Bildungskommission der Kommunistischen Partei
Heute findet die Bundestagswahl statt. Wir haben in einem Hintergrundartikels bereits dargestellt, wie wir uns zu den Wahlen verhalten, nämlich: eine kämpferische Haltung einzunehmen und zumindest symbolisch unsere Opposition dadurch auszudrücken, dass wir ungültig wählen – im Wissen, dass die Herrschenden den Wahlboykott an sich nicht fürchten. Er ist keine Waffe in unseren Händen, sondern dem Fehlen von Alternativen geschuldet. Denn keine der Parteien, die zur Wahl stehen und ins Parlament einziehen vertritt die Interessen der Arbeiterklasse, keine von ihnen steht wirklich der reaktionären Entwicklung entgegen.
Die Wahl des vermeintlich kleineren Übels lehnen wir ab, denn sie bedeutet nur, „dass wir denjenigen Legitimation verschaffen, die uns nach dem Wahltag als neue Regierung zertrampeln oder als Opposition in die Irre führen werden. Sie hindert uns daran, unseren eigenen Kampf gegen die herrschende Politik konsequent zu führen – denn wir können den Gegner nicht glaubwürdig angreifen, wenn wir ihn auf anderem Weg weiter unterstützen.“
Andererseits sind wir nicht gegen die Beteiligung an Wahlen überhaupt: „Wir sind nicht gegen die Beteiligung an Wahlen, sondern streben sie im Gegenteil an, wo sie nützlich ist, um dem Kommunismus mehr öffentliche Präsenz zu verschaffen und das herrschende System zu entlarven. Wir machen gleichzeitig klar, dass wir unter Demokratie etwas ganz anderes verstehen: Nicht das Kreuz alle vier Jahre, um zwischen verschiedenen Varianten der kapitalistischen Politik zu wählen, sondern ein Staat unter der Herrschaft des arbeitenden Volkes, unter massenhafter aktiver Einbeziehung der Massen in die Politik und auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an den Betrieben.“
Dass diese Positionen nicht von allen in der kommunistischen Bewegung geteilt werden, haben wir in den letzten Tagen gesehen. Wir haben im Folgenden einige zentrale Textstellen zusammengestellt, die zeigen, wie sich Kommunisten in der Geschichte zum Parlament und zu bürgerlichen Wahlen gestellt haben.
Lenin: Staat und Revolution
Lenin Werke 25, S. 435
Doch für Marx war die revolutionäre Dialektik nie jenes leere Modewort, jene Kinderklapper, zu der sie Plechanow, Kautsky und andere gemacht haben. Marx verstand es, mit den Anarchisten rücksichtslos zu brechen, weil diese es nicht vermochten, auch nur den „Saustall“ des bürgerlichen Parlamentarismus auszunutzen, besonders in Zeiten, da offensichtlich keine revolutionäre Situation vorhanden ist; gleichzeitig verstand er aber auch, eine wahrhaft revolutionär-proletarische Kritik am Parlamentarismus zu üben.
Einmal in mehreren Jahren zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament niederhalten und zertreten soll – das ist das wirkliche Wesen des bürgerlichen Parlamentarismus, nicht nur in den parlamentarisch-konstitutionellen Monarchien, sondern auch in den allerdemokratischsten Republiken.
Lenin: Der „Linke Radikalismus“, die Kinderkrankheit des Kommunismus
Lenin Werke Bd. 31, S. 42-44
Der Parlamentarismus ist „historisch erledigt“. Im Sinne der Propaganda ist das richtig. Aber jedermann weiß, daß es von da bis zur praktischen Überwindung noch sehr weit ist. Den Kapitalismus konnte man bereits vor vielen Jahrzehnten, und zwar mit vollem Recht, als „historisch erledigt“ bezeichnen, das enthebt uns aber keineswegs der Notwendigkeit eines sehr langen und sehr hartnäckigen Kampfes auf dem Boden des Kapitalismus. Der Parlamentarismus ist im welthistorischen Sinne „historisch erledigt“, d.h., die Epoche des bürgerlichen Parlamentarismus ist beendet, die Epoche der Diktatur des Proletariats hat begonnen. Das ist unbestreitbar. Aber der welthistorische Maßstab rechnet nach Jahrzehnten. 10 bis 20 Jahre früher oder später, das ist, mit dem welthistorischen Maßstab gemessen, gleichgültig, das ist – vom Standpunkt der Weltgeschichte aus gesehen – eine Kleinigkeit, die man nicht einmal annähernd berechnen kann. Aber gerade deshalb ist es eine haarsträubende theoretische Unrichtigkeit, sich in einer Frage der praktischen Politik auf den welthistorischen Maßstab zu berufen.
Der Parlamentarismus ist „politisch erledigt“? Das ist eine ganz andere Sache. […] Die deutschen „Linken“ haben entgegen der Meinung so hervorragender politischer Führer wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht bekanntlich schon im Januar 1919 den Parlamentarismus für „politisch erledigt“ gehalten. Wie bekannt, haben sich die „Linken“ geirrt. Schon das allein stößt sofort und radikal die These um, daß der Parlamentarismus „politisch erledigt“ sei. […] Es ist klar, daß der Parlamentarismus in Deutschland politisch noch nicht erledigt ist. Es ist klar, daß die „Linken“ in Deutschland ihren eigenen Wunsch, ihre eigene ideologisch-politische Stellung für die objektive Wirklichkeit halten. Das ist der gefährlichste Fehler, den Revolutionäre machen können. […] Für die Kommunisten in Deutschland ist der Parlamentarismus natürlich „politisch erledigt“, aber es kommt gerade darauf an, daß wir das, was für uns erledigt ist, nicht als erledigt für die Klasse, nicht als erledigt für die Massen betrachten. Gerade hier sehen wir wiederum, daß die „Linken“ nicht zu urteilen verstehen, daß sie nicht als Partei der Klasse, als Partei der Massen zu handeln verstehen. Ihr seid verpflichtet, nicht auf das Niveau der Massen, nicht auf das Niveau der rückständigen Schichten der Klasse hinabzusinken. Das ist unbestreitbar. Ihr seid verpflichtet, ihnen die bittere Wahrheit zu sagen. Ihr seid verpflichtet, ihre bürgerlich-demokratischen und parlamentarischen Vorurteile beim richtigen Namen zu nennen. Aber zugleich seid ihr verpflichtet, den tatsächlichen Bewußtseins- und Reifegrad eben der ganzen Klasse (und nicht nur ihrer kommunistischen Avantgarde), eben der ganzen werktätigen Masse (und nicht nur ihrer fortgeschrittensten Vertreter) nüchtern zu prüfen.
Selbst wenn keine „Millionen“ und „Legionen“, sondern bloß eine ziemlich beträchtliche Minderheit von Industriearbeitern den katholischen Pfaffen und von Landarbeitern den Junkern und Großbauern nachläuft, ergibt sich schon daraus unzweifelhaft, daß der Parlamentarismus in Deutschland politisch noch nicht erledigt ist, daß die Beteiligung an den Parlamentswahlen und am Kampf auf der Parlamentstribüne für die Partei des revolutionären Proletariats unbedingte Pflicht ist, gerade um die rückständigen Schichten ihrer Klasse zu erziehen, gerade um die unentwickelte, geduckte, unwissende Masse auf dem Lande aufzurütteln und aufzuklären. Solange ihr nicht stark genug seid, das bürgerliche Parlament und alle sonstigen reaktionären Institutionen auseinanderzujagen, seid ihr verpflichtet, gerade innerhalb dieser Institutionen zu arbeiten, weil sich dort noch Arbeiter befinden, die von den Pfaffen und durch das Leben in den ländlichen Provinznestern verdummt worden sind. Sonst lauft ihr Gefahr, einfach zu Schwätzern zu werden.
Lenin: Der „Linke Radikalismus“, die Kinderkrankheit des Kommunismus
Lenin Werke Bd. 31, S. 102-105
Darin besteht eben die Kinderei der „Ablehnung“ einer Beteiligung am Parlamentarismus, daß man auf eine so „einfache“, „leichte“, angeblich revolutionäre Weise die schwierige Aufgabe des Kampfes gegen die bürgerlich-demokratischen Einflüsse innerhalb der Arbeiterbewegung „zu lösen“ glaubt, in Wirklichkeit aber nur vor dem eigenen Schatten davonläuft, nur die Augen vor der Schwierigkeit verschließt und mit bloßen Worten über sie hinwegzukommen sucht. Schamlosester Karrierismus, Ausnutzung der Parlamentspöstchen auf bürgerliche Art, himmelschreiende reformistische Entstellung der Arbeit im Parlament, abgeschmackte spießbürgerliche Routine – das alles sind ohne Zweifel die gewöhnlichen und überwiegenden charakteristischen Züge, die der Kapitalismus überall, nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Arbeiterbewegung erzeugt. Aber der Kapitalismus und die von ihm geschaffenen bürgerlichen Zustände (die sogar nach dem Sturz der Bourgeoisie nur sehr langsam verschwinden, den die Bauernschaft bringt immer wieder eine Bourgeoisie hervor) erzeugen durchweg auf allen Arbeits- und Lebensgebieten im Grunde genommen den gleichen, sich nur durch ganz geringe Varianten in der Form unterscheidenden bürgerlichen Karrierismus und nationalen Chauvinismus, die gleiche spießbürgerliche Verflachung usw.usf.
Ihr kommt euch selber „schrecklich revolutionär“ vor, liebe Boykottisten und Antiparlamentarier, aber in Wirklichkeit habt ihr Angst bekommen vor den verhältnismäßig kleinen Schwierigkeiten des Kampfes gegen die bürgerlichen Einflüsse innerhalb der Arbeiterbewegung, obwohl doch euer Sieg, d.h. der Sturz der Bourgeoisie und die Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat, dieselben Schwierigkeiten in noch größerem, unermeßlich größerem Ausmaß schaffen wird. Ihr habt wie Kinder Angst bekommen vor einer kleinen Schwierigkeit, die euch heute bevorsteht, und begreift nicht, daß ihr morgen oder übermorgen trotz allem werdet lernen, endgültig lernen müssen, dieselben Schwierigkeiten in unermeßlich beträchtlicherem Ausmaß zu überwinden. […]
Gewiß, unter der Herrschaft der Bourgeoisie ist es sehr „schwierig“, die bürgerlichen Gewohnheiten in der eigenen Partei, d.h. in der Arbeiterpartei, zu besiegen: es ist „schwierig“, die gewohnten, durch bürgerliche Vorurteile hoffnungslos verdorbenen parlamentarischen Führer aus der Partei zu vertreiben; es ist „schwierig“, eine absolut notwendige (eine ganz bestimmte, wenn auch sehr beschränkte) Zahl von Leuten, die aus dem Bürgertum kommen, der proletarischen Disziplin unterzuordnen; es ist „schwierig“, eine der Arbeiterklasse durchaus würdige kommunistische Fraktion im bürgerlichen Parlament zu schaffen; es ist „schwierig‘ zu erreichen, daß die kommunistischen Parlamentarier ihre Zeit nicht mit bürgerlich-parlamentarischen Kinkerlitzchen vertändeln, sondern sich mit der so überaus dringenden Arbeit der Propaganda, Agitation und Organisation unter den Massen befassen. All das ist „schwierig“, wer wollte es leugnen, es war schwierig in Rußland und wird noch unvergleichlich schwieriger sein in Westeuropa und Amerika, wo die Bourgeoisie weit stärker ist, wo die bürgerlich-demokratischen Traditionen und dergleichen stärker sind.
Aber alle diese „Schwierigkeiten“ sind geradezu kinderleicht im Vergleich mit den Aufgaben ganz derselben Art, die das Proletariat sowieso unweigerlich wird lösen müssen, sowohl um zu siegen als auch während der proletarischen Revolution und nach der Machtergreifung durch das Proletariat. Im Vergleich mit diesen wahrhaft gigantischen Aufgaben, wenn man unter der Diktatur des Proletariats Millionen Bauern und Kleinproduzenten, Hunderttausende Angestellte, Beamte, bürgerliche Intellektuelle umerziehen und sie alle dem proletarischen Staat und der proletarischen Führung unterstellen, in ihnen die bürgerlichen Gewohnheiten und Traditionen wird besiegen müssen – im Vergleich mit diesen gigantischen Aufgaben ist es eine kinderleichte Sache, unter der Herrschaft der Bourgeoisie, im bürgerlichen Parlament eine wirklich kommunistische Fraktion einer wirklich proletarischen Partei zu schaffen. […]
Solange die Bourgeoisie nicht gestürzt ist und solange ferner die Kleinwirtschaft und die kleine Warenproduktion nicht völlig verschwunden sind, solange werden bürgerliche Zustände, Eigentümergewohnheiten und kleinbürgerliche Traditionen die proletarische Arbeit von außerhalb wie von innerhalb der Arbeiterbewegung schädigen, nicht allein auf dem Feld der parlamentarischen Tätigkeit, sondern unvermeidlich auf allen und jeglichen Gebieten der öffentlichen Tätigkeit, in ausnahmslos allen kulturellen und politischen Wirkungskreisen. Und ein überaus schwerer Fehler, den wir später unbedingt werden büßen müssen, ist der Versuch, sich vor einer der „unangenehmen“ Aufgaben oder Schwierigkeiten auf einem Arbeitsgebiet zu drücken, von ihr nichts wissen zu wollen. Man muß es lernen, alle Arbeits- und Tätigkeitsgebiete ohne Ausnahme zu meistern und zu beherrschen, alle Schwierigkeiten und alle bürgerlichen Praktiken, Traditionen und Gewohnheiten überall und allerorts zu überwinden. Eine andere Fragestellung wäre einfach nicht ernst zu nehmen, wäre einfach eine Kinderei.
Lenin: Aus dem Tagebuch eines Publizisten
Lenin Werke Bd. 26, S. 37
Das objektive Wechselverhältnis der Klassen, ihre (ökonomische und politische) Rolle außerhalb der Vertretungskörperschaften des gegebenen Typus und innerhalb dieser Körperschaften, das Anwachsen oder der Niedergang der Revolution, das Verhältnis zwischen den außerparlamentarischen und den parlamentarischen Kampfmitteln – das sind die wichtigsten, grundlegenden, objektiven Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, wenn man die Taktik des Boykotts oder der Beteiligung nicht willkürlich, auf Grund seiner „Sympathien“, sondern marxistisch ableiten will.
Der kommunistische Parlamentarismus in der Praxis
(Leitsätze des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale zum II. Kongress (1920))
Entwurf von Vorschriften für die kommunistischen Abgeordneten bürgerlicher Parlamente (zentraler, lokaler und städtischer) und die Zentralkomitees der kommunistischen Parteien, denen die Leitung der kommunistischen Fraktionen der bürgerlichen Parlamente obliegt.
(Zusatz zu den Leitsätzen über den Parlamentarismus.)
Die Gegnerschaft gegen den Eintritt von Kommunisten ins bürgerliche Parlament wird hauptsächlich durch die Erinnerungen an den sozialdemokratischen Parlamentarismus der Zeit der II. Internationale genährt. Das Verhalten der übergroßen Mehrheit der sozialdemokratischen Abgeordneten in den bürgerlichen Parlamenten war in der Tat derart prinzipienlos und rein verräterisch, dass diese Erfahrung von der Arbeiterklasse nicht vergessen werden kan .
Das ist der Grund, warum es für die Kommunistische Internationale, die sich im Interesse der revolutionären Sache für die Ausnutzung der Parlamentstribüne durch die Kommunisten ausgesprochen hat, notwendig ist, die Tätigkeit der kommunistischen Abgeordneten zu verfolgen und alle Maßnahmen zu treffen, um den Typus eines Parlamentariers, der Revolutionär und kommunistischer Kämpfer ist, zu schaffen.
Dazu ist notwendig, dass:
1. Die Kommunistische Partei in ihrer Gesamtheit und ihr Zentralkomitee bereits im Vorbereitungsstadium, d.h. vor den Parlamentswahlen, für die hohe Qualität des persönlichen Bestandes der Parlamentsfraktionen sorgen müssen. Das Zentralkomitee der kommunistischen Partei muss für die gesamte Arbeit der kommunistischen Parlamentsfraktion verantwortlich sein. Das Zentralkomitee der kommunistischen Partei muss das unbestreitbare Recht haben, gegen einen beliebigen Kandidaten einer beliebigen Organisation Einspruch zu erheben, wenn es keine Gewähr gibt, dass dieser Kandidat, wenn er ins Parlament gelangt, eine wirklich kommunistische Politik verfolgen wird.
Die kommunistische Partei muss der alten sozialdemokratischen Gewohnheit entsagen, ausschließlich sogenannte „erfahrene“ Parlamentarier, vorwiegend Anwälte und dergl., als Deputierte aufzustellen. In der Regel ist es notwendig, Arbeiter als Kandidaten aufzustellen, ohne sich daran zu stoßen, dass das mitunter einfache Parteimitglieder ohne große parlamentarische Erfahrung sein werden. Die kommunistische Partei muss durch erbarmungslose Verachtung diejenigen Streberelemente verfolgen, die sich am Vorabend der Wahlen an die kommunistischen Parteien heranmachen, um ins Parlament zu gelangen. Die Zentralkomitees der kommunistischen Parteien müssen nur die Kandidaturen von denjenigen bestätigen, die durch langjährige Arbeit ihre unbedingte Ergebenheit der Arbeiterklasse gezeigt haben.
2. Wenn die Wahlen vollendet sind, muss die Organisierung der Parlamentsfraktion sich voll und ganz in den Händen des Zentralkomitees der kommunistischen Parteien befinden, ganz abgesehen davon, ob die Gesamtpartei in dem betr. Zeitpunkt legal oder illegal ist. Der Vorsitzende und der Vorstand der kommunistischen Parlamentsfraktion müssen von dem Zentralkomitee der Partei bestätigt werden. Das Zentralkomitee muss in der Parlamentsfraktion einen ständigen Vertreter mit Einspruchsrecht haben. In allen politisch wichtigen Fragen muss sich die Parlamentsfraktion vorher Verhaltungsmaßregeln vom Zentralkomitee der Partei erbitten. Das Zentralkomitee hat das Recht und die Pflicht, bei einer bevorstehenden großen Aktion der Kommunisten im Parlament den Redner der Fraktion aufzustellen oder zu beanstanden, von ihm die vorherige Vorlegung der Leitsätze seiner Rede oder die Rede selbst zur Genehmigung durch das Zentralkomitee usw. zu fordern. Jedem Kandidaten, der auf der Wahlliste der Kommunisten steht, muss ganz offiziell die schriftliche Verpflichtung abgenommen werden, dass der betreffende Kandidat auf die erste Aufforderung des Zentralkomitees der Partei hin sein Mandat niederlegt, damit die Partei auf Neuwahlen bestehen könnte.
3. In denjenigen Ländern, in denen es reformistischen, halbreformistischen und einfach Streberelementen bereits gelungen ist, in die kommunistische Fraktion einzudringen (das ist bereits in einigen Ländern geschehen), sind die Zentralkomitees der kommunistischen Parteien verpflichtet, eine gründliche Säuberung des persönlichen Bestandes der Fraktionen vorzunehmen, von dem Prinzip ausgehend, dass es für die Sache der Arbeiterklasse viel nützlicher ist, eine kleine, aber wirklich kommunistische Fraktion zu haben, als eine zahlreiche Fraktion ohne konsequente kommunistische Politik.
4. Der kommunistische Abgeordnete ist auf Beschluss des Zentralkomitees und verpflichtet, die legale Arbeit mit der illegalen zu vereinigen. In denjenigen Ländern, wo sich der kommunistische Abgeordnete der Immunität vor den bürgerlichen Gesetzen erfreut, muss diese Immunität ausgenutzt werden, die Partei in ihrer illegalen Tätigkeit der Organisation und Propaganda zu unterstützen.
5. Alle ihre parlamentarischen Aktionen müssen die kommunistischen Abgeordneten der Tätigkeit ihrer Partei außerhalb des Parlaments unterordnen. Die regelmäßige Einbringung von demonstrativen Gesetzentwürfen, die nicht dazu bestimmt sind, von der bürgerlichen Mehrheit angenommen zu werden, sondern Zwecken der Propaganda, Agitation und Organisation dienen, muss auf Anweisung der Partei und ihres Zentralkomitees geschehen.
6. Bei Straßendemonstrationen der Arbeiter und sonstigen revolutionären Aktionen hat der kommunistische Abgeordnete die Pflicht, an der Spitze der Arbeitermassen an erster leitender Stelle zu stehen.
7. Die kommunistischen Abgeordneten müssen auf allen ihnen zur Verfügung stehenden Wegen (unter der Kontrolle der Partei) schriftliche und jedwede andere Verbindungen mit revolutionären Arbeitern, Bauern und anderen Werktätigen anzuknüpfen versuchen, unter keinen Umständen gleich den sozialdemokratischen Abgeordneten handeln, die Geschäftsverbindungen mit ihren Wählern suchen.
8. Ein jeder kommunistische Abgeordnete des Parlaments muss dessen eingedenk sein, dass er kein Gesetzgeber ist, der mit anderen Gesetzgebern eine Verständigung sucht, sondern ein Agitator der Partei, der ins feindliche Lager entsandt ist, um dort Parteibeschlüsse durchzuführen. Der kommunistische Abgeordnete ist nicht der losen Wählermasse, sondern seiner legalen oder illegalen Partei gegenüber verantwortlich.
9. Die kommunistischen Abgeordneten müssen im Parlament eine Sprache reden, die jedem einfachen Arbeiter, jedem Bauern, jeder Waschfrau, jedem Hirten verständlich ist, in einer Weise, dass die Partei die Möglichkeit hat, ihre Reden als Flugblätter herauszugeben und sie in den entlegensten Winkeln des Landes zu verbreiten.
10. Einfache kommunistische Arbeiter müssen ganz unbefangen in den bürgerlichen Parlamenten auftreten, ohne den sogenannten Parlamentariern den Vorrang zu überlassen – auch in den Fällen, wenn die Arbeiter erst Anfänger auf parlamentarischem Gebiet sind. Im Notfall können die Abgeordneten aus der Mitte der Arbeiter ihre Reden direkt ablesen, damit diese Reden in der Presse und in den Flugblättern abgedruckt werden können.
11. Die kommunistischen Parteien müssen die Parlamentstribüne zur Entlarvung nicht nur der Bourgeoisie und ihrer offenen Handlanger, sondern auch zur Entlarvung der Sozialpatrioten, der Reformisten, der Halbheit der Politiker des „Zentrums“ und anderer Gegner des Kommunismus und zur breiten Propaganda der Ideen der Kommunistischen Internationale ausnutzen.
12. Die kommunistischen Abgeordneten haben sogar in den Fällen, wenn es ihrer nur 1-2 Mann im ganzen Parlament gibt, durch ihr ganzes Betragen eine Herausforderung dem Kapitalismus gegenüber zu zeigen und dürfen nie vergessen, dass nur derjenige des Namens eines Kommunisten würdig ist, der nicht nur in Worten, sondern auch in seinen Taten ein Erzfeind der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer sozialpatriotischen Handlanger ist.