Der außerordentliche Kongress der Kommunistischen Partei Brasiliens – Revolutionärer Aufbau (PCB-RR) fand vom 29.05. bis zum 02.06.2024 in Brasilien statt. Die damalige KO wurde zum Kongress eingeladen und durfte ein Grußwort und einen Beitrag zur internationalen Debatte halten, gemeinsam mit den kommunistischen Parteien aus Mexiko (PCM), Argentinien (PCA), Ecuador (PCE) und Spanien (PCTE).
Auf dem Kongress benannte sich die PCB-RR in „Brasilianische Revolutionäre Kommunistische Partei“ (PCBR) um und bekräftigte inmitten der Krise der PCB ihr Engagement für den revolutionären Weg. Höhepunkt der Krise der PCB war die Teilnahme eines ZK-Mitglieds der PCB an der World Antiimperialist Plattform. Das im August 2023 veröffentliche Manifest zur Verteidigung des revolutionären Umbaus der PCB fasst die wichtigsten Positionen der PCBR zusammen.
Im Folgenden veröffentlichen wir die Beiträge der KP zum Kongress.
Debattenbeitrag „Herausforderungen der IKB und der KB in Deutschland / Schlüsse aus der bisherigen Entwicklung“
Liebe Genossinnen und Genossen,
noch einmal vielen Dank für die Einladung zu eurem Kongress. Wir möchten an dieser Stelle über die Herausforderungen in der kommunistischen Bewegung weltweit und in Deutschland und über unsere theoretischen und praktischen Schlussfolgerungen sprechen.
Die Krise der internationalen kommunistischen Bewegung hält an. Die Hauptursache der Krise ist die Dominanz des Revisionismus in der Bewegung. Sie drückt sich in falschen theoretischen Standpunkten und einer falschen Praxis der Parteien und Organisationen aus und spiegelt sich auch in dem schlechten Zustand der Parteien selbst bezüglich einheitlichen Handelns, Disziplin und Stabilität. Wenigen Parteien gelingt es, mit einem klaren revolutionären Programm diszipliniert und kontinuierlich ihren Einfluss in der Arbeiterklasse auszudehnen und praktisch danach zu streben, dem Anspruch einer Avantgarde zu entsprechen.
Der Revisionismus treibt in der Internationalen Kommunistischen Bewegung (IKB) weiterhin sein Unwesen. Hier sehen wir die folgenden zentralen Punkte:
- Weiterhin herrscht in einer Reihe an Parteien und Organisationen die Vorstellung einer Zweiteilung der Welt in „unterdrückte“ und „unterdrückende“ kapitalistische Staaten und der Imperialismus wird wesentlich als eine Form der aggressiven Außenpolitik einer Handvoll Unterdrücker verstanden. Es wird angenommen, dass nur eine kleine Gruppe führender kapitalistischer Staaten den Rest der kapitalistischen Länder einseitig dominiert. Diese Vorstellung ist falsch und missachtet die Entwicklung des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium. Heute existieren kaum noch Kolonien, im Wesentlichen besteht die Welt aus einem dicht verzweigten Netz von Bourgeoisien, die in gegenseitigen ungleichen Abhängigkeitsverhältnissen zueinander stehen. Sie bilden eine Hierarchie im Imperialismus heraus. Jede Bourgeoisie muss im Rahmen der Konkurrenz danach streben, die eigene Position in dieser Hierarchie zu verbessern oder den eigenen Abstieg zu verhindern.
- Die Einschätzung Chinas: China ist ein kapitalistisches Land, welches mit den USA um den höchsten Rang in der imperialistischen Hierarchie kämpft. Es ist eine Frage von allerhöchster Bedeutung, wie sich die Kommunisten weltweit zu China stellen – denn in Anbetracht steigender Konflikte zwischen den USA, China, Russland, Deutschland und anderen darf der Fehler der Kommunisten, sich für die Interessen der einen oder anderen Bourgeoisie einspannen zu lassen, nicht wiederholt werden. Würden in China sozialistische Verhältnisse herrschen, müssten wir uns unbedingt auf seine Seite im Kampf zwischen Sozialismus und Imperialismus stellen. Doch in China herrschen kapitalistische gesellschaftliche Verhältnisse vor, die Herrschaft wird von der chinesischen Bourgeoisie und nicht vom Proletariat ausgeübt. China verfolgt keine „sozialistische Marktwirtschaft“, denn die kann es nicht geben, und China befindet sich auch nicht auf dem Weg zum Sozialismus. Die chinesische Bourgeoisie betreibt den Kapitalexport wie jede andere Bourgeoisie der Welt im Interesse der eigenen Profite, der Ausweitung der eigenen weltweiten Einflusssphäre und nicht zur Unterstützung der Arbeiter und Völker im Kampf gegen den Imperialismus. Ein Aufstieg Chinas, ebenso wie Russlands, ist für uns kein „Hoffnungsschimmer“, der eine bessere „multipolare Welt“ schaffen könnte – beide Staaten müssen stattdessen als Konkurrenten um die Neuaufteilung der Welt und in der Frage, wer die Arbeiterklasse weltweit ausbeuten darf, verstanden und ebenso von der Arbeiterklasse bekämpft werden.
- Das Beispiel Chinas zeigt die mangelnde Aufarbeitung der Geschichte der Sowjetunion und das fehlerhafte Sozialismus-Verständnis, das in der IKB weiterhin wirkmächtig ist. Es wird angenommen, dass Privateigentum, Marktwirtschaft und Wertgesetz notwendige Bestandteile einer sozialistisch-kommunistischen Ökonomie seien. Das Gegenteil ist der Fall: Das Wertgesetz steht der Ausdehnung der kommunistischen Produktionsverhältnisse direkt entgegen, es verhindert die Stärkung der zentralen Planwirtschaft und untergräbt diese, und führt früher oder später in die Konterrevolution. Die Fehler, die in der Sowjetunion durch die Ausdehnung von Tauschbeziehungen zwischen den Betrieben und die Einführung von marktwirtschaftlichen Kriterien in der Betriebswirtschaft gemacht wurden, dürfen nicht wiederholt werden. Der Sozialismus ist die erste Stufe des Kommunismus, in der das Neue mit dem Alten in einem unerbittlichen Kampf steht und die Avantgarde der Arbeiterklasse dafür kämpfen muss, sukzessive die alten Produktionsverhältnisse zu überwinden und die neuen kommunistischen an ihre Stelle zu setzen. Nur auf dieser Grundlage kann der Klassenkampf im Sozialismus im Sinne der Arbeiterklasse gewonnen werden.
- Letztlich ist der Revisionismus auch in der Strategie der kommunistischen Parteien nicht überwunden. Weiterhin vertreten Kommunisten in einer Reihe an Ländern keine revolutionäre Strategie, sondern meinen, dass der Sozialismus über eine „antimonopolistische“ oder „antifaschistische“ Etappe erreicht werden könne. Diese Etappe beinhaltet ein Bündnis mit sozialdemokratischen oder anderen opportunistischen Kräften, die als „antimonopolistisch“ und „fortschrittlich“ eingestuft werden. Teilweise reicht dieses Bündnis auch ganz direkt, wie bei der DKP, bis in die Reihen der nicht-monopolistischen Bourgeoisie. Doch im Imperialismus kann weder die Bourgeoisie noch ein Teil von ihr, unabhängig von ihrer Stärke oder Schwäche in der internationalen Konkurrenz, ein Bündnispartner auf dem Weg zur Revolution und zum Sozialismus sein. Denn das Monopol ist ein gesellschaftliches Verhältnis, es bestimmt die gesamte kapitalistische Ökonomie und nicht nur die Monopolbetriebe selbst. Auch wenn es Konflikte zwischen monopolistischem und nicht-monopolistischem Kapital gibt, bleiben die Kapitalisten weiterhin eine Klasse mit denselben Interessen, die der Arbeiterklasse diametral entgegen steht. Es steht also heute in fast allen Ländern der Welt keine irgendwie geartete „demokratische“ Etappe auf der historischen Tagesordnung, sondern die Vorbereitung der Arbeiterklasse auf die Revolution, die nur eine sozialistische Revolution zum Sturz der gesamten Bourgeoisie sein kann.
Ohne die hier dargestellten falschen Positionen zu überwinden, wird es für eine Partei nicht möglich sein, ein revolutionäres Programm zu entwickeln und die Arbeiterklasse und die Partei selbst effektiv auf die Revolution vorzubereiten. Solche Parteien, in denen keine Regung zur Überwindung dieser Positionen erkennbar ist, müssen scharf inhaltlich kritisiert werden. Die Tür zu weiterem Austausch sollte nicht geschlossen werden, sofern die Differenzen einzelne Punkte betreffen. Wir beharren dabei aber auf der Notwendigkeit, Fehler zu benennen und zu kritisieren.
Wir begrüßen in diesem Sinne außerordentlich die Gründung der Europäischen Kommunistischen Aktion (EKA) und auch die Bestrebungen in anderen Teilen der Welt, diejenigen Parteien zu sammeln, die eine revolutionäre Ausrichtung anstreben und entwickeln. Wir begrüßen, dass es im Rahmen der EKA auch zu ideologischen Diskussionen zwischen den Parteien kommt, wie zuletzt auf dem Seminar zu den Erfahrungen der „antifaschistischen Volksfronten“, ausgerichtet von der PCTE. Es ist wichtig festzustellen, dass auch innerhalb des Pols der revolutionären Parteien noch relevante ideologische Differenzen bestehen, die ausdiskutiert werden müssen.
Wir können hier folgende größere Punkte erkennen:
- Einschätzung der strategischen Wendung in der internationalen kommunistischen Bewegung mit dem 7. Weltkongress der Komintern. Zwar wird die Idee der Schaffung einer „Volksfront“ in Zusammenarbeit mit sozialdemokratischen und opportunistischen Kräften – wahlweise unter direktem Einschluss von Teilen der Bourgeoisie zur Verhinderung des Faschismus oder nur „rechter Regierungen“ oder zur Zurückdrängung des Einflusses des Monopolkapitals, um günstige Bedingungen für den Kampf für den Sozialismus zu schaffen – von allen Parteien als Teil einer heutigen revolutionären Strategie und Taktik abgelehnt. Allerdings ist die richtige Einschätzung, dass die Definition des Faschismus als ausschließliche Herrschaft des reaktionärsten Teils des Finanzkapitals und die Einteilung der Sozialdemokratie in einen „rechten“ und einen „linken“ Teil durch den 7. Weltkongress schon theoretische Fehler beinhalteten, die die Annäherung und das teilweise Aufgehen kommunistischer Parteien in der Sozialdemokratie beförderten, von einer Reihe an Parteien des revolutionären Pols noch umstritten.
- Auch existieren unterschiedliche Herangehensweisen an Wahlbündnisse bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen und unterschiedliche Haltungen zu Aufrufen zur Wahl bürgerlicher Parteien in bestimmten historischen Situationen.
- Auch in Bezug auf die Frage der Strategie und Taktik des palästinensischen Befreiungskampfes gehen die Einschätzungen zum Teil weit auseinander. Zwar ist man sich einig, dass die Hamas eine bürgerliche Kraft ist und sie ideologisch insgesamt kein fortschrittliches Programm vertritt. Einig ist man sich auch, dass die Kommunisten danach streben müssen, Schritt für Schritt ihren Einfluss in der Bewegung auszubauen, um im entscheidenden Moment die Führung übernehmen zu können und dass dafür eine ideologische Kritik an den bürgerlichen Kräften des Widerstands unabdingbar ist. Doch eine Reihe an Parteien und Organisationen lehnt die aktuell unumgängliche und damit richtige Taktik ab, dass die Kommunisten eine gewisse militärische Kooperation mit bürgerlichen Kräften wie der Hamas zur Verteidigung des palästinensischen Volkes gegen die Vernichtung eingehen müssen, um sich nicht in der Widerstandsbewegung zu isolieren und einen möglichst einheitlichen Widerstand gegen die israelische Besatzung zu gewährleisten. Auch die Frage nach der Forderung der Ein- oder Zwei-Staaten-Lösung wird unterschiedlich beantwortet.
- Einen großen Druck auf den revolutionären Pol üben zurzeit die bürgerlichen postmodernen Ideologien im Bereich der Frauen- und Geschlechterfrage aus. Es ist zentral, diesem Druck aktiv ein eigenes, wissenschaftlich-materialistisches Verständnis entgegenzusetzen und eine entsprechende Taktik im Frauenkampf zu formulieren und offensiv zu propagieren. Es herrscht Einigkeit, dass die Lage und Unterdrückung der Frau als Arbeiterin und als Frau durch das Kapital ein zentrales Kampffeld im Klassenkampf darstellt. Auch herrscht Einigkeit darin, dass Kommunisten die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und sexueller Orientierung ablehnen, aber die Einschätzungen gehen auseinander, welchen Stellenwert der Kampf gegen diese Formen der Diskriminierung im allgemeinen Klassenkampf einnehmen kann. Als Beispiel sei erwähnt, dass gerade die deutsche Bourgeoisie anschaulich zeigt, wie sie eine liberale Ideologie propagiert und eine rechtliche Gleichstellung Homosexueller auf vielen Ebenen erwirkt und gleichzeitig die Lage der Arbeiterinnen mit neuen Angriffen verschlechtert. Wir betreiben als Kommunisten keine Politik im ausschließlichen Interesse von klassenübergreifenden gesellschaftlichen Gruppen, sondern es ist für uns eine strategische Frage, die Spaltungslinien innerhalb der Arbeiterklasse in Deutschland zu bekämpfen. Zu diesen Spaltungslinien gehört in unterschiedlichem Ausmaß auch die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle oder der sexuellen Orientierung.
Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass diese Diskussionen zwischen den Parteien und Organisationen des revolutionären Pols intensiviert werden. Daher streben wir neben einer Beteiligung an der EKA auch andere Formate des internationalen Austauschs an und sind gerne zu einem Gespräch über mögliche Formen der Diskussion bereit.
Zur Lage in Deutschland
Kommen wir zur Lage in Deutschland. Dieses Jahr ist ein sehr wichtiges Jahr in unserer eigenen Entwicklung und wir hoffen, dass es auch ein Meilenstein in der Entwicklung und Festigung der Kommunistischen Bewegung in Deutschland sein wird.
Nachdem die Kommunistische Organisation (KO) 2018 auf Basis ihrer Programmatischen Thesen gegründet wurde, hat sie bis zum Beginn des imperialistischen Krieges in der Ukraine eine schrittweise ideologische Weiterentwicklung vollzogen. Diese ideologische Weiterentwicklung war allerdings mit einer sprunghaften, nicht ausreichend durch ein revolutionäres Programm orientierten Praxis verbunden, sodass die KO zwar insgesamt wuchs, aber sehr langsam und weiterhin mit einem relativ geringen Maß an Einheitlichkeit. Auf dieser Grundlage war die opportunistische Kehrtwende der Mehrheit der ehemaligen Führung der KO, die eine Einschätzung des Krieges in der Ukraine als imperialistisches Völkerschlachten ablehnte und stattdessen einen „antifaschistischen Kampf“ in der russischen Kriegsführung sah, möglich. Nach einem harten Dreivierteljahr des Kampfes gegen die revisionistische Fraktion trennten wir uns schließlich von den Revisionisten. Wir gingen zwar personell geschwächt, aber ideologisch und organisatorisch gestärkt aus der Spaltung hervor. Seitdem arbeiten wir wesentlich einheitlicher und zielgerichteter, mit klaren Standpunkten in den Grundfragen des Marxismus-Leninismus und verzeichnen ein schnelleres personelles Wachstum als zuvor.
Der Revisionismus in unseren eigenen Reihen und die notwendige Spaltung von ihm hat uns viel gelehrt, auch als eine kleine Organisation. Denn der Revisionismus bleibt nicht bei Einzelfragen stehen: Revisionismus ist das Eindringen bürgerlicher Ideologie in die proletarische Bewegung und hat er erst eine Bresche geschlagen, bemächtigt er sich Schritt für Schritt aller Bereiche unserer Weltanschauung. Die Revisionisten in der damaligen KO, die zuerst nur die Einschätzung des Krieges als einen imperialistischen Krieg ablehnten, kamen konsequent zu dem Schluss, unsere gesamte Programmatik, die Programmatischen Thesen der KO abzulehnen und behaupteten, dass sie gar kein Programm der KO darstellen würden. Diese Behauptung stieß bei einem Teil der damaligen Mitglieder der KO auf offene Ohren, und zwar deshalb, weil kein ausreichend lebendiger, einheitlicher Umgang mit den Programmatischen Thesen in unserer Organisation vorherrschte.
Zentrale Lehren der Spaltung, aber auch aus dem aktuellen Wiederaufbau der kommunistischen Bewegung in Deutschland lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Ein klares revolutionäres Programm, welches die Praxis der gesamten kommunistischen Partei und der von ihr beeinflussten Massen orientieren kann, ist die grundlegendste Voraussetzung für das einheitliche Wirken der Kommunisten. Es gilt hier Qualität vor Quantität: Es hilft keiner Partei, ohne ausformuliertes revolutionäres Programm primär ein Wachstum und eine umfangreiche Verankerung in den Massen zu erreichen. Einerseits wird dadurch dem Opportunismus und Revisionismus eine Hintertür gelassen, andererseits fehlt der gesamten Partei und den von ihr organisierten Massen die eindeutige revolutionäre Orientierung. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Ausformulierung der Programmatik für jeden konkreten Kampf und die Verarbeitung der gemachten Erfahrungen in diesen Kämpfen müssen in einer kommunistischen Partei stets gewährleistet werden.
- Das Programm ist die Voraussetzung für unser einheitliches Handeln, gleichzeitig darf seine Erarbeitung nicht Jahrzehnte dauern und so dazu führen, dass die Kommunisten ihre grundlegendste Aufgabe, das Wirken in den Massen, vernachlässigen. Die KO hat sich 2018 gegründet und hat von Beginn an den Anspruch formuliert, eine neue kommunistische Partei in Deutschland zu gründen. Der von uns initiierte wissenschaftliche „Klärungs- und Aufbauprozess“ war aber über eine Reihe an Jahren nicht auf die zentralen Themen des revolutionären Programms fokussiert. Nach der Spaltung vor 17 Monaten war es uns möglich, diesen Prozess noch weiter auf die zentralen Fragen der gegenseitigen Abhängigkeiten im imperialistischen Weltsystem, der Notwendigkeit der zentralen Planwirtschaft, Klassenanalyse der Arbeiterklasse in Deutschland und revolutionäre Strategie & Taktik zuzuspitzen. Wir wollen auf unserem kommenden Kongress einen Beschluss fällen, innerhalb der nächsten zwei bis maximal drei Jahre ein neues Programm zu erarbeiten, welches die Programmatischen Thesen aufhebt. Ein erster Entwurf dieses Programms liegt bereits vor und wird durch die Forschungsarbeit in den angesprochenen Fragen in den nächsten Jahren qualifiziert.
- Eine organisatorische Einheit mit Opportunisten und Revisionisten, egal ob von „links“ oder „rechts“, kann es nicht geben, sie verunmöglicht das einheitliche Handeln der gesamten Organisation auf Basis der revolutionären Linie. Die Abgrenzung von der reformistischen Strategie der DKP ist ebenso notwendig wie die Abgrenzung von den voluntaristischen Revolutionsvorstellungen junger maoistischer Gruppen in Deutschland. Auch in der Bündnispolitik, beispielsweise bei der Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfes, darf die Entlarvung des Opportunismus und Revisionismus nicht zugunsten einer stärkeren Mobilisierungsfähigkeit oder anderer Vorteile der Zusammenarbeit aufgegeben werden. Das grundlegende Verständnis, dass Klarheit vor Einheit herrschen muss, dass also ein punktuelles Zusammengehen mit anderen Kräften nur auf Basis einer bewusst festgelegten klassenorientierten ideologischen Grundlage passieren kann, muss jederzeit befolgt werden. Die Unabhängigkeit der kommunistischen Partei muss jederzeit gewährleistet sein.
- Heute stellen wir bei einem Großteil der politischen Bewegungen in Deutschland einen negativen, spalterischen Einfluss identitätspolitischer Ideologie fest. Die Behandlung der Fragen von Rassismus und der Unterdrückung der Frau losgelöst von der Klassenfrage oder das Verständnis der Klassenfrage selbst nur als eine unter mehreren Unterdrückungsformen führen zu großen praktischen Problemen in den Bewegungen. Sei es bei den „Black Lives Matter“-Protesten 2020, den aktuellen Protesten gegen den Genozid in Gaza oder den jährlichen größeren Aktionstagen zum Kampf gegen die Unterdrückung der Frau: jedes Mal wirken die identitätspolitischen Vorstellungen in Richtung einer Spaltung der Bewegung, eines Schürens von Misstrauen und zu Hemmungen des ideologischen Austauschs innerhalb der Bewegungen. Es ist falsch, einem Teil der Bewegung aufgrund von Identitätsmerkmalen mehr Rechte innerhalb der Bewegung zuschreiben zu wollen, denn es erschwert den Kampf gegen die bürgerlichen und opportunistischen Einflüsse, die eben unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Hautfarbe der jeweiligen Person in der Bewegung auftauchen. Die Bewegung als solche wird geschwächt und nicht gestärkt.
- Der Wiederaufbau der kommunistischen Bewegung in Deutschland kann nicht funktionieren, wenn er nicht eng an die Entwicklung des revolutionären Pols der internationalen kommunistischen Bewegung angegliedert wird. In einem der führenden Staaten in der imperialistischen Hierarchie ist der proletarische Internationalismus zum Kampf gegen Chauvinismus und Rassismus besonders wichtig. Es muss jedem Kommunisten klar werden, dass der Kommunismus eine weltweite Bewegung ist und wir unseren Teil zur Entwicklung dieser Bewegung beitragen müssen: ideologisch und praktisch. Wir können viel lernen und trotz unserer bescheidenen Größe eine Reihe relevanter Erfahrungen in die Anstrengungen zum Wiederaufbau einer revolutionären Bewegung einbringen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
die Gefahr neuer und erweiterter imperialistischer Kriege ist real. Um dieser kapitalistischen Barbarei etwas entgegenzusetzen, müssen wir weltweit gut organisiert sein. Um den Wiederaufbau der revolutionären, das heißt auf den Sturz der Bourgeoisie in jedem Land ausgerichteten, kommunistischen Bewegung voranzubringen, brauchen wir:
- Ein klares revolutionäres Programm, das auf die Vorbereitung der Arbeiterklasse und der Partei auf den Sturz der Bourgeoisie orientiert und das alle Bourgeoisien und ihre imperialistischen Staatenbündnisse wie EU, NATO und BRICS als Feinde betrachtet.
- Ein organisiertes Eingreifen in die stattfindenden Klassenkämpfe auf Basis der revolutionären Programmatik zur Verankerung in den Massen. Wir werden nicht durch Selbstproklamation zur Avantgarde, sondern nur dadurch, dass wir es wirklich schaffen, die Führung in den Kämpfen einzunehmen.
- Einen lebendigen und zielgerichteten ideologischen Austausch zwischen den Parteien des revolutionären Pols, in dem produktive Diskussionen und gegenseitige ideologische Kritik möglich sind. Ziel muss die Entwicklung einer weltweiten revolutionären Strategie und dementsprechend der Wiederaufbau der kommunistischen Internationale sein.
Wir freuen uns auf die weiteren Gelegenheiten zur Diskussion und zur Aktivität mit euch. Wir wünschen eurem Kongress viel Erfolg und der kommunistischen Bewegung in Brasilien dadurch eine Stärkung. Die Trennung von den opportunistischen Teilen der Führung der PCB war der erste wichtige Schritt auf diesem Weg.
Grußwort
Liebe Genossinnen und Genossen,
vielen Dank für die Einladung zu eurem außerordentlichen Kongress. Für uns, die Kommunistische Organisation aus Deutschland, ist es eine einmalige Gelegenheit, die brüderlichen Verbindungen nach Lateinamerika zu stärken. Zum ersten Mal in unserer Geschichte schicken wir eine Genossin auf euren Kontinent.
Ihr und wir haben seit dem Beginn des imperialistischen Krieges in der Ukraine ähnliche Entwicklungen erlebt und Kämpfe geführt. Bei uns endete die die Auseinandersetzung auf einem außerordentlichen Kongress Anfang 2023 mit der endgültigen Trennung von den revisionistischen Kräften, die auf russischer Seite eine antifaschistische Zielsetzung im Krieg sahen und sich daher hinter die russische Regierung stellten.
Ihr habt diesen Kampf gegen den Revisionismus in der Führung der PCB geführt und führt ihn nun zu einem Ende. Wie für uns, rechnen wir fest damit, dass die endgültige Trennung von den revisionistischen Kräften letztlich eine Stärkung für euch bedeuten wird. Wir gehen ideologisch einheitlicher und gestärkt aus dem Kampf hervor und können heute, nach über einem Jahr, auch organisatorisch und personell deutliche Fortschritte verzeichnen. Wir wünschen euch in diesem Sinne einen Impuls der Stärkung auf allen Ebenen!
Ihr führt euren Kongress zu einer Zeit durch, zu der uns die Notwendigkeit der Reorganisation der kommunistischen Bewegung und Parteien auf revolutionärer Grundlage in allen Ländern der Welt jeden Tag mit mehr Wucht vor Augen geführt wird. Die Möglichkeit eines großen imperialistischen Krieges schwebt wie ein Damoklesschwert über uns und die Geschichte der zwei bisherigen imperialistischen Weltkriege lehrt uns, dass wir in dieser Situation nicht unvorbereitet sein und nicht in Chauvinismus und nationale Isoliertheit verfallen dürfen.
Daher grüßt die KO euren Kongress im Geiste des proletarischen Internationalismus zu einem Zeitpunkt, da sie selbst vor großen Veränderungen steht. Der nächste Kongress der KO findet Ende Juni statt und die Zentrale Leitung hat einen Antrag zum Beginn des Gründungsprozesses der Kommunistischen Partei sowie einen Plan zum Parteiaufbau vorgelegt.
Sofern beide Anträge beschlossen werden, beginnt der Gründungsprozess mit einer Umbenennung der KO in eine kommunistische Partei und endet mit der Verabschiedung eines neuen revolutionären Programms – geplant in spätestens drei Jahren. In der Zwischenzeit wird die KO an zentralen Fragen des Programms arbeiten, sowie in einen engeren Austausch mit kleineren kommunistischen Gruppen gehen, um festzustellen, ob eine ausreichende ideologische Grundlage für ein Zusammengehen bei der Verabschiedung des Programms gegeben ist.
Die Zentrale Leitung der KO ist der Ansicht, dass die KO nach sechs Jahren reif genug ist, um sich als kommunistische Partei zu konstituieren. Voraussetzung ist ihre ideologische und ihre organisatorische Entwicklung, auch wenn sie noch keine große Verankerung in der Arbeiterklasse und Einfluss in den Klassenkämpfen in Deutschland hat.
Der Fokus auf die Erarbeitung des Programms heißt für uns nicht, uns nur im Studierzimmer aufzuhalten. Wir werden im Rahmen unserer noch bescheidenen Möglichkeiten weiter unsere Beteiligung an Massenkämpfen in Deutschland organisieren. Zuletzt haben wir gute Erfahrungen in den Massenprotesten zur Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfes und gegen den Genozid in Gaza gemacht und in einzelnen Orten auch starken Einfluss auf die Ausrichtung der Proteste ausüben können. Mit der Verabschiedung des Programms werden wir unseren Schwerpunkt der ideologischen Klärung zu einem Ende führen und unseren Fokus auf das systematische und organisierte Eingreifen in die Massenkämpfe in Deutschland und den Aufbau der dafür notwendigen Strukturen richten.
Unsere Hauptaufgabe steht noch vor uns. Um Avantgarde der Arbeiterklasse werden zu können, braucht es als erste Voraussetzung ein klares politisches revolutionäres Programm und darauf aufbauend eine Organisation, deren Mitglieder allesamt aktiv und einheitlich an der Umsetzung dieses Programms mitwirken. Mit den Anträgen zum Gründungsprozess der Kommunistischen Partei und dem Plan zum Aufbau der Partei hoffen wir, erste zentrale Schritte auf diesem Weg gehen zu können.
Wir freuen uns über die Möglichkeit zur Teilnahme an eurem Kongress, sind gespannt auf die Debatten und wünschen euch und eurem Kongress viel Erfolg im Sinne der Reorganisation der kommunistischen Bewegung auf revolutionärer Grundlage.
Es lebe der proletarische Internationalismus!
Freiheit für Palästina!
Es lebe die Kommunistische Partei!