Kommentar zur Friedensdemo am 3.10.24 in Berlin
Von Natalja Merten
Mit 40.000 anderen Friedensbewegten sind wir am 3.10. dem Aufruf des Bündnisses „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder“ gefolgt. Friedensinitiativen, Gewerkschafterinnen, politisch organisierte von sozialdemokratisch bis revolutionär und zahlreiche unorganisierte Menschen waren in Berlin auf der Straße – den Veranstaltern ist es gelungen, ein breites politisches Spektrum zu versammeln. Doch zu welchem Preis?
Es ist völlig klar, dass wir eine breite und starke Friedensbewegung brauchen. Diese brauchen wir ständig, weil Frieden im Kapitalismus nichts anderes bedeutet als die Zeit zwischen zwei Kriegen. Es ist auch völlig klar, dass wir es aktuell unter der Ampel-Regierung mit einem nie dagewesenen Aufrüstungsprojekt seit Anbeginn der BRD oder zumindest seit der Konterrevolution zu tun haben. Wir brauchen also auch ganz akut eine starke Friedensbewegung. Die Militarisierung der Gesellschaft schreitet scheinbar unaufhaltsam voran: Breite Kampagnen für die Bundeswehr, Diskussionen über die Wiedereinführung der Wehrpflicht, massive Aufstockung des Kriegsetats bei gleichzeitigem Abbau erkämpfter sozialer Errungenschaften und der deutsche Imperialismus schießt an allen Fronten mit. Die Kassen des Kapitals klingeln und weltweit sterben die Volksmassen im Krieg, sofern sie die Möglichkeit zur Flucht nicht haben. Und die Herrschenden in Deutschland vermitteln medial gestützt ein Bild, das uns klar machen soll: Wenn wir in Sicherheit leben wollen, dann müssen wir kämpfen, dann müssen wir aufrüsten, dann müssen wir Frieden sagen und Krieg meinen.
Knapp 40.000 Friedensbewegte waren in Berlin auf der Straße. Das war ein symbolischer Akt. 40.000 Friedensbewegte aus der gesamten Bundesrepublik in einer Stadt mit 4 Millionen Einwohnern. Es ist eigentlich ein Trauerspiel. Und selbst das ist nur gelungen, weil wir uns unter einem Aufruf versammeln mussten, der gerade mal einen friedenspolitischen Minimalkonsens formuliert hat: Kein Wort zu Flucht und Migration, kein Wort zur Rolle des russischen Imperialismus im Krieg in der Ukraine, kein Wort über das imperialistische Israel und seine ureigene Verantwortung für die Eskalation des regionalen Krieges in und um Palästina. Kein Wort über den Völkermord, den die Kolonialmacht in Palästina begeht. Es war ein Zeichen – irgendwie gegen Krieg. Ein Zeichen gemeinsam mit denjenigen, die die aktuellen Kriege vielleicht nicht immer in Worten, aber zumindest in Taten mittragen.
Ja, wir brauchen große Friedensproteste! Doch ohne die Feigenblätter aus der herrschenden Klasse!
Denn während sich Gesine Lötzsch auf der Abschlusskundgebung von Frieden spricht, spricht sich ihre Partei Die Linke im Parlament für Waffenlieferungen aus. Während Wagenknecht auf der Bühne ihre Partei als neue soziale und friedenspolitische Alternative inszeniert, sehnt BSW nicht mehr als eine stärker multipolare imperialistische Weltordnung mit einem starken Deutschland herbei.
Während wir uns gegen Krieg versammeln, müssen wir von der Bühne den Worten des CSU-Vertreters Peter Gauweiler lauschen. Es sei seine erste Friedenskundgebung, er habe wirklich nie gedacht, sich einmal als Redner auf einer solchen Veranstaltung wiederzufinden. Am Ende wollte er doch nur daran erinnern, dass die Bundeswehr eine wirklich ehrenhafte Institution ist, die wir brauchen und stärken müssen.
Während wir uns gegen Krieg versammeln, vertritt Ralf Stegner auf der Bühne seine Partei SPD und die Linie Bundesregierung. Der angebliche Friedensverfechter spricht darüber, dass Deutschland in der Ukraine humanitäre Verantwortung übernehme – auch militärisch. Immerhin wurde er ausgebuht.