Heute vor genau 90 Jahren, am 25. Oktober 1929 krachte es gewaltig an der Wallstreet in New York. Dieser Tag, auch als „Schwarzen Freitag“ in die Geschichte eingegangen, markierte den Beginn einer Wirtschafts- und Finanzkrise, wie sie die Welt bis dahin noch nicht gesehen hatte.
Die Folgen dieser Wirtschaftskrise sind uns bis heute im Gedächtnis: Eine massive Verelendung weiter Teile der Arbeiterklasse weltweit, ein Aufflammen der Reaktion und der faschistischen Bewegungen überall in Europa und den USA und letztlich der einzige Ausweg aus der Krise für die Herrschenden aller kapitalistischer Länder: Der 2. Weltkrieg markiert für die Menschheit das dunkelste Kapitel ihrer Geschichte, für die Kapitalisten war er jedoch der Heilsbringer, der Anschub, der die kapitalistische Maschinerie auf Kosten von Millionen Opfern wieder zum Laufen brachte.
Alles Gerede davon, dass die Weltwirtschaftskrise überraschend kam, soll die Wahrheit nur verschleiern: Regelmäßige Wirtschaftskrisen, also Überproduktionskrisen, sind notwendiger Bestandteil des Kapitalismus. Auch solch schwere Krisen wie 1929 sind keineswegs Vergangenheit. Das hat spätestens die Weltwirtschaftskrise von 2008 gezeigt. Aufgrund der Widersprüche der kapitalistischen Produktion kann es keinen stabilen Kapitalismus geben. Im Rahmen des Klärungsprozesses werden wir uns mit den vielfältigen Erscheinungsformen der kapitalistischen Krise befassen – insbesondere auch, um die Krise von 2008 tiefer zu durchdringen und die aktuellen ökonomischen Entwicklungen und das Anbahnen einer neuen Krise besser einschätzen zu können.
Bereits Karl Marx erkannte die Regelmäßigkeit der Krisen im Kapitalismus. Ganz in seinem Sinne und gestützt auf die jeweils aktuellsten Wirtschaftsdaten beschäftigten sich die Ökonomen der Kommunistischen Internationale seit ihrer Gründung 1919 mit der Entwicklung der Weltwirtschaft. Sie erkannten schon frühzeitig, dass eine neue Krise im Anmarsch ist und benannten diese Erkenntnis in ihren Publikationen. Doch nicht nur über die bevorstehende Krise konnten sie etwas aussagen – auch ihre Konsequenzen sagten sie mit erstaunlicher Genauigkeit voraus. Nicht jedes Detail ist so eingetroffen, wie es insbesondere Eugen Varga, Chefökonom der Kommunistischen Internationale in seinen ökonomischen Vierteljahresberichten vorausgesagt hat. Aber die allgemeinen Entwicklungen wurden von ihm treffend benannt. Die Krise verschärfte die Widersprüche im Kapitalismus – unter den Monopolen und den imperialistischen Mächten ebenso, wie zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten. Diese Verschärfung führte zu Krieg, sowohl zwischen den imperialistischen Mächten wie mit dem Angriff des deutschen Imperialismus auf Polen 1939 geschehen.
Sie brachte aber auch Krieg gegen die Arbeiterklasse und das Herz der Revolution, die Sowjetunion hervor: Der Angriff der Faschisten auf die Sowjetunion 1941. Denn die Sowjetunion war der Bourgeoisie weltweit ein Dorn im Auge. Ein riesiger Teil der Welt war aus dem kapitalistischen System herausgebrochen, wurde von der Weltwirtschaftskrise 1929 nicht erfasst und zeigen eine nie dagewesene Geschwindigkeit bei der Entfaltung der Produktivkräfte, beim Aufbau der Industrie. Eugen Varga schätzte ein, dass es in der Folge der Krise und der Schwierigkeiten für die Herrschenden, einen Ausweg aus ihr zu finden, auch eine Periode der Revolutionen geben würde. Zweifelsohne bestand eine solche revolutionäre Situation, in der „die Oben nicht mehr können und die Unten nicht mehr wollen“, in verschiedenen Ländern am Ende des Krieges. Welche Maßnahmen die Kommunisten dieser Länder in der gegebenen Situation ergriffen, kann hier nicht Gegenstand der Diskussion sein – damit beschäftigt sich auch unser Klärungsprozess, einsehbar auf unserem BolscheWiki.
Wir dokumentieren an dieser Stelle einen Abschnitt aus Eugen Vargas „Wirtschaft und Wirtschaftspolitik im 4. Vierteljahr 1929“, veröffentlicht Anfang 1930 in der Internationalen Pressekorrespondenz, der Wochenzeitung der Kommunistischen Internationale. Der Text soll helfen, ein Verständnis der Weltwirtschaftskrise von 1929 zu entwickeln. Hier als pdf: