Zohran Mamdani – Hype um neuen New Yorker Bürgermeister

Aktuelles von Louis Vehlow

New Yorks neuer Bürgermeister Zohran Mamdani gilt vielen als Hoffnungsträger. Von Präsident Trump als Kommunist verschrien, hat sein Wahlsieg weit über die Landesgrenzen hinaus für Aufregung gesorgt – auch in der deutschen Parteienlandschaft. Insbesondere zur Linkspartei ergibt sich ein interessantes Verhältnis voller Gemeinsamkeiten und gegenseitiger Inspiration.

Zum Kommunisten erklärt

New York hat gewählt: Siegreich hervorgegangen ist Zohran Kwame Mamdani, der sich auf den ersten Blick stark von seinen Konkurrenten und den etablierten US-amerikanischen Parteien abzuheben scheint. Er stellt soziale Themen in den Vordergrund, und das in einer Stadt wie New York, in der die Lebenshaltungskosten immer unbezahlbarer werden. Seine zentralen Wahlversprechen sind ein Mietendeckel, der Bau erschwinglicher Wohnungen, staatlich subventionierte Lebensmittelläden sowie kostenloser Nahverkehr und Kinderbetreuung. Dadurch greift er erfolgreich zentrale Probleme der Arbeiterklasse auf. Eine Einkommenssteuer für Millionäre und erhöhte Steuern für Großkonzerne sollen dieses Programm finanzieren. Durch palästinasolidarische Äußerungen und Kritik an Präsident Trumps harter Anti-Migrations-Politik knüpft er ferner an die aktuell größten Protestbewegungen des Landes an. Sein Image als Oppositionsfigur bespielt Mamdani dabei ganz bewusst – und bezeichnete sich in diesem Sinne selbst als „Trumps schlimmsten Alptraum“.

Auf dieser Grundlage erklärte US-Präsident Donald Trump Mamdani kurzerhand zum Kommunisten. Das ist allerdings weit gefehlt. Vielmehr stellen Zohran Mamdani und seine Organisation, „Demokratische Sozialisten Amerikas“ (DSA), ein US-amerikanisches Pendant zur sozialdemokratischen deutschen Linkspartei dar. Mamdani ist Mitglied bei den Demokraten und kandidiert über diese. Zusätzlich ist er Mitglied bei DSA, einer Organisation, die sich selbst als linken Flügel innerhalb der US-Linken versteht, und ausgewählte „linke“ demokratische Kandidaten unterstützt.

Sozialdemokratischer Reformismus

Die Wahlkampfstrategien beider Organisationen zeigen große Ähnlichkeiten: Von Freiwilligen unterstützter Haustürwahlkampf, großangelegte Social-Media-Kampagnen und die Inszenierung der eigenen Figuren als Widerstandskämpfer gegen das „Establishment“ spielen sowohl für Mamdani als auch für die Linkspartei eine zentrale Rolle. Tatsächlich blickte die Linkspartei mit einiger Begeisterung auf den Wahlkampf in New York. Mamdanis Kampagne gebe der deutschen Partei nicht nur „Rückenwind“, sie sei „wie eine Blaupause“ für die Berliner Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr, wie Parteichef Jan van Aken erklärte. Hierfür plant die Linkspartei, mit Elif Eralp eine Kandidatin aufzustellen, die nach US-amerikanischem Vorbild „glaubwürdig als Anwältin der normalen Menschen“ und mit einer „Migrationsgeschichte ähnlich wie Mamdani“ punkten kann. Ines Schwerdtner, Co-Vorsitzende der Linken, reiste sogar in die USA, um vor Ort von Mamdanis Vorgehen zu lernen und sich über seine Kampagnenführung auszutauschen. Nach Bekanntgabe seines Wahlsiegs wurde das in der Linkspartei enthusiastisch gefeiert.

Mit der Ähnlichkeit in ihren Wahlkampfstrategien erschöpfen sich die Parallelen zur Linkspartei aber noch nicht: Ebenso ähnlich sind sich beide Organisationen in ihrer Programmatik – ihrem Konzept des „Demokratischen Sozialismus“, das nichts mit Sozialismus zu tun hat, sondern letztlich reiner sozialdemokratischer Reformismus ist. Von den wesentlichen Merkmalen des Sozialismus – einer zentralen Planwirtschaft, der Machtübernahme der Arbeiterklasse und der Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln – fehlt im Programm von DSA und Linkspartei jede Spur. Den Realsozialismus verwerfen sie pauschal als „autoritär“ und streben stattdessen einen moralisch-gebändigten Kapitalismus an, der durch eine Sammlung von Reformen hergestellt werden soll. Das spiegelt sich auch in Mamdanis Programm wider, das lediglich aus zahmen Reformforderungen besteht, die die grundsätzlichen Eigentumsverhältnisse und damit auch den Kapitalismus jedoch vollkommen unangetastet lassen.

Trotzdem ist offensichtlich, dass Mamdani wohl bereits bei der Umsetzung dieser Reformforderungen an den Grenzen des kapitalistischen Systems scheitern wird. Beispielsweise braucht es für die Durchsetzung eines Mietendeckels in New York die Zustimmung der Gouverneurin und des Stadtparlaments. Diese wird er voraussichtlich nicht bekommen. Und selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass er diese Mehrheiten doch organisieren könnte – Trump hat bereits angekündigt, Mamdani die Mittel zu kürzen oder im Zweifelsfall die Nationalgarde nach New York zu entsenden.

Sackgasse

Auch in Deutschland hat sich immer wieder gezeigt, dass ein Wahlsieg der Reformisten, etwa im bis 2024 vom Linken-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow regierten Thüringen, nicht zu einer merklichen Verbesserung der Lebenssituation der Arbeiterklasse geführt hat: Die Mieten steigen weiter, auch das Lohnniveau bleibt weiterhin deutlich hinter demjenigen der westdeutschen Bundesländer zurück. Vehement erhobene Wahlkampfforderungen, beispielsweise die Auflösung des Thüringer Verfassungsschutzes, waren schnell vergessen und wurden nie umgesetzt. Der anfängliche Abschiebestopp wurde ein Jahr später von der linken Landesregierung selbst wieder zurückgenommen.

Eine tatsächliche Verbesserung der Lebensbedingungen ist durch Mamdanis Wahlsieg genausowenig zu erwarten. Der Arbeiterklasse wird daher kein Stück geholfen – im Gegenteil. Reformisten wie Mamdani stützen den Kapitalismus. Kämpferische Potenziale, etwa die Palästinabewegung oder Anti-ICE-Proteste, werden durch sie in systemkonforme Bahnen umgeleitet und dadurch unschädlich gemacht. Arbeiter, die tendenziell für klassenkämpferische Positionen offen wären, werden durch die nächste reformistische Illusion eingehegt. Reformen sind im Kapitalismus immer nur temporär und können bei der nächsten kapitalistischen Krise wieder abgeschafft werden. Beim Kampf für tatsächlich erreichbare Reformen müssen deshalb immer wieder deren Grenzen und die sich daraus ergebende Notwendigkeit der Überwindung des Kapitalismus aufgezeigt werden. Der Reformismus leugnet dies aber und suggeriert, der Kapitalismus könne zum Besseren „gezähmt“ werden.

Ob in Deutschland oder in den USA – der Reformismus ist eine Sackgasse. Die einzige wirkliche Perspektive liegt in der Organisation der Arbeiterklasse für den revolutionären Sturz des Kapitalismus.

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