Aktuelles von Peter Bunkai
„Mein Arbeitsplatz. Unser Industrieland. Unsere Zukunft!“ – dieses Motto des Aktionstages vom 15. März zeigte einmal mehr, dass zwischen die Führungen der IG Metall und die Unternehmer kein Blatt passt. Die zentralen Forderungen und Reden bewiesen: Für die Vorsitzenden der IG Metall gibt es keine eigenständigen Interessen der Beschäftigten mehr, stattdessen wird das „nationale Interesse“ an erste Stelle gestellt – passend zu Zeiten, in denen rechte Stimmen immer mehr Aufwind bekommen.
Laut Angaben der IG Metall nahmen rund 81.000 Menschen an den Kundgebungen in Frankfurt, Hannover, Köln, Leipzig und Stuttgart teil. Die Arbeiter und Arbeiterinnen sind dem Aufruf gefolgt, weil sie angesichts der zunehmenden Entlassungen und Angriffe auf erkämpfte Arbeitsrechte zu Recht um ihre Zukunft fürchten. Doch das 11-Punkte-Programm der IG Metall, mit dem zum Aktionstag mobilisiert wurde, gibt hier trügerische Antworten, die vor allem dem Kapital nutzen. Im Mittelpunkt steht der Schulterschluss mit den Unternehmen und der Politik: Appelle an Arbeitgeber wie eine „Bekenntnis zu Standort und Investitionen“ reihen sich an das Betteln beim Staat, die Schuldenbremse zu reformieren und die Unternehmen zu entlasten. Problematisch ist aber vor allem die Art und Weise des Herangehens: So sind einige Forderungen, wie die nach mehr Ausbildungsplätzen oder gegen sozialen Kahlschlag nicht falsch. Jedoch müssen die Gewerkschaften sich wieder auf ihre eigene Stärke besinnen. Stattdessen scheint es, als wolle sich die IG Metall-Führung selbst überflüssig machen, wenn sie bei Appellen an Unternehmen und Politiker bleibt.
In den meisten Reden wurde die Perspektive der Unternehmen und nicht die der Arbeiterinnen und Arbeiter eingenommen. So sprach die erste Vorsitzende der IG Metall davon, dass „wir“ Zukunft, neue Technologien und grüne Industrie können. Jürgen Kerner, der zweite Vorsitzende, ordnete die aktuelle Politik so ein, dass „die richtige Richtung eingeschlagen“ werde – der aktuelle Rechtsruck und die Aufrüstung auf Kosten der steuerzahlenden Bevölkerung scheinen hier kein Problem zu sein. In Köln waren Aussagen zu hören wie: „Die Arbeitsplätze, die jetzt in der Autobranche wegfallen, könnten in Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie umgewandelt werden.“
Dennoch ist die einst starke Friedensbewegung und das Bewusstsein für die eigenen Interessen innerhalb der IG Metall noch nicht verschwunden und hat beispielsweise in der Diskussion dafür gesorgt, dass das 11-Punkte-Programm nicht offen in den Aufrüstungswahn mit einstimmt. Auch vereinzelte Reden, wie die des Frankfurter Vorstands, positionierten sich klar gegen die Aufrüstung und machten deutlich, dass die Arbeiter die Profite der Unternehmen erwirtschaften. Und auch auf den Kundgebungen gab es eine sichtbare Minderheit, die sich gegen die staatstragende Rolle der IG Metall-Führung stellte. So wendeten sich in Stuttgart Schilder und Banner gegen Aufrüstung und Geschenke an Unternehmer und riefen zum gewerkschaftlichen Kampf auf. In Köln stand die IG BAU mit der Forderung „Stahl für Brücken statt für Waffen“ auf der Demonstration. Darüber hinaus trugen viele Schilder, die sich gegen den aktuellen Kurs der Politik stellten. Auch wir führten einige Gespräche und verteilten Flyer. Sehr präsent waren die Themen Stellenabbau in der Industrie und der Kriegskurs, wobei einige der Teilnehmer offen für eine kritische Haltung gegen Sozialpartnerschaft und Aufrüstung waren.
Angesichts der zunehmenden Angriffe der Unternehmer, wie sie sich zuletzt im massenhaften Stellenabbau bei VW gezeigt haben, müssten die Stimmen noch lauter werden, die sich gegen Kuschelkurs und Schulterschluss wenden – schließlich wird damit nur die eigene Stärke der organisierten Belegschaften untergraben. Es werden weitere Kämpfe um Werkschließungen und Massenentlassungen bevorstehen. Auf diese können wir uns nur vorbereiten, indem sich die Belegschaften an der Basis ihrer eigenen Stärke wieder bewusst werden, und die Gewerkschaften den Fokus auf die Entwicklung von starken Vertrauensleutekörpern und kampfbereiten Mitgliedern legen, statt auf Hinterzimmerpolitik mit Bundesministern.