnlich wie wir vor einigen Jahren, auf den Weg gemacht haben, eine konsequente kommunistische Partei in den USA aufzubauen, wertvolle Einblicke in die historischen und aktuellen Herausforderungen im Klassenkampf gegen eine der am weitesten entwickelten imperialistischen Mächte der Welt. Weitere internationale Gäste waren Delegierte der Brasilianischen Revolutionären Kommunistischen Partei (PCBR), der Arbeiterfront der Ukraine (RFU), des Revolutionären Kommunistischen Jungendbunds (Bolschewiki) (Rksmb) aus Russland und von den Jungen Kommunisten Belgiens (JCB).

Weitere Highlights

Im Rahmen einer gemeinsamen Wanderung besuchten wir den Ehrenfriedhof für die 65.000 im Kriegsgefangenenlager Senne in der Nähe von Stukenbrock ermordeten sowjetischen Soldaten. Ihnen gedachten wir mit einer Schweigeminute.


Als weiteren externen Workshopleiter konnten wir David Maiwald gewinnen. Der Journalist erklärte uns verschiedene Textarten und gab uns hilfreiche Tipps für besseres Schreiben. Im Kurs haben wir einige kleine Schreibübungen gemacht, eigene Texte verfasst und aus dem Feedback für künftige Veröffentlichungen lernen können.

Kunst und Kultur

Der Autor Mesut Bayraktar hielt eine Lesung aus seinem in diesem Jahr erschienenen Buch „Die Lage“. Es erzählt die Geschichten von Menschen, die in der Literatur selten vorkommen: Proletarische Mütter, migrantische Söhne, Betroffene der im Kapitalismus allgegenwärtigen sozialen Gewalt. Die Kurzgeschichten handeln von Einsamkeit, Wut und Verzweiflung – aber auch von Solidarität. In der Diskussion sprach Mesut u.a. über die Aufgabe der Künstler, Metaphern für unsere heutigen Kämpfe zu schaffen.


Eine Ausstellung mit politischen Plakaten des Künstlers imnxone (Instagram: @imnx_one) war in unserem Veranstaltungsraum zu sehen. Die Plakate konnten auch als Poster erworben werden.


Beim Kulturabend präsentierten Camp-Teilnehmer sowohl historische als auch aktuelle Lieder und Gedichte. Dabei kamen verschiedene Instrumente wie Keyboard und Akkordeon zum Einsatz. Eingebettet in den Abend war die Hörgeschichte über den Hamburger Aufstand „Probe für die Zukunft“ von Mesut Bayraktar. Ein besonderer Schwerpunkt lag außerdem auf Palästina. Wir hörten Lieder und sahen Bilder und Videos, die die Situation vor Ort veranschaulichten.

Solidarität mit dem Palästina Camp in Hamburg!

Während des Kulturabends erfuhren wir, dass die Polizei mit einer Hundertschaft und Spezialeinsatzkräften das Palästinacamp in Hamburg angriff. Die dortigen Festnahmen waren von massiver Gewalt geprägt. Um solche Repressionen nicht unbeantwortet zu lassen, fanden wir uns spontan zu einem Foto zusammen und schickten Solidaritätsgrüße.

Aktion vor der Erwin-Rommel-Kaserne


Im Zusammenhang mit unserem Sommercamp hat eine kleine Gruppe von Genossinnen und Genossen eine symbolische Protestaktion vor der „Erwin-Rommel-Kaserne“ gemacht. Dabei handelt es sich um die größte Bundeswehr-Kaserne, die in alter Tradition nach dem faschistischen Wehrmachtsgeneral Rommel benannt ist. In ihr werden unter anderem ukrainische Soldaten für den Krieg an deutschem Kriegsgerät ausgebildet.

Am Zaun der Kaserne befestigten wir Banner mit der Aufschrift „Für die Klasse leben und kämpfen, statt für Profite sterben“, um den imperialistischen Charakter der Bundeswehr und das Interesse der Arbeiterklasse an Frieden herauszustellen. Mit einem weiteren Banner mit der Aufschrift „Kampf gegen den deutschen Imperialismus führen. Die kommunistische Partei aufbauen“, haben wir dabei deutlich gemacht, dass ein koordinierter und wirkungsvoller Kampf gegen die Kriege der Herrschenden, der über symbolische Aktionen hinaus geht, nur mit einer starken kommunistischen Partei möglich ist.

Vielen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus ganz Deutschland und dem Ausland angereist sind, um eigene Programmpunkte beizusteuern, mit uns das Camp auf- und abzubauen, Schichten und Kinderbetreuung zu übernehmen, zu diskutieren und dazu beizutragen, dass es ein gelungenes Camp wurde. Wir freuen uns schon auf das nächste Jahr!

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