Stellungnahme der Zentralen Leitung der KO vom 5. März 2023
Der 8. März ist Internationaler Frauenkampftag. Ein Tag, der seinem Ursprung nach dem proletarischen Kampf um die Befreiung aller Frauen weltweit durch die Überwindung des Kapitalismus gewidmet ist. Ein Tag, den sich der bürgerliche Feminismus bis heute immer wieder versucht zu eigen zu machen, indem er von Frauenrechten spricht, jedoch von Krieg und kapitalistischer Ausbeutung konsequent schweigt und letztlich sogar im Namen „feministischer Außenpolitik“ Kriege rechtfertigt. Der 8. März ist ein Tag, dessen revolutionärer Gehalt genau jetzt – im Angesicht wirtschaftlicher und ökologischer Krisen sowie eines drohenden Weltkrieges – mit aller Vehemenz auf die Straße getragen werden muss. Deshalb werden wir als Kommunistische Organisation auch in diesem Jahr Bildungsveranstaltungen und Workshops zum Internationalen Frauenkampftag durchführen und bundesweit auf Demonstrationen und Kundgebungen präsent sein.
Der 8. März ist ein historischer und proletarischer Kampftag
1921 beschloss die Zweite Internationale Sozialistische Frauenkonferenz (u.a. geleitet von der Kommunistin Clara Zetkin) die Einführung des Internationalen Frauenkampftags. Damals noch unter dem Banner der Erstreitung des Frauenwahlrechts, widmete sich dieser Tag in der Folge den Kämpfen proletarischer Frauen um bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne oder legale Schwangerschaftsabbrüche. Das Datum des 8. März wählte die Konferenz dabei bewusst. Es galt dem Gedenken der Arbeiterinnen und Bäuerinnen, die am 8. März 1917 in Petrograd (dem heutigen St. Petersburg) gegen den 1. Weltkrieg, Hunger und Verarmung streikten. Während Millionen von Männern in den imperialistischen Krieg ziehen mussten, waren es vor allem die Frauen, die die Betriebe am Laufen hielten, sich um Familie und Nachwuchs kümmerten und besonders stark unter Krankheit und Hunger zu leiden hatten. Durch ihr Aufbegehren gegen den Krieg und seine Folgen lösten sie schließlich die Februarrevolution aus.
Krieg verschärft die Unterdrückung der Frau massiv
Auch heute, mehr als 100 Jahre später, leiden Arbeiterinnen und Arbeiter noch immer unter den unmenschlichen Bedingungen des Kapitalismus – und in besonderem Maße dort, wo sie imperialistischen Kriegen ausgeliefert sind. In der Ukraine frieren derzeit Millionen von Familien in unbeheizten Wohnungen ohne Strom- und Wasserversorgung. Im Angesicht von Bombenangriffen und Artilleriebeschuss sehen sie sich ständiger Lebensgefahr ausgesetzt: 19 Millionen Ukrainer und Ukrainerinnen haben deshalb bisher schon die Flucht ergriffen. Während es auch heute noch vorwiegend die Männer sind, die an der Front töten und sterben müssen, sind es die Frauen, die zurückbleiben. Die ihre Söhne, Brüder, Väter und Ehemänner verlieren, die wie selbstverständlich für die Pflege von Kindern, Alten, Kranken und Kriegsversehrten verantwortlich sind und von denen obendrein erwartet wird, weiterhin einer Lohnarbeit nachzugehen. Sowohl in Russland als auch in der Ukraine werden die Rechte der Arbeiterinnen aktuell massiv beschnitten, die Befugnisse der Gewerkschaften werden stark eingeschränkt und Proteste gegen den Krieg mit scharfen Repressionen unterdrückt. Aber nicht nur die ukrainischen Frauen, die den westlichen Imperialisten aktuell als nützliche Aushängeschilder dienen, haben besonders unter den Auswirkungen von Krieg, Zerstörung und Hunger zu leiden. Auch Frauen im Jemen, in Syrien, in Palästina und anderen Kriegsgebieten sind mit erheblichen Gefahren konfrontiert. In den allermeisten Fällen sind sie es, die für die Versorgung der Familie zuständig sind und oft stehen sie vor der Entscheidung zwischen einer lebensgefährlichen Flucht und einem blutigen Krieg.
In Kriegszeiten verschärfen sich die verschiedenen Widersprüche im kapitalistischen System – Reproduktionsarbeit in Kriegszeiten bedeutet: Weniger professionelles Personal in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Kindertagesstätten und Schulen, mehr Kranke, Verwundete, Alte und Kinder, um die es sich zu kümmern gilt. All dies unter der ständigen Bedrohung, geliebte Menschen zu verlieren, von einer Bombe zerfetzt oder von Soldaten vergewaltigt zu werden. Nicht zuletzt sind es die Frauen, von denen schon in Friedenszeiten erwartet wird, zuverlässig neue Arbeitskräfte, im Ernstfall aber eben auch Nachschub für die Streitkräfte zu produzieren. Dem Kapitalismus dienen Frauen als regelrechte Gebärmaschinen, sei es nun um ihre Kinder in die Lohnabhängigkeit zu zwingen oder zum Sterben an die Front zu schicken.
Weltweit leiden Frauen unter imperialistischer Kriegspolitik
Die Unterdrückung der Frau ist jedoch nicht an den Krieg gebunden, sondern ein grundlegender Bestandteil der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Auch in den Mitgliedsländern der NATO wird die imperialistische Kriegspolitik auf dem Rücken von Arbeiterinnen ausgetragen. Auch hier müssen Frauen ihr Leben noch immer deutlich häufiger als Männer mit niedrigen Löhnen, geringer Bildung oder in Teilzeitjobs bestreiten und haben weiterhin den Großteil der Reproduktionsarbeit zu stemmen. Im Angesicht der aktuellen ökonomischen Lage sehen sie sich mit einer ungeheuren Inflation auf Waren des täglichen Bedarfs konfrontiert und müssen ihren häuslichen und familiären Verpflichtungen nicht selten in einer ungeheizten Wohnung nachkommen, was euphemistisch zum „Frieren für den Frieden“ umgedeutet wird. Während der deutsche Staat hunderte Milliarden für Hochrüstung und Waffenlieferungen lockermachen kann und die ständigen Ausgaben für das Militär nun noch weiter anheben will, fangen vor allem Frauen den zunehmenden Fachkräftemangel in Schulen, Kitas und Krankenhäusern auf. Einerseits werden Pflege- und Erziehungsberufe vorwiegend von Frauen ausgeübt. Sie leiden unter schlechten Arbeitsbedingungen und katastrophalen Betreuungs- und Pflegeschlüsseln und kämpfen deshalb an der Seite ihrer Kollegen immer wieder um höhere Löhne und mehr Personal. Andererseits sehen sich vor allem Frauen dazu gezwungen, durch kürzere Öffnungszeiten von Kitas oder ständigen Unterrichtsausfall in Schulen, einen noch größeren Teil der Kinderbetreuung zu übernehmen. Auf diese Weise schultern sie mit ihrer Reproduktionsarbeit in besonderem Maße die Folgen der unsozialen Kriegspolitik.
Der neoliberale Leitsatz der Selbstverwirklichung wird angesichts solcher massiven sozialen Hindernisse zu einem schlechten Witz und das, was uns die bürgerlichen Parteien aktuell als „feministische Außenpolitik“ verkaufen wollen, bedeutet im Klartext nichts anderes als: Bomben auf die Köpfe von Frauen und Kindern in der Ukraine, dem Jemen, Syrien etc.; zusätzliche Reproduktionsarbeit bei gleichzeitig meist prekärer Lohnarbeit für Frauen weltweit, rassistische Ressentiments gegen Russen und Russinnen oder Geflüchtete, die nicht aus der Ukraine stammen; Sanktionen, die Millionen von Familien und insbesondere alleinerziehende Mütter in die Armut treiben und nicht zuletzt Gas- und Waffendeals mit Saudi-Arabien – einem Land, das als Paradebeispiel in Sachen Frauenunterdrückung gilt. Der Krieg – in der Ukraine oder anderswo – verschlimmert die Lage der proletarischen Frauen und der gesamten Arbeiterklasse enorm und es sollte die Pflicht der Gewerkschaften sein, politischen Protest gegen die Kriegs- und Verelendungspolitik der Herrschenden auf die Straße zu tragen. Der Kampf gegen die Unterdrückung der Frau bedeutet Kampf gegen den Krieg und dieser bedeutet auch immer: Kampf dem Kapital.
Der Kampf für die Befreiung der Frau ist international und solidarisch
Der bürgerliche Feminismus versucht uns weiszumachen, dass der Graben entlang der Geschlechterlinien verlaufe oder dass die Unterdrückung der Frau auf bestimmte Religionen, „unzivilisierte Völker“ oder mangelnde Bildung zurückzuführen sei. Damit sollen die wahren Ursachen verschleiert werden, die im kapitalistischen Ausbeutungssystem liegen. Der Kampf für die Befreiung der Frau wird nicht von Frauen allein erfolgreich geführt werden können. Gerade weil der Kapitalismus zu einem weltumspannenden System geworden ist, muss dieser Kampf internationalistisch und solidarisch, von Arbeiterinnen und Arbeitern gemeinsam geführt werden. Anknüpfungspunkte dafür sind unter anderem auch die berechtigen Anliegen, für die in den vergangenen Jahren Millionen Menschen international auf die Straße gegangen sind: gegen sexualisierte Gewalt und für die Möglichkeit legaler, kostenfreier und sicherer Schwangerschaftsabbrüche.
Es ist ein nützliches Herrschaftsinstrument für den Kapitalismus, die Arbeiterklasse durch die Entmenschlichung von Frauen und durch die Vorstellung des Rechts der Männer auf Frauenkörper zu spalten. Prostitution, zu der die allermeisten Betroffenen noch immer aus Armut gezwungen sind oder gezwungen werden, ist ein besonders krasses Beispiel für die kapitalistische Ausbeutung von Frauen. Nichtsdestotrotz wird sie ideologisch häufig als „feministische Emanzipation“ verklärt. Kämpfe, die ganz konkret die Frage nach der Verfügung über den weiblichen Körper berühren, wie der Kampf gegen Prostitution und Menschenhandel, stehen deshalb nach wie vor auf der Tagesordnung. Vor allem in Lateinamerika strömten in den letzten Jahren immer wieder hunderttausende Menschen auf die Straßen, um gegen sexualisierte Gewalt und für legale Schwangerschaftsabbrüche zu protestieren.
Der Kampf für die Befreiung der Frau bedeutet Kampf für den Sozialismus
Selbst wenn es sich bei diesen Auseinandersetzungen um Reformkämpfe handelt und die Gefahr besteht, dass westliche Imperialisten die Gelegenheiten nutzen, ihre geopolitischen oder propagandistischen Ziele voranzutreiben, so zeigen uns diese Kämpfe doch, wie Arbeiterinnen und Arbeiter aller Geschlechter und Nationalitäten zusammenstehen und in ihrem gemeinsamen Interesse handeln können. Diesen Kämpfen sollten wir mit Solidarität begegnen, denn es sind unsere Klassenschwestern (und -brüder), die erkennbare Verbesserungen für ihre gesamte Klasse erstreiten und dabei nicht selten ihr Leben riskieren. Nichtsdestotrotz dürfen wir uns niemals mit bloßen Reformen, mit Lippenbekenntnissen der bürgerlichen Parteien und einer formalen juristischen Gleichstellung zufriedengeben. Denn der konsequente Kampf gegen die Unterdrückung der Frau bedeutet notwendigerweise immer auch den Kampf gegen die materiellen Grundlagen, aus denen diese entstanden ist. Der Kampf gilt der Klassengesellschaft und somit dem Privateigentum an Produktionsmitteln selbst. Statt Reproduktionsarbeit auf Frauen abzuwälzen, muss sie, wie in den sozialistischen Staaten, gesellschaftlich organisiert werden. Wie die Sowjetunion und die DDR bewiesen haben, ist eine gesellschaftlich getragene Betreuung von Kindern, Alten und Kranken keine Utopie und stellt einen enormen Schritt im Kampf um die Befreiung der Frau dar.
Ein Befreiungskampf, der jeglichen Klasseninhaltes beraubt wird, wird lediglich in neuen Formen der Unterdrückung münden. Solange die kapitalistische Ausbeutung nicht beseitigt wird, wird der Kapitalismus immer wieder versuchen, die Unterschiede innerhalb der Arbeiterklasse als Spaltungslinien zu nutzen und dies unter dem Vorwand der Gleichberechtigung zu verschleiern. So fokussiert sich die bürgerliche Frauenpolitik stets nur auf die Repräsentation von Frauen innerhalb des bestehenden Systems und versucht so die Klassenfrage zu verdecken. Ein System, das auf Gewalt und der Herrschaft einiger weniger über den Großteil der Menschheit basiert, kann jedoch höchstens erreichen, dass es bald genauso viele Kapitalistinnen wie Kapitalisten gibt, nicht aber, dass die werktätigen Frauen und Männer ein selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt und Ausbeutung führen können. Dieses Ziel kann nur durch einen solidarischen, internationalen Kampf aller Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit in Angriff genommen werden. Durch einen Kampf, der spezifische Probleme aufgrund von Geschlecht, Hautfarbe oder Herkunft anerkennt, ohne sich in diesen Kategorien spalten zu lassen. Durch einen Kampf gegen die menschenverachtenden Verhältnisse des Kapitalismus – für den Sozialismus. Um dieses Ziel zu erreichen brauchen wir in jedem Land Kampforganisationen der unterdrückten Klasse – Kommunistische Parteien – und eine Kommunistische Internationale, die diese vereint und eine Strategie entwickelt, um dem imperialistischem Weltsystem organisiert und geschlossen das Genick zu brechen.