Am 5.12. heraus zum Schulstreik gegen die Wehrpflicht!
Stellungnahme des ZK der KP vom 2. Dezember 2025
Das Bündnis „Nein zur Wehrpflicht“ ruft für den 5. Dezember alle Schülerinnen und Schüler auf, nicht zur Schule zu gehen und gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu demonstrieren. Dafür sollen Streikkomitees an allen Schulen gegründet werden. Wir unterstützen den Schulstreik und rufen zur Teilnahme daran auf. Genossinnen und Genossen der KP, die noch zur Schule gehen, werden sich am Streik beteiligen. Auch in den Gewerkschaften, insbesondere in der GEW, muss darum gekämpft werden, die Solidarität mit den streikenden Schülerinnen und Schülern zu stärken.
Die Wiedereinführung der verpflichtenden Musterung und potenziell der Wehrpflicht steht im Zusammenhang mit der massiven Militarisierung der Gesellschaft und den Vorbereitungen auf einen großen imperialistischen Krieg Deutschlands und der NATO mit Russland, China und möglicherweise weiteren Ländern. Es ist richtig und notwendig, sich den Plänen zur Aufrüstung, zur Aufstockung der Armee, zur Wiedereinführung der Wehrpflicht, außerdem auch allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr und allen Waffenlieferungen, insbesondere an die Ukraine und Israel, mit aller Kraft zu widersetzen.
Diese Maßnahmen richten sich gegen die arbeitende und lernende Jugend, die als Kanonenfutter für die zukünftigen Schlachtfelder herangezogen werden soll, um millionenfach ihr Leben und ihre Gesundheit zu geben – nicht für den „Frieden“ oder die „Freiheit“, wie es die Kriegspropaganda behauptet, sondern für die Interessen und Profite des deutschen Kapitals. Das gilt auch für die sogenannten Ersatzdienste, die dem Staat in der Pflege und an anderen Stellen billige Arbeitskräfte garantieren. Deshalb ist es notwendig und richtig, eine breite Arbeit in der Jugend, an den Schulen, Ausbildungsstätten und Arbeitsplätzen sowie Universitäten zu entfalten, die sich gegen diese Entwicklungen richtet.
Wir sehen gleichzeitig in der momentanen Bewegung eine Tendenz, die Wehrpflicht teilweise aus den falschen Gründen abzulehnen, also die Frage zu entpolitisieren – von ihrem Kern (der Kriegsvorbereitung) abzulenken – und zu individualisieren, wenn sie etwa zu einer reinen Gewissensfrage verklärt wird. Dennoch wollen wir betonen, dass es uns um eine solidarische Kritik an Teilen der derzeitigen Bewegung gegen die Wehrpflicht geht, die wir zur Diskussion stellen wollen.
Aus unserer Sicht muss sich die Stoßrichtung des Widerstands gegen die Wehrpflicht darauf fokussieren, dass die Wehrpflicht der Kriegsvorbereitung dient und der Krieg allein den Interessen des Kapitals dient, dass es die herrschenden Klassen aller Länder sind, die die Kriegspolitik vorantreiben und dass der weltweite Kampf der Konzerne und ihrer Staaten um Absatzmärkte und Rohstoffe die Ursache ist, die Kriege hervorbringt. Um in der Jugend ein Verständnis dafür zu schaffen, dass die Kampagne gegen die Wehrpflicht den Charakter eines Kampfes zwischen gegensätzlichen Interessen hat, muss dies das zentrale Argument sein. Die Kampagne gegen die Wehrpflicht spricht diese Zusammenhänge auch an, was wir begrüßen.
Doch sie stellt sie neben andere Argumente, die einen individualistischen und allgemein-pazifistischen Charakter haben. So heißt es in dem auf Instagram verbreiteten Aufruf: „Doch was ist eigentlich mit unserem Recht, in Frieden zu leben und selbst zu entscheiden, wie wir unser Leben führen wollen? Wir wollen nicht ein halbes Jahr unseres Lebens in Kasernen eingesperrt sein, zu Drill und Gehorsam erzogen werden und töten lernen.“ Als Grund, gegen die Wehrpflicht zu sein, werden hier letzten Endes Bequemlichkeit und Individualismus in den Vordergrund gestellt. Eine Konsequenz, die sich daraus ableiten lässt, ist, dass alle Jugendlichen, die dazu die Möglichkeit haben, sich individuell den Zwangsdiensten entziehen, oder doch zumindest den Zivildienst anstatt des Militärdienstes wählen sollten. Dass viele Jugendliche, die die Wehrpflicht richtigerweise ablehnen, einen solchen Ausweg wählen wollen, ist normal und verständlich. Doch ist das eine richtige Orientierung? Sollten die organisierten und bewusstesten Teile der Bewegung sich für so eine Orientierung einsetzen?
Wir meinen: Nein! Unser Kampf gegen die Kriegspolitik kann nur als kollektiver Kampf breitester Massen der Arbeiterklasse und des Volkes erfolgreich sein. Der individuelle Ausweg aus der Wehrpflicht ist genauso wenig eine Lösung, wie man niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen damit bekämpfen kann, dass einzelne sich einen besseren Job suchen können.
Wir sind zudem der Ansicht, dass eine Argumentation, die von den Kriegstreibern mit dem Vorwurf belegt werden kann, eine Bewegung der Faulen und Egoisten zu sein, dem Kampf letztlich auch schaden kann. Damit werden wir diejenigen Jugendlichen nicht erreichen können, die der nationalistischen Hetze (der angeblichen nationalen Einheit mit den Kapitalisten) erliegen und den Lügen der Herrschenden aufsitzen, sie würden bei der Bundeswehr für den Frieden kämpfen, Heimat und Familie verteidigen.
Das Bewusstsein, dass wir in der Jugend fördern müssen, ist nicht, dass Disziplin, Kampf und Aufopferung per se etwas Schlechtes sind. Im Gegenteil: Wir müssen gegen die Angriffe der Herrschenden kämpfen, diszipliniert und bereit, persönliche Opfer zu bringen. Die Bundeswehr setzt in ihren Propagandakampagnen auf Werte wie Mut, Kameradschaft und Opferbereitschaft – und wir dürfen nicht in die Falle tappen, diese Werte abzulehnen, sondern wir müssen erklären, warum das Ziel des Kampfes falsch ist. Für die Kameradschaft unserer Klassengeschwister im gemeinsamen Kampf, für Opferbereitschaft und Mut im Widerstand gegen dieses barbarische Ausbeutersystem, für eine andere Gesellschaft! Die Disziplin der Bundeswehr ist die Untertanendisziplin der bürgerlichen Klassengesellschaft. Die Disziplin der Arbeiterklasse im Kampf für den Sozialismus ist hingegen die gelebte Solidarität und Schlagfertigkeit der Klasse.
Zuletzt möchten wir auf die unbestreitbare historische Erfahrung verweisen, dass Kriege immer nur dann durch den Widerstand von unten beendet werden konnten, wenn dieser Widerstand sich auch – wenn auch nicht nur – in den Reihen der Armee organisiert hat. 1917 waren es in Russland die revolutionären Soldaten und Matrosen, die den Ausschlag dafür gaben, den Krieg durch die Revolution zu beenden. 1918 waren es in Deutschland die Kieler Matrosen, die die Novemberrevolution begannen, welche ihren Kriegsherren in den Rücken fiel und den Kaiser stürzte. Ein Kampf gegen die Wehrpflicht sollte sich deshalb nicht auf die vergleichsweise bequeme Position zurückziehen, möglichst viele Jugendliche zur Kriegsdienstverweigerung zu bewegen, sondern muss sich gleichzeitig auch die Frage stellen, wie der Kampf gegen den Krieg – bei Übungen, im Auslandseinsatz, in einer größeren zukünftigen Kriegsbeteiligung Deutschlands – gerade auch innerhalb des Militärs entwickelt werden kann.
Wir glauben, dass der Kampf gegen den Krieg und die Wehrpflicht auf dieser Linie geführt werden sollte und setzen uns in der Antikriegsbewegung für eine solche Orientierung ein.


