8. Die kommunistische Partei

Die kommunistische Partei unterscheidet sich grundsätzlich von den bürgerlichen Parteien, zu denen auch die Sozialdemokratie zu zählen ist. Während die bürgerlichen Parteien in ihren verschiedenen Varianten Apparate zur Erhaltung der kapitalistischen Herrschaft sind, vertritt die kommunistische Partei die Interessen der Arbeiterklasse in ihrer Gesamtheit. Die kommunistische Partei ist die Kampforganisation der Arbeiterklasse, der bewussteste und konsequenteste Teil der Arbeiterbewegung. Die kommunistische Partei stellt sich den Anspruch, Avantgarde, d.h. Vorhut der Arbeiterklasse zu sein, indem sie durch ihre Einsicht in die Bewegungsgesetze der Gesellschaft, ihre enge Verbindung mit der Klasse und ihre vorantreibende Rolle in den Klassenkämpfen als eben solche Anerkennung findet. Diese Führungsrolle im Klassenkampf muss sie auch gegenüber den anderen Organisationen der Arbeiterklasse erringen.

Sie entwickelt ihre Politik streng wissenschaftlich auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus, sie entwickelt sich selbst und ihr Handeln durch die Kritik und Selbstkritik ihrer Mitglieder weiter und strebt danach, immer bessere, den Bedingungen angemessenere Formen der Organisierung der Klasse und ihrer Bildung zur revolutionären Kraft zu finden. Sie verbindet konkret die Theorie mit der Praxis: Weder kann sie ein Ort akademischer Selbstgenügsamkeit und wirklichkeitsfremder Diskussion der „reinen Theorie“ sein noch kann sie sich blind in die Praxis stürzen. Sie muss sich überall mit der Arbeiterklasse und den anderen unterdrückten Schichten verbinden, ihre Anerkennung gewinnen und ihre Sichtweise verbreiten.

Die von den Bolschewiki entwickelten Prinzipien der Partei neuen Typs beschreiben die für den Kampf der Arbeiterklasse im Imperialismus notwendigen Organisationsformen. Sie sind nicht nur historisch richtig gewesen, sondern haben sich in allen Phasen der Entwicklung als notwendig erwiesen. Ihre Anwendung auf die konkrete Situation und Bedingungen ist die Aufgabe der kommunistischen Partei. Die kommunistische Partei ist nach dem demokratischen Zentralismus organisiert. Erst durch ihn kann die Partei einheitlich handeln. Während sie im Inneren freie Diskussion und Kritik betreibt, ihre Beschlüsse demokratisch zustande kommen und ihre Struktur von unten nach oben aufgebaut ist, fasst sie ihre Beschlüsse zentral und für alle Mitglieder verbindlich und leitet all ihre Mitglieder auf Grundlage ihrer politischen Linie an. Kontroversen führt sie intern und zwischen den Genossinnen und Genossen als Individuen, nicht als organisierte Gruppierungen.

Demokratie und Zentralismus bilden dabei keinen Gegensatz, sondern eine notwendige Einheit. Die Zentralisierung aller Erfahrungen, Gedanken, Ideen und Initiativen der Mitglieder und die Beschlussverbindlichkeit aller Genossen ermöglichen ein einheitliches und diszipliniertes Handeln. Erst dadurch bekommt die demokratische Diskussion und Beschlussfassung ihre Relevanz für die Linie und die Praxis der Partei. Demokratischer Zentralismus darf nicht auf formale Prinzipien reduziert werden, er steht und fällt mit der gelebten Teilnahme, Aktivität, Initiative und Disziplin der Mitglieder. Wenn die „individuelle Freiheit“ als Gegensatz zum Kollektiv verstanden wird, ist das eine bürgerliche Vorstellung. Damit wird „Freiheit“ als individuelle Selbstverwirklichung im Rahmen des bestehenden Systems anstelle des kollektiven Kampfes um eine gesellschaftliche Befreiung gesetzt. Die Entwicklung jedes individuellen Mitglieds im Sinne der Herausbildung einer kommunistischen Persönlichkeit ist zudem nur auf der Grundlage der Kollektivität und des Demokratischen Zentralismus möglich.

Die kommunistische Partei ist eine Kaderpartei. Kader sind Menschen, die es sich zur vorrangigen Aufgabe gemacht haben, den Kommunismus aufzubauen, entsprechend geschult sind und dementsprechend leben und handeln. Als Teil einer kommunistischen Organisation bereiten sie die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten auf die Revolution vor, führen sie in der Revolution an und leiten den Aufbau der Diktatur des Proletariats. Kader sind in der Masse verankert, bieten in der politischen Praxis Anleitung und Orientierung, haben eine klare Klassenorientierung, handeln konsequent nach kommunistischen Prinzipien, werten ihre Handlungen und anderen Entwicklungen kritisch aus, streben ständig danach, sich sowohl in der marxistischen-leninistischen Weltanschauung als auch im praktischen Kampf weiterzuentwickeln und ordnen ihre individuelle Selbstverwirklichung dabei der politischen Arbeit unter. Es ist Aufgabe und Orientierung der Partei, ihre Mitglieder als Kader in diesem Sinne ständig weiter zu entwickeln.

Gleichzeitig benötigt ein Kader immer ein Kollektiv, um sein Handeln und Auftreten auszuwerten und Repressionen und Integrationsversuchen standhalten zu können. Damit ist die Kaderentwicklung zentrale Voraussetzung für eine effektive Massenarbeit der kommunistischen Partei. Nur durch einen ideologisch klaren und kampferfahrenen Kaderstamm wird letztendlich die kommunistische Partei in der Lage sein, in jeder gegebenen Situation Fehlentscheidungen so weit wie möglich zu vermeiden und die Arbeiterklasse so auf den Entscheidungskampf vorzubereiten.

Die Kommunistische Partei muss in der Lage sein, auf die jeweiligen gesellschaftlichen Veränderungen reagieren zu können, und alle dafür notwendigen Kampfformen beherrschen. Dazu muss sie diese Veränderungen zutreffend und rechtzeitig erkennen können und die geeigneten Mittel entwickeln, um ihre Praxis im Sinne größtmöglicher politischer Schlagkraft anzupassen.

Eine kommunistische Partei in diesem Sinne existiert heute in Deutschland nicht. Unser Ziel ist es, sie aufzubauen. Dafür wollen wir Schritt für Schritt die entsprechenden Strukturen schaffen, die notwendigen Erfahrungen sammeln und möglichst geeignete Formen finden, in denen diese allgemeinen organisationspolitischen Grundsätze umgesetzt werden können.

Um eine kommunistische Partei aufzubauen, müssen wir uns weiterentwickeln. Wir sind noch nicht die Kader, die eine solche Partei braucht. Die Schaffung fester Organisationsstrukturen ist erforderlich, um solche Kader herauszubilden. Durch die Anwendung von Kritik und Selbstkritik müssen sich sowohl die Kader, als auch die Organisation als Ganze ständig weiterentwickeln.

Einen besonderen Erfahrungsschatz stellt für uns die Geschichte der KPD dar. Die KPD war eine der stärksten kommunistischen Parteien der Welt, sie führte in der Weimarer Republik, unter dem Faschismus und in der Bundesrepublik den schwierigen Kampf der Arbeiterklasse an und brachte große Arbeiterführer wie Ernst Thälmann, Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht hervor. Die KPD bildete mit der SED eine Kampfgemeinschaft, gemeinsam leisteten sie Widerstand gegen die Wiederrichtung des imperialistischen Deutschlands und seine Wiederbewaffnung. Das Studieren der Errungenschaften und Erfahrungen der KPD und SED ist für die Organisierung der Arbeiterklasse in Deutschland unerlässlich, ebenso wie die Beschäftigung mit dem KPD-Verbot von 1956 es erlaubt, wichtige Lehren über den Charakter des BRD-Staates zu ziehen.

Die DKP, die 1968 unter der Leitung der SED neu konstituiert wurde, setzte die organisatorische Existenz der KPD fort, die überwiegende Zahl der KPD-Mitglieder trat ihr bei. Die fortgeschrittensten Teile der Arbeiterklasse waren in ihr organisiert. Die Form der Neukonstituierung war umstritten und wirft viele kritische Fragen auf, die wir im Laufe des Klärungsprozesses untersuchen wollen. Die Programmatik der KPD und dann der DKP zeigten schließlich zunehmend revisionistische Tendenzen. Trotzdem ist es zu undifferenziert, diese Parteien als vollkommen vom Revisionismus korrumpiert zu sehen. Das wird ihrer widersprüchlichen und stets umstrittenen ideologisch-politischen Entwicklung nicht gerecht. Die Vertiefung der Kritik an der revisionistischen Entwicklung der Programmatik der DKP ist für uns ebenso wichtig, wie aus den Erfahrungen dieser Partei zu lernen.

Die unter anderem als Abspaltungen von der KPD entstandenen „K-Gruppen“ wendeten sich von Beginn an gegen den Sozialismus in der Sowjetunion und den anderen Ländern des Warschauer Pakts. Sie verwarfen damit eine zentrale Aufgabe der Arbeiterbewegung, nämlich die Verteidigung der sozialistischen Länder. Manche, wenn auch nicht alle von ihnen gingen zum offen konterrevolutionären Kampf gegen die UdSSR und die DDR über und stellten sich unmittelbar auf die Seite der NATO und der imperialistischen deutschen Bourgeoisie. Trotzdem ist es auch hier notwendig, die Entwicklung und Erfahrungen dieser Gruppierungen zu analysieren und Schlüsse daraus zu ziehen.

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