Über die Krokodilstränen der liberalen Prominenz und ihrer offenen Briefe
Kommentar von Joshua Relko
Nun habt ihr euch zu Wort gemeldet, nach über zwei Jahren des offenen Genozids. Geschwiegen habt ihr, wohlwollend genickt oder offen mit gehetzt als der Feldzug begann. Als Schulen und Krankenhäuser dem Erdboden gleichgemacht wurden. Als Kampfhunde in die Häuser der Familien vordrangen. Als in Khan Yunis die Flüchtlingszelte brannten. Als bekannt wurde, wie in den Gefängnissen der Besatzer gefoltert und vergewaltigt wird.
Und immer noch redet ihr den Herrschenden nach dem Mund. Verbrecher, Terroristen nennt ihr Alle, die sich wehrten, solange sie noch konnten – gegen das, was nun seine grausame Vollendung zu finden scheint.
Vielleicht wart ihr geknebelt, vielleicht musstet ihr schweigen für Gage und Verträge. Aber ich nehm’s euch nicht ab. Andere haben was riskiert – Abschiebung, Knast, Exmatrikulation. Die meisten von denen waren nie im Fernsehen, die meisten von denen kamen nie groß damit raus.
Ein winziger Bruchteil des Vermögens eines Joko Winterscheidts würde genügen, die Prozesskosten aller Palästina-Aktivisten dieses Landes zu decken.
Nein, wir brauchen keine Bitten von ein paar berühmten Gesichtern an die Mörder in der Politik. Wir brauchen die Kraft, die Macht, die Organisation der Millionen Unbekannten, der unten Stehenden. Derer, die das Fließband des Todes bedienen – oder eben stoppen.
Ich dreh euch keinen Strick aus euren Briefen und Bitten. Begrüßenswert ist eure Stimme, aber sie kommt viel zu spät. Gewartet habt ihr, bis es ungefährlich wurde – also erwartet keinen Applaus. Schaut selbst, was ihr tun könnt und nach Jahren des Schweigens: Zeigt lieber etwas Demut.