Erfolgreiches Antifaschistisches Tagesseminar in Frankfurt

Am Donnerstag, den 18. Mai, haben wir in Frankfurt am Main ein antifaschistisches Tagesseminar abgehalten. Unter den ca. 30 Teilnehmenden waren Genossinnen und Genossen der KO, Interessierte aus dem Umfeld der KO Frankfurt, aber auch verschiedene Gäste anderer antifaschistischer Organisationen und Gewerkschaften aus Deutschland und Vertreter des russischen kommunistischen Jugendverbands (RKSMB) waren vertreten. Ein offensichtlich koordinierter Störversuch des Frankfurter Ablegers der Rechtsabspaltung der KO, bei dem sie auch anfingen, die Veranstaltungsteilnehmer entgegen ihrem Willen zu filmen, konnte von uns erfolgreich abgewehrt werden und endete mit dem Rausschmiss der Störer. Danach konnte das Seminar mit leichter Verzögerung starten.

Zunächst wurde die Machtübertragung an die Faschisten 1933 beleuchtet. Ein besonderes Augenmerk wurde hierbei auf die Rolle des deutschen Monopolkapitals gelegt. Anhand von zahlreichen Quellen wurde herausgearbeitet, dass die größten Monopolistenverbände der Weimarer Republik bereits seit der Novemberrevolution eine klare Agenda verfolgten: Erstens, die Abschaffung der bürgerlichen Demokratie und den Übergang zu einer offen terroristischen Diktatur. Zweitens, ein Wirtschaftsprogramm, dass die Kriegs- und Krisenkosten auf die Arbeiterklasse abwälzen und die Steuern und Sozialabgaben für das Kapital auf ein Minimum herabdrücken sollte. Drittens die Revision des Versailler Vertrags und die Wiederbewaffnung Deutschlands mit dem Ziel eines erneuten imperialistischen Eroberungskriegs. Voraussetzung dafür war viertens die restlose Zerschlagung der Arbeiterbewegung, insbesondere der Kommunistischen Partei und der Gewerkschaften. Die Faschisten haben die politische Macht nicht etwa gegen den Willen der Bourgeoisie oder einer demokratischen „Mitte“ der Gesellschaft erobert, sondern sie wurde ihnen im Interesse des Monopolkapitals und unter Zustimmung der alten Eliten legal übertragen.

Anschließend an diesen historischen Input wurden in Kleingruppen verschiedene Texte bearbeitet, die sich mit der Bündnispolitik und dem antifaschistischen Widerstand der KPD, aber auch der SPD und der Gewerkschaften befassten. Schnell wurde hier klar, dass eine Analyse, die der KPD und der sogenannten „Sozialfaschismusthese“ die Schuld am Aufstieg der NSDAP gibt, nicht haltbar ist. In den wesentlichen Punkten war die Analyse der Kommunistischen Internationale richtig: Die Sozialdemokratie war zu Beginn der Weimarer Republik die soziale und politische Hauptstütze des Imperialismus. Ihre Führer hatten durch die „Burgfrieden“-Politik nicht nur den Ersten Weltkrieg möglich gemacht, sondern nach Kriegsende auch die Novemberrevolution gemeinsam mit kaiserlichen Militärs und reaktionären Freikorps im Blut erstickt. Sie bekämpften die KPD bis auf den Tod. Erinnert sei hier an die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, aber auch die Niederschlagung verschiedener Demonstrationen und Aufstände unter SPD-Polizei-Präsidenten bis in das Krisenjahr 1929 hinein. Auch die These, dass der Faschismus zur sozialen und politischen Hauptstütze des Kapitalismus werden kann, hat sich historisch bewahrheitet. Der taktische Fehler der Kommunisten bestand nicht darin, Sozialdemokratie und Faschismus als zwei Hauptstützen der bürgerlichen Herrschaft analysiert zu haben, sondern darin, den Zeitpunkt, ab dem die Kapitalisten auf den Übergang zur offenen terroristischen Diktatur setzten – also auf den Faschismus –, nicht rechtzeitig genug erkannt zu haben. Zu spät wurden von der KPD all ihre Kräfte auf die Herstellung der antifaschistischen Einheitsfront von unten konzentriert.

Gleichzeitig hielten die SPD-Führung und die sozialdemokratisch dominierten ADGB-Gewerkschaften bis zuletzt unbeirrt an ihrem Kurs fest. Sie bekämpfte jede Tendenz zur Zusammenarbeit zwischen kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeiterinnen und Arbeitern an der Basis und betrachtete Faschisten, Monarchisten, Kommunistinnen und Kommunisten gleichermaßen als „Feinde der Demokratie“. Ihr „Antifaschismus“ lief auf eine Verteidigung des bürgerlichen Staats der Weimarer Republik mit ausschließlich legalen Mitteln hinaus – auch dann noch, als sich die herrschende Klasse schon längst von den Prinzipien ihrer eigenen Verfassung verabschiedet hatte. Während die KPD für den Fall der Machtübertragung an Hitler schon frühzeitig zum Generalstreik aufrief, bemühten sich SPD und ADGB bis zum Tag ihrer eigenen Zerschlagung jede kämpferische Massenaktion zu unterbinden. Die Einheitsfront konnte dann erst hinter den Stacheldrahtzäunen der Konzentrationslager entstehen, in denen sich die alten Mitglieder der KPD und SPD nach der Machtübertragung wiederfanden.

Im Gegensatz zu vielen Strömungen, die heute das Label „Antifa“ für sich beanspruchen, trennten die KPD und die durch sie ins Leben gerufenen Antifaschistische Aktion den Kampf gegen den Faschismus nicht vom Klassenkampf und ihrem sozialistischen Ziel. Ihnen war klar, dass der Faschismus nur besiegt werden kann, wenn ihm seine Massenbasis entzogen und seiner sozialen Demagogie eine echte Alternative jenseits des kapitalistischen Status Quo entgegengesetzt wird.

Nach dem Mittagessen gab es einen zweiten Input, in dem anhand der Theorie von Reinhard Opitz einige charakteristische Merkmale faschistischer Bewegungen herausgearbeitet wurden. Diese erfüllen laut Opitz auch ohne selbst an der Macht zu sein eine Reihe wichtiger Funktionen für die Aufrechterhaltung der bürgerlichen Herrschaft. In der darauffolgenden Gruppenarbeit wurde versucht, diese Kriterien auf den Ukraine-Krieg anzuwenden. Hierzu wurden verschiedene Texte aus der bürgerlichen Presse gelesen, aber auch von vermeintlich linken Autorinnen und Autoren, die eine der beiden Konfliktparteien als faschistisch charakterisieren. Die anschließende Diskussion zeigte schnell, dass der Faschismusbegriff in all diesen Texten in erster Linie polemisch verwendet wird oder aber einige herausgelöste Merkmale des Faschismus herhalten mussten, um wahlweise Russland oder die Ukraine in Gänze als faschistisch zu charakterisieren. Diese Analyse ist keine dialektisch-materialistische und somit für uns Kommunistinnen und Kommunisten nicht haltbar.

Auch wenn in der Ukraine eine starke faschistische Bewegung und auch ein reaktionärer Umbau des Staates festgestellt werden kann, blieb die Frage offen, welche Kapitalfraktion gerade in der Ukraine auf die offene faschistische Diktatur setzt und was die Ukraine hier von anderen reaktionären Staaten, in der Minderheiten brutal unterdrückt und Organisationen der Arbeiterklasse zerschlagen werden, qualitativ unterscheidet. Zumindest tendenziell lassen sich dieselben Entwicklungen auch im russischen Staat beobachten, der ein immer autoritäreres Kriegsregime errichtet, gegen Organisationen der Arbeiterklasse repressiv vorgeht und für seine Kriegsführung auf Faschisten setzt. Aber die These, dass es sich hier um den Faschismus an der Macht handelt, konnte nicht überzeugen. Dennoch wurde festgehalten, dass wir den Fragen nach der richtigen Einordnung von Staaten und der davon abgeleiteten revolutionären Strategie weiter nachgehen müssen.

Insgesamt war die Veranstaltung sehr erfolgreich und wir bedanken uns bei allen, die teilgenommen und mitdiskutiert haben. Wir werden an dem Konzept noch etwas feilen und freuen uns bereits darauf, das Seminar in überarbeiteter Form am 8. Juni in Stuttgart und am 17. Juni in Essen erneut durchführen zu können.

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