Eine marxistische Kritik an Theorie und Praxis des Maoismus
Von Jakob Schulze, Thanasis Spanidis und Fatima Saidi im Auftrag der Zentralen Leitung
Hinweis der Redaktion (29. März 2024): In die erste Version hatte sich ein Fehler in der Kapitelnummerierung eingeschlichen, den wir nun korrigiert haben.
1 Einleitung
2 Maoismus – Theorie und historische Praxis in China
2.1 Historische Ausgangsbedingungen in China
2.1.1 Das Herrschaftssystem der Qing-Dynastie
2.1.2 Koloniale und halbkoloniale Unterdrückung
2.1.3 Kapitalstruktur und Klassenverhältnisse
2.1.4 Der Weg zur nationalen Revolution 1915-1927
2.1.5 Schlussfolgerungen
2.2 Maos Philosophie
2.2.1 Maos Widerspruchstheorie: Weiterentwicklung oder Beerdigung des Dialektischen Materialismus?
2.2.2 Erkenntnistheorie bei Mao – Massenlinie und Praxis
2.3 Maos Imperialismusverständnis
2.3.1 Halbfeudale und halbkoloniale Länder
2.3.2 Schlussfolgerungen
2.4 Klassenverständnis: Begriffsverwirrungen und daraus resultierende Probleme
2.4.1 Volks- und Klassenverständnis
2.4.2 Kleinbürgertum, Bauern und Proletariat
2.4.3 Kompradorenbourgeoisie, bürokratische Bourgeoisie, (Staats-)Monopolkapital
2.4.4 Nationale Bourgeoisie
2.4.5 Schlussfolgerungen
2.5 Strategie und Taktik bei Mao
2.5.1 Überblick und Einordnung in internationale Diskussionen der 20er und 30er Jahre
2.5.2 Die “Neue Ära”
2.5.3 Neue Demokratie – Aufbau des Kapitalismus als jahrzehntelange Zwischenetappe?
2.5.4 Der langwierige Volkskrieg
2.5.5 Schlussfolgerungen
2.6 Maos Verständnis vom Aufbau des Sozialismus: Zwischen rechtem und linkem Opportunismus
2.6.1 Maos dezentralisierter Sozialismus – eine plausible Alternative zur zentralen Planwirtschaft?
2.6.2 Gleichzeitig: „Ultralinker“ Voluntarismus und asketischer Sozialismusbegriff
2.6.3 Die Polemik gegen den sowjetischen Sozialismus
2.6.4 Die „Große Proletarische Kulturrevolution“ – eine korrekte Methode zur Verhinderung der kapitalistischen Konterrevolution?
2.6.5 Schlussfolgerungen
2.7 Mao und der proletarische Internationalismus
2.7.1 Die Auflösung der Komintern
2.7.2 Der Feldzug der KP Chinas gegen die Sowjetunion und ihre Verbündeten
3 Maoismus heute
3.1 Grundannahmen der heutigen maoistischen Strategie
3.1.1 Halbkoloniale und halbfeudale Länder
3.1.2 Bündnis mit der „nationalen“ Bourgeoisie
3.1.3 Revolutions- und Sozialismusverständnis
3.1.4 Revolutionäre Situation und militärische Strategie
3.1.5 Schlussfolgerungen
3.2 Maoistische Strategie in Deutschland?
1 Einleitung
von Thanasis Spanidis
Eine Kritik des Maoismus – ist das nicht eine weitere Haarspalterei unter Intellektuellen, weit weg von unseren aktuell drängenden Aufgaben als Kommunisten und Kommunistinnen? Geht es dabei nicht vorrangig um irgendwelche historischen Details, die mit der Praxis im heutigen Kapitalismus wenig zu tun haben? Und sollten wir uns nicht vielmehr auf die Aufgabe konzentrieren, eine schlagkräftige kommunistische Partei aufzubauen und die Strategie und Taktik für den Sturz des deutschen Imperialismus zu entwickeln?
Wir glauben, in diesem Buch aufzuzeigen, dass ein solcher Gegensatz falsch ist – der Aufbau einer kommunistischen Partei setzt inhaltliche Klarheit in allen Fragen des Klassenkampfes voraus und der Maoismus, der in Teilen der kommunistischen Bewegung Deutschlands heute wieder an Einfluss gewinnt, gibt systematisch falsche Antworten auf eine ganze Reihe dieser Fragen. Ob sich eine politische Organisation am Marxismus-Leninismus oder am „Marxismus-Leninismus-Maoismus“ orientiert oder nicht, ist keine Frage des persönlichen Geschmacks, es handelt sich nicht um gleichberechtigt nebeneinander stehende Variationen des gleichen Weges zur sozialistischen Revolution und zum Kommunismus. Wenn gesagt wird, dass es keine grundlegenden Unterschiede zwischen den Gedanken Maos und dem Marxismus-Leninismus gebe und man deshalb als „revolutionäre Bündnispartner“ problemlos zusammenarbeiten könne, geht dies der inhaltlichen Auseinandersetzung aus dem Weg. Denn die maoistische Orientierung wirkt in nahezu alle Bereiche der politischen Praxis hinein.
Unsere Überzeugung ist es, dass eine gegenseitige ernsthafte und scharfe, aber auch sachliche Kritik der kommunistischen Strömungen zwingend notwendig für die Korrektur von Fehlern und damit auch den Fortschritt im Klassenkampf ist. Eine der wesentlichen Ursachen der großen Schwäche der internationalen und deutschen kommunistischen Bewegung heute ist, dass ernsthafte Debatten und Auseinandersetzungen mit falschen Vorstellungen fehlen. Dieser Zustand steht im schroffen Gegensatz zur Geschichte unserer eigenen Bewegung: Hat sich die Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus nicht gerade stets durch die Kontroversen, Debatten und auch Polemiken gegen die bürgerliche Ideologie, aber auch die verschiedenen Abweichungen innerhalb der Bewegung fortentwickelt? Waren die Kritiken, die Marx, Engels, Lenin und viele weitere unserer Vorkämpfer an den verschiedenen Spielarten des Opportunismus geübt haben – von den Polemiken gegen Bakunin, Proudhon oder den Opportunismus des Gothaer Programms, über den Revisionismusstreit des revolutionären Sozialismus gegen Bernstein und Kautsky, bis zur Spaltung zwischen den Menschewiki und den Bolschewiki – waren diese Kritiken nicht ein Antriebsmotor der Entwicklung unserer Theorie und Kennzeichen einer lebendigen Bewegung?
Heute hingegen scheint es, dass man die Notwendigkeit der scharfen inhaltlichen Auseinandersetzung erst begründen und rechtfertigen muss. Aus diesen Mängeln unserer Bewegung, in der manche, freilich bedingt durch die Schwäche der Gesamtbewegung, das Bedürfnis nach Harmonie höher gewichten als das Streben nach inhaltlicher Klarheit, erklären sich heute das Fehlen klarer Orientierungen für die politische Praxis und damit auch der Mangel an Schlagkraft der Bewegung. Denn eine solche kann sich nur auf der Grundlage ideologischer Einigkeit entwickeln. Ohne Einheit können die Prinzipien der Partei neuen Typs, der demokratische Zentralismus, die revolutionäre Disziplin, die Einheit in der Umsetzung der Leitlinien, nur lebloser Formalismus bleiben.
Das Prinzip „Klarheit vor Einheit“ ist grundlegend für die Zusammensetzung der kommunistischen Partei und als Voraussetzung für die Vereinigung von Kommunisten in einer Organisation und in der Praxis. Natürlich kann eine solche Bedingung aber nicht an die Arbeiterklasse als Ganze gestellt werden. Wir streben die Aktionseinheit der Arbeiterklasse an, ihren gemeinsamen Kampf unabhängig von weltanschaulichen Differenzen. Doch diese breite Orientierung auf die gesamte Arbeiterklasse setzt eben gerade voraus, dass die kommunistische Partei, die sie umsetzt, auf einer möglichst gut ausgearbeiteten, kollektiv durchdrungenen programmatischen Grundlage steht.
Von diesen Grundsätzen muss auch das Verhältnis, das wir zu anderen Strömungen der kommunistischen Bewegung einnehmen, bestimmt sein. Anders als in der Massenarbeit, in Betrieb und Gewerkschaft muss hier die Einheit in der Aktion auf der Einheit der Weltanschauung, der Analyse, des Ziels und der Einsicht in die notwendigen Mittel zur Erreichung des Ziels basieren. Zu glauben, man könne sich auf den Kampf um die Macht vorbereiten, indem man auf eine Vereinigung um jeden Preis setzt, indem man Differenzen lieber „aushält“ oder zudeckt, ist eine fatale Fehleinschätzung. Ganz im Gegenteil: Je schärfer der Gegner den Klassenkampf gegen uns führt, desto mehr wachsen die Anforderungen an uns, die Anforderungen an die inhaltliche Konsistenz unserer Bewegung und die Notwendigkeit, Mängel in unserer Theorie zu identifizieren und zu korrigieren.
Die inhaltlichen Gegensätze zwischen Marxismus-Leninismus und Maoismus haben sich historisch bereits früh gezeigt. Anfang der 1960er Jahre kam es zu einer Spaltung der kommunistischen Weltbewegung zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik China und den mit ihnen verbundenen Parteien, die sich immer weiter vertiefte und die beiden sozialistischen Mächte an den Rand eines Atomkriegs führte. Dieser Konflikt bedeutete eine verheerende Schwächung der weltweiten Arbeiterklasse und des sozialistischen Staatensystems, eindeutiger Nutznießer war der Imperialismus. Der Verlauf dieses Konflikts ist an anderer Stelle genauer dargestellt worden1 – ob und in welchem Maße auch die Führung der Sowjetunion und die rechtsopportunistische Wende des 20. Parteitags der KPdSU einen Teil dazu beigetragen haben, wäre an anderer Stelle zu untersuchen. Es ist jedoch eindeutig, dass die Position der KP Chinas und der mit ihr verbundenen maoistischen Parteien, die die Sowjetunion als „sozialimperialistisch“, teilweise als „faschistisch“ diffamierten, eine Überwindung der Spaltung unmöglich machten. Die Verwendung dieser Begriffe durch den Maoismus war mehr als nur eine polemische Übertreibung in der Hitze des Gefechts. Bis heute hat sich das gesamte Spektrum maoistischer Strömungen von der These des „Sozialimperialismus“ nicht distanziert. Es zeigt sich, dass hier grundsätzlich andere Auffassungen über Ökonomie und Politik des Sozialismus, aber auch über den Revisionismus, den Verlauf und die Ursachen der Konterrevolution in der Sowjetunion vertreten werden als im Marxismus.
Wir wollen nun zeigen, dass nicht nur der Revisionismus, der sich unter der Führung Chruschtschows in der Sowjetunion und den verbündeten kommunistischen Parteien ausbreitete, ein Rezept für die Niederlage war, sondern ebenso der Revisionismus Mao Tse-tungs, der in vieler Hinsicht eher der feindliche Zwilling des Chruschtschowschen Revisionismus ist als sein wirklicher Gegenspieler. Wollen wir aber umfassend die Lehren aus den Fehlern des real existierenden Sozialismus ziehen, dann reicht es nicht aus, sich kritisch mit den Beschlüssen der KP der Sowjetunion auf ihrem 20. Parteitag zu beschäftigen. Eine Kritik der falschen Vorstellungen Maos ist ebenso notwendig, will man stattdessen nicht in andere Fehler – oder oft auch die gleichen Fehler in anderem Gewand – verfallen.
Von vielen seiner Anhänger, beispielsweise der KP Perus – „Leuchtender Pfad“ oder der maoistischen KP der Philippinen, wird der Maoismus als Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus und neue, dritte „Stufe“ in der Entwicklung des Marxismus bezeichnet. In diesem Sinne behauptete auch schon Lin Biao, zeitweise einer der ranghöchsten Politiker der KP Chinas und engsten Verbündeten Maos:
„Seit einem halben Jahrhundert hat Vorsitzender Mao […] die allgemeingültige Wahrheit des Marxismus-Leninismus mit der konkreten Praxis der Revolution verbunden, auf dem Gebiet der Politik, des Militärwesens, der Wirtschaft, der Kultur, der Philosophie und auf anderen Gebieten den Marxismus-Leninismus als Erbe übernommen, ihn verteidigt und weiterentwickelt; er hat den Marxismus-Leninismus auf eine völlig neue Stufe gehoben.“2
Auch die KP der Philippinen bezeichnet den Maoismus als „Entwicklung des Marxismus-Leninismus in der Philosophie, der politischen Ökonomie, dem Parteiaufbau (insbesondere der Berichtigungsbewegung), dem Volkskrieg und der proletarischen Kulturrevolution in der sozialistischen Gesellschaft”3. Wir sehen also: Es geht um sehr viel mehr als einen historischen Richtungsstreit zwischen den zwei größten sozialistischen Staaten und die antimarxistische These des „sowjetischen Sozialimperialismus“. Der Maoismus selbst beansprucht, die marxistische Theorie in nahezu all ihren Kernbereichen verändert zu haben (nach seinem eigenen Anspruch „weiterentwickelt“) – dieser Anspruch muss dementsprechend ernst genommen und überprüft werden. Wir werden deshalb die genannten Bereiche der maoistischen Theorie – Philosophie, Politische Ökonomie (des Imperialismus wie auch des Sozialismus), die Konzeption der „proletarischen Kulturrevolution“ und allgemein die Strategie maoistischer Parteien – in diesem Buch genauer unter die Lupe nehmen und daraufhin überprüfen, ob sie tatsächlich einen Beitrag zur Weiterentwicklung der marxistischen Theorie leisten oder ob darin vielmehr Weichenstellungen in eine ganz falsche Richtung vorgenommen wurden.
Beginnen wird die Untersuchung im Kapitel Historische Ausgangsbedingungen in China mit einem Einstieg in die historischen Ausgangsbedingungen der chinesischen Revolution: Das Herrschaftssystem der Qing-Dynastie, die gesellschaftlichen Verhältnisse in China vor der Revolution und der Weg, den die sozialistische Revolution sich bahnen musste. Das ist wichtig, um die spezifischen Bedingungen, unter denen Mao seine Konzepte entwickelte, besser nachvollziehen zu können, auch angesichts des Anspruchs des Maoismus auf Verallgemeinerbarkeit vieler dieser Konzepte.
Eine zentrale Weiterentwicklung des Marxismus habe Mao auf dem Gebiet der Philosophie geleistet, so behaupten es die Maoisten. Wir werden uns daher im Kapitel Maos Philosophie mit der philosophischen Begriffsarbeit Maos beschäftigen: Mit seinem Widerspruchsbegriff, der Frage der dialektischen Entwicklung in Maos Denken, der berühmten Konzeption des „Haupt- und Nebenwiderspruchs“ sowie der „antagonistischen und nicht-antagonistischen“ Widersprüche. Wir glauben zu zeigen, dass Maos Widerspruchskonzept den Dialektischen Materialismus in Wahrheit keineswegs weiterentwickelt, sondern im Wesentlichen entsorgt. Im zweiten Teil des Kapitels sehen wir uns Maos erkenntnistheoretische Annahmen an, aus denen die Praxis der „Massenlinie“ abgeleitet wird. Auch hier kommen wir zu dem Schluss, dass Maos „Weiterentwicklung“ in Wahrheit wesentliche Erkenntnisse des Marxismus, insbesondere über die notwendige Entstehung des falschen Bewusstseins in der kapitalistischen Gesellschaft, über das Verhältnis von Theorie und Praxis und die Rolle der kommunistischen Partei als Vorhut und Aufklärerin der Massen, aufgibt.
Im Kapitel Maos Imperialismusverständnis sehen wir uns kurz das Imperialismusverständnis Maos an, sofern dies auf Grundlage der eher spärlichen Ausführungen Maos zu diesem Thema möglich ist. Dennoch erkennen wir auch hier grundlegende Fehler, die in den Analysen heutiger maoistischer Gruppen wiederzufinden sind: Mao betreibt eine tendenzielle Reduktion des Imperialismus auf die damalige Führungsmacht des imperialistischen Systems, die USA (später ergänzt um die vermeintlich ebenfalls „imperialistische“ Sowjetunion), die den imperialistischen Charakter des gesamten Weltsystems ausblendet und andere, selbst hoch entwickelte kapitalistische Staaten zu angeblichen Opfern des US-Imperialismus erklärte. Heute folgen viele maoistische Kräfte einer ähnlich verkürzten Auffassung von Imperialismus, die nur eine Handvoll Staaten (in der Regel v.a. Nordamerika, Westeuropa, Russland, China und Japan) mit dem Adjektiv „imperialistisch“ versieht, aber den Rest der Welt – und auch hier wieder einschließlich zahlreicher hoch entwickelter kapitalistischer Länder – als „abhängig“, „halbkolonial“ oder „neokolonial“ einschätzt. Solche Fehleinschätzungen machen es unmöglich, für diese Länder eine revolutionäre Strategie zu entwickeln, die es vermeidet, in die Falle der Zusammenarbeit mit der einheimischen Bourgeoisie zu tappen.
Im Kapitel Klassenverständnis: Begriffsverwirrungen und daraus resultierende Probleme betrachten wir auch Maos Verständnis der Klassen im Kapitalismus: Seinen Begriff des Volkes, der das Volk nicht als objektive Gruppe in der Gesellschaft begreift, sondern seine Zusammensetzung anhand der politischen Rolle der verschiedenen Klassen und Schichten bestimmt; und seine Auffassung von der Bourgeoisie, dem Monopolkapital, dem sogenannten „bürokratischen Kapital“, der „nationalen Bourgeoisie“ und „Kompradorenbourgeoisie“. Einerseits mangelt es der Begriffsentwicklung bei Mao an konsistenter Begründung und Schärfe, andererseits und damit zusammenhängend grenzt Mao die „nationale Bourgeoisie“ vor allem anhand ihrer subjektiven politischen Positionierung von der sogenannten „Kompradorenbourgeoisie“ ab. Indem er auch hier den Boden einer präzisen Analyse objektiver Gesellschaftsstrukturen verlässt, stößt er das Tor zu einer opportunistischen Strategie auf, die die Bündnispolitik der Arbeiterklasse und der kommunistischen Partei nicht mehr ausgehend von den objektiven Interessen der Klassen entwickelt und damit die Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie als Möglichkeit stets mit einschließt.
Im Kapitel Strategie und Taktik bei Mao werden die politischen Konsequenzen der falschen Analyse des Imperialismus und der kapitalistischen Klassen deutlich: Die Konzeption der „Neudemokratischen Revolution“, die anstelle des Übergangs zum Sozialismus die angebliche Notwendigkeit einer Zwischenetappe behauptet und fatalerweise in dieser Phase der „nationalen Bourgeoisie“ eine grundsätzlich fortschrittliche und sogar „revolutionäre“ Rolle zuschreibt. Hier kommt Maos Begriff des „nicht-antagonistischen Widerspruchs“ zur Anwendung: In Abkehr von der marxistischen Analyse des Kapitalismus behauptet Mao einfach, der Klassengegensatz zwischen Proletariat und „nationaler Bourgeoisie“ könne mit der richtigen Behandlung friedlich aufgelöst werden.
Kehrseite dieser rechtsopportunistischen Position ist die von vielen heutigen Maoisten immer noch vertretene Konzeption des „langwierigen Volkskriegs“ als scheinbar radikaleres Gegenkonzept zur Revolutionsstrategie des Marxismus-Leninismus. Tatsächlich beinhaltet dieses Konzept jedoch bereits bei Mao eine Überbetonung der Rolle der Bauernschaft gegenüber der Arbeiterklasse. Während unter den Bedingungen des weitgehend agrarischen und halbkolonialen Chinas der 1930er und 40er Jahre sowie vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs und der Unterstützung durch die Sowjetunion eine solche Konzeption letztlich erfolgreich sein konnte, wirft ihre Anwendung auf die heutige Welt, in der der Kapitalismus weltweit durchgesetzt ist und die objektive gesellschaftliche Rolle der Bauernschaft tendenziell immer weiter abnimmt, umso größere Fragen auf.
Nach dem Sieg der Revolution 1949 stellte sich in China die Frage, wie in einem derartig rückständigen Land der Sozialismus aufzubauen sei. Schnell scheiterten die Vorstellungen einer langfristigen „neudemokratischen“ Phase unter Einschluss der „nationalen Bourgeoisie“ an der Realität und die objektive Notwendigkeit der Industrialisierung unter sozialistischen Vorzeichen diktierte eine entsprechende Politik. Doch trotz des welthistorischen Sieges der Arbeiter und Bauern Chinas in der Revolution, trotz der vielversprechenden Anfänge und der lautstarken Bekundungen der KPCh über den notwendigen Kampf gegen den Revisionismus dauerte es keine drei Jahrzehnte, bis 1978 von der Führung der KPCh selbst der Startschuss für die Wiederherstellung des Kapitalismus in China gegeben wurde. Dieses Scheitern verweist darauf, dass die Methodik des Maoismus zum Aufbau des Sozialismus problematisch gewesen sein dürfte. Und die zahlreichen Mängel in Maos Sozialismuskonzeption sehen wir uns im Kapitel Maos Verständnis vom Aufbau des Sozialismus: Zwischen rechtem und linkem Opportunismus genauer an: Auf der Grundlage seines Widerspruchsverständnisses, in dem Entwicklungsprozesse nicht richtig konzeptionalisiert werden, verfällt Mao in voluntaristisches Abenteurertum, wonach alle objektiven Erfordernisse der Herausbildung der neuen Produktionsverhältnisse angeblich übersprungen oder im Handumdrehen überwunden werden können, wenn der Wille des Volkes nur stark genug sei. Das Ergebnis dieser falschen Vorstellung war der „Große Sprung nach Vorn“, der katastrophal scheiterte und die Bemühungen des sozialistischen Aufbaus zurückwarf. Maos Geringschätzung der Notwendigkeit der Produktivkraftentwicklung äußert sich gleichzeitig in einer Verherrlichung von Armut und Entbehrung, die mehr dem utopischen als dem wissenschaftlichen Sozialismus angehört. Maos kleinbürgerlicher – im Wesentlichen von den Lebensumständen des Kleinbauerntums ausgehender – Begriff des Sozialismus versperrt ihm auch einen marxistischen Blick auf die Entwicklung der sowjetischen Gesellschaft. Statt die dort gemachten Fehler in ihrer Bedeutung richtig einzuordnen, behauptete die KP Chinas unter Maos Führung jenseits aller Fakten in den 1960er Jahren eine „kapitalistische Restauration“ in der Sowjetunion. Doch diese angebliche Restauration sieht Mao nicht einmal vorrangig in der Stärkung von Marktelementen und der Aufweichung der zentralen Planwirtschaft, die es infolge der Machtübernahme Chruschtschows sowie später mit der Kossygin-Reform (1965) gegeben hat. Vielmehr favorisiert Mao selbst einen dezentralisierten Sozialismus, in dem lokale Entscheidungsinstanzen gestärkt und eine zentrale Planung ausgehebelt und in dem die Warenproduktion und das Wertgesetz einen dauerhaften Platz haben würden.
Die unbelegte Behauptung der „kapitalistischen Restauration in der Sowjetunion“ rechtfertigte in der Folge nicht nur die antisowjetische Außenpolitik der VR China in jener Zeit und die Annäherung an die USA; das frappierende Unverständnis des Maoismus über die tatsächliche Dynamik des Revisionismus in der Sowjetunion erschwerte zudem einen effektiven Kampf gegen die Gefahr einer kapitalistischen Restauration in China. Auf diese Gefahr wusste der Maoismus dann auch nicht anders zu antworten als durch die Ausrufung der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“, die jedoch keineswegs den Revisionismus an der Wurzel zu packen und zu bekämpfen vermochte, sondern stattdessen auf flache Parolen, Dogmatismus und Personenkult setzte. Anstatt innerhalb der Kommunistischen Partei um die Berichtigung von Fehlern zu kämpfen, wurden die Massen gegen die Partei und den sozialistischen Staat aufgewiegelt und waren zeitweise darin erfolgreich, diese außer Kraft zu setzen. Anstelle einer demokratischen Belebung des Sozialismus brachte die Kulturrevolution vor allem eine Stärkung des Militärs, das zunehmend einschreiten musste, um die Ordnung wiederherzustellen.
Das letzte Kapitel zur historischen Praxis des Maoismus beschäftigt sich schließlich mit den internationalen Auswirkungen von Maos angeblichen „Weiterentwicklungen“ des Marxismus: Seine Überbetonung der nationalen Besonderheiten Chinas bringt ihn dazu, die verheerende Entscheidung zur Auflösung der Komintern im Jahr 1943 enthusiastisch zu begrüßen. Maos revisionistischer Begriff des „Sozialimperialismus“ leitet die KP Chinas dabei an, sich gegen die kommunistische Weltbewegung als solche und gegen die Weltrevolution zu stellen und in verschiedenen Ländern mit der Reaktion gegen die Kommunisten zu paktieren. Maos falsches Imperialismusverständnis schließlich erlaubt es ihm, den Prozess der imperialistischen europäischen Integration als Maßnahme zur Stärkung der Unabhängigkeit gegen den US-Imperialismus und den angeblichen „Sowjetimperialismus“ zu begrüßen. Höhepunkt und logisches Ergebnis dieser verfehlten Politik war schließlich die Annäherung an die USA, die Zusammenarbeit mit den schlimmsten Massenmördern und Kriegsverbrechern der damaligen Zeit, mit anderen Worten – der völlige Verrat an der Sache der Arbeiterklasse.
Im zweiten – deutlich kürzeren – Teil des Buches schließlich widmen wir uns dem heutigen Maoismus, der sich bis heute auf die falschen Positionen Maos beruft und sie für Bereicherungen des Marxismus hält. Viele maoistische Bewegungen der heutigen Zeit kopieren mechanisch Konzepte aus den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts auf die imperialistische Welt des 21. Jahrhunderts. War einiges an diesen Konzepten schon damals fragwürdig oder verkürzt, wiederholt sich die Tragödie heute als Farce, wenn damit der Kapitalismus unserer Zeit erfasst und bekämpft werden soll. Souveräne Staaten, in denen der Kapitalismus seit langem das vorherrschende gesellschaftliche Verhältnis ist, werden fernab der Realität als „halbkolonial“ und „halbfeudal“ gekennzeichnet; die Kapitalistenklasse in diesen Ländern wird schematisch in „Kompradoren“ und eine „nationale Bourgeoisie“ unterteilt und damit dem Opportunismus, der Kooperation mit dem Kapital gegen „den Imperialismus“, der ausschließlich als von außen kommender Einfluss verstanden wird, die Tür geöffnet. Und eine solche wird von heutigen maoistischen Parteien, beispielsweise der KP der Philippinen oder der KP Indiens (Maoistisch), auch angestrebt, indem anstelle der sozialistischen Revolution als unmittelbares Ziel des Kampfes eine „demokratische Volksrevolution“ auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Auch der Weg zum Sozialismus, die revolutionäre Strategie des Maoismus steht damit bereits auf morschen Grundlagen. Neben der opportunistischen Bündnispolitik des Maoismus, die Bündnisse mit Teilen der herrschenden Klasse anstrebt und betreibt, ist auch die Abkehr von der leninistischen Revolutionstheorie zugunsten der Strategie des „langwierigen Volkskriegs“ zu kritisieren: Ein Unverständnis der Entwicklung revolutionärer Situationen als Produkt objektiver Gesetzmäßigkeiten führt den Maoismus zu der Illusion, man könne die revolutionäre Machtübernahme einseitig durch den subjektiven Faktor, also die kommunistische Partei, herbeiführen. Der Voluntarismus, der bereits historisch im sozialistischen Aufbau gewaltigen Schaden verursachte, wird damit in den Rang einer Strategie erhoben. Dies bedeutet in der Praxis einerseits wiederum, sich übermäßig auf die Bauernschaft zu stützen und die Arbeiterklasse damit zu vernachlässigen; es bedeutet zweitens eine Verabsolutierung der revolutionären Gewalt und die Überbetonung des bewaffneten Kampfes als vermeintlicher Hauptform des Klassenkampfes in allen Phasen des Kampfes.
Was das bedeutet, sehen wir auch in der maoistischen Bewegung Deutschlands, mit der sich das letzte Kapitel beschäftigt: Anstelle des langwierigen Kampfes um die Schaffung von Klassenbewusstsein und die Organisierung der Arbeiterklasse unter Ausnutzung aller legalen Spielräume des Kampfes tritt damit wiederum ultralinkes Abenteurertum, das die Arbeiterklasse nur in weitere verheerende und blutige Niederlagen führen kann.
Wir wollten mit unserem Buch einen Aufschlag liefern, um die grundlegenden Differenzen zwischen Marxismus-Leninismus und Maoismus in Theorie und Praxis ans Tageslicht zu holen und möglichst verständlich darzulegen sowie nachvollziehbar aufzuzeigen, weshalb wir den Maoismus für einen Irrweg halten, den die kommunistische Bewegung in ihrem eigenen Interesse tunlichst vermeiden sollte. Sicherlich haben wir in diesem Text nicht alles behandelt, so könnte der historische Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Maoismus und auch die Kritik an den maoistischen Imperialismusvorstellungen ausführlicher dargestellt werden. Dennoch hoffen wir, dass das Buch ausreicht, um eine notwendige Debatte zu eröffnen – eine Debatte, die dazu führen sollte, die vermeintlich radikale Aura, die den Maoismus derzeit in den Augen vieler junger Revolutionäre wieder zu umgeben scheint, zu entzaubern, die aber sicherlich auch dazu beitragen kann, Mängel in unserer Argumentation aufzuzeigen, um diese in Zukunft schärfen zu können.
Wir legen unsere Kritik an den Theorien des Maoismus in diesem Buch also in aller Schärfe vor und begründen, weshalb er die kommunistische Bewegung im Kampf um den Sozialismus auf ein falsches Gleis lenkt – gleichzeitig betonen wir, dass es uns nicht darum geht, alle, die mit dem Maoismus sympathisieren, an den Pranger zu stellen. Es gehört schließlich zur Natur des Maoismus, dass er sich in ein „antirevisionistisches“ Gewand kleidet, dass er einige bekannte und offensichtliche Fehler der Sowjetunion und den sich dort ausbreitenden Revisionismus angreift, vermeintlich vom Standpunkt der Verteidigung des Marxismus aus. Auch die kompromisslose und konfrontative Praxis vieler maoistischer Gruppen kann durchaus attraktiv auf junge Menschen wirken, die die Nase voll haben von den Illusionen und falschen Versprechungen des Reformismus. Dafür haben wir Verständnis und verurteilen es nicht. Dies erhebt uns aber nicht über die Notwendigkeit einer gründlichen Selbstkritik – auch der Maoismus gehört schließlich im weiteren Sinne zu unserer Geschichte als kommunistische Bewegung. Diese Kritik liegt nun vor, gehen wir also in eine ernsthafte und sachliche inhaltliche Auseinandersetzung.
Eine letzte Anmerkung zu den verwendeten Begriffen: Uns ist bewusst, dass unterschiedliche Strömungen sich in verschiedener Weise auf die Lehren Mao Tse-tungs berufen und sich je nachdem als „marxistisch-leninistisch-maoistisch“ (MLM), teilweise mit dem Zusatz „überwiegend maoistisch“ oder den „Gonzalo-Gedanken“ bezeichnen oder aber lediglich auf die „Mao-Tse-tung-Gedanken“ berufen, abhängig davon, ob sie den Maoismus als qualitativ eigene Stufe der Entwicklung des Marxismus sehen oder nicht. Da jedoch allen diesen Strömungen der Bezug auf Maos Theorien und die Praxis des sozialistischen Aufbaus in China, in der Regel vor allem auf die Kulturrevolution, gemein ist und diese Merkmale in der Abgrenzung zum Marxismus-Leninismus bedeutender sind als ihre Unterschiede untereinander, sprechen wir allgemein von Maoismus, der sich, ähnlich wie auch der Trotzkismus, in verschiedenen Variationen ausprägt.
2 Maoismus – Theorie und historische Praxis in China
von Fatima Saidi
2.1 Historische Ausgangsbedingungen in China
2.1.1 Das Herrschaftssystem der Qing-Dynastie
Schon über die Gesellschaftsordnung Chinas bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gibt es umfassende Diskussionen und Dissens – aufbauend auf Bemerkungen von Marx und Engels zur asiatischen Produktionsweise sind sich Marxisten bis heute uneinig, ob in China damals von feudaler Herrschaft gesprochen werden kann4. An dieser Stelle soll diese Frage allerdings nicht behandelt werden, da es hier darum geht, annähernd die Klassenverhältnisse und damit Lebensbedingungen und Machtverhältnisse des damaligen Chinas darzustellen. Lenin beschäftigte sich mit China vor allem im Hinblick auf die Einordnung in das imperialistische System und die Kämpfe um die Demokratie Anfang des 20. Jahrhunderts. In einem Text von 1912 ordnete er China als ein „rückständiges, landwirtschaftliches, halbfeudales“ Land ein, dessen herrschende Klassen die Bauern vor allem über ihr Verhältnis zu Land und Boden ausbeuteten und unterdrückten5 und nennt auch in späteren Texten das frühere China feudal6.
Das Herrschaftssystem in China ging relativ früh zu einem System der Verpachtung von Land an die Bauern über. Im Vergleich zu europäischen Ländern gab es eher eine zentralisierte, vereinigte Monarchie. Statt wie in Europa vorwiegend von Leibeigenen bewirtschaftet, war der Großteil des Lands verpachtet7, der Familienhaushalt war die Basiseinheit der Produktion8. Die Pacht war die vorkapitalistische Form der Ausbeutung der Bauern in China. Die Bauern bearbeiteten ihre Bodenparzelle mit eigenen Geräten und hatten mindestens ein Drittel der Ernte an die Großgrundbesitzer abzuliefern910. Vor allem in Süd-und Zentralchina gehörte ein großer Teil des Ackerlandes Großgrundbesitzern, die es gewöhnlich an Bauern verpachtet hatten. In Nordchina war stärker der kleinbäuerliche Bodenbesitz verbreitet. China hatte schon lange vor dem 19. Jahrhundert eine starke Zentralregierung aufgebaut, die große Mengen an Geld, Material und Dienstleistungen benötigte, um sie zu unterstützen. Mieten und Steuern wurden eher auf Personen und nicht auf Land erhoben. Die Last fiel meist auf die kleinen Grundbesitzer. Dabei waren die pachtenden Bauern doppelt belastet – sie mussten zusätzlich zur Pacht für den Gutsherren auch Pacht und Steuern an die kaiserliche Regierung zahlen11. Den verschiedenen Schichten der Gutsherren wiederum wurden im Vergleich deutlich niedrigere Steuern auferlegt12.
Die persönliche Freiheit der einzelnen Bauern war also tendenziell größer als in den europäischen Feudalsystemen, sie waren nicht so fest an die Scholle gebunden wie die Bauern in Europa. Das konnte auch bedeuten, dass die Bauern bei zu geringen Einkünften das bewirtschaftete Land verlassen mussten. In diesem Fall gab es für solche in die Armut gezwungenen Bauern oft nur noch den Schritt, Banditen zu werden13. Die Landwirtschaft war nicht hauptsächlich durch Ackerbau und Viehzucht geprägt, sondern der Anbau von Baumwolle und Getreide wurde durch Handwerksarbeit der einzelnen bäuerlichen Haushalte ergänzt14, um finanziell über die Runden zu kommen15.
Die Lage der Frauen war besonders grausam, so wird geschätzt, dass im 18. Jahrhundert etwa 20-25% der Mädchen in China als Kinder getötet wurden16. Die ökonomische Grundlage dafür lag darin, dass die Rolle der Frau auf die der weitgehend rechtlosen, kindergebärenden Hausfrau in der Reproduktionssphäre beschränkt war und deshalb Mädchen für die Familie potentielle Belastungen darstellten.
Die Gesellschaft des kaiserlichen Chinas gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich aus zwei Sphären zusammen: Der beschriebenen agrarischen Wirtschaft und Gesellschaft von Dörfern, die in lokal ausgerichtete Vermarktungsnetzwerke eingebunden waren; und überlagert eine kaiserliche Staatsverwaltung, die gebildete Personen rekrutierte und einsetzte, die durch ein ausgeklügeltes Prüfungssystem zertifiziert wurden. Daraus bildete sich der chinesische Adel17 der seit 1644 regierenden Qing-Dynastie der Mandschus, die neben der Unterdrückung des adligen Herrschaftssystems eine ethnische Trennung zwischen Mandschu und Han-Chinesen erzwang.
2.1.2 Koloniale und halbkoloniale Unterdrückung
Im Laufe des 19. Jahrhunderts litt das chinesische Volk, neben der Unterdrückung durch die Qing-Dynastie, unter der kolonialen Unterdrückung imperialistischer Mächte. Diese Unterdrückung wurde verschärft durch die Opiumkriege18 und die damit verbundenen Strafverträge der britischen imperialistischen Armee. Im Streit um den politischen Status Koreas Ende des 19. Jahrhunderts unterlag China, was eine Invasion des entstehenden japanischen Imperialismus in die Mandschurei (Erster Japanisch-Chinesischer Krieg) zur Folge hatte. Die hohen Summen der Strafverträge führten zu verschärfter Unterdrückung der Bauern, auf deren Rücken die Kosten bezahlt werden sollten19. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erhoben weitere imperialistische Mächte wie Deutschland, Frankreich, Russland und Japan in wachsendem Maße Ansprüche auf China. Sie strebten die Aufteilung des Landes, seiner Ressourcen und Arbeitskraft an. Verbunden damit waren teilweise Pachtverträge auf 99 Jahre20. Die USA waren nicht unter diesen Mächten und verabschiedeten deshalb um die Jahrhundertwende die Doktrin der „offenen Tür“ unter dem US-amerikanische Staatssekretär Hay – damit sollte das Recht ausländischer Mächte formuliert werden, in China Einfluss zu nehmen ohne dabei Anspruch auf die Alleinherrschaft zu erheben. Diese Doktrin war danach jahrzehntelang Grundlage für die aggressive Außenpolitik des US-Imperialismus gegenüber China21. 1901 unterzeichneten China und Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Russland, Japan, USA, Österreich-Ungarn, Belgien, Spanien, Italien und die Niederlande das sogenannte Abschlussprotokoll. Damit war die Niederschlagung der Befreiungsbewegung des Boxeraufstands mit sehr hohen Strafabgaben offiziell und Chinas Status als Halbkolonie weiter verfestigt.
2.1.3 Kapitalstruktur und Klassenverhältnisse
Die herrschende Klasse in China war um die Jahrhundertwende gespalten: Den Krieg gegen die imperialistischen Interventionen führten der mandschurische Adel und ein Teil der chinesischen Aristokratie. Die große Schicht der adligen Grundbesitzer, die sich auf die ökonomisch entwickelteren Provinzen Süd-und Zentralchinas stützte, weigerte sich, am Krieg teilzunehmen. Sowohl Mao selbst als auch die Ausarbeitung der 70er Jahre der SU sprechen bzgl. des entstehenden Kapitals von einer Kompradorenbourgeoisie als Teil dieser Klasse (bzw. im Fall Maos von Kompradoren als eigene Klasse). Sie vermitteln demnach zwischen dem chinesischen Markt und dem ausländischen Kapital als direkte Handlanger. Das Kompradorengeschäft diente den Interessen des ausländischen Kapitals und war zugleich eine Akkumulationsquelle für die entstehende chinesische Bourgeoisie. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde ein großer Teil der in China gebauten Eisenbahnlinien von britischen Kreditgebern finanziert. Der größte Teil gehörte der chinesischen Regierung, war jedoch mithilfe ausländischer Anleihen gebaut und unterlage faktisch einer ausländischen Kontrolle. Der Rest der in China gebauten Eisenbahnlinien gehörte ausländischen Gesellschaften22. Ausländische Geschäftsleute hatten das Recht eigene städtische Regierungen zu installieren23. Die politische Souveränität war somit dort nicht gegeben.
Der Kapitalexport der imperialistischen Länder beschleunigte mit der Jahrhundertwende die Entwicklung der Produktivkräfte und damit auch die Entstehung einer Arbeiter- und Kapitalistenklasse in China. Besonders in Gebieten, die in der Nähe von Städten lagen oder durch die bedeutende Verkehrswege führten, schritt die Entwicklung der Warenproduktion voran. Im gleichen Maße entwickelte sich die nationale Bourgeoisie24. Im kleinen Rahmen wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts moderne Maschinen eingeführt, bis ca. 1910 waren ungefähr 500 Fabriken entstanden, eine Verzehnfachung innerhalb von 30 Jahren25. Diese – in geringem Maß vorhandene – Großindustrie war zur damaligen Zeit hoch konzentriert. Ungefähr die Hälfte der Fabrikarbeiter Chinas war in Betrieben mit über 500 Arbeitern beschäftigt.
Im Vergleich zu den imperialistischen Ländern blieb die Entwicklung der Produktivkräfte Chinas trotzdem stark verzögert26: Die ausländische Konkurrenz, die reaktionäre Politik des Qing-Regimes sowie die weiterhin vorherrschenden vorkapitalistischen Verhältnisse in der Landwirtschaft bzw. der gesamten Wirtschaft des Landes sorgten dafür. So existierten in der Sphäre der Industrie alle drei Entwicklungsstadien des Kapitalismus: die einfache Warenproduktion, die Manufakturproduktion und die maschinelle Großindustrie – noch bis in die 30er hinein dominierte die handgefertigte Produktion.
Bis Anfang der 20er Jahre war das Industrieproletariat auf ca. 2,5 Mio. Menschen von insgesamt ca. 400 Millionen Einwohnern angewachsen und hatte sich noch nicht voll als selbstständige Klasse formiert. Das chinesische Proletariat war infolge der allgemeinen sozialökonomischen Rückständigkeit Chinas unbeständig in der Zusammensetzung und hatte einen hohen Anteil an gering qualifizierten Arbeitern. Es gab wenige historische Erfahrungen der chinesischen Arbeiterklasse im Klassenkampf, es fehlte eine eigene Gewerkschaftsbewegung. Diese Schwächen wurden jedoch in bedeutendem Maße dadurch kompensiert, dass die Arbeiterklasse ökonomisch und geographisch stark konzentriert war und sich noch keine Arbeiteraristokratie entwickelt hatte. Von 1895-1913 kam es zu ungefähr 70 größeren Streiks, mit spontanem Charakter, entsprechend dem damaligen internationalen Stand der Arbeiterbewegung27.
2.1.4 Der Weg zur nationalen Revolution 1915-1927
Die Unterdrückung des chinesischen Volks führte zu spontanen Aufständen ab Mitte des 19 Jahrhunderts. Eine große Rolle spielte die Rebellion von Taiping gegen die Qing-Dynastie, getragen von unterdrückten ethnischen Minderheiten, mit 20-30 Millionen Toten der opferreichste Bürgerkrieg der Geschichte. Etwa zeitgleich fand der Aufstand von Nian mit der Parole ‚Tötet die Reichen und helft den Armen‘ statt, im Wesentlichen ein verzweifeltes Aufbegehren verarmter Bauern, der zum späteren Sturz der Mandschu-Herrschaft beitragen sollte28.
Durch die Aufstände zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Zugeständnissen gezwungen, veröffentlichte die kaiserliche Regierung 1908 den ersten Entwurf in der Geschichte Chinas für eine Verfassung, die jedoch bis zu den Aufständen 1911 nicht umgesetzt wurde. Die Aufstände weiteten sich im ganzen Land aus. So bildete sich im südchinesischen Teil um Kanton ein fortschrittlicherer Teil Chinas, der sich 1912 als Republik gründete, im Gegensatz zum monarchistischen Peking, mit Sun Yat-sen als ersten gewählten Präsidenten in der Geschichte Chinas. Für die bisherigen national-demokratischen Aufstände hatte Sun Yat-sen29 mit seinen „drei Volksprinzipien“ eine zentrale Rolle gespielt: die Gleichberechtigung aller Nationalitäten, Schaffung einer souveränen demokratischen Republik, Landverteilung. Das letzte Prinzip wird aus dem Chinesischen auch als „Sozialismus“ übersetzt, in der Regel aber eher als „Wohlergehen des Volks“. Dies war das unklarste der drei Prinzipien – vermutlich war damit eine weitreichende Reform der Steuern auf Landbesitz gemeint30. Auf dieser Grundlage gründete sich 1912 die Kuomintang (KMT), die die Kämpfe der nächsten Jahre anführte. Innerhalb der Kuomintang gab es fortschrittliche Kräfte, die die nationale Befreiung und das Ende der Adelsherrschaft als Ziel teilten, aber den Sozialismus als letztendliches Ziel anstrebten. Im Laufe der Zeit sollten sich allerdings bürgerliche, liberale Kräfte tendenziell durchsetzen31.
Die Dynamik der Aufstände nahm mit der Bewegung vom „4. Mai“ 1919 zu. Schon zu dieser Zeit unterstützte die Komintern die fortschrittlichen Kräfte unter der Führung von Sun Yat-sen in der KMT, die damals ungefähr 200.000 Mitglieder umfasste32.
Anfang 1920 sendete das fernöstliche Sekretariat des Exekutivkomitees der Komintern (Kommunistische Internationale, auch KI) eine Arbeitsgruppe nach China, mit deren Hilfe in Shanghai die Kommunistische Partei (KP) Chinas mit 56 Mitgliedern gegründet wurde33. Ziel war die Formierung einer Kommunistischen Partei neuen Typs. Innerhalb der KP entbrannten schnell kontroverse Diskussionen um das Verhältnis zur Kuomintang34. Vor allem auf Drängen der Komintern setzte sich durch, dass zwischen 1922-1924 eine Einheitsfront mit der Kuomintang gebildet wurde. Die Komintern sah die KMT 1923 als „einzige ernstzunehmende national-revolutionäre Gruppe in China“ und stellte fest, dass sie sich „teils auf die liberal-demokratische Bourgeoisie und das Kleinbürgertum stützt, teils auf der Intelligenz und den Arbeitern“35. Konkret bedeutete dieser Schritt, dass ein größerer Teil der KP in die Partei der KMT eintrat, dabei sollte aber die KP die Eigenständigkeit bewahren. Der Schritt wurde einerseits begründet mit der Schwäche der unabhängigen Arbeiterbewegung in China und andererseits einem gemeinsamen Interesse an der Lösung des „national-revolutionären Problems“. Ziel war also eine nationale Revolution gegen die Imperialisten und ihre feudalen Agenten innerhalb des Landes36. Dabei hielt die Komintern dennoch als zentrale Aufgabe der KP Chinas die Organisierung und Bildung der arbeitenden Massen fest, den Aufbau von Gewerkschaften und einer einflussreichen Partei, die Bauernfrage als die „zentrale Frage aller Politik“37.
1925 wurden die Proteste und Kämpfe gegen die imperialistische Besatzung schließlich auf eine neue Stufe gehoben: in den Jahren davor brachen immer wieder in Fabriken ausländischer Kapitalisten Unruhen aus, Boykottkampagnen gegen amerikanische und japanische Waren wurden ausgerufen. Angefeuert wurden diese Massenbewegungen durch immer weitergehende Herrschaftsansprüche verschiedener imperialistischer Länder, vor allem Japans während des 1. Weltkriegs und danach. Schon im Jahr zuvor erkannte die Komintern zunehmende Provokationen des britischen Imperialismus, ausgeführt durch lokale Kompradoren, und warnte vor einem direkt bevorstehenden Angriff gegen die südchinesische Regierung der KMT38. Auslöser der nationalen Revolution 1925 waren schließlich Schüsse der britischen Besatzungsmacht auf einen Protestzug, der gegen die Verhaftung von sechs chinesischen Studenten durch die britische Besatzung protestierte39. Generalstreiks in großem Umfang hielten teilweise über ein Jahr in verschiedenen Städten an. Das Zentralkomitee der KP Chinas gab die Losung aus: die Streiks sollten in eine langfristige Bewegung umgewandelt werden, um die Fremdherrschaft in China abzuschaffen, in Zusammenarbeit aller Klassen unter der Führung der Arbeiterklasse40.
Die Haupttriebkräfte der nationalen antiimperialistischen Revolution 1925-27 waren die nationale Bourgeoisie, das städtische Kleinbürgertum, die Arbeiterklasse und die Bauernschaft41. Auch Teile der Großgrundbesitzer und vereinzelt Militärmachthaber schlossen sich an. Problematisch war neben der Umsetzung der Zusammenarbeit mit der KMT vor allem, dass es der KP Chinas bis dahin nicht gelungen war, sich fest mit den proletarischen Massen zu verbinden. Die Arbeiterklasse konnte in der Revolution nicht die Hegemonie erringen. Die Führung lag in den Händen der nationalen Bourgeoisie, die politisch durch die Kuomintang vertreten wurde. Die Kuomintang pflegte zwar Kontakte zur Komintern, stand aber auch einer Zusammenarbeit mit den ausländischen imperialistischen Mächten nicht ablehnend gegenüber. Die Auswirkungen dieses breiten Bündnisses zeigten sich in der teilweise zögerlichen Politik der KMT, die zugunsten der nationalen Bourgeoisie Massenerhebungen teilweise ausbremste und die von den Kommunisten vorgeschlagene Vertiefung der Revolution ausschlug. Gleichzeitig verurteilte ein Kongress der KMT im Januar 1926 dieses Verhalten des rechten Flügels, was die Komintern als positives Zeichen in der Zusammenarbeit wertete42. Die Komintern orientierte Ende 1926 darauf, innerhalb der KMT dafür zu kämpfen, dass diese zu einer revolutionären Partei der Bauern, der Arbeiter, der Kleinbürger und anderer unterdrückter Schichten werden sollte und nicht zu einer bürgerlichen Partei43.
Im Frühling 1927 überwältigten jedoch Invasionen durch englische und amerikanische Streitkräfte in blutigen Massakern die fortschrittlichen Kräfte. Begleitet wurde dies im Land durch den Verrat des führenden Kopfes der KMT, Tschiang Kai-schek 1927 in Shanghai, woraufhin von chinesischen und ausländischen Geschäftsleuten bezahlte Söldner tausende Arbeiter und Kommunisten ermordeten, das historische Überraschungsmoment ausnutzend. Weißer Terror überzog das Land in den folgenden Jahren, als Kommunisten in Verdacht stehende Menschen wurden auf brutalste Weise gefoltert und ermordet44.
Bis zum Zeitpunkt des Verrats war die Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei stark angestiegen von knapp 1000 Mitgliedern im Jahr 1925 bis zu knapp 60.000 im April 1927. Auf dem Land erhöhten sich die Zusammenschlüsse der Bauern, geführt durch die Kommunisten, ebenfalls stark. Landverteilungen und Enteignungen der Gutsherren fanden in großem Umfang statt45.
2.1.5 Schlussfolgerungen
Um die Kämpfe und Revolutionen, Strategie und Taktik der KP Chinas und Maos richtig einordnen zu können, skizzierten wir die konkrete Ausgangssituation Chinas. Dies wird noch besonders zur Diskussion der „universellen Gültigkeit“ der Lehren Maos eine Rolle spielen, wie sie viele maoistische Gruppen heute behaupten. Mao ordnete China als „halbfeudales“ und vorwiegend „halbkoloniales“ Land in einer „Ära“ bereits existierender sozialistischer Länder ein, was für sein Verständnis der Dynamik des Imperialismus und daher auch für die Strategie eine grundlegende Rolle spielte.
Innerhalb der internationalen kommunistischen Bewegung herrscht Uneinigkeit, ob in China und anderen arabischen oder asiatischen Ländern feudale oder halbfeudale Gesellschaftsordnungen existierten oder vielmehr von einer asiatischen Produktionsweise gesprochen werden muss. Hinsichtlich der Klassenverhältnisse ist jedoch noch während der letzten Jahrhundertwende eindeutig eine Unterdrückung der kleinen Bauern und weiterer Schichten durch lokale Gutsherren und die zentralen, städtischen Verwaltungen der kaiserlichen Herrscher festzustellen. Mit der Entstehung der Warenproduktion wurden diese Herrschaftsverhältnisse allmählich durch die Entwicklung einer nationalen Bourgeoisie und Arbeiterklasse in einigen wenigen Industriezentren ergänzt.
Zusätzlich litt das chinesische Volk unter der Unterdrückung der Bourgeoisie ausländischer imperialistischer Mächte, die in einigen Gebieten Chinas immer wieder die politische Herrschaft an sich rissen.
Um die Jahrhundertwende schlugen spontane Volksaufstände zunehmend in organisierte Kämpfe um, die die Kommunistische Partei Chinas in einem Bündnis und teilweise als Teil der bürgerlichen Kuomintang versuchte zu einer nationalen Revolution gegen die imperialistische Beherrschung und für eine Agrarrevolution zu führen. Aus heutiger Sicht ist nicht einfach zu beurteilen, ob die erste Einheitsfront zwischen der KP Chinas und der KMT die richtige Taktik für den Befreiungskampf der Bauern und Arbeiter war. Welche Vorgaben zwischen 1922-26 zur Umsetzung der Einheitsfront durch das Exekutivkomitee der Komintern im Detail diskutiert wurden und wie dabei die Dynamik in der Umsetzung der KP Chinas war, bzw. welche Rolle die Vertreter der Komintern in China spielten, ist eine komplizierte Frage und noch genauer zu klären. So gibt es beispielsweise Dokumente, die darauf hinweisen, dass der Eintritt von Kommunisten in die KMT als rein taktisches Manöver gedacht war, um die Partei durch Bildung prokommunistischer Gruppen von innen zu spalten. Hinweise aus Dokumenten der Komintern deuten darauf hin, dass die KP Chinas während der nationalen Revolution auf den Rückzug aus der KMT drängte, sich jedoch nicht gegenüber der Komintern und ihrem Vertreter durchsetzen konnte. Darüber hinaus gab es auf dem 2. Kongress der Komintern 1920 kontroverse Diskussionen um die Vorgaben der Strategie für Halbkolonien und Kolonien. Fest steht, dass die Frage der Hauptkräfte und Reserven und welche Rolle die nationale Bourgeoisie dabei einnehmen sollte, von Anfang an ein umkämpftes und gleichzeitig entscheidendes Thema für den Erfolg der national-demokratischen Kämpfe in China war.
Rückblickend hätte die KP in dem Bündnis mit der Kuomintang stärker ihre organisatorische Eigenständigkeit bewahren und mehr auf die Arbeiter- und Bauernmassen setzen müssen, statt auf die Zusammenarbeit mit diesen bürgerlichen Kräften. So hätte der Verrat der Kuomintang 1927 vermutlich dem Kampf um Befreiung und Sozialismus keinen so großen Schlag zufügen können.
2.2 Maos Philosophie
2.2.1 Maos Widerspruchstheorie: Weiterentwicklung oder Beerdigung des Dialektischen Materialismus?
von Thanasis Spanidis
Entgegen landläufiger Vorurteile, wonach Mao Tse-tung ein ungebildeter Bauernführer gewesen sei, war er im Gegenteil ein – zumal für seine Zeit und die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen er lebte – äußerst belesener Mann. Nachweislich beschäftigte er sich in jungen Jahren umfassend mit der westlichen Philosophie und studierte u.a. Aristoteles, die Stoiker, Epikur, Bentham, Darwin, Fichte, Goethe, Hobbes, Kant, T.H. Huxley, Leibniz, J. St. Mill, Montesquieu, Nietzsche, Hegel, Machiavelli, Platon, Rousseau, Schopenhauer, Adam Smith, Spencer und Spinoza, noch bevor er mit dem Marxismus in Kontakt kam46. Er war aber auch ein intimer Kenner der chinesischen Philosophie, insbesondere von Konfuzius (Kongzi), dem Buch der Wandlungen (Yijing) und Zhuangzi, aber auch Mencius (Mengzi) und Laotse47. Maos Beschäftigung mit den marxistischen Schriften kann hingegen nur vergleichsweise oberflächlich gewesen sein – allerdings nicht durch ein Versäumnis Maos, sondern schlicht und einfach, weil große Teile der Werke von Marx und Engels damals in China nicht zugänglich waren. Robert Allinson berichtet in seinem Buch über Maos Philosophie, dass er selbst 1988 in der zentralen Bibliothek der Universität Beijing vergeblich versucht hatte, wichtige Schriften von Marx zu erhalten, die aber weder dort noch in einer spezialisierteren Bibliothek vorhanden waren und deren Existenz den chinesischen Akademikern auch nicht bekannt war48.
Allinson schätzt Mao als einen originellen Denker ein, der eine eigenständige Philosophie entwickelte, die sowohl aus der klassischen chinesischen Philosophie als auch der westlichen Philosophie und dem Marxismus schöpft, aber letzten Endes mit all diesen Traditionen bricht und eigene Gedanken formuliert49. In dieser durchaus bürgerlichen Untersuchung wird also festgestellt, dass Maos Widerspruchslehre nicht ohne Weiteres dem Marxismus zugerechnet werden kann, sondern einen Bruch mit diesem darstellt. Doch bilden wir uns ein eigenes Urteil dazu.
Wir werden im weiteren Verlauf sehen, wie sehr Maos politisches Denken, sein Verständnis einer revolutionären Strategie und des sozialistischen Aufbaus, von seiner Auffassung der Dialektik bestimmt sind. Immer wieder finden sich in Maos Reden und Texten philosophische Überlegungen, immer wieder schlägt sein Verständnis vom Widerspruch sich in konkreten politischen Maßnahmen und Orientierungen nieder.
Maos Dialektik, insbesondere die von ihm entwickelte Begrifflichkeit des Haupt- und Nebenwiderspruchs und die Unterscheidung zwischen antagonistischen und nicht-antagonistischen Widersprüchen, werden oftmals als kreative Weiterentwicklungen des Dialektischen Materialismus gepriesen. Die Unterscheidung in Haupt- und Nebenwidersprüche hat in den 70ern auch in die westeuropäische Linke Eingang gefunden und wurde von dieser oft in einer vulgarisierten Form verwendet, z.B. indem der „Hauptwiderspruch“ in etwa als „das zentrale gesellschaftliche Problem“ und die Nebenwidersprüche wie z.B. die Unterdrückung der Frau als „weniger wichtige Probleme“ übersetzt wurden (was den Feminismus gegen diese vermeintlich „orthodox-marxistische Sichtweise“ aufgebracht hat)50. Auch zeitgenössische marxistische Beschäftigungen mit dem Thema behandeln Maos Begriffe weitgehend unkritisch, so als wären diese in der Tat Teil der marxistischen Weltanschauung. Wie wir weiter unten sehen werden, ist dies aber nicht der Fall.
Es wäre auf der anderen Seite sicherlich falsch zu behaupten, dass Maos Begriff von der Dialektik einfach der klassischen chinesischen Philosophie entnommen ist – denn mit dieser bricht er grundlegend, indem er (noch vor seiner Beschäftigung mit dem Marxismus) den Gedanken einer Großen Harmonie verwirft, zugunsten eines Verständnisses ständigen Konfliktes und Wandels51. Hier ist der Einfluss westlicher Denker wie Heraklit und Hegel erkennbar.
Dennoch kommt Allinson zu der Einschätzung, dass Maos Widerspruchstheorie mehr inhaltliche Gemeinsamkeiten mit dem Yijing, dem Buch der Wandlungen, habe, als mit der marxistischen Dialektik. Zentral dafür ist, dass Mao (explizit und implizit) Hegels Konzept der Negation der Negation verwirft, also einer Synthese, die die Gegensätze überwindet und ein neues Drittes hervorbringt. In der antiken chinesischen Vorstellungswelt des Yijing gibt es keine Überwindung der Gegensätze, sondern diese bleiben bestehen und schwanken ständig zwischen Harmonie und Disharmonie – die Harmonie bleibt ständig Ziel und ist Triebkraft des Wandels, kann aber nie realisiert werden52. Gegensätze sind im Yijing komplementär, sie ergänzen sich gegenseitig und beinhalten damit das Gleichgewicht – das ist der von Mao entwickelte Gedanke der „nicht-antagonistischen Widersprüche“.
2.2.1.1 Maos Verständnis von Widersprüchen und Entwicklung
Für Mao ist das grundlegende Gesetz der materialistischen Dialektik die Einheit der Gegensätze53. Im Wesen aller Dinge sind Widersprüche enthalten, die die Selbstbewegung der Dinge treiben, ihren Zusammenhang und ihre Wechselwirkung mit anderen Dingen hervorbringen54. Die Ursachen der Veränderung liegen somit in den Dingen selbst und nicht in einem äußeren Anstoß. Äußere Anstöße gibt es natürlich auch, aber diese sind dann „Bedingungen der Veränderung und die inneren Ursachen als deren Grundlage, wobei die äußeren Ursachen vermittels der inneren wirken“55. Bis zu diesem Punkt lassen sich gegen Maos Ausführungen aus marxistischer Sicht keine Einwände erheben.
Erste Zweifel sollten allerdings bereits da aufkommen, wo Mao seine Beispiele für Widersprüche anführt: „Ohne Leben kein Tod; ohne Tod kein Leben. Ohne Oben kein Unten; ohne Unten kein Oben. Ohne Unglück kein Glück; ohne Glück kein Unglück. Ohne Leichtes nichts Schwieriges; ohne Schwieriges nichts Leichtes. (…) Ohne Bourgeoisie kein Proletariat; ohne Proletariat keine Bourgeoisie. (…) Und so verhält es sich mit allen Gegensätzen“56. Maos Aufzählung zeigt, dass sein Verständnis von Widersprüchen ein anderes als das von Hegel und Marx entwickelte ist. Oben und unten, Glück und Unglück, Leichtes und Schwieriges sind einfach logisch-begriffliche Gegensätze – es ist offensichtlich, dass man nicht von oben sprechen kann, wenn es kein unten gibt. Es handelt sich aber nicht um Widersprüche, wie sie der Dialektische Materialismus versteht, d.h. als miteinander im Kampf liegende, sich wechselseitig ausschließende Seiten derselben Sache, deren Widerspruch letzten Endes die Entwicklung zu etwas qualitativ Neuem hervortreibt. „Diese Widersprüche haben keine Funktion, sie fungieren nicht, treiben keine Entwicklung aus sich heraus“57.
Ein Widerspruch im Sinne des Dialektischen Materialismus ist dagegen in der Tat der zwischen Bourgeoisie und Proletariat – dieser Widerspruch entwickelt sich aus dem Grundwiderspruch der kapitalistischen Produktionsweise heraus, der nach Engels der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater/kapitalistischer Aneignung ist58 – doch zum Begriff des Grundwiderspruchs später mehr. Bourgeoisie und Proletariat sind jedenfalls keine bloß begrifflichen Gegensätze, sondern real widerstrebende, sich aber gegenseitig bedingende Kräfte in der Realität. Der Widerspruch zwischen ihnen ist nicht logisch, sondern eben dialektisch, er ist objektiv in der materiellen Realität der kapitalistischen Produktionsweise angelegt und bestimmt ihre Entwicklung. Dass Mao in seiner Aufzählung tatsächliche dialektische, d.h. „lebendige“ Widersprüche gemeinsam mit toten begrifflichen Gegensätzen aufführt, legt nahe, dass er den Unterschied zwischen dem einen und dem anderen nicht verstanden hat. Tatsächlich schreibt Mao explizit, „daß Unterschied eben Widerspruch ist“59 – nun ist aber ein Unterschied keineswegs das gleiche wie ein Widerspruch. Mit Maos Verständnis könnte man letzten Endes auch von einem „Widerspruch“ zwischen gelb und blau oder einem Widerspruch zwischen Äpfeln und Orangen sprechen. Mit dem Verständnis von Widersprüchen als den Dingen innewohnender Selbstwiderspruch, der die Entwicklung des Dings hervorbringt, hat das nichts mehr zu tun.
Maos Beispiele für Widersprüche sind aber keine zufällige Entgleisung, sondern in seinem Dialektikverständnis angelegt, das sich grundlegend von dem von Marx, Engels und Lenin unterscheidet – obwohl Mao sich in seinen philosophischen Schriften öfter auf Lenin bezieht und damit den Eindruck zu erwecken versucht, er vertrete die gleiche Position wie dieser. Die verbreitete Vorstellung, wonach Mao nur den marxistischen Begriff des Widerspruchs weiter ausgearbeitet und differenziert habe, ist umso erstaunlicher, als Mao selbst dem Verständnis von Engels ganz grundlegend widerspricht:
„Engels hat über die drei Kategorien gesprochen. Ich glaube aber nicht an zwei dieser Kategorien. (Die Einheit der Gegensätze ist das elementarste Gesetz, das Umschlagen quantitativer in qualitative Veränderungen ist die Einheit des Gegensatzes von Qualität und Quantität. Die Negation der Negation gibt es überhaupt nicht.) Die gleichzeitige Nebeneinanderstellung des Umschlagens quantitativer in qualitative Veränderungen und der Negation der Negation mit dem Gesetz der Einheit der Gegensätze ist ein Triplismus und kein Monismus.“60.
Diese Auffassung findet sich an mehreren Stellen in Maos Schriften. Es ist offensichtlich, dass es sich dabei um eine grundsätzliche Auffassung Maos handelt61.
Auch wenn Mao an verschiedenen Stellen davon spricht, dass Widersprüche die Entwicklung vorantreiben, passt dieses Zugeständnis an den Marxismus nicht zu Maos sonstigen Ausführungen über den Widerspruch. Denn die entscheidenden Eigenschaften der von den Widersprüchen hervorgebrachten Entwicklung ist gerade, dass die Dinge durch sie neue Qualitäten annehmen können und dass der Gegensatz innerhalb einer Sache aufgehoben, d.h. negiert wird und damit im Rahmen einer zyklischen Bewegung Eigenschaften eines früheren Zustands auf höherer Stufe wiederherstellt. Wenn Mao den Umschlag in eine neue Qualität zu einer bloßen Variation des Kampfes zwischen Gegensätzen reduziert, tut er damit der Dialektik von Hegel, Marx und Engels Gewalt an. Denn in den Widersprüchen, die, wie auch Mao sagt, allen Dingen innewohnen, ist das Charakteristische gerade die Koexistenz, also zeitliche Gleichzeitigkeit der beiden Seiten des Widerspruchs und ihre gegenseitige Negation. Die Entwicklung, die aus diesen Widersprüchen entspringt, bedeutet hingegen, dass diese Koexistenz aufgehoben wird, und zwar nicht einseitig zugunsten einer Seite des Widerspruchs, sondern indem eine Synthese von neuer Qualität entsteht. Indem Mao diese Bewegung als eine Variante des „Kampfes der Gegensätze“ ebenso wie den (angeblichen) Kampf zwischen „oben“ und „unten“ interpretiert, relativiert er den Entwicklungsaspekt der Dialektik.
In einem weiteren, für Mao charakteristischen Gedankengang löst er ihn schließlich ganz auf. Ein für Mao zentraler Gedankengang ist der, dass die beiden Seiten eines Widerspruchs sich wechselseitig ineinander verwandeln:
„Das bedeutet, daß sich jede der beiden einem Ding innewohnenden gegensätzlichen Seiten unter bestimmten Bedingungen in ihr Gegenteil verwandelt, daß sie die Position der ihr entgegengesetzten Seite einnimmt.“62„Es gibt nichts, was nicht gegenseitig umwandelbar ist. Hohe Geschwindigkeit verwandelt sich in niedrige Geschwindigkeit und niedrige Geschwindigkeit verwandelt sich in hohe Geschwindigkeit. Arbeit verwandelt sich in Ruhe und Ruhe verwandelt sich in Arbeit (…). Aus dem Bett aufstehen und ins Bett gehen sind auch die Einheit der Gegensätze (…) Schlafen verwandelt sich in Aufstehen und Aufstehen verwandelt sich in Schlafen.“63. „Söhne verwandeln sich in Väter und Väter verwandeln sich in Söhne. Frauen verwandeln sich in Männer und Männer verwandeln sich in Frauen. (…) Krieg verwandelt sich in Frieden und Frieden verwandelt sich in Krieg“64 und sogar: „Das Leben der Dialektik, das ist ständiges Umwenden ins Gegenteil“65.
Nun ist es natürlich grundsätzlich richtig, dass der Entwicklungsprozess einer Sache so verlaufen kann, dass die Sache in ihr Gegenteil umschlägt. Das schreibt auch Lenin an einer Stelle recht deutlich: „Selbstverständlich ist es ein Grundsatz der marxistischen Dialektik, daß alle Grenzen in der Natur und in der Gesellschaft bedingt und beweglich sind, daß es keine einzige Erscheinung gibt, die nicht unter gewissen Bedingungen in ihr Gegenteil umschlagen könnte“66. In Maos Denksystem kommt diesem Umschlagen ins Gegenteil aber eine ganz andere Rolle zu. Während Lenin lediglich darauf hinweist, dass diese Bewegung unter bestimmten Bedingungen möglich ist, zeigen Maos Beispiele und sein Beharren darauf, dass es sich um ein „ständiges Umwenden ins Gegenteil“ handle, dass für Mao die dialektische Bewegung im Kern eine Pendelbewegung zwischen zwei Polen ist, wobei die Seiten des Widerspruchs sich wechselseitig ineinander transformieren. Hinzu kommt, dass Mao in der Tat bloße Unterschiede, die darüber hinaus völlig nichtssagend sind (hohe und niedrige Geschwindigkeit etc.), mit dialektischen Widersprüchen verwechselt. Da für ihn die bloße Verschiedenheit zweier Dinge offenbar dasselbe ist wie ein Widerspruch, kann er auch gar nicht verstehen, nach welchen Triebkräften Dinge sich entwickeln und bewegen. Das Umschlagen ins Gegenteil ist für Mao daher – anders als für Lenin – nicht ein Resultat der in der Sache selbst liegenden Gesetzmäßigkeiten, die wissenschaftlich analysiert und erklärt werden können, sondern es wird zu einem metaphysischen Prinzip der Realität überhaupt stilisiert. Dieses Prinzip der gegenseitigen Verwandlung der Gegensätze ist für Mao sogar „noch wichtiger“ als die Einheit und wechselseitige Bedingtheit der Gegensätze67. Dieses Bewegungsverständnis ähnelt damit dem des Yijing und des Daoismus, in denen der Gegensatz von yin und yang jeweils eine zentrale Rolle spielt. Es ist hingegen grundsätzlich verschieden vom marxistischen Verständnis der Entwicklung, demzufolge Bewegung nicht zwischen zwei Seiten hin und her oder als stationärer Zyklus stattfindet, sondern jeweils eine qualitativ neue Stufe produziert. Maos Horizont ist hier eingeschränkt, da ihm ein Verständnis qualitativer Sprünge fehlt.
Wenn in Maos Schriften immer wieder Verweise auf dialektische Entwicklungsprozesse vorkommen, so beweisen diese lediglich die Inkonsequenz in Maos Denken und sein Unvermögen, sich zwischen seinem eigenen Widerspruchsverständnis und dem des Marxismus endgültig zu entscheiden. Das drückt sich bei Mao beispielsweise in einem ungenügenden Verständnis der Problematik aus, dass der Sozialismus ständig von der kapitalistischen Restauration bedroht ist. Während es sich dabei grundsätzlich um eine richtige Erkenntnis handelt, herrschte im Maoismus während der Kulturrevolution die Vorstellung, dass auch zwei Jahrzehnte nach der sozialistischen Machtübernahme China genauso leicht in den Kapitalismus zurückfallen, wie in den Kommunismus voranschreiten könne. Abhängig macht Mao dies letztlich allein vom Bewusstsein und Willen der Menschen68. Die Unvermeidlichkeit und Gesetzmäßigkeit gesellschaftlicher Entwicklungen in eine bestimmte und prognostizierbare Richtung wird bei Mao durch eine willkürliche Abfolge und Abwechslung von Gegensätzen ersetzt. Mit diesem Verständnis ist eine korrekte Methode des sozialistischen Aufbaus und der Verteidigung des Sozialismus gegen die Gefahr der Konterrevolution nicht möglich.
2.2.1.2 Grund-, Haupt- und Nebenwidersprüche
Große Bekanntheit hat Maos Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenwidersprüchen erlangt. „Im Entwicklungsprozeß eines komplexen Dinges gibt es eine ganze Reihe von Widersprüchen, unter denen stets einer der Hauptwiderspruch ist; seine Existenz und seine Entwicklung bestimmen oder beeinflussen die Existenz und die Entwicklung der anderen Widersprüche. So bilden zum Beispiel in der kapitalistischen Gesellschaft die beiden gegensätzlichen Kräfte, Proletariat und Bourgeoisie, den Hauptwiderspruch“. Die anderen Widersprüche der Gesellschaft (z.B. zwischen Feudalklasse und Bourgeoisie usw.) seien hingegen Nebenwidersprüche – „sie alle werden vom Hauptwiderspruch bestimmt, stehen unter seinem Einfluß“69. Entscheidend ist dabei, dass, wie Mao im Folgenden ausführt, Haupt- und Nebenwidersprüche sich ebenfalls – so wie bei Mao auch alles andere – wechselseitig ineinander verwandeln. Sein Beispiel: In einem Aggressionskrieg der Imperialisten gegen eine Halbkolonie wie China können sich seine verschiedenen Klassen zu einem Bündnis zusammenschließen.
„Dann wird der Widerspruch zwischen dem Imperialismus und dem betreffenden Land zum Hauptwiderspruch, während alle Widersprüche zwischen den verschiedenen Klassen innerhalb dieses Landes (…) vorübergehend auf den zweiten Platz verwiesen sind und eine untergeordnete Stellung einnehmen. (…) In einer anderen Situation vertauschen jedoch die Widersprüche ihren Platz.“.
Wenn der Krieg endet und die herrschenden Klassen des halbkolonialen Landes vor dem Imperialismus kapitulieren, müssten hingegen die Volksmassen das Bündnis zwischen herrschender Klasse und ausländischem Imperialismus bekämpfen70.
In jeder Etappe eines Entwicklungsprozesses kann es für Mao nur einen Hauptwiderspruch geben. „Wenn ein Prozeß mehrere Widersprüche enthält, muß einer von ihnen der Hauptwiderspruch sein, der die führende und entscheidende Rolle spielt, während die übrigen nur eine sekundäre, untergeordnete Stellung einnehmen. Infolgedessen muß man sich beim Studium eines komplizierten Prozesses, der zwei oder noch mehr Widersprüche enthält, die größte Mühe geben, den Hauptwiderspruch herauszufinden. Sobald dieser festgestellt ist, kann man alle Probleme leicht lösen.“71
Hinzu kommt, dass jeder einzelne Widerspruch ebenfalls eine Hauptseite und eine sekundäre Seite habe.
„Von den beiden Seiten des Widerspruchs ist die eine unweigerlich die hauptsächliche, die andere die sekundäre Seite. Die hauptsächliche Seite ist jene, die im Widerspruch die führende Rolle spielt. Der Charakter eines Dinges wird im wesentlichen durch die Hauptseite des Widerspruchs bestimmt, die eine dominierende Stellung einnimmt“72. „Diese Lage ist aber nicht unveränderlich: die hauptsächliche Seite und die sekundäre Seite des Widerspruchs gehen ineinander über, worauf sich auch der Charakter des Dinges entsprechend ändert.“73
Zunächst einmal müssen wir auch hier feststellen, dass Mao neue Begriffe in den Marxismus einführt, die es bei den Klassikern Marx, Engels und Lenin nicht gibt. Das wäre für sich genommen noch kein Grund, diese Begriffe abzulehnen, wenn es sich um eine produktive Weiterentwicklung des Dialektischen Materialismus handeln würde. Um das zu prüfen, rufen wir zunächst kurz den Widerspruchsbegriff des Marxismus in Erinnerung. Für Marx und Engels gibt es keine „Haupt“- und „Nebenwidersprüche“, sehr wohl aber einen Grundwiderspruch. Engels schreibt: „Das gesellschaftliche Produkt wird angeeignet vom Einzelkapitalisten. Grundwiderspruch, aus dem alle Widersprüche entspringen, in denen die heutige Gesellschaft sich bewegt und die die große Industrie offen an den Tag bringt.“74 Für Engels ist der Grundwiderspruch der Gesellschaft also der Widerspruch, aus dem alle anderen Widersprüche und Bewegungsgesetze der Gesellschaft entspringen. Dieser Grundwiderspruch ist im Kapitalismus der zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung der Produkte. Aus dem Grundwiderspruch gehen die anderen Widersprüche hervor, beispielsweise der zwischen Kapital und Arbeit, zwischen grenzenloser Expansion der Produktion und begrenzter gesamtwirtschaftlicher Nachfrage usw. Der kapitalistische Grundwiderspruch seinerseits ist wiederum letztlich Ausdruck eines weit in vorkapitalistische Zeiten zurückreichenden Widerspruchs, nämlich des Selbstwiderspruchs der Ware, des Widerspruchs zwischen Wert und Gebrauchswert. Die Warenform, der Doppelcharakter der Ware enthält in sich als Potenzial bereits die kapitalistische Produktionsweise und das Kapital, das die Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft vorantreibt, entsteht dadurch, dass die Arbeitskraft ebenfalls zur Ware wird. Die kapitalistische Produktionsweise in ihrer Gesamtheit entwickelt sich daher sowohl logisch als auch historisch aus dem Widerspruch in der Ware – und Karl Marx hat genau diese Entwicklung in den drei Bänden von „Das Kapital“ dargestellt.
Auch Mao schreibt über den Grundwiderspruch und die „größeren und kleineren Widersprüche, die durch den Grundwiderspruch bedingt sind oder sich unter seinem Einfluß befinden“75. Es ist jedoch nicht klar, ob und inwiefern sich in seinem Verständnis Haupt- und Grundwiderspruch überhaupt voneinander unterscheiden oder ob er beides synonym verwendet. Letzteres liegt nahe, schließlich definiert er den Hauptwiderspruch inhaltlich gleich (s.o., „seine Existenz und seine Entwicklung bestimmen oder beeinflussen die Existenz und die Entwicklung der anderen Widersprüche.“). Was mit „bestimmen oder beeinflussen“ gemeint ist, bleibt allerdings im Unklaren. Denn nach dem marxistischen Verständnis des Grundwiderspruchs bringt dieser als das Abstrakte der kapitalistischen Produktionsweise die anderen, konkreteren Widersprüche der Produktionsweise hervor und „beeinflusst“ sie nicht nur auf eine unbestimmte Weise.
Ganz anders bei Mao: Seine Widersprüche stehen keineswegs in einem logisch-historischen Verhältnis zueinander, sondern stehen unvermittelt nebeneinander. Der Widerspruch zwischen dem chinesischen Volk und dem japanischen Imperialismus und der Widerspruch zwischen den werktätigen Klassen und der chinesischen Bourgeoisie werden von ihm nicht aus ökonomischen Gesetzmäßigkeiten entwickelt, sondern sie sind das Ergebnis von Vorgängen der Weltpolitik. Wenn in einer bestimmten Phase der Kampf gegen den japanischen Imperialismus eine Priorität darstellt, ist das lediglich eine politische Entscheidung der kommunistischen Partei, der Mao durch den Begriff „Hauptwiderspruch“ philosophische Weihen verliehen hat.Es handelt sich aber anders als bei Engels nicht um einen Begriff, der zum Verständnis der Entwicklungsgesetze der Gesellschaft selbst etwas beiträgt. Er ist eher ein Instrument zur Begründung einer bestimmten Politik als ein analytischer Begriff mit einem eigenen Erklärungsgehalt.
Nun ist Maos Begriff des Haupt- bzw. Nebenwiderspruchs aber mehr als nur nutzlos – er ist politisch problematisch. Wir haben gesehen, dass bei Mao 1) der Hauptwiderspruch in der Gesellschaft ganz im Gegensatz zum marxistischen Begriff des Grundwiderspruchs gerade nicht in der Anatomie der Produktionsweise wurzelt, sondern letztlich von politischen Ereignissen abhängt. 2) Ist der Hauptwiderspruch aber das zentrale Problem der Gesellschaft, den die Politik anzugehen hat und dem alles andere unterzuordnen ist. Und 3) kann dieser Hauptwiderspruch sich – auch ohne eine Revolution in der Produktionsweise – verändern, bzw. ein anderer Widerspruch kann zum Hauptwiderspruch werden. Daraus ergibt sich, dass die Politik der kommunistischen Partei sich keineswegs immer primär am Klassenwiderspruch zwischen Arbeiterklasse und Kapitalisten auszurichten hat, sondern nach Belieben – sofern es sich irgendwie begründen lässt – strategische Bündnisse auch mit Teilen der Bourgeoisie eingehen kann, wenn der „Hauptwiderspruch“ es zulässt, und die Interessen der Arbeiterklasse hinten anstellen kann.
Doch zurück zu Mao: Auch hier lässt sich sein Verständnis von Haupt- und Nebenwidersprüchen, die abhängig von politischen Entwicklungen austauschbar sind, nicht auf den Marxismus, sondern auf das altchinesische Buch der Wandlungen zurückführen: „Die Gegensätze koexistieren, für einige Zeit ist einer dominant; zu anderen Zeiten nimmt ein anderer seinen Platz ein“76.
Die Entwicklung der KP Chinas belegt eindrücklich genau dieses Problem. 1952 hatte Mao festgestellt:
„Mit dem Sturz der Grundherrenklasse und der Klasse der bürokratischen Kapitalisten ist der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie der Hauptwiderspruch in China geworden“77. Doch bereits auf dem VIII. Parteitag 1956 wurde beschlossen, „dass der inländische Hauptwiderspruch nicht mehr im Widerspruch zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie bestand, sondern im Widerspruch zwischen den Bedürfnissen des Volkes nach rascher wirtschaftlicher und kultureller Entwicklung und der mangelnden Fähigkeit unserer Wirtschaft und Kultur, diese Bedürfnisse zu befriedigen“78.
Nach dem Beginn der „Reform und Öffnung“, d.h. der Herstellung kapitalistischer Verhältnisse in China nach Maos Tod, berief sich die Partei immer wieder auf dieses Verständnis des aktuellen „Hauptwiderspruchs“ und änderte ihn – wenig überraschend – auch nicht mehr. Seitdem ist der Klassenkampf zwischen Kapitalisten und Arbeitern im offiziellen Verständnis der „Kommunistischen“ Partei Chinas nur noch ein „Nebenwiderspruch“, der vor dem Hintergrund der Schaffung einer (kapitalistischen) Gesellschaft des „bescheidenen Wohlstands“ in den Hintergrund tritt. Während es außer Zweifel steht, dass Mao Tse-tung mit dieser Entwicklung nicht einverstanden war, hat er dennoch das philosophische Instrumentarium geliefert, mit der die heutigen Revisionisten in der KP Chinas sie rechtfertigen.
Wie bereits erwähnt, wurde besonders die Lehre von den Haupt- und Nebenwidersprüchen in der westlichen Linken aufgenommen und popularisiert. Dabei wurde sie oft in anderer Weise verwendet als von Mao selbst, immer jedoch ohne sich der Probleme bewusst zu sein, die mit diesen von Mao erfundenen Begrifflichkeiten einhergehen. Beispielsweise schreibt der marxistische Philosoph (und späteres DKP-Mitglied) Hans Heinz Holz über diese Theorie:
„Sie erweist sich als ein Glied im Aufbau eines streng logischen Gefüges von Kategorien (…) Der Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital ist in der bürgerlichen Gesellschaft als der Grundwiderspruch der durch ihre Struktur (=Eigentumsverhältnisse) bedingten Aneignungsweise; er ist ein Hauptwiderspruch. Die Widersprüche zwischen den Kapitalisten verschiedener Länder sind hingegen spezielle, sie sind Nebenwidersprüche“79.
In dem Bemühen, Mao zu einem „Klassiker der III. Internationale“ zu stilisieren, stellt Holz die Philosophie Maos höchst unvollständig, teilweise falsch, jedenfalls aber völlig unkritisch dar, um sie rationaler erscheinen zu lassen. Anders als Holz behauptet, ist aber bei Mao eben der Hauptwiderspruch nicht das Gleiche wie der Grundwiderspruch bei Engels und es liegt auch nicht in der Sache selbst begründet, ob ein Widerspruch als Haupt- oder Nebenwiderspruch zu charakterisieren ist. Dass der Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital eben nicht immer als der Hauptwiderspruch zu verstehen ist, sondern je nach politischer Situation auch etwas ganz anderes der „Hauptwiderspruch“ sein kann, ist gerade der Kern von Maos Theorie, den Holz einfach übergeht.
Die Theorie vom Haupt- und Nebenwiderspruch hat, verbunden mit dem Personenkult um die Person Mao Tse-tungs, bisweilen groteske Blüten getrieben, wo versucht wurde, die von Mao eingeführten Begriffe mit Gewalt auf alle möglichen Bereiche der Wirklichkeit anzuwenden. 1972 wurde ein Buch mit dem Titel „Dem Volke mit der Dialektik dienen“ veröffentlicht. Darin berichtet beispielsweise ein Bauer, wie das zehnjährige Studium von Maos philosophischen Schriften geholfen hätte, die Erdnussernte in seiner Arbeitsbrigade um mehr als das Doppelte zu steigern, während alle Versuche, die Ernte ohne die materialistische Dialektik zu steigern, gescheitert seien80. Ein anderer Autor erzählt, wie Maos Philosophie von praktischem Nutzen beim Beladen eines LKWs gewesen sei: Unter Anwendung des Konzepts „die Kräfte des Feindes eine nach dem anderen vernichten“ habe man die Ecken einer schweren Maschine eine nach der anderen angehoben, Stahlrohre darunter gelegt und dadurch ermöglicht, den Gegenstand auf einen Anhänger zu laden. Und dann habe man den „Widerspruch“ zwischen dem Gewicht der Ladung und der Tragfähigkeit des Anhängers durch einen weiteren Anhänger gelöst81. Bei der Tomatenzucht wiederum fand man heraus, dass der „Hauptwiderspruch“ zwischen Temperatur und Belüftung bestand und man mit der richtigen Temperatur und Belüftung eine erfolgreiche Tomatenernte erzielen konnte82. All diese Beispiele, die ans Lächerliche grenzen, zeigen, wie willkürlich und in vielen Fällen nichtssagend Maos philosophische Konzepte sind – es ist offensichtlich, dass es nicht wirklich die Kenntnis von Maos philosophischen Werken war, die beim Beladen der Lastwagen und bei der Zucht von Erdnüssen und Tomaten geholfen hat, sondern einfach die Kenntnis der praktischen Voraussetzungen der jeweiligen Aufgabe. Wenn mit dem „Hauptwiderspruch“ jeweils nur dasjenige gemeint ist, worauf man besonders zu achten hat, wird der Begriff des dialektischen Widerspruchs völlig seines spezifischen Inhalts und seiner Bedeutung als treibende Kraft der Entwicklung der Realität beraubt. Stattdessen werden hochtrabende, nur scheinbar tiefsinnige Konzepte erfunden, die im Wesentlichen dazu dienen, eine bestimmte Praxis zu rechtfertigen und mit „philosophischen“ Weihen zu versehen.
2.2.1.3 Antagonistische und nicht-antagonistische Widersprüche
Für Mao unterscheiden sich Widersprüche nach einem weiteren Kriterium voneinander: Die nicht-antagonistischen Widersprüche „innerhalb des Volkes“ unterscheiden sich von den antagonistischen Widersprüchen zwischen dem „Volk“ und seinen Feinden. Bezeichnend ist auch hier die Willkür in Maos Methode, denn das Volk definiert er dabei folgendermaßen:
„In der gegenwärtigen Etappe, in der Periode des Aufbaus des Sozialismus, gehören zum Volk alle Klassen, Schichten und gesellschaftlichen Gruppen, die den Aufbau des Sozialismus billigen, unterstützen und dafür arbeiten; dagegen sind alle gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen, die sich der sozialistischen Revolution widersetzen, die dem Aufbau des Sozialismus feindlich gesinnt sind und ihn zu untergraben versuchen, Feinde des Volkes“83.
In vorherigen Phasen sei das Kriterium dementsprechend gewesen, welche Schichten sich beispielsweise gegen die japanische Invasion richteten. Zum Volk gehören demnach alle Kräfte, die in die strategische Konzeption der KP Chinas integrierbar sind und mit denen also keine antagonistischen Widersprüche bestehen – und umgekehrt sind nicht-antagonistische Widersprüche so definiert, dass sie nur innerhalb des Volkes bestehen. Offensichtlich liegt in dieser tautologischen Bestimmung kein Erkenntnisgewinn. Edoarda Masi schreibt dazu, offenbar in dem Glauben, dies würde für Maos Klassenverständnis sprechen:
„Diesseits und jenseits der Front – auf der Seite des Volkes und auf der Seite des Feindes – befinden sich nicht immer dieselben sozialen Klassen. Das Volk ersetzt in Maos Konzeption gewissermaßen das Marxsche Proletariat. Aber wer zum Volk gehört und wer nicht dazu gehört, ist nicht ein für alle Mal festgelegt. (…) Das beinhaltet einen weniger rigiden Determinismus: die Zugehörigkeit der einzelnen Individuen zur revolutionären Klasse wird viel weniger abhängig gemacht von der Ausübung einer bestimmten Funktion im Produktionsprozeß“84.
Mit anderen Worten: Maos Begriff des Volkes ersetzt die Analyse der objektiven gesellschaftlichen Gegebenheiten durch eine rein politische Theorie der „nicht-antagonistischen Widersprüche“, die allein der Rechtfertigung einer bestimmten Politik der von Mao geführten KP Chinas dient. Konkret geht es Mao dabei zunächst darum, dass Meinungsverschiedenheiten und Opposition innerhalb der Arbeiterklasse und anderen werktätigen Schichten im Sozialismus nicht mit Gewalt, sondern durch die Methode der Überzeugung gelöst werden sollten. Dagegen lassen sich schwerlich Einwände erheben. Ob es sinnvoll ist, dafür die philosophische Kategorie des „nicht-antagonistischen Widerspruchs“ anzuwenden, mit der dann eigentlich nur gesagt werden soll, dass bestimmte gesellschaftliche Widersprüche anders zu lösen sind als andere, ist allerdings eine andere Frage.
Die Realität ist in ihrer Gesamtheit von Widersprüchen durchzogen, die sie in ihrer Entwicklung bestimmen. Die Beschaffenheit dieser Widersprüche, ihre Struktur, ergibt sich aus der Sache selbst: Natürlich ist der der Warenform innewohnende Widerspruch zwischen Gebrauchswert und Wert ein völlig anderer als der Widerspruch zwischen absterbenden und neu wachsenden Zellen in einem Körper oder der zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen. Weil die Widersprüche Teil der materiellen Realität sind und nicht ein allgemeines philosophisches Prinzip, das wir der Realität durch die wissenschaftliche Analyse überstülpen, ist die von Mao neu eingeführte Unterscheidung zwischen „antagonistischen“ und „nicht-antagonistischen“ Widersprüchen fragwürdig. Mao spricht schließlich über Widersprüche im Allgemeinen und führt dabei üblicherweise Beispiele aus allen Bereichen des Lebens an. Die Unterscheidung zwischen „antagonistischen“ und „nicht-antagonistischen“ Widersprüchen ergibt, wenn überhaupt, als Beschreibung bestimmter politischer und gesellschaftlicher Konflikte Sinn. Als allgemeines Prinzip der Dialektik ist sie unsinnig.
Mit seinem Volksbegriff löst Mao zudem in letzter Konsequenz das marxistische Verständnis von der Arbeiterklasse als revolutionärem Subjekt auf. Für den Marxismus ist das revolutionäre Subjekt die Arbeiterklasse – und das nicht, weil Arbeiter immer ein revolutionäres Bewusstsein hätten oder weil die Armut sie von selbst ins revolutionäre Lager treiben würde. Vielmehr ist die Arbeiterklasse aufgrund ihrer Position innerhalb der kapitalistischen Ordnung das revolutionäre Subjekt: Sie betätigt die Produktionsmittel in einem System der hochgradig vergesellschafteten kapitalistischen Produktion, sie hat die Macht, die Produktion des Mehrwerts zu unterbrechen und abzuschaffen und sie verfügt über kein eigenes Privateigentum, das sie verteidigen könnte. Bei Mao hingegen wird die Frage, wer zum revolutionären Subjekt gehört, allein vom Bewusstsein ausgehend beantwortet. Nur von dieser idealistischen Grundlage aus ergibt es Sinn, Teile der Bourgeoisie zum Teil der revolutionären Klassen zu erklären.
Denn die Behauptung, dass der Widerspruch zwischen dem Kleinbürgertum (einschließlich dem Kleinbauerntum) und der Arbeiterklasse nicht-antagonistisch sei, ist nicht korrekt. Das Kleinbürgertum und die Bauernschaft tendieren von ihrer objektiven Klassenlage ausgehend zur Verteidigung des Privateigentums, auch wenn aufgrund ihrer prekären ökonomischen Lage ein Bündnis mit der Arbeiterklasse möglich ist. Dennoch besteht ein antagonistisches Verhältnis zwischen der Strategie der Arbeiterbewegung, die für den Sozialismus-Kommunismus kämpft, und der Existenz des kleinbürgerlichen Privateigentums. Dass dieser Widerspruch im Sozialismus durch Überzeugung und Zugeständnisse gelöst werden kann, liegt an der objektiven Zwischenposition des Kleinbürgertums zwischen den beiden Hauptklassen und nicht daran, dass der Widerspruch zwischen Arbeiterklasse und Kleinbürgertum grundsätzlich nicht antagonistisch wäre.
Kann man diesen Kritikpunkt vielleicht noch als Spitzfindigkeit abtun, tritt das entscheidende Problem bei Maos Widerspruchs-Konzeption dort zutage, wo er seine Bündnispolitik unter Einschluss der nationalen Bourgeoisie rechtfertigen will:
„In unserem Land gehört der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie zu den Widersprüchen im Volk. Der Klassenkampf zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie gehört im allgemeinen zum Klassenkampf innerhalb des Volkes, da der Charakter der nationalen Bourgeoisie in unserem Land zwiespältig ist. (…) In der Periode der sozialistischen Revolution beutet sie einerseits die Arbeiterklasse des Profits wegen aus, aber gleichzeitig unterstützt sie die Verfassung und ist bereit, die sozialistische Umgestaltung zu akzeptieren.“85.
Ist dieser Widerspruch „im Volk“, zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern also nicht mehr als antagonistisch zu verstehen? Maos Antwort:
„Der Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, ein Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, ist an und für sich antagonistisch. Aber unter den konkreten Bedingungen unseres Landes kann dieser antagonistische Klassenwiderspruch, wenn er richtig behandelt wird, in einen nichtantagonistischen umgewandelt und auf friedlichem Wege gelöst werden. Wenn wir ihn jedoch nicht richtig behandeln und uns gegenüber der nationalen Bourgeoisie nicht der Politik des Zusammenschlusses, der Kritik und der Erziehung bedienen oder wenn die nationale Bourgeoisie diese Politik nicht akzeptiert, kann sich der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie in einen Widerspruch zwischen uns und dem Feind verwandeln“86.
Ob ein Widerspruch also einen antagonistischen oder nicht-antagonistischen Charakter hat, hat für Mao offensichtlich mit dem Widerspruch selbst und seiner materiellen Verfasstheit gar nicht unbedingt etwas zu tun. Es geht vielmehr darum, wie mit diesem Widerspruch von Seiten der Kommunistischen Partei umgegangen wird. Bei richtiger Behandlung wird der Widerspruch zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten – ein Widerspruch, der eigentlich antagonistischer nicht sein könnte – in einen friedlich lösbaren Widerspruch im Volk umgewandelt. Bei falscher Behandlung funktioniert das nicht. Maos Verständnis ist hier völlig idealistisch. Er erklärt nicht, weshalb bestimmte Teile der Bourgeoisie sogar für den Sozialismus zu gewinnen sein sollen und wie ohne eine revolutionäre Umwälzung der Produktionsverhältnisse der Widerspruch zwischen ihnen und der Arbeiterklasse gelöst werden soll. Die bloße Tatsache, dass ein Teil der Kapitalisten in China ein taktisches Bündnis mit den Kommunisten gegen die ausländische Beherrschung eingegangen war, wird von Mao zu einer Wesensaussage über diese „nationale Bourgeoisie“ umgedeutet.
Damit stellt sich zwangsläufig die Frage, weshalb nicht auch alle anderen Widersprüche, also grundsätzlich der Gegensatz zu den Kapitalisten sowie zum ausländischen Imperialismus, auf nicht-antagonistische Weise gelöst werden können? Die weitere Entwicklung der KP Chinas von einer revolutionären zu einer konterrevolutionären und bürgerlichen Partei zeigt, dass Maos Widerspruchstheorie für genau diese Herangehensweise die Rechtfertigung geliefert hat: Für das Bündnis mit den USA bereits zu Lebzeiten Maos und unter seiner Federführung, für die „nicht-antagonistische“ Einbeziehung der Bourgeoisie in die wirtschaftliche Entwicklung Chinas, den sogenannten „Sozialismus mit chinesischen Charakteristika“ nur wenige Jahre nach Maos Tod.
Angesichts des großen ideologischen Einflusses, den Hans Heinz Holz in der Deutschen Kommunistischen Partei bis zu seinem Tod ausübte und seiner unkritischen Verteidigung von Maos Widerspruchstheorie braucht es nicht zu verwundern, wenn heute in der DKP Versatzstücke dieser Theorie herangezogen werden, um den eigenen rechtsopportunistischen Kurs zu rechtfertigen. So heißt es in einem Beschluss des 25. Parteitags von 2023, in China würden heute „Klassenwidersprüche zum Feind und im Volk unterschieden, die mit unterschiedlichen Methoden gelöst werden müssen“87. Damit wird – wie in der KP Chinas selbst – der Antagonismus zwischen der Arbeiterklasse und den chinesischen Kapitalisten willkürlich zu einem „Widerspruch im Volk“ umdefiniert, der „mit anderen Methoden“ als denen der sozialistischen Revolution zu lösen sei.
2.2.1.4 Schlussfolgerungen
Maos Theorie des Widerspruchs zeigt, wie entscheidend Fehler auf dem Gebiet der Philosophie sich in der Politik niederschlagen und über Sieg und Niederlage der kommunistischen Bewegung entscheiden. Philosophie besteht entgegen dem verbreiteten Vorurteil eben nicht aus weltfremden und abgehobenen Gedankenspielen im Elfenbeinturm, sondern ist nichts als der verallgemeinerte Ausdruck von (richtigen oder eben falschen) Einsichten über die Welt. Maos Philosophie ist eine „kreative“ Synthese aus Elementen des Dialektischen Materialismus mit der vormarxistischen westlichen und der chinesischen Philosophie. Dieses Ergebnis kann allerdings eindeutig nicht mehr als marxistisch bezeichnet werden, da Mao die Dialektik um ihren marxistischen Wesenskern, nämlich die Selbstbewegung und Entwicklung auf Grundlage der Widersprüche, erleichtert hat. Indem sie an die Stelle der wissenschaftlich nachvollziehbaren Gesetzmäßigkeit die Beliebigkeit setzt und an die Stelle der qualitativen Entwicklung in Natur und Gesellschaft das leblose Pendeln zwischen Gegensätzen, taugt Maos Widerspruchstheorie allerdings nicht zum Verständnis gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen, und schon gar nicht zur Anleitung des Aufbaus einer sozialistischen Gesellschaft.
2.2.2 Erkenntnistheorie bei Mao – Massenlinie und Praxis
von Jakob Schulze
Unter heute existierenden maoistischen Gruppen hat die Vorstellung Maos von der sogenannten Massenlinie bedeutsames Gewicht. So beschreibt beispielsweise José Maria Sison, der verstorbene Führer der maoistischen Kommunistischen Partei der Philippinen in einem Interview 2021 die Massenlinie:
“Die Massenlinie besteht darin, von den Massen ihre Bedingungen, Bedürfnisse, Forderungen und Bestrebungen durch soziale Untersuchungen und Klassenanalysen zu lernen. So wissen wir, wie wir die Massen in Übereinstimmung mit der allgemeinen Linie und dem Programm der Partei effektiver als je zuvor erwecken, organisieren und mobilisieren können. Was wir von den Massen lernen können, kann unsere Arbeit und unseren Arbeitsstil verbessern und das bestehende Programm und den Wissensbestand der Partei weiter bereichern und untermauern, um die revolutionäre Praxis voranzubringen.”88
Ausgehend von der richtigen Vorstellung, dass die Revolution letztlich ein Akt der Massen und nicht nur der Partei ist, war Mao und sind heute viele Maoisten weltweit der Ansicht, dass der Erkenntnisgewinn besonders vom “Lernen von den Massen” herrührt. In der Massenlinie kommen Maos Vorstellungen über die Praxis und damit letztlich auch, wie wir sehen werden, seine erkenntnistheoretischen Vorstellungen zum Ausdruck. Im Folgenden wollen wir entwickeln, warum in diesen Vorstellungen schwerwiegende Fehler enthalten sind, die sich in der Praxis des Aufbaus des Sozialismus, insbesondere beim „Großen Sprung nach vorn“, sowie der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ widerspiegeln.
Schauen wir zuerst, wie sich Mao den menschlichen Erkenntnisprozess vorstellt:
„Die unzähligen Erscheinungen der objektiven Außenwelt finden mittels der fünf Sinnesorgane – Organe des Gesichts-, Gehör-, Geruchs-, Geschmacks- und Tastsinnes – ihre Widerspiegelung im menschlichen Gehirn, und das ist zunächst eine sinnliche Erkenntnis. Hat sich das Material dieser sinnlichen Erkenntnis angehäuft, so tritt ein Sprung ein, und die sinnliche Erkenntnis verwandelt sich in eine rationale Erkenntnis, d. h. in die Idee. Das ist ein Erkenntnisprozeß. Es ist die erste Etappe des Gesamtprozesses der Erkenntnis, nämlich die Etappe des Übergangs von der objektiven Materie zum subjektiven Bewußtsein, vom Sein zur Idee. Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht bewiesen, ob das Bewußtsein und die Ideen (einschließlich der Theorien, politischen Richtlinien, Pläne, Methoden) die Gesetze der objektiven Außenwelt richtig widergespiegelt haben, es kann noch nicht festgestellt werden, ob sie richtig sind. Darauf folgt eine zweite Etappe des Erkenntnisprozesses nämlich die Etappe des Übergangs vom Bewußtsein Zur Materie, von der Idee zum Sein, wo man die in der ersten Etappe gewonnenen Erkenntnisse auf die gesellschaftliche Praxis anwendet, um zu sehen, ob diese Theorien, politischen Richtlinien, Pläne, Methoden usw. zu dem gewünschten Erfolg führen können. Allgemein gesagt, ist richtig, was Erfolg bringt, und falsch, was mißlingt;(…)“89
Mao ist also der Ansicht, dass eine gewisse Anhäufung von Sinneswahrnehmungen der objektiven Realität zu einem qualitativen Sprung von der Sinneswahrnehmung zur rationalen Erkenntnis, zur Entwicklung von Ideen führt. In einem zweiten Schritt wendet der Mensch diese Ideen dann bewusst in der gesellschaftlichen Praxis an und überprüft damit ihre Richtigkeit. Mao betont, dass der Mensch zur richtigen Erkenntnis „oft erst nach einer vielfachen Wiederholung der Übergänge von der Materie zum Bewußtsein und vom Bewußtsein zur Materie, das heißt von der Praxis zur Erkenntnis und von der Erkenntnis zur Praxis“90 gelange. Auch die „Spiralförmigkeit“ des Erkenntnisprozesses, also dass der Prozess von der Praxis zur Erkenntnis und wieder zur Praxis nicht zum selben Ausgangspunkt zurückkehrt, sondern ihn auf höherer Stufe wiederherstellt, wird von Mao anerkannt91. Seine Vorstellungen von der “Anhäufung von Sinneswahrnehmungen” und daraus entspringender Erkenntnis verbleiben auf der Ebene des “Alltagsbewusstseins”, also der Erkenntnis der Erscheinungen, jedoch nicht des Wesens der Dinge. Erkenntnis, die auf das Wesen der Dinge zielt, ist nur durch eine wissenschaftliche Methode möglich und auch Mao erwähnt diese Notwendigkeit der Begriffs- und Theoriebildung, ohne dabei genauer auf die wissenschaftliche Methode selbst einzugehen:
“Zur vollständigen Widerspiegelung des Dinges in seiner Totalität, zur Widerspiegelung seines Wesens und seiner inneren Gesetzmäßigkeiten muß man durch den Denkprozeß mannigfaltige Sinnesangaben verarbeiten, d. h. die Spreu vom Weizen sondern, das Falsche ausmerzen und das Wahre behalten, vom einen zum anderen fortschreiten, von der Oberfläche in den Kern eindringen und dadurch ein System von Begriffen und Theorien schaffen – muß man den Sprung von der sinnlichen Erkenntnis zur rationalen Erkenntnis tun.”92
Wie man “die Spreu vom Weizen” trennt, “das Falsche ausmerzen und das Wahre behalten” und von der “Oberfläche in den Kern eindringen” kann, wird von Mao widersprüchlich behandelt. Einerseits erkennt er an, dass die Wissenschaft die Widersprüche in ihrer realen Bewegung und in ihrem Gesamtzusammenhang erfassen muss93 um richtige Erkenntnisse zu produzieren. Andererseits erklärt er an mehreren Punkten, dass eine Art “Trial and Error” ebenso richtige Erkenntnisse hervorbringen kann:
“Indem sich die gesellschaftliche Praxis fortsetzt, wiederholen sich mehrmals die Dinge, die bei den Menschen in ihrer praktischen Tätigkeit Empfindungen und Eindrücke hervorrufen; dann tritt im menschlichen Gehirn ein Umschlag (d. h. Sprung) im Erkenntnisprozeß ein, und es entstehen Begriffe. Der Begriff spiegelt schon nicht mehr die Erscheinung der Dinge, ihre einzelnen Seiten und den äußeren Zusammenhang zwischen ihnen wider; er erfaßt das Wesen der Dinge, ihre Totalität und ihren inneren Zusammenhang. Zwischen Begriff und Empfindung besteht nicht nur ein quantitativer, sondern auch ein qualitativer Unterschied. Wenn man in dieser Richtung weiterschreitet, die Methode des Urteilens und Ableitens anwendet, dann können folgerichtige Schlüsse gezogen werden. Wenn es in dem Roman San Guo Yän Yi heißt: „Man zieht die Brauen zusammen und kommt auf eine Idee“, oder wenn wir im Alltagsleben sagen: „Laß mich einmal nachdenken“, so bedeutet das, daß der Mensch in seinem Gehirn mit Begriffen operiert, um Urteile zu fällen und Schlußfolgerungen zu ziehen. Das ist die zweite Stufe der Erkenntnis.”94
Es hat hier wieder den Anschein, dass richtige Erkenntnis doch auf der Ebene des “Alltagsbewusstseins” möglich ist und außer häufiger Wiederholung der Erfahrung keine besondere Denkmethode, nämlich die dialektische, nötig ist, um zu richtigen Erkenntnissen zu gelangen.
Mao erkennt die Bedeutung „mittelbarer Erfahrung“ an, also solche, die nicht das einzelne Individuum selbst mit den eigenen Sinnen macht, sondern die seine Vorgänger bereits gemacht haben und in theoretische Annahmen über die Welt übersetzt haben.
„Der Mensch kann jedoch nicht alles unmittelbar erfahren, und tatsächlich ist der größere Teil unserer Kenntnisse das Produkt mittelbarer Erfahrung, nämlich die in der Vergangenheit oder in fremden Ländern erworbenen Kenntnisse. (…) Darum setzen sich die Kenntnisse eines Menschen aus zwei Bestandteilen zusammen: aus direkter Erfahrung und aus mittelbarer Erfahrung. (…) Nimmt man also die Kenntnisse in ihrer Gesamtheit, gibt es keine, die von der unmittelbaren Erfahrung losgelöst sein könnten. Der Ursprung aller Kenntnisse sind die Empfindungen, die die physischen Sinnesorgane des Menschen von der objektiven Außenwelt empfangen; wer die Empfindungen verneint, die unmittelbare Erfahrung leugnet und die persönliche Teilnahme an der die Wirklichkeit verändernden Praxis ablehnt, ist kein Materialist.“95
Jede Erkenntnis des Menschen über die objektive Realität basiert also letztlich auf einer unmittelbaren sinnlichen Erfahrung, die Menschen gemacht haben und die durch eine theoretische Verarbeitung als Erfahrungen der Menschheit verallgemeinert wurden. Gleichzeitig versteht Mao diese Erfahrungen nicht als etwas Passives, sondern als Erfahrungen aus der unmittelbaren Praxis der Menschen.
„Die richtigen Ideen der Menschen können nur aus der gesellschaftlichen Praxis herrühren, nur aus dem Produktionskampf, dem Klassenkampf und dem wissenschaftlichen Experiment – diesen drei Arten der gesellschaftlichen Praxis.“96
Der Begriff der Praxis hat im marxistischen Verständnis eine gewisse Doppeldeutigkeit, einmal als gesellschaftliche und einmal als individuelle Praxis. Im Artikel „Klarheit durch Wissenschaft“ von den Genossen der Kommunistischen Organisation Marla Müller, Rike Groos und Jona Textor findet sich eine verständliche Darstellung dieser Doppeldeutigkeit:
„Einerseits bezeichnet Marx gesellschaftliche Praxis im Sinne des “blinden” Wirkens der ökonomischen Bewegungsgesetze, die den objektiven historischen Prozess vorantreiben. “Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen” (Der achtzehnte Brumaire, MEW 8, S. 115). Gleichzeitig sind alle gesellschaftlichen Verhältnisse aber nicht nur “überliefert”, sondern immer auch selbst Produkt der historisch-gegenwärtigen menschlichen Praxis. Die gesellschaftliche Entwicklung folgt keinem Plan, sondern wird hervorgebracht durch die Gesamtheit der handelnden Individuen, die in der Regel nur ihren individuellen Zwecken folgen. Es ist dieser blinde Prozess, durch den sich, wie Marx immer wieder betont, die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten letztlich “hinter dem Rücken” der Menschen durchsetzen, d.h. durch ihr eigenes Handeln, aber unabhängig von ihrem Willen (siehe z.B. MEW 25, S. 880). (…) Die eine Seite des Praxisbegriffs bezeichnet also diesen objektiven Prozess der gesellschaftlichen Entwicklung. Die andere Seite des Begriffs bezeichnet das bewusste und kollektive Handeln der Klassen im Klassenkampf, insbesondere der Arbeiterklasse und ihrer Avantgarde. Auch diese Praxis wird erst auf Grundlage der ökonomischen Bewegungsgesetze hervorgebracht und gesellschaftlich wirksam, aber nicht blind, sondern als “subjektiver Faktor”, d.h. als kollektives Handeln, das ein bestimmtes Maß an Bewusstsein und Einsicht in die wirklichen Verhältnisse voraussetzt.“97
Mao erkennt zwar grundlegende allgemeine Aussagen der marxistischen Erkenntnistheorie wie z.B. ein umfassendes, nicht auf das Individuum reduziertes Verständnis der gesellschaftlichen Praxis an98. Geht man jedoch tiefer in seine Schriften, wird auf verschiedenen Wegen deutlich, dass er der rationalen Erkenntnis, der theoretischen Abstraktion und den mittelbaren Erfahrungen eindeutig eine nachrangige Stellung gegenüber der unmittelbaren Erfahrung in der individuellen Praxis einräumt. Das historisch-materialistische Praxis-Verständnis tritt zugunsten eines letztlich idealistischen, utilitaristischen Praxis-Verständnisses zurück, wie wir weiter unten im Abschnitt zur Massenlinie sehen werden.
2.2.2.1 Wissenschaft und Intellektuelle
Mao erkennt allgemein an, dass das wissenschaftliche Experiment neben dem „Produktionskampf“ und dem Klassenkampf eine zentrale Stellung in der gesellschaftlichen Praxis einnimmt99. Jedoch zeigt seine Reduktion von „Wissenschaft” auf „wissenschaftliche Experimente” schon ein fragwürdiges Verständnis. Er betreibt diese Reduktion nicht durchgehend, bleibt aber immer bei einem oberflächlichen Verständnis von Wissenschaft. Eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Verständnis von Wissenschaft betreibt er im Gegensatz bspw. zu Lenin nicht.
In einer Rede in Hangchow 1965 geht er auf die Bedeutung von Wissenschaft ein:
„Die äußere Erscheinung ist sichtbar; sie stimuliert die Sinne. Das Wesentliche ist unsichtbar und nicht greifbar; es ist hinter der äußeren Erscheinung verborgen. Die Essenz kann nur durch Erforschung und Studium entdeckt werden. Wenn wir das Wesentliche berühren und sehen könnten, bräuchten wir keine Wissenschaft.“100
Im direkten Anschluss an diese klare Aussage über die Bedeutung der Wissenschaft folgt jedoch eine Passage, die exemplarisch für Maos Vorstellung von der Bedeutung der Wissenschaft ist.
„Man sollte allmählich mit der Realität in Berührung kommen, eine Weile auf dem Lande leben, ein wenig Agrarwissenschaft, Botanik, Bodentechnik, Düngemitteltechnik, Bakteriologie, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft usw. lernen. Es ist nicht nötig, dicke Wälzer zu lesen. Es reicht aus, kleine Bücher zu lesen und sich ein bisschen Allgemeinwissen anzueignen.“101
Um zum Wesentlichen hinter den Erscheinungen vorzudringen, braucht es nach Mao Wissenschaft. Im Vordergrund dabei stehen aber lediglich diejenigen Naturwissenschaften, die ein unmittelbares Verhältnis zur (landwirtschaftlichen) Produktion haben und darüber hinaus reicht ein „bisschen Allgemeinwissen“ und es müssen keine „dicken Wälzer“ gelesen werden.
Dieses Verständnis von Wissenschaft prägt dementsprechend sein Bild derjenigen Menschen, die im Wissenschaftsbetrieb arbeiten – den Intellektuellen:
„Was für ein Wissen ist das Buchwissen der Studenten? Selbst wenn dieses Wissen der Wahrheit entspricht, sind das doch Theorien, die von ihren Vorfahren bei der Verallgemeinerung deren Erfahrungen im Kampf um die Produktion und im Klassenkampf aufgestellt wurden, und es ist kein durch die eigene Erfahrung der Studierenden selbst erworbenes Wissen. Es ist durchaus nötig, daß sich die Studenten jenes Wissen aneignen; sie müssen aber im Auge behalten, daß es für sie noch in gewissem Sinne ein einseitiges Wissen ist – es ist wohl von anderen bestätigt worden, aber noch nicht von ihnen selbst. Das Wichtigste ist, daß man es im Leben, in der praktischen Tätigkeit anzuwenden versteht. Deshalb rate ich jenen, die nur über Buchwissen verfügen, mit der Praxis aber noch nicht in Berührung gekommen sind, oder die nur geringe praktische Erfahrung besitzen, sich über ihre eigenen Mängel klarzuwerden und etwas bescheidener aufzutreten.(…) „Wie können Menschen, die nur über Buchwissen verfügen, in Intellektuelle im vollen Sinne des Wortes umgewandelt werden? Die einzige Methode ist, sie praktisch arbeiten zu lassen, damit sie Praktiker werden, die Menschen, die sich mit theoretischer Arbeit befassen, zu veranlassen, wichtige praktische Fragen zu studieren. So kann man zum Ziel kommen.“102
An diesem Zitat ist nicht nur seine Einstellung zur Bedeutung von „Bücherwissen“ abzulesen, sondern insbesondere auch seine Vorstellungen, wie dieses „Bücherwissen“ mit unmittelbarer praktischer Tätigkeit zusammengebracht werden muss und was das dahinter liegende enge Praxisverständnis ist.
Mao ist der Ansicht, dass das Wissen, was auf mittelbaren Erfahrungen basiert, „in gewissem Sinne einseitiges Wissen“ sei und zwar deshalb, weil es von den einzelnen Studenten noch nicht selbst bestätigt worden sei. Daher müssten die Studenten dieses Wissen eigenständig in der Praxis anwenden. Diese Vorstellung ist natürlich nicht gänzlich falsch – wer sich beispielsweise chemisches Wissen aneignet und dann im Labor Experimente mit diesem Wissen durchführt, wird durch die Praxis seine eigenen Annahmen überprüfen und sein Verständnis vom eigenen Wissen und Nicht-Wissen vertiefen.
Die Anwendung des Wissens ist notwendig, darin besteht kein Zweifel. Durch die riesige Ausdehnung des Wissenschaftsbetriebs (auch schon zu Maos Zeiten), die Fülle an Informationen über die Praxis der Menschheit weltweit geht der eigenen Anwendung des Wissens in den verschiedenen Einzeldisziplinen die Aneignung einer riesigen Menge an Wissen voraus, und zwar jenes Wissen, was insbesondere in den Jahrhunderten seit der Entwicklung der Wissenschaften im Kapitalismus erarbeitetet wurde. Dabei wird ganz klar, dass nicht das gesamte so angeeignete Wissen in der eigenen Praxis überprüft werden kann – vielmehr werden viele Annahmen als bereits „überprüft“ betrachtet und schlicht und einfach davon ausgegangen, dass dieses Wissen bereits in der Praxis überprüft wurde. Das kann natürlich Fehler beinhalten, ist aber letztlich eine Notwendigkeit der Wissenschaftsentwicklung. Das gilt auch für Wissenschaften wie den Agrarwissenschaften, der Botanik, der Wasserwirtschaft usw. Das Wissen in diesen Bereichen droht viel mehr zu „einseitigem Wissen“ zu verkommen, wenn das Studium des bisherigen Stands der Agrarwissenschaften, der Botanik usw. vernachlässigt wird. „Die Forschung hat den Stoff sich im Detail anzueignen, seine verschiednen Entwicklungsformen zu analysieren und deren innres Band aufzuspüren“103wie Marx sagen würde, heute mehr denn je. Genau diese Gefahr der Vernachlässigung der Aneignung des Stoffes zum Aufspüren des “inneren Bands”, der Gesetzmäßigkeiten, nach denen sich die objektive Realität entwickelt, befördert Mao aber, in dem er davon spricht, dass es ausreichen würde „kleine Bücher zu lesen“.
Die Aussage, dass es notwendig sei, „die Menschen, die sich mit theoretischer Arbeit befassen, zu veranlassen, wichtige praktische Fragen zu studieren“ wirft zumindest die Frage auf, was Mao von eben jenen Wissenschaften hielt, die nicht unmittelbar, sondern tatsächlich nur noch vermittelt mit der objektiven Realität zusammenhängen (wie beispielsweise die höhere Mathematik oder die theoretische Physik), aber gleichzeitig wichtige Impulse in den Wissenschaftsbetrieb überhaupt gegeben haben und immer noch geben. Natürlich wäre es falsch, wenn inmitten des Bürgerkriegs viele Kader ihre Zeit darauf verwendeten, höhere Mathematik zu studieren. Dennoch stammen die oben angeführten Aussagen von Mao sowohl aus der Zeit des Bürgerkriegs als auch aus der Zeit des sozialistischen Aufbaus – wo das Studium der höheren Mathematik zweifellos eine sehr wichtige Rolle spielte. Aber selbst wenn wir uns von der höheren Mathematik weg und zur revolutionären Theorie des Klassenkampfs hinwenden, stellen wir fest, dass die Anwendung der dialektischen Methode notwendig mit Schritten der Abstraktion und Verallgemeinerung einhergeht und dafür eine gute Kenntnis der marxistischen Begriffe, der politischen Ökonomie, der philosophischen und erkenntnistheoretischen Grundlagen usw. notwendig ist – also eine ganze Menge an „Studium“ und „Bücherlesen“. Marxistische Forschung, die darauf gerichtet ist, dass „innere Band“, also die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung zu erkennen, ist unabdingbar für den Klassenkampf, unabhängig davon, ob wir uns gerade im Bürgerkrieg oder in nicht-revolutionären Zeiten befinden. Was waren unsere „Klassiker” anderes als revolutionäre Intellektuelle? Marx, Engels und Lenin verbrachten Jahre ihres Lebens mit dem Studium von „Bücherwissen”. Zwar waren sie immer eng mit der Klasse und ihren praktischen Kämpfen verbunden, aber in diesen Kämpfen hatten sie, wie es im Kommunistischen Manifest heißt, „theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.“104 Ohne theoretisches Studium, ohne wissenschaftliche Einsicht in den Gesamtzusammenhang der Gesellschaft, kann es auch diesen Erkenntnisvorsprung und die revolutionäre Avantgarde nicht geben. Wer also das „Bücherwissen” allein den Intellektuellen der Bourgeoisie überlässt, der gibt seine geistigen Waffen aus der Hand und verrät letztlich die Interessen des Proletariats im Klassenkampf.
Selbstverständlich können wir in der Analyse solcher Zitate von Mao nicht von den konkreten historischen Umständen abstrahieren, in denen er diese Worte schrieb. Sicher hat es zu der Zeit Menschen gegeben, die sich Kommunisten nannten, die jedoch tatsächlich „Schwätzer“ waren, und zwar in dem Sinne, dass sie schlaue Reden schwingen konnten, aber bei den praktischen Aufgaben der Partei nie zugegen waren. Allerdings schreibt Mao die hier dargelegten Zeilen in einer Zeit heftigster interner Parteikämpfe im Rahmen der sogenannten Berichtigungsbewegung105. Dabei standen sich Mao und seine Anhänger und ein Teil der sogenannten 28 Bolschewiki gegenüber – also jene Parteikader, die Ende der 1920er Jahren für die Partei ein Studium in der Sowjetunion absolvierten und Anfang/Mitte der 30er Jahre in die Partei zurückgekehrt waren. Ohne hier über die Inhalte der Auseinandersetzung zwischen Mao und den 28 Bolschewiki ein Urteil zu fällen, lässt sich festhalten, dass die Aussagen über die Intellektuellen, wie sie im obigen Zitat zum Ausdruck kommen, sehr wahrscheinlich eine konkrete Bedeutung in dieser Auseinandersetzung hatten.
In einer weiteren Rede auf einem Frühlingsfestival 1964 geht Mao sogar noch einen Schritt weiter. Hier wird das „Bücherwissen“ nicht nur als „einseitiges Wissen“ bezeichnet, sondern darüber hinaus eine direkte Linie gezogen, wie man vom Lesen von zu vielen Büchern zum Revisionisten werden kann:
„Wir sollten nicht zu viele Bücher lesen. Wir sollten marxistische Bücher lesen, aber auch nicht zu viele davon. Es reicht aus, ein Dutzend oder so zu lesen. Wenn wir zu viele lesen, können wir uns auf das Gegenteil zubewegen, Bücherwürmer, Dogmatiker, Revisionisten werden. In den Schriften des Konfuzius findet sich nichts über die Landwirtschaft. Deshalb waren die Glieder seiner Schüler nicht an die Arbeit gewöhnt, und sie konnten nicht zwischen den fünf Körnern unterscheiden. Dagegen müssen wir etwas tun. (…) Wenn man zu viele Bücher liest, versteinern sie am Ende den Geist.“106
Auch hier wird wieder der enge Rahmen des Zusammenhangs zwischen Theorie und Praxis bei Mao deutlich. Er anerkennt eigentlich nur jenes Wissen, was unmittelbare praktische Bedeutung hat – in dem Moment, wo sich jemand zu viel mit Abstraktion und Verallgemeinerung beschäftigt, setzt Mao die Gefahr des Revisionismus und Dogmatismus an. Warum das so sein soll, wird jedoch überhaupt nicht klar. Im Gegenteil: Revisionismus entsteht nicht aus übermäßigem wissenschaftlichem Studium, sondern gerade theoretische Mängel, die eine eklektische Vermischung des Marxismus mit bürgerlicher Ideologie ermöglichen, begünstigen den Revisionismus. Maos Vorstellungen setzen ein Verständnis voraus, das in Zweifel gezogen werden muss: Einerseits nimmt jeder Mensch, ob er im Studierzimmer sitzt oder in der Fabrik arbeitet, an der gesellschaftlichen Praxis teil. Seine Klassenherkunft entscheidet sich durch seine Stellung zu den Produktionsmitteln – hier kann es durchaus Unterschiede geben, obwohl heute ein Großteil der Intellektuellen Lohnarbeit verrichtet und nicht über Produktionsmittel verfügt. Damit ist aber andererseits noch nichts über deren Klassenstandpunkt gesagt, also der tatsächlichen theoretischen und praktischen Haltung zu den Interessen der Arbeiterklasse. Wer im Studierzimmer sitzt, kann am Klassenkampf auf der Seite der Arbeiterklasse teilhaben, ebenso wie derjenige in der Fabrik auf der Seite der Bourgeoisie stehen kann. Natürlich ist es so, dass die Realität der Fabrik den Arbeitern die Frage viel ungeschönter und direkter stellt, auf welcher Seite sie stehen und sie die Macht der vereinten Arbeiterklasse viel eher zu spüren vermögen. Aber „zu viele Bücher“ zu lesen, hängt weder automatisch mit einer Nicht-Teilnahme am Klassenkampf zusammen, noch führt es zu einer „Versteinerung des Geistes“.
Auch wenn er an verschiedener Stelle auch die sogenannten Empiriker kritisiert, also diejenigen Kommunisten, die das theoretische Studium gering schätzen würden, meint er doch, dass die Hauptgefahr (zumindest in der Phase der „Berichtigungsbewegung“) von den „Dogmatikern“ herrührt. Es fiele den Dogmatikern leicht, „sich ein marxistisches Mäntelchen umzuhängen und so die aus der Arbeiterklasse und der Bauernschaft stammenden Kader einzuschüchtern, einzufangen und sich dienstbar zu machen“107 da es diesen Kadern nicht leicht falle, den Dogmatismus zu durchschauen. Wir werden im Folgenden sehen, dass diese Geringschätzung der Wissenschaft, der Theorie und der Intellektuellen keine „Phase“ bei Mao war, sondern konsequent ergänzt wird durch eine Überhöhung des Alltagsbewusstsein der Massen. Es sind zwei Seiten derselben Medaille.
2.2.2.2 Massenlinie
Wie bereits angedeutet, können wir bei Mao einen starren, verengten und mechanistischen Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis erkennen. Theoriearbeit sollte nur an ganz unmittelbaren praktischen Fragen orientiert sein, sonst droht die Gefahr des Revisionismus. Die Praxis als Kriterium der Wahrheit wiederum wird tendenziell verengt auf die unmittelbaren sinnlichen Erfahrungen der Menschen.
An diesem Verständnis von Theorie und Praxis knüpft die sogenannte Massenlinie an. Ihre Grundlage ist die Vorstellung Maos, dass das richtige Bewusstsein, die richtige Erkenntnis schon im Massenbewusstsein, also bei den im Produktions- und Klassenkampf tätigen Menschen, veranlagt sei. Im Kontext der Kulturrevolution wurde aus diesem Verständnis die fatale Konsequenz gezogen, dass man die Massen im Kampf gegen den Revisionismus gegen die Kommunistische Partei in Stellung bringen müsse108. Mao ging davon aus, dass arm sein quasi automatisch bedeutet, dass man zu einer revolutionären Haltung neige:
„Unser Land ist sowohl arm als auch unbeschrieben. Diejenigen, die arm sind, haben nichts, was sie ihr Eigen nennen können. (…) Arm zu sein ist in Ordnung, denn es macht dich geneigt, revolutionär zu sein.“109
Ähnlich drückt er sich in einem Gespräch mit seinem Neffen Mao Yuanxin aus:
„Du bist Honig essend aufgewachsen und hast bisher noch kein Leid kennengelernt. Wenn du in Zukunft kein Rechter wirst, sondern eher ein Zentrist, bin ich zufrieden. Du hast nie gelitten, wie kannst du dann ein Linker werden?“110
Dieser Standpunkt Maos ähnelt in verblüffender Weise heutigen identitätspolitischen Vorstellungen. Wer selbst nicht von Leid und Armut betroffen ist, ist nicht in der Lage, das richtige Bewusstsein und den richtigen Klassenstandpunkt einzunehmen. Nur die eigene Betroffenheit, so das Argument, führe zur richtigen Einsicht in die wirklichen Verhältnisse. Darüber hinaus deuten sich in diesen Aussagen Vorstellungen an, die sich in der Sozialismus-Konzeption von Mao, als eine Art „asketischer“, die Rolle der armen Bauernmassen verherrlichenden Sozialismus, wiederfinden111.
Der Zusammenhang von Sein und Bewusstsein wird von Mao in einen engen Rahmen gezwängt, nämlich bezogen auf das Individuum. Für Mao scheint sich das Bewusstsein der Individuen ausschließlich aus ihrer unmittelbaren eigenen Lage und Praxis zu ergeben. Dem entgegen steht die marxistische Vorstellung, dass „die herrschenden Gedanken“ notwendig die „Gedanken der herrschenden Klasse“ sind112. Im Kapitalismus entwickeln sich fetischisierte Bewusstseinsformen, weil die Menschen die hinter ihrem Rücken wirkenden Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung (wie das Wertgesetz) nicht erkennen können. Darüber hinaus versucht die herrschende Klasse konstant im ideologischen Klassenkampf falsches, die Bedingungen von Ausbeutung und Unterdrückung legitimierendes Bewusstsein unter den Unterdrückten und Ausgebeuteten zu verbreiten. Aufgrund des Unvermögens der Massen, die eigene Lage spontan richtig zu erkennen und die richtigen, revolutionären Schlüsse daraus zu ziehen, stellt Lenin die Forderung auf, das Bewusstsein in die Massen „hineinzutragen“113. Wem kommt diese Aufgabe zu? Den organisch mit der Klasse verbundenen revolutionären Intellektuellen, die – wie oben bereits dargelegt – den Massen die theoretische Einsicht in den gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang und seine Bewegungsgesetze voraus haben. Sicherlich führt die unmittelbare Betroffenheit von Armut und Ausbeutung zu spontaner Empörung, Klasseninstinkt oder sogar, wie Lenin sagt, “trade-unionistischem Bewusstsein” – aber eben nicht zu einer wissenschaftlich begründeten revolutionären Theorie. Aber: “Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben.” (Lenin, Was tun?) Maos Konzeption der “Massenlinie” ist also letztlich anti-leninistisch.
Die oben beschriebene erkenntnistheoretische Verkrüppelung setzt sich bei Mao jedoch fort. Aus der Vorstellung, dass Leid und Armut den Menschen schon das richtige Bewusstsein in Ansätzen einpflanzt, schließt er, dass die Erkenntnis auch nur unmittelbar mit der Praxis der Massen verknüpft sein kann:
„In der gesamten praktischen Arbeit unserer Partei muß eine richtige Führung stets „aus den Massen schöpfen und in die Massen hineintragen“, das heißt: die Meinungen der Massen (vereinzelte und nicht systematische Meinungen) sind zu sammeln und zu konzentrieren (sie werden studiert und in konzentrierte und systematisierte Form gebracht) und dann wieder in die Massen hineinzutragen, zu propagieren und zu erläutern, bis die Massen sie sich zu eigen gemacht haben, sich für sie einsetzen und sie verwirklichen; dabei wird die Richtigkeit dieser Meinungen in den Aktionen der Massen überprüft. Dann gilt es, die Meinungen der Massen erneut zusammenzufassen und sie erneut in die Massen hineinzutragen, damit diese sie beharrlich verwirklichen. Und so geht es unendlich spiralförmig weiter, wobei diese Meinungen mit jedem Mal richtiger, lebendiger und reicher werden. Das ist die marxistische Erkenntnistheorie.“114
Anstatt dass es der Kommunistischen Partei darum geht, die möglichst gute Kenntnis der Lage aller Klassen, der gesamten (chinesischen) Gesellschaft und der Beziehungen zu anderen Staaten zur Grundlage ihrer eigenen Erkenntnis zu machen, kann diese durch die Sammlung und Systematisierung der Meinungen (!) der Massen erfolgen. Dieses Herangehen setzt die Vorstellung voraus, dass das richtige Bewusstsein schon in der Mehrheit dieser Meinungen der Massen zu finden sei. Was aber, wenn dem nicht so ist? Mao antwortet, dass dann der Vorgang wiederholt werden muss – ein klassisches „Trial and Error“-Prinzip.
Mao hat vielfach geäußert, dass ihm klare Vorstellungen des Imperialismus, der Revolution und des Sozialismus gefehlt haben. Auf einer Konferenz des Zentralkomittees Anfang 1962 berichtet er:
„Erst in der Zeit des Widerstands gegen Japan formulierten wir eine allgemeine Linie für die Partei und ein vollständiges Paket konkreter Politiken, die der tatsächlichen Situation angemessen waren. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits seit mehr als zwanzig Jahren Revolution gemacht. In den vielen Jahren zuvor hatten wir sehr im Dunkeln gearbeitet. Wenn jemand behauptet, dass irgendein Genosse, z.B. ein Mitglied des Zentralkomitees oder ich selbst, die Gesetze der chinesischen Revolution von Anfang an vollständig verstanden hat, dann spricht dieser Genosse aus dem Hut. Man sollte ihm auf keinen Fall glauben. (…) In der Vergangenheit und vor allem am Anfang waren alle unsere Energien auf die Revolution gerichtet, aber wie wir die Revolution machen, was wir ändern wollten, was zuerst und was später kommen sollte und was bis zur nächsten Etappe warten sollte – über eine ziemlich lange Zeit wurde keine dieser Fragen richtig verstanden, oder man könnte sagen, sie wurden nicht gründlich verstanden.”115
Über den sozialistischen Aufbau in China sagt er auf derselben Konferenz:
„Bei unserer Arbeit am sozialistischen Aufbau handeln wir noch weitgehend blind. Für uns ist die sozialistische Wirtschaft in vielerlei Hinsicht noch ein Bereich der Notwendigkeit, den wir noch nicht verstanden haben. Nehmen Sie mich als Beispiel: Es gibt viele Probleme bei der Arbeit des wirtschaftlichen Aufbaus, die ich noch nicht verstehe. Ich verstehe nicht viel von Industrie und Handel. Ich verstehe ein wenig von der Landwirtschaft, aber das ist nur relativ gesehen – ich verstehe immer noch nicht viel. (…) Was unsere Partei als Ganzes betrifft, so ist unser Wissen über den sozialistischen Aufbau äußerst unzureichend. Wir sollten von nun an eine gewisse Zeit damit verbringen, unsere Erfahrungen zusammenzufassen und gründlich zu studieren, und im Laufe der Praxis unser Verständnis davon durch die Klärung seiner Gesetze allmählich vertiefen. Wir müssen viel harte Arbeit leisten und gründliche Untersuchungen anstellen. Wir müssen aufs Land gehen und uns an einem ausgewählten Ort niederlassen. Wir müssen uns in die Produktionsbrigaden und -teams begeben und in die Fabriken und Geschäfte gehen. Was die Untersuchungen und Studien angeht, so haben wir sie früher ziemlich gut gemacht, aber seit wir in die Städte gekommen sind, haben wir sie nicht mehr ernst genommen.”116
Explizit heißt es auch hier wieder, dass es nur darum ginge, die „Erfahrungen zusammenzufassen” und „im Laufe der Praxis” das Verständnis derselben durch „Klärung seiner Gesetze” zu vertiefen. Daher liegt der Weg des „Trial and Error“, des Voluntarismus in der Praxis, auf Basis grober Vorstellungen der Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung nahe. Im Kapitel Maos Verständnis vom Aufbau des Sozialismus: Zwischen rechtem und linkem Opportunismus zum Sozialismus wird darauf noch einmal genauer eingegangen.
Schließlich lässt sich an diesem Zitat erkennen, dass Mao eine andere Vorstellung vom „Hineintragen des Bewusstseins in die Massen“ hat. Er geht dabei strikt davon aus, dass dieses Bewusstsein schon vorher in den Massen vorhanden sein muss und dass die Kommunisten sich immer an den Bedürfnissen und Forderungen der Massen orientieren müssen:
„Wenn man sich mit den Massen verbinden will, muß man den Bedürfnissen und Wünschen der Massen entsprechend handeln. (…) Es kommt sehr oft vor, daß die Massen zwar objektiv bestimmter Reformen bedürfen, subjektiv aber sich dessen noch nicht bewußt sind, sich noch nicht entschlossen haben oder noch nicht den Wunsch hegen, die Reformen vorzunehmen; dann müssen wir geduldig abwarten. Erst dann, wenn durch unsere Arbeit den Massen in ihrer Mehrheit das betreffende Bedürfnis zum Bewußtsein gekommen ist, wenn sie ihren Entschluß gefaßt haben und selbst den Wunsch hegen, die Reform durchzuführen, können wir an diese Arbeit schreiten; sonst könnten wir uns von den Massen loslösen. Jede Tätigkeit, bei der die Teilnahme der Massen erforderlich ist, wird zu einer bloßen Formsache werden und Schiffbruch erleiden, wenn das Bewußtsein und der Wille der Massen fehlen. Hier gibt es zwei Prinzipien. Das eine lautet: Man muß von den realen Bedürfnissen der Massen ausgehen, nicht aber von solchen, die wir uns einbilden. Das andere besagt: Die Massen müssen es selbst wünschen, der Entschluß muß von den Massen selbst gefaßt werden, nicht aber von uns an ihrer Statt.“117
Mao spricht hier durchaus wichtige Punkte in Bezug auf das Verhältnis von Partei und Klasse, bzw. Partei und Volksmassen an. Es steht außer Frage, dass die Partei die unmittelbaren Bedürfnisse und Nöte der Massen in ihre Politik mit einbeziehen muss. Wenn die Partei allerdings ihre Politik auf den unmittelbaren Bedürfnissen der Massen gründet, wird sie scheitern. Es ist gerade nicht die subjektive Haltung zur Welt, egal ob von Individuen, der Klasse oder den Volksmassen, die die Politik der Kommunisten bestimmen muss, sondern die Einsicht in die objektiven Gesetzmäßigkeiten, in das objektiv Notwendige. Die Partei muss das maximal Mögliche tun, um in den Massen das Verständnis von der Notwendigkeit dieser oder jener politischen Handlung zu verbreiten, aber sie muss auch bereit sein, Dinge umzusetzen, die noch nicht dem subjektiven Bewusstsein der Massen entsprechen118.
Maos Vorstellungen sind ihrem Charakter nach eindeutig opportunistisch und entsprechen hier einer klassischen „Nachtrabpolitik“. Anstatt den Massen als Avantgarde vorauszugehen, weitergehende, noch nicht im Bewusstsein der Massen verankerte Forderungen aufzustellen und so den Klassenkampf vor, während und nach der Revolution immer weiter voranzutreiben, sollen sich die Kommunisten darauf beschränken „immer den Forderungen der Massen zum gegebenen Zeitpunkt und am jeweiligen Ort“119 zu entsprechen und sich so „mit den Massen“ zu verbinden.
Interessanterweise prägt Mao selbst einen Begriff der „Nachtrabpolitik“ mit einem gänzlich anderen Inhalt. Laut Mao wäre es „Nachtrabpolitik“, wenn ein Kader der Partei „hinter der Bewußtseinsreife der Massen zurückbleibt“120. Es ist fatal, wenn Kommunisten sich ignorant gegenüber den Forderungen der Massen zeigen, es fragt sich, ob so jemand überhaupt noch als Kommunist bezeichnet werden kann. Sich „an die Spitze stellen“ bedeutet für Mao jedoch, wie wir oben gesehen haben, nicht, über das Bewusstsein hinauszugehen, sondern den Massen „nach dem Mund zu reden“.
Matthiessen zieht den Rückschluss aus solchen Äußerungen von Mao, dass dieser einen im Kern utilitaristischen Praxisbegriff vertritt:
„Maos Praxisbegriff hingegen ist seinem Charakter nach utilitaristisch. Nur in der unmittelbaren Praxis entscheidet sich, was richtig und notwendig ist. Aus ihr, aus der jeweils besonderen Situation werden die Richtlinien und Prinzipien des Handelns gewonnen“121.
Jene Praxis wird als richtig anerkannt, die unmittelbar nützlich für die Beteiligten (für Mao das Volk) sei. Aussagen wie „ Allgemein gesagt, ist richtig, was Erfolg bringt, und falsch, was mißlingt“122oder „dabei wird die Richtigkeit dieser Meinungen in den Aktionen der Massen überprüft“ deuten ein solches Verständnis in jedem Fall an. Es wird daran deutlich, dass das Verständnis der Praxis als Kriterium der Wahrheit weniger von der gesamtgesellschaftlichen Praxis, weniger vom historisch-materialistischen Verständnis der Welt ausgeht und mehr von einem engen Rahmen der unmittelbaren Bedürfnisse des Volkes bzw. dem subjektiven Bewusstseinszustand der Massen.
„Ist diese unsere Haltung nicht utilitaristisch? Die Materialisten sind nicht gegen den Utilitarismus schlechthin, sondern nur gegen den Utilitarismus der feudalen, der bürgerlichen und der kleinbürgerlichen Klasse, gegen jene Heuchler, die sich in Worten gegen den Utilitarismus wenden, in der Tat sich aber als die egoistischsten und kurzsichtigsten Utilitaristen erweisen. Auf der Welt gibt es keinerlei „Ismen“, die allgemein über den utilitaristischen Überlegungen ständen; in der Klassengesellschaft kann es nur den Utilitarismus dieser oder jener Klasse geben. Wir sind proletarische revolutionäre Utilitaristen, wir gehen von der Einheit der gegenwärtigen und der künftigen Interessen der breitesten Massen aus, die über 90 Prozent der gesamten Bevölkerung ausmachen. Wir sind daher revolutionäre Utilitaristen, die sich die umfassendsten und weitestreichenden Ziele stecken, und keine engstirnigen Utilitaristen, die nur das Partielle und Nächstliegende sehen. Wer z. B. um seines eigenen Vorteils oder des Vorteils einer kleinen Gruppe willen darauf besteht, ein bestimmtes Werk, das nur die Anerkennung weniger findet, sich aber für die meisten Menschen als nutzlos, ja schädlich erweist, auf den Markt zu bringen und unter den Massen zu propagieren, und dabei den Massen Utilitarismus vorwirft, beleidigt nicht nur die Massen, sondern beweist auch seine Selbstüberschätzung. Eine Sache ist nur dann gut, wenn sie den Volksmassen tatsächlichen Nutzen bringt.123“
Mao selbst bezeichnet die Kommunisten als „proletarische revolutionäre Utilitaristen“ und macht deutlich, dass eine Sache nur dann gut sei, „wenn sie den Volksmassen tatsächlich Nutzen bringt“. An diesem Punkt verlässt Mao vollständig den marxistischen Standpunkt. Kommunisten entwickeln ihre Praxis nicht auf Basis der Vorstellung eines unmittelbaren Nutzens, sondern auf Basis der objektiven, langfristig historischen Interessen der Arbeiterklasse. Ziel der Praxis ist also nicht immer ein unmittelbarer „tatsächlicher” Nutzen, sondern ein Handeln im Einklang mit den objektiven Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung. Der Klassenkampf verfolgt das Ziel des revolutionären Sturzes der Bourgeoisie und nicht primär das Ziel unmittelbarer Verbesserungen der Lebensumstände der Arbeiterklasse. Diese können Ergebnis beispielsweise eines einzelnen Arbeitskampfs sein, aber sie sind selbst nicht das Ziel desselben, sondern die Entwicklung des Klassenbewusstseins für die Notwendigkeit des Sturzes der Bourgeoisie.
Marx selbst war ein entschiedener Gegner utilitaristischer Vorstellungen und machte deutlich, dass der Utilitarismus eine genuine bürgerliche Ideologie ist:
“Wie sehr diese Theorie der wechselseitigen Exploitation, die Bentham124 bis zum Überdruß ausführte, schon im Anfange dieses Jahrhunderts als eine Phase des vorigen aufgefaßt werden konnte, beweist Hegel (…). Die scheinbare Albernheit, welche alle die mannigfaltigen Verhältnisse der Menschen zueinander in das Eine Verhältnis der Brauchbarkeit auflöst, diese scheinbar metaphysische Abstraktion geht daraus hervor, daß innerhalb der modernen bürgerlichen Gesellschaft alle Verhältnisse unter das Eine abstrakte Geld- und Schacherverhältnis praktisch subsumiert sind. Diese Theorie kam auf (…)mit der ersten und zweiten englischen Revolution, den ersten Schlägen, wodurch die Bourgeoisie sich politische Macht eroberte. (…) Die eigentliche Wissenschaft dieser Nützlichkeitstheorie ist die Ökonomie; (…) Bei Holbach125 wird alle Betätigung der Individuen durch ihren gegenseitigen Verkehr als Nützlichkeits- und Benutzungsverhältnis dargestellt, z.B. Sprechen, Lieben etc. Die wirklichen Verhältnisse, die hier vorausgesetzt werden, sind also Sprechen, Lieben, bestimmte Betätigungen bestimmter Eigenschaften der Individuen. Diese Verhältnisse sollen nun nicht die ihnen eigentümliche Bedeutung haben, sondern der Ausdruck und die Darstellung eines dritten, ihnen untergeschobenen Verhältnisses sein, des Nützlichkeits- oder Benutzungsverhältnisses. Diese Umschreibung hört erst dann auf, sinnlos und willkürlich zu sein, sobald jene Verhältnisse den Individuen nicht ihrer selbst wegen gelten, nicht als Selbstbetätigung, sondern vielmehr als Verkleidungen keineswegs der Kategorie Benutzung, sondern eines wirklichen dritten Zwecks und Verhältnisses, welches Nützlichkeitsverhältnis heißt. Die Maskerade in der Sprache hat nur dann einen Sinn, wenn sie der unbewußte oder bewußte Ausdruck einer wirklichen Maskerade ist. In diesem Falle hat das Nützlichkeitsverhältnis einen ganz bestimmten Sinn, nämlich den, daß ich mir dadurch nütze, daß ich einem Andern Abbruch tue (exploitation de l’homme par l’homme <Ausbeutung des Menschen durch den Menschen>); in diesem Falle ist ferner der Nutzen, den ichaus einem Verhältnisse ziehe, diesem Verhältnisse überhaupt fremd, wie wir oben beim Vermögen sahen, daß von jedem Vermögen ein ihm fremdes Produkt verlangt wird, eine Beziehung, die durch die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmt ist – und diese ist eben die Nützlichkeitsbeziehung. Dies Alles ist wirklich bei dem Bourgeois der Fall. Ihm gilt nur ein Verhältnis um seiner selbst willen, das Exploitationsverhältnis; alle andern Verhältnisse gelten ihm nur so weit, als er sie unter dies eine Verhältnis subsumieren kann, und selbst wo ihm Verhältnisse vorkommen, die sich dem Exploitationsverhältnis nicht direkt unterordnen lassen, subordiniert er sie ihm wenigstens in der Illusion. (…) Die Fortschritte der Nützlichkeits- und Exploitationstheorie, ihre verschiedenen Phasen hängen genau zusammen mit den verschiedenen Entwicklungsepochen der Bourgeoisie.”
Marx macht also deutlich, dass der Utilitarismus eine Ideologie ist, die mit dem kapitalistischen Ausbeutungsverhältnis und der Machtübernahme der Bourgeoisie aufkam und letztlich zu seiner Legitimation dient. Nichts am Utilitarismus ist heute revolutionär, wie Mao annimmt – im Gegenteil verschleiert er die Ausbeutungsverhältnisse. Es sollte daher nicht wundern, dass die spätere Führung der Kommunistischen Partei Chinas unter Deng Xiaoping mit seinem berühmten Satz „Es ist egal, ob eine Katze schwarz oder weiß ist – Hauptsache, sie fängt Mäuse“ eben jenen Utilitarismus Maos in ihrem Sinne weiterführte und bis heute weiterführt: Die Planwirtschaft und der Sozialismus wurden gänzlich abgeschafft und an ihre Stelle Kapitalismus und Marktwirtschaft gesetzt, mit der angeblich besser die Produktivkräfte entwickelt werden könnten und so mehr dem Volk diene.
2.3 Maos Imperialismusverständnis
von Fatima Saidi
In den Betrachtungen Mao Tse-tungs spielten allgemeine Überlegungen zum Imperialismus eine eher nachrangige Rolle. Zumindest untersuchen die Texte in Maos gesammelten Werken die Begriffe, mit denen Lenin den Imperialismus beschreibt, wie Konzentration, Zentralisation, Finanzkapital, Kapitalexport oder dem tendenziellen Fall der Profitrate nur wenig. In der Regel geht es stattdessen um konkrete Erscheinungsformen des Allgemeinen in Form der kolonialen und halbkolonialen Unterdrückung Chinas durch andere imperialistische Länder.
Trotzdem kann festgehalten werden, dass sich das Imperialismusverständnis Maos über die Jahrzehnte hinweg stark verändert: Als Grundlage für die Überlegungen zu Strategie und Taktik beschäftigte sich Mao bis zur Mitte der Fünfziger vor allem mit der Einordnung von China als halbkolonial und halbfeudal, diese Betrachtungen verallgemeinerte er für „halbkoloniale und halbfeudale Ländern der neuen Ära“. Wie im nächsten Kapitel zur Strategie genauer erklärt wird, verstand Mao Tse-Tung die damalige Zeit nach der Oktoberrevolution, die Entwicklung eines großen Anteils sozialistischer Länder auf der Welt als neue Ära, mit der ein neues strategisches Ziel, die „Neue Demokratie“ für halbkoloniale und halbfeudale Länder verfolgt werden sollte. Das Verständnis der Begriffe „halbkolonial“ und „halbfeudal“ ist also wesentlich, um die Überlegungen zur Strategie zu begreifen. Auch für die Einschätzung der Thesen heutiger maoistischer Strömungen, dass Maos Strategie universell gültig sei, ist es besonders wichtig, die Voraussetzungen zu betrachten, die Mao selbst für die Anwendbarkeit seiner Strategie gesetzt hat. Deshalb sollen sie im nächsten Kapitel genauer untersucht und kritisiert werden.
In den fünfziger Jahren, nach der Revolution von 1949, verlagerte sich der Fokus Mao Tse-Tungs weg von Bedingungen im imperialistischen System für die revolutionäre Strategie, hin zum US-Imperialismus als dem „grausamsten Feind“ und seinen „running dogs“126. Dabei setzt Mao in problematischer Weise die USA mit dem imperialistischen System als Ganzes gleich, die restlichen imperialistischen Länder werden oft nicht erwähnt oder als Lakaien („running dogs“) verharmlost127. Damit zeigt sich an diesen Stellen kein Verständnis des Imperialismus als weltumfassendes System, sondern als identisch mit den USA, die an der Spitze der imperialistischen Hierarchie stehen. Auf dieses Verständnis aufbauend, formulierte der damalige Verteidigungsminister Lin Biao 1965 in seinem Werk „Lang lebe der Sieg des Volkskriegs!“: „Wenn, im Weltmaßstab gesehen, Nordamerika und Westeuropa als ‚Städte der Welt‘ bezeichnet werden können, kann man Asien, Afrika und Lateinamerika die ‚ländlichen Gebiete der Welt‘ nennen… In einem gewissen Sinn befindet sich die gegenwärtige Weltrevolution auch in einer Lage, bei der die Städte durch ländliche Gebiete eingekreist sind.“128. Diese Analogie ist offensichtlich der Versuch, die Strategie des Volkskriegs zwischen verschiedenen Klassen eines Landes auf Konflikte zwischen ganzen Staaten zu übertragen und damit den Klassenwiderspruch durch einen Widerspruch der Nationen zu ersetzen.
Bei Mao selbst deutet sich eine solche Tendenz zumindest an – wenn beispielsweise mit dem nachfolgenden Zitat explizit alle Länder, die Aggressionen des US-Imperialismus ausgesetzt sind, zum Bündnis aufgerufen werden, ohne dabei zwischen der unterdrückenden Klasse und der ausgebeuteten Klasse zu unterscheiden. Hier deutet sich das problematische Verständnis, die eigene Bourgeoisie nicht nur in Ausnahmefällen als taktischen Bündnispartner zu sehen, an.
„Alle unterdrückten Völker und Nationen der Welt sollten sich vereinigen, alle friedliebenden Länder sollten sich vereinigen, alle Länder und Einzelpersonen, die der imperialistischen Aggression, Kontrolle, Einmischung und Schikane der USA ausgesetzt sind, sollten sich vereinigen und eine breite Einheitsfront gegen den US-Imperialismus bilden, um seine Aggressions- und Kriegspläne zu vereiteln und den Weltfrieden zu sichern.”129
Richtig wäre es an dieser Stelle diesen Aufruf zur Vereinigung im Kampf an die Proletarier international zu richten und den Klassenwiderspruch zu betonen, statt der Frage der Nationen – so wie Lenin, der die „gegenseitige Annäherung der Proletarier und Werktätigen Massen aller Nationen und Länder zum gemeinsamen revolutionären Kampf für den Sturz der Gutsbesitzer und der Bourgeoisie“ für die Beantwortung der „nationalen und kolonialen Frage“ forderte und damit betonte, dass die Klassenfrage nicht von der nationalen Frage zu trennen ist130.
Auch das folgende Zitat von 1964 zeigt die Tendenz, die USA selbst mit dem Imperialismus gleichzusetzen und die Hauptschlagrichtung nicht mehr auf die Überwindung des kapitalistischen Systems zu richten:
„ People of the world, unite and defeat the U.S. aggressors and all their running dogs!”131
Aktuellere Organisationen wie der Jugendwiderstand, DemVolkedienen, IKB oder der maoistischer Blog Infrarot haben diese Tendenzen, die sich bei Mao selbst andeuten und von seinem Verteidigungsminister ausformuliert wurden in höchst problematischer Weise weitergetrieben: Vor dem Hintergrund der Entwicklung des heutigen Imperialismus seit den Aussagen Maos und Lin Biaos, ist der Fehler dieser Organisationen besonders gravierend, welche als Hauptschlagrichtung den „Widerspruch zwischen unterdrückten Nationen und dem Imperialismus“ festlegen132. Damit wird Maos Fehler, stellenweise den Klassenwiderspruch zu vernachlässigen, höchst problematisch weitergetrieben und die Klassenfrage endgültig hinter die der Nationen gestellt (s. Kapitel zur Strategie).
Einige spätere Texte führen für die Analyse des imperialistischen Systems den Begriff des „Neokolonialismus“ ein, womit vor allem die Außenpolitik der USA (also „des Imperialismus“) bezeichnet werden sollte133. Damit sollen die Aussagen der Sowjetunion, dass der „Kolonialismus verschwunden“ sei kritisiert werden, also dass sich die Zeit des Kolonialsystems dem Ende zuneige134. Tatsächlich existiere das Kolonialsystem einfach in anderer Form weiter:
„Eine wichtige Besonderheit dieses neuen Kolonialismus besteht darin, dass die Imperialisten sich gezwungen sehen, die alte Form ihrer direkten Kolonialherrschaft abzuwandeln und mit Hilfe von ausgesuchten und ausgebildeten Agenten die Kolonialherrschaft und -ausbeutung in neuer Form auszuüben. Die von den USA geführten Imperialisten unterwerfen Kolonien und die Staaten, die bereits ihre Unabhängigkeit erklärt haben, ihrer Kontrolle und Knechtschaft dadurch, daß sie Militärblocks zurechtzimmern, Militärstützpunkte aufrichten, eine „Union“ oder eine „Gemeinschaft“ bilden und Marionettenregierungen fördern. Mit „Wirtschaftshilfe“ und anderen Tricks machen sie diese Länder weiter zu ihren Absatzmärkten, Rohstoffbasen und Kapitalanlageobjekten.“135
Leider sind die Quellen, auf die sich Mao an dieser Stelle bezieht, teilweise nur schwer zugänglich136. Zitate von Chruschtschow auf einer UN-Versammlung nur drei Jahre zuvor, 1960, zeigen aber, dass zumindest in dieser Rede keineswegs von einem automatischen Ende des Kolonialismus ausgegangen wurde, sondern im Gegenteil weiterhin die Notwendigkeit betont wurde, gegen Herrschaft im Imperialismus zu kämpfen:
„Es sollte jedem klar sein, dass es kein Mittel und keine Kraft gibt, die diesen Kampf der Völker um ihre Befreiung aufhalten kann, denn es ist ein großer historischer Prozess, ein Prozess von immer größer werdender und unbesiegbarer Kraft. Es mag möglich sein, die Herrschaft eines Staates über einen anderen zu verlängern aber so wie in der Vergangenheit die bürgerliche Ordnung der Dinge den Feudalismus ablöste und wie jetzt der Sozialismus den Kapitalismus ablöst, so wird die koloniale Sklaverei der Freiheit weichen. Das sind die Regeln der menschlichen Entwicklung, und nur Abenteurer können glauben, dass Berge von Leichen und Millionen von Opfern die Ankunft einer strahlenden Zukunft verzögern.“137
1961 erklärte Chruschtschow die Notwendigkeit des Kampfs des Proletariats gegen den Imperialismus weltweit:
„Die friedliche Koexistenz erleichtert die Tätigkeit der Kommunistischen Partei und anderer fortschrittlicher Organisationen der Arbeiterklasse in den kapitalistischen Ländern und erleichtert den Völkern den Kampf gegen Kriegsblöcke und ausländische Militärstützpunkte. Sie ist eine Form des intensiven wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Kampfes zwischen dem Proletariat und den aggressiven Kräften des Imperialismus in der Weltarena.“138
Diese Diskussion um das Wesen des Kolonialismus ist einerseits hinsichtlich der Spaltung der heutigen internationalen kommunistischen Bewegung interessant, da die Einschätzung ob oder in welcher Form heute weiterhin ein Kolonialsystem existiert, und die strategischen Folgen daraus, einer der wesentlichen Dissense ist139. Das Imperialismusverständnis, das sich in der Sowjetunion unter Chruschtschow und seinen Nachfolgern entwickelt hatte, ist tatsächlich zu kritisieren: Hinsichtlich der vermeintlichen Friedensfähigkeit des Imperialismus und der scheinbaren Unumkehrbarkeit des Kräfteverhältnisses zwischen Kapitalismus und Sozialismus hatten sich revisionistische Tendenzen im Imperialismusverständnis entwickelt140. Die Kritik Maos trifft den Kern des Problems jedoch nicht. Denn die Konsequenz der national-demokratischen Befreiungsbewegungen, die sich bis Mitte der sechziger Jahre in vielen ehemaligen Kolonialländern entwickelt haben, werden mit diesen Aussagen ignoriert: Mit der Eroberung der politischen Souveränität in den entsprechenden Ländern fand ein politischer Bruch in ihrem Charakter statt, sie konnten damit nicht mehr einfach als Kolonien gesehen werden. Mit dieser in den entsprechenden Ländern bisher nie da gewesenen Souveränität veränderten sich auch die ökonomischen Bedingungen der Länder. Die Widersprüche zwischen den nationalen Bourgeoisien nahmen eine neue Form an: die neuen, aufstrebenden Bourgeoisien der ehemaligen Kolonien waren auf den Handel mit den mächtigsten Bourgeoisien der entwickelten kapitalistischen Länder angewiesen, diese konnten dadurch maßgeblich die Bedingungen diktieren und setzten ihre Interessen auch mithilfe militärischer Drohungen oder einem Putsch durch, wenn nötig. Die Abhängigkeit der ehemaligen Kolonien war also in der Zeit direkt nach der Befreiung in der Regel sehr stark, je weiter sich allerdings ihre Ökonomie entwickelte, desto stärker lässt sich auch eine umgekehrte, wenn auch schwächere Abhängigkeit beobachten. Beispielsweise zeigt der Kampf des imperialistischen Chinas, der EU und der USA um Einfluss in den Ländern des afrikanischen und lateinamerikanischen Kontinents heute, dass die genannten Länder an der Spitze der imperialistischen Hierarchie sind, sowie ihre Abhängigkeit vom Waren-und Kapitalexport in andere Länder. Diese Länder, in die Waren und Kapital exportiert werden sollen, können in geringerem Maß Entscheidungen treffen (zum Beispiel, den französischen Imperialismus aus dem Land zu werfen und dafür eine größere Abhängigkeit vom chinesischen oder russischen einzugehen), sind aber klar viel stärker abhängig von beispielsweise China oder den USA als umgekehrt.
Spätestens ab Anfang der siebziger Jahre veränderte sich das Imperialismusverständnis Maos noch mal deutlich problematischer, als allmählich anstatt dem US-Imperialismus die angeblich „sozialimperialistische“ Sowjetunion als der größte Feind gesetzt wurde. Die USA wurden zum potenziellen Bündnispartner in internationalen Kämpfen. Damit war sogar eine wohlwollende Haltung zu deren „running dogs“, dem deutschen Imperialismus oder auch dem portugiesischen, erlaubt – gegen revolutionäre, sozialistische Bewegungen (s. Kapitel 2.5). Dabei argumentierte Mao allerdings nicht damit, dass sich tatsächlich die Politik und die ökonomische Basis der USA geändert hätte, um eine solche neue Bewertung zu rechtfertigen. Letzten Endes lässt sich diese Widersprüchlichkeit auf das falsche Verständnis vom Widerspruch zurückführen, was im Philosophiekapitel bereits beschrieben wurde: Die oben zitierten Orientierungen auf den Kampf gegen die USA als hauptsächlichen Feind konnten ausgetauscht werden durch eine Bündnispolitik mit ihnen, teilweise deutete sich an, dass der neue Hauptwiderspruch mit der Sowjetunion gesehen wurde. Andere Theoretiker maoistischer Gruppen, wie beispielsweise Willi Dickhut 1988, sprachen auch explizit vom neuen Hauptwiderspruch zwischen „dem Sozialimperialismus und dem sozialistischen China“141 auch in China wurde in den 1980er Jahren vom Hauptwiderspruch zwischen „den unterdrückten Nationen und dem Imperialismus “ gesprochen, wobei der Imperialismus um den „Sozialimperialismus“, also die Sowjetunion, erweitert wäre. Die Konsequenz: Die Annäherung an die Herrschenden an der Spitze des imperialistischen Weltsystems, die das letztendliche Ziel der Neuen Demokratie, den Sozialismus, weltweit zu verhindern versuchten.
2.3.1 Halbfeudale und halbkoloniale Länder
Da für Maos Strategie für das damalige China die Einordnung als halbkolonial eine besonders wichtige Rolle spielte, ist es wichtig zu verstehen, wie Mao diesen Begriff verstand. Ein Abgleich mit der Vorstellung Lenins und Nachvollziehen von Maos Verständnis – auch für die Diskussion heutiger Vorstellungen von maoistischen Gruppen – ist allerdings nur eingeschränkt möglich: Da es die vorrangige Aufgabe der KP Chinas war, eine Analyse und Strategie für das eigene Land bereitzustellen, finden sich in den Veröffentlichungen Maos hauptsächlich Überlegungen, die sich konkret auf das damalige China beziehen und nur wenige verallgemeinerte Formulierungen in Bezug auf halbkolonialen Länder. Daraus lässt sich in der Regel nicht klar ablesen, ob es sich um Besonderheiten Chinas handelt, oder um Aussagen, die allgemeingültig für halbkoloniale Länder sind, beispielsweise:
„Im ökonomisch rückständigen, halbkolonialen China sind die Klassen der Grundherren und der Kompradoren im wahrsten Sinne des Wortes Vasallen der internationalen Bourgeoisie und hängen in ihrer Existenz und Entwicklung vom Imperialismus ab.“142
„… so daß China nach wie vor ein halbkoloniales und halbfeudales Land geblieben ist. Wir sind noch immer ein schwaches Land und hinsichtlich der militärischen, wirtschaftlichen und politisch-organisatorischen Stärke dem Feind offensichtlich unterlegen. Also sind auch dadurch die Unvermeidbarkeit des Krieges und die Unmöglichkeit eines raschen Sieges Chinas bedingt.“143
In Betrachtungen zur chinesischen Revolution und kommunistischen Partei zählt Mao Eigenschaften einer halbfeudalen und halbkolonialen Gesellschaft auf, die etwas allgemeiner formuliert sind: Unter anderem eine eingeschränkte Entwicklung des nationalen Kapitalismus, sodass die feudale „selbstgenügsamen Naturalwirtschaft“ überwunden ist, aber die Grundherrenklasse immer noch die Bauern ausbeutet und „der Imperialismus nicht nur die lebenswichtigen Finanz-und Wirtschaftsadern Chinas, sondern auch seine politischen und militärischen Kräfte“ kontrolliert144.
Im Zusammenhang mit den Besonderheiten des revolutionären Kriegs in China betont Mao außerdem, dass ein halbkoloniales sich von einem kolonialen Land durch die Anwesenheit mehrerer Imperialisten unterscheide, die sich um die Aufteilung des Landes streiten:
„China ist ein halbkoloniales Land. Die Uneinigkeit unter den Imperialisten führt zu einer Uneinigkeit unter den herrschenden Gruppen in China. Zwischen einem halbkolonialen Land, in dem mehrere Staaten schalten und walten, und einer Kolonie, in der ein einziger Staat das Heft in der Hand hat, besteht ein Unterschied.“145
Im Zusammenhang damit sieht Mao die Zerrissenheit des damaligen Chinas zwischen verschiedenen herrschenden „Cliquen alter und neuer Warlords“, die um die Macht rangen, was erst durch die „indirekte imperialistische Herrschaft“ des halbkolonialen Chinas ermöglicht werde und mit den imperialistischen Widersprüche zusammenhänge146. Dies wurde als wichtige Voraussetzung für die richtigen Kräfteverhältnisse zum Gelingen der Revolution gesehen.
Als weiteres explizites Merkmal für halbkoloniale Länder nennt Mao die „Schwäche der nationalen Bourgeoisie“ was „ihre Abneigung gegen den Imperialismus“ begründe147.
Mao begründet die Einordnung Chinas als halbkolonial oder zeitweise (in direkt von Japan besetzten Gebieten) auch kolonial mit der Aufteilung unter den imperialistischen Mächten durch zahlreiche ungleiche Verträge, die die Kontrolle über wichtige Handelshäfen, Außenhandel und Kommunikation bedeuteten. Wie auch bereits beschrieben, kontrollierten imperialistische Mächte außerdem einen beträchtlichen Teil der Leicht- und Schwerindustrie. Dabei stützten sie sich auf die feudale Gutsherrenklasse wie auch die Kompradorenbourgeoisie in China148. Auch in Texten Ende der Dreißigerjahre wurde diese Einordnung noch bestätigt, begründet damit, dass China als „schwaches Land, immer noch hinsichtlich der militärischen, wirtschaftlichen und politisch-organisatorischen Stärke dem Feind offensichtlich unterlegen“ sei149.
Dabei ordnet Mao die Zersplitterung der damals herrschenden Klasse, die Kriege von Warlords untereinander, die teilweise gegensätzlichen Interessen der Gutsherren und des auf den Außenhandel gerichteten Kapitals richtigerweise als eine der Bedingungen ein, warum die revolutionären Kämpfe in China erfolgreich sein könnten. Diesen Zustand begründet er allgemein mit Chinas halbkolonialem Status:
„Es ist ein Merkmal des halbkolonialen Chinas, dass seit dem ersten Jahr der Republik (1912) die die verschiedenen Cliquen der alten und neuen Kriegsherren unaufhörlich Kriege gegeneinander führen, unterstützt vom Imperialismus aus dem Ausland und von der Klasse der Kompradoren und Großgrundbesitzer im eigenen Land. Ein solches Phänomen gibt es in keinem der imperialistischen Länder und noch in irgendeiner Kolonie unter direkter imperialistischer Herrschaft, sondern nur in einem Land wie China, das unter indirekter imperialistischer Herrschaft steht.“150
Auch Lenin sah China Anfang des 20. Jahrhunderts neben der Türkei und Persien151 als Halbkolonie, und damit als Länder, die formal eine eigene Regierung hatten, „in Wirklichkeit aber in ein Netz finanzieller und diplomatischer Abhängigkeit verstrickt“ waren152. Gelegentlich wird gemeinsam mit diesen Ländern auch Ägypten erwähnt153. Zentral ist dabei, dass alle drei genannten Länder in den Jahren zuvor von einem Verlust ihrer Autonomie oder auch wiederkehrenden Einmärschen imperialistischer Länder betroffen waren: „geheimen, ausgesprochen auf Raub abzielenden Verträge (über die Aufteilung Persiens, über die Ausplünderung Chinas, über die Ausplünderung der Türkei …)“154. Dies ist ein wesentlicher Punkt, der auch für heutige Versuche, Länder fälschlicherweise als Halbkolonien oder Neokolonien einzuordnen, beachtet werden muss.
Die Situation in China wurde bereits geschildert (hier hebt Lenin als Beispiel für die Unterdrückung Chinas die Niederwerfung des Boxeraufstands hervor155). Das Osmanische Reich war Opfer russischer Aggressionen wie eines Abkommens über eine Aufteilung der Meerengen und Konstantinopels156,157. Auf der anderen Seite besaß allerdings die später gegründete Türkei selbst noch Kolonien in Afrika (Tripolis), die wenige Jahre zuvor mit dem Ende des italienisch-türkischen Kriegs an Italien übergegangen waren158,159. Persien wiederum wurde 1907 durch einen Vertrag zwischen Russland und Großbritannien aufgeteilt160.
Somit scheint es so, dass zumindest für die Zwanzigerjahre die Einordnung Chinas durch Mao als „Halbkolonie“ der Analyse Lenins entsprochen hatte.
Lenin verstand Halbkolonien als eine Zwischenform oder Übergangsform, wie sich auch in dem Satz zeigt „Persien ist schon fast vollständig zur Kolonie geworden, China und die Türkei sind im Begriff, es zu werden“161. Damit ist also keineswegs, wie es in heutigen Diskussionen manchmal passiert, gemeint, dass es sich bei Halbkolonien um Länder handelt, die politisch zwar unabhängig sind, sich aber in einer ökonomischen Abhängigkeit von den führenden imperialistischen Ländern befinden162.
Lenin unterschied also unterdrückte Länder, wobei es sich entweder um Kolonien oder annektierte Gebiete handelte, von den Kolonialmächten mit entwickeltem Monopolkapital. Als Zwischenstufen waren von diesen abhängige Länder zu sehen, die aber, wie beispielsweise das zu Lenins Zeiten „selbstständige, souveräne“ Portugal, eigenständige Politik betreiben konnten und von denen auch wiederum die Kolonialmächte in schwachen Maß abhängig waren sowie die damaligen Halbkolonien. Die Kolonien hätten im Unterschied zur abhängigen Nationen weder eigenes Kapital noch die Möglichkeit, sich leicht Kapital zu beschaffen163. Darüber hinaus sprach Lenin auch noch von Einflusssphären, über die die monopolkapitalistischen Länder „gewinnbringende Geschäfte, Konzessionen, Monopolprofite usw.“ indirekt Herrschaft ausübten164. Schon damals konnte also keineswegs von einer reinen Zweiteilung gesprochen werden, sondern betonte Lenin im Gegensatz „eine ganze Reihe von Übergangsformen der staatlichen Abhängigkeit“165. Wichtig ist dabei auch die Dynamik des Auf-und Absteigens der Länder in der imperialistischen Hierarchie, die vor allem durch das Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung bedingt ist – so betonte Lenin das Beispiel des damals noch jungen imperialistischen Landes Japan, in dem sich Monopole und Kapitalexport entwickelte und damit in der Epoche der Vorherrschaft des Monopolkapitals das Potenzial bekam, andere Völker zu unterdrücken166.
Was die revolutionären Aufgaben betraf, sah Lenin die Bedingungen in Kolonien und Halbkolonien relativ ähnlich. Für Lenin war charakteristisch für Kolonien und Halbkolonien, dass „bürgerlich-demokratischen Bewegungen […] teilweise kaum im Anfangsstadium, teilweise noch lange nicht beendet“ waren167. Als Zeichen davon nannte er beispielsweise für die Völker im Osten Europas wie Ukrainer oder Weißrussen den Prozess, dass sich das
„Erwachen der Massen zur Beherrschung ihrer Muttersprache und ihrer Literatur (und das ist die notwendige Bedingung und Begleiterscheinung der vollen Entwicklung des Kapitalismus, des restlosen Eindringens des Warenaustausches bis in die letzte Bauernfamilie) sich hier noch vollzieht. Das „Vaterland“ hat hier sein historisches Lied noch nicht ganz ausgesungen.“168
In seinen Texten richtete sich Lenin gegen die hetzerische Propaganda der Sozialdemokraten imperialistischer Länder, die zur angeblich fortschrittlichen Verteidigung des „Vaterlands“ aufriefen, sich damit gegen die Befreiung der Kolonien stellten und die Arbeiterklasse auf die Schlachtbank des ersten Weltkriegs schickten. Er betonte dabei den Unterschied zur nationalen Frage der Kolonien und Halbkolonien: In den imperialistischen Ländern habe „das ‚Vaterland‘ […] seine historische Rolle ausgespielt, das heißt, die nationale Bewegung kann in diesen Ländern nichts Fortschrittliches, neue Menschenmassen zu neuem wirtschaftlichen und politischen Leben Erhebendes geben.“169 – die bürgerlich-demokratische Revolution hatte sich in diesen Ländern bereits ereignet.
Zusammenfassend kann man also Lenins Begriff der Halbkolonien so verstehen, dass es sich um Länder handelt, die sich im Übergang von der Unterdrückung und einseitigen Abhängigkeit wie im Fall von Kolonien hin zu politischer Souveränität befinden – soweit dies im imperialistischen Weltsystem möglich ist. Gleichzeitig haben sich aber Halbkolonien noch nicht zu einem Staat mit Monopolkapital entwickelt, befinden sich noch im Stadium der bürgerlich-demokratischen Befreiungsbewegungen und also in einer Übergangsform zu einem Land mit Monopolkapital in der Epoche der Vorherrschaft des Monopolkapitalismus.
Maos Verständnis von Halbkolonien betont vor allem die Existenz einer ökonomisch und politisch schwachen nationalen und zerrissenen Bourgeoisie, außerdem eine indirekte Herrschaft unterschiedlicher imperialistischer Länder über das jeweilige Land. Auf der Tagesordnung steht die bürgerlich-demokratische Revolution neuer Form, zunächst mit dem Ziel des Aufbaus des Kapitalismus, um von dort die Entwicklung zum Sozialismus erreichen zu können. Historisch betrachtet ist allerdings auffällig, dass auch Kolonien unter der Herrschaft verschiedener Mächte standen, sodass für die Unterscheidung zwischen Kolonien und Halbkolonien hilfreich wäre, zu verstehen, was für Mao eine indirekte Herrschaft ist. Auch wäre für die Halbkolonien zu Lenins Zeit zu untersuchen, ob die Bourgeoisien dieser Länder tatsächlich (in ähnlichem Maß wie in China) zerrissen waren. Für die Diskussion über die Einordnung heutiger Länder als Halbkolonien ist die hier versuchte Definition noch relativ knapp, sodass sich die Frage stellt, woran sich das Umschlagen einer schwachen nationalen Bourgeoisie einer Halbkolonie in die einer stärkeren Bourgeoisie eines nicht halbkolonialen Landes gemäß Mao zeigen würde.
Die Einordnung von Ländern als halbfeudal spielt für Maos These über die Neue Demokratie als strategisches Ziel eine nachrangige Rolle, deshalb an dieser Stelle nur eine kurze Bemerkung dazu: Der Übergang des feudalen Chinas zur Halbfeudalität, beschleunigt durch imperialistischen Kapitalexport in das Land, macht Mao daran fest, dass die entsprechende ökonomische Basis, in Form einer Selbstversorgungsökonomie zerstört worden sei, aber dennoch ein System feudale Unterdrückung, verbunden mit der Unterdrückung durch eine Kompradorenbourgeoisie, aufrecht erhalten bleibe.
2.3.2 Schlussfolgerungen
Für Maos Betrachtungen zum Imperialismus spielte vor allem die Verallgemeinerung der Entwicklungen im halbkolonialen China eine große Rolle. Lenin untersucht im Unterschied zu Mao vor allem die Bewegung und Dynamik im imperialistischen Weltsystem und betont dabei das Wesen der Halbkolonie als Übergangsform wie auch die Zerrissenheit der Bourgeoisie der Halbkolonie im Zusammenhang mit dem Ringen verschiedener imperialistischer Mächte. Aus Maos Betrachtungen lässt sich nicht klar abgrenzen, was unter dem Begriff eines halbkolonialen Landes im Allgemeinen verstanden wird oder wo sich die Untersuchungen auf die spezielle Situation des damaligen Chinas begrenzen.
Für die Diskussion um die Einordnung heutiger Länder wie den Philippinen oder Peru ist darüber hinaus vor allem der Hinweis Lenins wichtig, dass die Aufgaben der KP in Kolonien und Halbkolonien sich aus den noch nicht abgeschlossene bürgerlich-demokratische Revolutionen herleiten.
Vor allem bzgl. des späteren Imperialismusverständnis Maos, ab den 50er Jahren, zeigt sich die problematische Tendenz, den Imperialismus weniger als weltumfassendes System zu verstehen, sondern als identisch mit den USA, die an der Spitze der imperialistischen Hierarchie stehen. Mao legte damit die Grundlage für heutige maoistische Organisationen, die Hauptschlagrichtung als den „Widerspruch zwischen unterdrückten Nationen und dem Imperialismus“ festzulegen. Die Klassenfrage wird damit der Frage der Nationen untergeordnet, was ein Einfallstor für den Revisionismus und dem Bündnis mit bürgerlichen Kräften bedeutet.
2.4 Klassenverständnis: Begriffsverwirrungen und daraus resultierende Probleme
von Fatima Saidi
2.4.1 Volks- und Klassenverständnis
Für die Einordnung Chinas im imperialistischen Weltsystem spielte für Mao vor allem die Existenz einer Kompradorenbourgeoisie (neben der Grundherrenklasse) die zentrale Rolle. Existiert in einem Land tatsächlich eine Bourgeoisie, die hauptsächlich den Weisungen der Bourgeoisie anderer imperialistischer Länder folgt, um damit ihre eigenen Interessen umzusetzen, lässt dies natürlich Rückschlüsse über die Stellung des jeweiligen Landes zu. Es handelt sich dann nicht um ein Land mit entwickeltem Monopolkapital und politischer Souveränität, sondern eine Kolonie oder Halbkolonie. Genauso lässt die Existenz einer breiten Arbeiteraristokratie etwas über die Stellung des Landes in der Hierarchie schließen. Deshalb hängt die Klassenanalyse eng mit der Imperialismusanalyse zusammen.
Überlegungen zu den damaligen Klassen Chinas stellte Mao vor allem in Texten von 1926, 1933 und 1939 an.
Stellenweise ging Mao in der Analyse der Gesellschaft idealistisch und nach den jeweils aktuellen politischen Dynamiken vor, statt Erkenntnisse von empirisch-wissenschaftlicher Arbeit herzuleiten, so wie Marx, Engels und Lenin es taten. Wie schon im Philosophiekapitel angesprochen, resultierte das in einem sehr schwammigen Begriff des Volks, indem die mittlere Bourgeoisie als Teil des Volks gesehen wurde. So ist, wenn Mao von „dem Volk“ und seinen Aufgaben spricht, oft nicht klar, welche Klassen damit gemeint sind. Diese Unklarheit trägt dazu bei, dass der Widerspruch der Klassen verwischt wird und auch Maos Betrachtungen zu Klassen schlecht kritisierbar sind, da in der Entgegnung immer auf entsprechende Stellen verwiesen werden kann, wo als Teil des Volks nur die Arbeiter, Bauern und Teile der kleinbürgerlichen Schichten definiert werden. Noch 1949 (!) beantwortet Mao selbst die Frage „Wer ist das Volk?“ klar damit, dass die nationale Bourgeoisie Teil des Volks ist und Teil der Herrschaft als Diktatur gemeinsam mit Bauern und Arbeiterklasse170. Wie weiter unten im Kapitel zur Neuen Demokratie angesprochen wird, geht Mao allerdings davon aus, dass in bestimmten Situationen, der Klassenwiderspruch „geregelt“ werden kann (da „nicht-antagonistisch“) – ohne dabei genau darauf einzugehen, was das für die Arbeiterklasse bedeutet. In anderen Texten, wie beispielsweise einer Analyse der Rolle der Händler in der nationalen Revolution von 1923, wird ausschließlich über das gemeinsame Interesse von „Händlern, Arbeitern, Bauern, Studenten und Lehrern im ganzen Land“171 gesprochen, der revolutionären Aufgabe der Händler im nationalen Kampf und der Bedeutung einer gemeinsamen Einheitsfront, und dabei der Klassenwiderspruch gar nicht erwähnt.
So lässt sich der unmaterialistische, da willkürliche Umgang mit der Einordnung der nationalen Bourgeoisie erklären. Für Mao hängt von der konkreten Situation ab, was damit gemeint ist – woraus widersprüchliche Strategien unter denselben Begriffen resultieren. Dabei sollte sich der Begriff des Volks nicht aus taktisch bewerteten Situationen, sondern objektiv aus der jeweiligen strategischen Etappe und der damit einhergehenden Aufgabe des Volks ableiten. Genau dieses Vorgehen, das sich in idealistischer Weise mehr am vermeintlichen Willen verschiedener Kräfte als den strategischen Verhältnissen orientiert, wendete Mao allerdings an, wie in seinem Text „Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volk“ deutlich wird:
„Während des Widerstandskrieges gegen die japanische Aggression gehörten alle antijapanischen Klassen, Schichten und gesellschaftlichen Gruppen zum Volk, während die japanischen Imperialisten, die chinesischen Landesverräter und die projapanischen Elemente Feinde des Volkes waren.
Während des Befreiungskrieges waren die USA-Imperialisten und ihre Lakaien, die bürokratische Bourgeoisie und die Grundherrenklasse sowie die Kuomintang-Reaktionäre, die diese Klassen vertraten, die Feinde des Volkes, während alle anderen Klassen, Schichten und gesellschaftlichen Gruppen, die diesen Feinden entgegentraten, zum Volk gehörten.
In der gegenwärtigen Etappe, in der Periode des Aufbaus des Sozialismus, gehören zum Volk alle Klassen, Schichten und gesellschaftlichen Gruppen, die den Aufbau des Sozialismus billigen, unterstützen und dafür arbeiten; dagegen sind alle gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen, die sich der sozialistischen Revolution widersetzen, die dem Aufbau des Sozialismus feindlich gesinnt sind und ihn zu untergraben versuchen, Feinde des Volkes.“172
Mit dieser Definition kann auch die bürgerliche Klasse während des Aufbaus des Sozialismus zum Volk gehören, wenn sie sich (scheinbar) dafür einsetzt. Diese idealistische Vorgehensweise bringt Gefahren mit sich. Es steht nicht mehr, wie noch bei Lenin, die „Selbstständigkeit des Proletariats aller Nationen“173 im Mittelpunkt, auch für Kolonien und Halbkolonien. Stattdessen darf eben der Klassenwiderspruch zeitweise vernachlässigt werden, was die Tür zu einer (rechten) opportunistischen Praxis öffnet: so können sich reformistische Autoren und Autorinnen wie Edoarda Masi und Michael Hardt positiv auf Maos Klassen Verständnis beziehen und dabei gleichzeitig eine „globale Demokratie“ propagieren, wobei die Produktionsverhältnisse und Klassenverhältnisse zweitrangig werden. Masi lobt Maos Klassenverständnis, das keine proletarische Klasse vorsehe wie die „traditionelle marxistische Konzeption“174. Hardt stellt fest, dass Mao bei der Bestimmung der Klassen von politischen Aspekten ausgeht, statt von empirisch-ökonomischen, von gemeinsamen Linien des Widerstands – vom politischen Potential und der Bewegungsrichtung einer gesellschaftlichen Gruppe statt den gegenwärtigen materiellen Bedingungen175. Dieser politisch-idealistische Klassenbegriff zieht sich bei Hardt konsequent durch bis zu seinem Begriff der „Multitude“ als neuem revolutionärem Subjekt.
2.4.2 Kleinbürgertum, Bauern und Proletariat
In seiner Klassenanalyse unterscheidet Mao neben verschiedenen Teilen des Kapitals als Klassen (s.u.) die Grundherrenklasse, die Bauern wie auch das Proletariat und Halbproletariat. Dabei wird die Klasse der Grundherren über ihrem Besitz an Grund und Boden, ohne die Notwendigkeit noch selbst zu arbeiten definiert. Sie leben von der Ausbeutung der Bauern, vor allem durch die Eintreibung des Pachtzinses176.
Weiter unterscheidet Mao davon das Kleinbürgertum und stellt dabei richtig fest, dass diese Schichten eine schwankende ökonomische Stellung haben, gleichzeitig bestrebt sind in die Stellung der mittleren Bourgeoisie empor zu klettern. Zugleich sind Teile dieser Schichten aber auch von Verarmung bedroht, was eine schwankende Haltung zu Revolution als Konsequenz hat. Dabei haben die Bauern und Besitzer von Handwerker ein anderes Verhältnis zu den Produktionsmitteln als die weiteren hier aufgezählten Schichten („betreiben eine Wirtschaft der Kleinproduktion“).
Darunter finden sich:
„die Besitzer von Handwerksbetrieben, die unteren Schichten der Intelligenz – Schüler und Studenten, Lehrer der Mittel und Grundschulen, kleine Beamte, kleine Büroangestellte, kleine Advokaten – und die kleinen Händler. Das Kleinbürgertum verdient seiner zahlenmäßigen Stärke und seiner Klassennatur wegen starke Beachtung. Sowohl die Bauern auf Eigenland als auch die Besitzer von Handwerksunternehmen betreiben eine Wirtschaft der Kleinproduktion.“177
Jahre nach dieser Klassenanalyse von 1926 veränderte Mao seine Einordnung der Bauern und sprach von ihnen als eigener Klasse. Über ein Jahrzehnt später stellt Mao fest, dass „die Bauernschaft etwa 80 % der Gesamtbevölkerung Chinas ausmacht“, davon wiederum „70 % der ländlichen Bevölkerung“ arme Bauern und Landarbeiter seien178 und damit die Bauern die „Hauptkraft in der Volkswirtschaft des Landes“ seien – dazu mehr in der Diskussion der Strategie.
Das Proletariat besteht laut Mao hauptsächlich aus Arbeitern aus „fünf Produktionszweigen – bei der Eisenbahn, im Bergbau, in der Seeschifffahrt, in der Textilindustrie und im Schiffbau“179 und umfasst 2 Millionen Menschen. Eine Einschätzung, die mit den Betrachtungen dieses Texts zur Ausgangssituation in China übereinstimmt. Mao nennt richtigerweise die hohe räumliche Konzentration des Industrieproletariats als charakteristisch und zentral für seine „wichtige Stellung“ in der chinesischen Revolution.
2.4.3 Kompradorenbourgeoisie, bürokratische Bourgeoisie, (Staats-)Monopolkapital
Für die Bündnisfrage Maos spielt das Verhältnis zur „Kompradorenklasse“ in kolonialen oder halbkolonialen Ländern und deren Wesen eine wesentliche Rolle, da als eins der hauptsächlichen Ziele der neudemokratischen Revolution formuliert wird, die „Kompradorenklasse“ zu zerstören und ihre Besitztümer zu verstaatlichen180. Für Mao leitet sich die Existenz einer solchen „Klasse“ direkt von der Einschätzung von China als halbkolonial ab:
„Im ökonomisch rückständigen, halbkolonialen China sind die Klassen der Grundherren und der Kompradoren im wahrsten Sinne des Wortes Vasallen der internationalen Bourgeoisie und hängen in ihrer Existenz und Entwicklung vom Imperialismus ab. Diese Klassen vertreten die rückständigsten und reaktionärsten Produktionsverhältnisse in China und verhindern die Entwicklung seiner Produktivkräfte. Ihre Existenz ist mit den Zielen der chinesischen Revolution völlig unvereinbar.“181
Für Mao sind also Kompradoren der Teil des Kapitals in einem kolonialen oder halbkolonialen Land, der direkt den Kolonialherren dient und als „Vasallen“ dabei keine eigenständigen, davon abweichenden Interessen vertritt.
Für die Analyse unserer Klassiker spielte der Begriff der Kompradoren noch keine große Rolle – nicht für Lenins Imperialismusanalyse und auch Stalin verwendete den Begriff der Kompradoren nur sehr eingeschränkt in Texten über China im Jahr 1927, und definiert ihn dabei wie folgt:
„Kompradoren – Mittelsmänner zwischen ausländischem Kapital und einheimischem Markt, die einen Teil der einheimischen Handelsgroßbourgeoisie in den Kolonien und abhängigen Ländern bilden. Die Kompradorenbourgeoisie in China trat als Agentur des ausländischen Imperialismus und als Erzfeind der chinesischen Revolution 1925-1927 auf.“182
Stalin fasst also nicht das gesamte (Groß-)Kapital als Teil der Kompradoren, sondern lediglich die nicht-produzierende Handelsbourgeoisie, die für das (englische, amerikanische oder japanische) Handelskapital eine vermittelnde Funktion einnahm und sich dabei bis zur Großbourgeoisie bereichern konnte.
Vor allem wurde der Begriff damals in Veröffentlichungen der Komintern verwendet, auch Mao bezieht sich in einem seiner zentralen Texte über die Rolle der Kompradorenbourgeoisie auf eine Veröffentlichung des 6. Kongress der Komintern183.
„Die nationale Bourgeoisie in diesen kolonialen Ländern nimmt keine einheitliche Stellung gegenüber dem Imperialismus ein. Ein Teil dieser Bourgeoisie, in erster Linie der Handelsbourgeoisie, dient unmittelbar den Interessen des imperialistischen Kapitals (die sogenannte Kompradorenbourgeoisie). Sie verteidigt im Großen und Ganzen mehr oder weniger konsequent einen antinationalen, imperialistischen Standpunkt, der sich gegen die gesamte nationale Bewegung richtet, genauso wie die feudalen Verbündeten des Imperialismus und die besser bezahlten einheimischen Beamten. Der übrige Teil der einheimische Bourgeoisie, insbesondere derjenige Teil, der die Interessen der einheimischen Industrie vertritt, steht auf dem Boden der nationalen Bewegung und repräsentiert eine besonders schwankende, zu Kompromissen neigende Strömung, die man als Nationalreformismus bezeichnen kann (oder nach der Terminologie der Thesen des 2. Kongresses als „bürgerlich-demokratische“ Richtung).“ (S. 261)
Wie Stalin, im Gegensatz zu Mao, sieht also auch die Komintern die Kompradorenbourgeoisie vor allem als Handelsbourgeoisie und nicht einfach als Monopolbourgeoisie. Teilweise verwendet Mao den Begriff der Kompradorenbourgeoisie oder der Großbourgeoisie auch synonym mit „bürokratisches Kapital/bürokratische Bourgeoisie“ – so werden die Kompradoren stellenweise nicht mehr erwähnt, und als Vertreter ausländischer imperialistischer Mächte eben dieses Kapital genannt:
„Dieser staatsmonopolistische Kapitalismus erreichte während des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression und nach der Kapitulation Japans den höchsten Stand seiner Entwicklung; er hat ausreichende materielle Voraussetzungen für die neudemokratische Revolution geschaffen. Dieses Kapital wird in China allgemein als das bürokratische Kapital bezeichnet. Diese Klasse von Kapitalisten, die als die bürokratische Bourgeoisie bezeichnet wird, ist die Großbourgeoisie Chinas.“184
„Das chinesische Volk wird sich vollständig emanzipieren und sowohl die feudale Unterdrückung als auch die Unterdrückung durch das Bürokratiekapital (chinesisches Monopolkapital) ein für alle Mal überwinden und so Einheit, Demokratie und Frieden erreichen und die Voraussetzungen für die Umwandlung Chinas von einem Agrar- in ein Industrieland schaffen.“185
„Die Feinde, die von dieser Volksrepublik und ihrer Regierung bekämpft werden, sind der ausländische Imperialismus sowie die einheimische Kuomintang-Reaktion und die durch diese vertretenen Klassen – die bürokratische Bourgeoisie und die Grundherrenklasse.“186
Andere Textstellen wiederum erwähnen beide Kapitalteile in einer Aufzählung und unterscheiden also wiederum zwischen ihnen.
„Zusammenfassend kann man sagen, daß alle mit den Imperialisten im Bund stehenden – die Militärmachthaber, die Bürokratie, die Kompradorenklasse und die Klasse der großen Grundherren sowie der zu ihnen gehörige reaktionäre Teil der Intelligenz – unsere Feinde sind.“187
So wird nicht klar, ob beide Begriffe tatsächlich synonym zu verstehen sind bzw. was das bürokratische Kapital unterscheidet. Eine Erklärung deutet sich in dieser Anweisung von 1948 an, die tatsächlich von Bürokraten, die Kapital besitzen, spricht und diese als Staatsangestellte sieht:
„2. Eine klare Abgrenzung bei der Definition von Bürokratenkapital vornehmen; Nicht alle Industrie- und Handelsunternehmen, die von Mitgliedern der Kuomintang geführt werden, als Bürokratenkapital bezeichnen und beschlagnahmen. Es sollte der Grundsatz festgelegt werden, dass die demokratische Regierung alle Industrie- und Handelsunternehmen übernimmt und betreibt, die nachweislich von der Zentral-, Provinz-, Kreis- oder Kommunalregierung der Kuomintang geleitet werden, d.h. Unternehmen, die vollständig von offiziellen Stellen betrieben werden. […] Unternehmen, die von berüchtigten Großbürokraten der Kuomintang geführt werden, sollten nach den oben genannten den oben genannten Grundsätzen und Maßnahmen behandelt werden. Industrie- und Handelsunternehmen die von kleinen Bürokraten oder Großgrundbesitzern geführt werden, sollen nicht konfisziert werden. Das Eindringen in die Unternehmen der nationalen Bourgeoisie ist strengstens verboten.“188
Andere Stellen wieder fassen unter dem „bürokratischen Kapital“ bspw. auch das Kapital der Großgrundherren und ziehen eine scharfe Grenze zwischen diesem Kapital und auf der anderen Seite der nationalen Bourgeoisie, Arbeitern und Bauern:
„Warum konnte eine derart ernste Lage unter der Führung der herrschenden Hauptclique der Kuomintang entstehen? Weil diese Clique die Interessen der großen Grundherren, der Großbankiers und der Großkompradoren Chinas vertritt. Diese von einer Handvoll Leute gebildete reaktionäre Schicht hat alle wichtigen militärischen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Institutionen im Zuständigkeitsbereich der Kuomintang-Regierung monopolisiert. […]in Wirklichkeit aber vermehren sie ihr eigenes bürokratisches Kapital, das heißt das Kapital der großen Grundherren, Großbankiers und Großkompradoren, monopolisieren die hauptsächlichen Wirtschaftsadern Chinas und unterdrücken erbarmungslos die Bauern, die Arbeiter, das Kleinbürgertum und die nichtmonopolistische Bourgeoisie.“189
Dabei versteht Mao unter Kompradoren bzw. eben teilweise auch unter dem bürokratischen Kapital die gesamte Monopolbourgeoisie des Landes und definiert damit die damalige nationale Bourgeoisie als nicht monopolistisch190, z.B.:
„Wenn diese Arbeit mit Erfolg geleistet wird, werden die hauptsächlichen Ausbeuterklassen Chinas – die Grundherrenklasse und die bürokratische Bourgeoisie, d. h. die Klasse der Monopolkapitalisten – ein für allemal beseitigt sein.“191
„[…] das chinesische Volk wird völlig befreit sein, es wird sowohl die feudale Unterdrückung als auch die Unterdrückung durch das bürokratische Kapital (das chinesische Monopolkapital) beseitigen.“192
Gleichzeitig spricht Mao davon, dass sich in China ein staatsmonopolistischer Kapitalismus entwickelt habe, die Entwicklung des Kapitalismus in China also doch schon insgesamt weit fortgeschritten ist. Dabei zählt er konkret vier chinesische Familien auf, die 1947 entsprechende Monopole besaßen.
„Die vier großen Familien Tschiang, Sung, Kung und Tschen haben während ihrer zwanzigjährigen Herrschaft ein gewaltiges Vermögen im Werte von 10-20 Milliarden USA-Dollar zusammengerafft, sie haben die wirtschaftlichen Kommandohöhen im ganzen Land monopolisiert. Dieses Monopolkapital ist durch die Verbindung mit der Staatsgewalt zum staatsmonopolistischen Kapitalismus geworden. Dieser monopolistische Kapitalismus, der eng mit dem ausländischen Imperialismus, der heimischen Grundherrenklasse und den heimischen Großbauern alten Typus verbunden ist, ist zu einem staatsmonopolistischen Kapitalismus mit Kompradoren- und Feudalcharakter geworden. Das ist die ökonomische Basis des reaktionären Regimes Tschiang Kai-scheks. Dieser staatsmonopolistische Kapitalismus unterjocht sowohl die Arbeiter und Bauern wie auch das städtische Kleinbürgertum und schadet der mittleren Bourgeoisie.“193
Aus der Gleichsetzung des Monopolkapitals mit der Kompradorenbourgeoisie folgt mit Mao, dass der Staatsmonopolkapitalismus nicht national, sondern über Kompradoren vermittelt komplett in der Hand des ausländischen Kapitals war. Damit müsste China eigentlich nicht als halbkolonial, sondern kolonial gesehen werden. Diese widersprüchliche Nutzung von Begriffen wird in Maos Texten nicht aufgelöst.
Für einen Teil der damaligen Bourgeoisie Chinas ist es trotzdem sinnvoll, den Begriff der Kompradoren zu verwenden, um, das Kapital in kolonialen und halbkolonialen Ländern zu differenzieren und dabei mögliche taktische Bündnispartner bspw. für Situationen der Invasion imperialistischer Länder zu erkennen. In solchen Situationen kann es unter Umständen sinnvoll sein, den Interessenskonflikt der nationalen Bourgeoisie mit den Kompradoren und anderen Teilen des Kapitals auszunutzen; in dem Wissen, dass die nationale Bourgeoise letztlich auch verräterisch ist und nie ein Bündnispartner wie das Bauerntum o.ä. sein kann. Das Bauerntum schwankt, die nationale Bourgeoisie verrät in jedem Fall; das ist der zentrale Unterschied, der jedoch bei Mao stellenweise verschwimmt.
Die Frage, ob die Unterteilung der Bourgeoisie in „nationale Bourgeoisie“ und „Kompradoren“ historisch gesehen berechtigt war und dementsprechend ein Bündnis mit der nationalen Bourgeoisie in den Kolonien und Halbkolonien richtig gewesen sein kann, wollen wir hier nicht erörtern. In jedem Fall handelt es sich dabei um eine Argumentation, die von der Existenz eines Kolonialsystems ausgeht. Heute kann eine solche Strategie daher in jedem Fall keine Gültigkeit mehr haben.
2.4.4 Nationale Bourgeoisie
In der Einschätzung der nationalen Bourgeoisie zeigen sich letzten Endes die Probleme in der Klassenanalyse Maos – um zu begründen, warum die nationale Bourgeoisie Chinas überhaupt als strategischer Verbündeter einer Koalitionsregierung gesehen werden kann, wird dabei immer wieder ihre Schwäche und die Unterdrückung durch die imperialistischen Länder betont. Die Argumentation ist aber teilweise idealistisch, weil es scheinbar mehr um die politische Haltung und „Abneigungen“ geht, statt den zugrundeliegenden ökonomischen Interessen. Dabei vernachlässigt Mao allerdings, dass es auch Teile der nationalen Bourgeoisie geben kann, die langfristig von dem Außenhandel und der Ausbeutung der billigen Arbeitskräfte durch die imperialistischen Mächte profitieren, und deshalb keineswegs einfach schwankende Schichten sind, sondern wenig materielles Interesse am Kampf gegen die imperialistischen Mächte im eigenen Land haben. Mit zunehmender Entwicklung von Konzentration und Zentralisation im Land ist gesetzmäßig verbunden, dass alle Kapitalisten des Landes Teil des imperialistischen Systems werden, und sich die Ausbeutung der Arbeiterklasse des Landes zunächst zunimmt. Die gesetzmäßige Entwicklung der nationalen Bourgeoisie führt also dazu, selbst zum Monopol zu werden und dabei zur Neuaufteilung der Welt und Kapitalexport mit politischen oder militärischen Mitteln beizutragen.
„Eine der hauptsächlichen politischen und ökonomischen Besonderheiten eines halbkolonialen Landes ist die Schwäche der nationalen Bourgeoisie. Ebendeswegen wagen es die Imperialisten, sie zu tyrannisieren, und das wiederum bedingt eine der Besonderheiten der nationalen Bourgeoisie: ihre Abneigung gegen den Imperialismus. Selbstverständlich bestreiten wir nicht, sondern geben im Gegenteil voll und ganz zu, daß der Imperialismus und die Klassen der Grundherren und der Kompradoren eben aus diesem selben Grund die nationale Bourgeoisie mühelos auf ihre Seite hinüberziehen können, wobei sie als Köder zeitweilige Bestechungen benutzen, und das wiederum bedingt ihre Inkonsequenz in der Revolution.“194
Wie schon ausgeführt, wird die Kompradorenbourgeoisie (das „bürokratische Kapital“) mit der Monopolbourgeoisie gleichgesetzt, und im Gegensatz dazu die nationale Bourgeoisie als die „mittlere Bourgeoisie“ verstanden195. So wird von Mao die nationale Bourgeoisie über ihr Verhältnis zum “Imperialismus“ definiert, womit in der Regel die imperialistischen Ländern gemeint sind, die China unter sich aufteilen, oder dies versuchen. Die nationale Bourgeoisie wird also als der Teil des Kapitals definiert, dem der Imperialismus „schadet“. Mao sieht die nationale Bourgeoisie bis zur Revolution 1949 sogar als Zwischenklasse – ebenso wie die Bauern! -, wenn er 1952 feststellt, dass die nationale Bourgeoisie „nicht weiter“ als Zwischenklasse gesehen werden kann:
„Mit dem Sturz der Grundherrenklasse und der Klasse der bürokratischen Kapitalisten ist der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der nationalen Bourgeoisie der Hauptwiderspruch in China geworden; deshalb soll die nationale Bourgeoisie nicht weiter als Zwischenklasse definiert werden.“196
Mao spricht auch ganz deutlich von einer „Kompradorenklasse“197, die einer anderen Klasse angehört als die nationale Bourgeoise. Dass die Kompradoren eine eigene Klasse sein sollen, muss bedeuten, dass sie in einem anderen Verhältnis zu den Produktionsmitteln stehen, als die nationale Bourgeoisie – wie bspw. die Bauern oder auch der Adel. Mao erklärt jedoch nicht, worin dieser Unterschied bestehen soll, es ist klar, dass sowohl (ein Teil des) Großkapitals als auch die nationale Bourgeoisie die Produktionsmittel besitzen und die damit arbeitenden Arbeiter gezwungen sind, ihre Arbeitskraft entweder an die nationale Bourgeoisie oder die Kompradorenbourgeoisie zu verkaufen. Diese Unterscheidung macht es Mao aber möglich, die nationale Bourgeoisie als „schwankend“198 einzuordnen und den Eindruck zu erwecken, als handelte es sich um eine Art gutartiges Kapital, dessen Art, die Arbeiterklasse eher hinnehmen und kritisieren kann:
„Was die schwankende mittlere Bourgeoisie betrifft – deren rechter Flügel unser Feind und deren linker Flügel unser Freund sein kann“199
„Die nationale Bourgeoisie ist eine in politischer Hinsicht sehr schwache und schwankende Klasse.“200
„Die nationale Bourgeoisie ist eine schwankende Klasse.“201
„Unter diesen Kräften können die mittlere Bourgeoisie und die aufgeklärten Schenschi sich beim gemeinsamen Widerstand gegen Japan uns anschließen und auch gemeinsam mit uns eine antijapanische demokratische Macht errichten, […] Die mittlere Gruppe gerät leicht ins Schwanken und geht unvermeidlich ihrer Differenzierung entgegen; im Hinblick auf ihre schwankende Haltung müssen wir sie in geeigneter Weise zu überzeugen suchen und kritisieren.“202
2.4.5 Schlussfolgerungen
Zu kritisieren ist eine unscharfe Begriffsdefinition des Monopol-, „bürokratischen“, und Kompradorenkapitals, was zu Verwirrung und fehlender theoretischer Klarheit führt und letzten Endes Kritik und einen klaren Bezug auf Begriffe stark erschwert. Insgesamt lässt sich feststellen, dass Mao in seinem Klassenbegriff nicht konsequent materialistisch vorgeht, also ausgehend vom Verhältnis zu den Produktionsmitteln, sondern von ihrer Rolle im politischen Kampf ausgehend die Gesellschaft in Klassen unterteilt. Das zeigt sich einerseits in einem schwammigen Volksbegriff, der sich tagesaktuell entsprechend der politischen Lage ändern kann. Zudem scheint die nationale Bourgeoisie in Abgrenzung zu den „running dogs“ des US- oder japanischen Imperialismus, der „Kompradorenbourgeoisie“, dem „bürokratischen Kapital“ als das kleinere Übel, als „schwankende Klasse“ mit dem nicht nur ein taktisches Bündnis sondern sogar eine Koalitionsregierung, eine dauerhafte Zusammenarbeit möglich wird.
2.5 Strategie und Taktik bei Mao
von Fatima Saidi
2.5.1 Überblick und Einordnung in internationale Diskussionen der 20er und 30er Jahre
Um die Theorie und Praxis der KP Chinas unter Mao besser einordnen zu können, wird hier ein knapper Überblick über die damaligen internationalen Debatte, insbesondere die Überlegungen Stalins und der Komintern gegeben. Da allerdings Stalin vor allem in den Jahren 1926-28 seine Betrachtungen dazu auf China fokussierte und die Komintern nach 1928 nur noch den 7. Weltkongress 1935 abhielt und im hier genutzten Sammelband danach nur noch wenige Aussagen zu China macht, liegt der Schwerpunkt der hier zitierten Veröffentlichungen auf den zwanziger Jahren. Die Orientierung der Dreißigerjahre der Komintern, insbesondere der 7. Weltkongress zeigt außerdem problematische Tendenzen hinsichtlich Parteiaufbau, Regierungsbeteiligungen und Illusionen in bürgerliche Parteien203.
Für die Diskussion ist vor allem die Unterscheidung von Taktik und Strategie wichtig. Die nachfolgend ausgewählten Teile der Definition des kleinen politischen Wörterbuchs scheinen plausibel und auch mit den später zitierten Überlegungen Stalins in den „Grundlagen des Leninismus“ übereinzustimmen:
„Wissenschaft von der Führung der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten für ihre soziale und nationale Befreiung. Die Aufgabe der politischen Strategie und Taktik besteht darin, die ökonomischen und politischen Aktionen des Proletariats und seiner Verbündeten auf die in der jeweiligen Periode zu lösenden Hauptaufgaben zu konzentrieren, die Grundsätze und Hauptregeln für die Leitung des Klassenkampfes des Proletariats und aller Werktätigen, die Wege und Mittel für die Erreichung der Endziele der Arbeiterbewegung zu begründen. […]
Ausarbeitung der politischen Strategie bedeutet Festlegung der Hauptstoßrichtung des revolutionären Kampfes der Arbeiterklasse und ihres Verhältnisses zu den verschiedenen sozialen Kräften in einer bestimmten Periode der gesellschaftlichen Entwicklung. […] Wesentliche Fragen bei der Bestimmung des jeweiligen strategischen Ziels auf der Basis einer Analyse der konkreten historischen“ Situation, des nationalen und internationalen Kräfteverhältnis, sind: Hauptziel der Arbeiterklasse in der jeweiligen Etappe, Hauptkraft des Kampfes, Hauptklassenfeind, Hauptverbündete.
Die Taktik dient der Verwirklichung der Strategie, sie ist die Gesamtheit der Formen, Mittel und Methoden des Kampfes für das jeweilige strategische Ziel. Sie erfasst einen vielfältigen Fragenkreis: Die Formen des Kampfes (ökonomische, politische, ideologische; legale und illegale, parlamentarische und außerparlamentarische; friedliche und nichtfriedliche Formen); die Verknüpfung der verschiedenen Formen; Offensive, Defensive und Rückzug; Kompromisse und politische Abkommen; Ausnutzung der Gegensätze, Konflikte und Reibungen im Lager des Feindes […]“204
Zu den Kräften der Revolution unterscheidet Stalin zwischen Hauptkraft und Nebenreserven und hält zu den Reserven fest, dass es sich hier v.a. um „die Bauernschaft und überhaupt die Zwischenschichten des eigenen Landes; das Proletariat der benachbarten Länder; die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und abhängigen Ländern“205
handelt. Aber auch Gegensätze und Konflikte zwischen den nichtproletarischen Klassen des eigenen Landes wie auch internationale Konflikte und Kriege werden hier genannt. „Die Aufgabe der strategischen Führung besteht darin, alle diese Reserven richtig auszunutzen, um das Hauptziel der Revolution in der gegebenen Etappe ihrer Entwicklung zu erreichen.“
Als „Richtung des Hauptschlags des Proletariats auf der Grundlage der gegebenen Etappe der Revolution“206, hielt Stalin fest, dass die „Spitze“ dieser „nationalen Befreiungsrevolution […] gegen die Herrschaft des fremdländischen Imperialismus in China gerichtet“ sein müsse und sich „vor allem darin von der Revolution in Russland im Jahre 1905“ unterscheide, dass sich die „Hauptfäden der Industrie in China, die Eisenbahnen, die Fabriken und Werke, die Bergwerke, die Banken usw. in der Verfügungsgewalt oder unter der Kontrolle der fremdländischen Listen befinden“207. Als weitere Gründe nannte er, dass die internationale Lage weniger günstig sei, und es keinen Krieg zwischen den in Imperialisten gab wie im Jahre 1917208.
Auch Lenin betonte 1916 in seinen Texten zu Kolonien und Halbkolonien im Allgemeinen, dass in
„den unentwickelten Ländern, in den Ländern, die wir […] in der zweiten und dritten Rubrik aufgezählt haben, d. h. im ganzen Osten Europas und in allen Kolonien und Halbkolonien […] noch objektiv allgemein-nationale Aufgaben, und zwar demokratische Aufgaben, die Aufgaben der Vernichtung der Fremdherrschaft“ bestehen.“209
Bezüglich der Hauptkräfte formulierte Stalin 1926 „eine Art demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft, mit dem Unterschied jedoch, dass sie eine vorwiegend antiimperialistische Macht sein wird. Sie wird eine Übergangsmacht sein, die zur nichtkapitalistischen oder, genauer gesagt, zur sozialistischen Entwicklung Chinas hinüber leitet“210. Zum Scheitern der nationalen Revolution 1927 hielt Stalin weiter fest, „dass die Revolution in die 2. Etappe ihrer Entwicklung eingetreten ist, eine Wendung von der Revolution der vereinigten gesamtnationalen Front zur Revolution der Millionenmassen Arbeiter und Bauern, zur Agrarrevolution begonnen hat“211.
Auch die Komintern sah 1930 als Ziel der ersten Phase der Revolution eine Agrarrevolution, die Liquidierung der Fremdherrschaft, Grundherrschaft, Herrschaft der Warlords und die echte Vereinigung des Landes, sodass darauf die sozialistische Revolution folgen konnte212:
„Der unmittelbare Übergang von der Diktatur der zwei Klassen, Proletariat und Bauernschaft, zur Diktatur des Proletariats, zur sozialistischen Etappe der Revolution wird erst nach dem Sieg und der konsequenten Durchführung der Agrar- und antiimperialistischen Revolution zur zentralen Aufgabe der Partei.“213
Allerdings hielt die Komintern bereits für die nationale Revolution fest, dass „ein Bündnis zwischen Arbeitern und Bauern“ das Ziel der kommunistischen Partei sein müsse214. Dabei wies sie 1926 besonders auf die Bedeutung der Gewerkschaftsverbände hin, die unmittelbar gestärkt werden sollten215 . Das Exekutivkomitee kritisierte 1929, dass der Anteil der Arbeiter und die Hegemonie in Gewerkschaften deutlich gefallen sei216 und der Kampf der bäuerlichen Massen nicht eng genug mit dem des Proletariats in den Städten verbunden wurde217.
Für die „Ausarbeitung eines entsprechenden Planes für die Aufstellung der revolutionären Kräfte (der Haupt- und Nebenreserven)“ orientierte Stalin 1926 darauf, dass die chinesischen Bauern so schnell und gründlich wie möglich in die Revolution hineingezogen werden müssten und wies darauf hin, dass das Volk zu mehr als 9/10 aus Bauern bestand218. Allerdings betonte er dabei, dass man die Industriezentren Chinas für den Kampf um die politische Macht nicht vernachlässigen dürfe:
„Die vierte Bemerkung betrifft die Frage der Bauernschaft in China. Mif glaubt, dass man sofort die Losung der Bildung von Sowjets, und zwar von Bauernsowjets im chinesischen Dorf aufstellen müsse. Ich denke, das ist ein Fehler. Mif eilt voraus. Man kann auf dem flachen Lande keine Sowjets ins Leben rufen und die Industriezentren Chinas dabei umgehen. Indes steht die Frage der Organisierung von Sowjets in den Industriezentren Chinas jetzt nicht auf der Tagesordnung. Außerdem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Sowjets nicht außerhalb des Zusammenhangs mit der Gesamtsituation betrachtet werden dürfen. Sowjets, in diesem Fall Bauernsowjets, könnten nur dann organisiert werden, wenn China eine Periode des maximalen Aufschwungs der Bauernbewegung durchmachte, die das Alte zerbricht und eine neue Macht schafft, und unter der Voraussetzung, dass die Industriezentren Chinas den Damm bereits durchbrochen haben und in die Phase der Bildung der Sowjetmacht eingetreten sind.“219
Zur Bauernfrage kritisierte die Komintern 1930 die chinesische KP für ein Bündnis mit den chinesischen “Kulaken“, den Großbauern und dass so die restlichen Bauern nicht gewonnen, die revolutionäre Situation nicht genutzt werden könne und damit keine Klassenperspektive eingenommen werde220.
Zur Umsetzung der Strategie, für den „Kampf für die Durchführung dieses Planes während des ganzen Verlaufs der gegebenen Etappe der Revolution“221 bestätigte Stalin Ende der zwanziger Jahre die Einschätzung der KPdsU(B), dass „Kurs genommen werden muss auf die Bewaffnung der Arbeiter und Bauern, auf die Umwandlung der örtlichen Bauernkomitees in faktische Machtorgane mit bewaffnetem Selbstschutz“222. Auch die Komintern sah 1930 die Rote Armee als wichtiges Mittel zum Sieg, wobei der „starke Kern“ aus Industriearbeitern bestehen sollte.223
Als Vorbereitung des Sieges der Revolution und der Sowjets sah Stalin 1927 die „Festigung der Massenorganisationen der Arbeiter und Bauern – revolutionären Bauernkomitees, der Arbeitergewerkschaften und anderen revolutionären Massenorganisationen“224.
Zur nationalen Bourgeoisie hielt die Komintern 1929 fest, dass der Weg zur Umsetzung der Strategie darin liegen sollte, die breiten Massen und der kleinbürgerlichen Schichten vom Einfluss der nationalen Bourgeoisie zu befreien – mit dem Ziel einer Regierung der Diktatur des Proletariats und der Bauern, der Agrarrevolution und Zerstörung aller feudalen Strukturen225.
Zusammengefasst war also die Orientierung der Komintern und Stalins für die Zeit nach der nationalen Revolution: Proletariat und Arbeiterklasse stellen die Hauptkräfte dar. In diesem Zusammenhang wurde die Bewaffnung der Bauern und der Aufbau der Gewerkschaften und Industriezentren hervorgehoben. Ziel dieser Etappe sollte die Diktatur der Arbeiter und Bauern für die Agrarrevolution und Umsturz der feudalen Strukturen und der imperialistischen Herrschaft sein, der direkte nächste Schritt der weitere Kampf um den Sozialismus.
Maos Strategie und Taktik stellen wir in den nächsten Kapiteln dar. Maos Reden und Texte formulieren die Neue Demokratie als strategisches Ziel. Darauf sollte nach einiger Zeit der Aufbau des Sozialismus folgen. Für die Umsetzung dieses Plans war der langwierige Volkskrieg wesentlich. Die Hauptkräfte sollten Bauern und Arbeiter sein, Reserve die nationale Bourgeoisie.
2.5.2 Die “Neue Ära”
Die Grundlage für Maos Betrachtungen zur Strategie liegt in Maos Verständnis der damaligen Zeit als „neue Ära“. Dabei argumentierte er, dass es sich wegen des Einflusses der Oktoberrevolution und dem großen Anteil weltweit an sozialistischen Gebieten um eine neue Epoche handele:
„… der erste imperialistische Weltkrieg und die erste siegreiche sozialistische Revolution, die Oktoberrevolution, den ganzen Lauf der Weltgeschichte geändert und eine neue Epoche der Weltgeschichte eingeleitet haben.
Diese Epoche ist durch folgende Tatsachen gekennzeichnet: Die Weltfront des Kapitalismus ist an einem Abschnitt (und dieser Abschnitt macht ein Sechstel der Erdoberfläche aus) zusammengebrochen, … Wenn in einer solchen Epoche ein beliebiges koloniales oder halbkoloniales Land eine Revolution gegen den Imperialismus, d. h. gegen die internationale Bourgeoisie, gegen den internationalen Kapitalismus, unternimmt, dann gehört diese Revolution nicht mehr zur alten Kategorie der bürgerlich-demokratischen Weltrevolution, sondern zu einer neuen Kategorie; dann ist sie nicht mehr Bestandteil der alten, bürgerlichen oder kapitalistischen Weltrevolution, sondern Bestandteil einer neuen Weltrevolution, das heißt, sie ist zum Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution des Proletariats geworden.“226
Zunächst ist es natürlich richtig, dass es für den Erfolg einer Revolution eine große Rolle spielt, ob als strategische Reserve sozialistische Länder auf der Welt existieren, die diese Revolution unterstützen.
Die Geschichte Chinas selbst ist das beste Beispiel dafür: Die anhaltende Unterstützung der Sowjetunion, auch durch die großen Opfer im Zweiten Weltkrieg, ermöglichten durch die Bindung der Kräfte Japans letztendlich den Sieg der Revolution in China. Auch die Oktoberrevolution ist historisch natürlich von unschätzbarer Bedeutung, als nicht mehr auszulöschender Beweis für die Möglichkeit und auch die historische Fortschrittlichkeit der sozialistischen Revolution in der Epoche des Imperialismus. Soweit ist also die Einschätzung dieser Faktoren als maßgeblich für die Einschätzung der Kräfteverhältnisse international richtig. Mao beruft sich in seiner Einschätzung der damaligen Epoche als neuer Ära wiederholt auf Stalin227. So spricht auch Stalin 1918 in einem Text zur Oktoberrevolution davon, dass durch die Oktoberrevolution und die damit verbundene Entstehung der Sowjetunion, die nationalen Kämpfe der unterdrückten Völker der Kolonien und Halbkolonien verbunden werden können, eine neue gemeinsame Front der Revolutionen entsteht.
Der relevante Unterschied zu Mao, zeigt sich in den Konsequenzen, die Lenin, Stalin und Mao aus ihren Betrachtungen ziehen. Denn Stalin selbst betont in demselben Text, dass sich die Losung der bürgerlichen Herrschenden „‘alle Macht der nationalen Bourgeoisie‘ durch den Verlauf der Revolution selbst entlarvt“ habe und „die sozialistische Auffassung des Selbstbestimmungsprinzips mit der Losung hoch, alle machten schaffenden Massen der unterdrückten Nationalitäten‘ alle Rechte und Anwendungsmöglichkeiten gewonnen“ hat228. So sieht Mao auch an dieser Stelle wieder die Notwendigkeit, einen neuen Begriff zu schöpfen, ohne aber tatsächlich zu erklären, warum die bisherigen Begriffe und Erkenntnisse tatsächlich überholt sind: Es gäbe eine neue Kategorie der Revolution, die Strategie der „Neuen Demokratie“. Die Neue Demokratie definiert Mao in seinem zentralen Text dazu wie folgt:
„Somit bilden zweifellos das Proletariat, die Bauernschaft, die Intellektuellen und die anderen Schichten des Kleinbürgertums die grundlegenden Kräfte, die das Schicksal Chinas bestimmen. Diese Klassen, von denen die einen schon aufgewacht sind, während die anderen gerade im Begriff sind aufzuwachen, werden in einer chinesischen demokratischen Republik die Fundamentteile der Struktur des Staates und der politischen Macht sein, und das Proletariat wird hierbei die führende Kraft bilden. Die chinesische demokratische Republik, die wir jetzt errichten wollen, kann nur eine demokratische Republik der gemeinsamen Diktatur aller gegen den Imperialismus und den Feudalismus kämpfenden Menschen unter Führung des Proletariats sein, das heißt eine Republik der Neuen Demokratie; dies wird dann auch eine Republik der auf die drei politischen Hauptrichtlinien begründeten wirklich revolutionären neuen Drei Volksprinzipien sein.”
Diese Republik der Neuen Demokratie wird sich einerseits von den unter der Diktatur der Bourgeoisie stehenden kapitalistischen Republiken des alten, europäisch-amerikanischen Typs unterscheiden, also von den Republiken der alten Demokratie, die bereits überholt sind; sie wird sich auch von einer unter der Diktatur des Proletariats stehenden sozialistischen Republik des sowjetischen Typs unterscheiden, also von einer sozialistischen Republik, wie sie bereits in der Sowjetunion zur Blüte gelangt ist und in allen kapitalistischen Ländern errichtet werden wird, wie sie zweifellos einmal die dominierende strukturelle Form des Staates und der politischen Macht in allen industriell fortgeschrittenen Ländern sein wird, jedoch für eine bestimmte Geschichtsperiode den Revolutionen in kolonialen und halbkolonialen Ländern nicht angemessen ist. Deshalb müssen die Revolutionen in allen kolonialen und halbkolonialen Ländern für diese Geschichtsperiode eine dritte Staatsform wählen, nämlich die besagte Republik der Neuen Demokratie. Diese Form gilt für eine gewisse Geschichtsperiode und ist daher eine Übergangsform; sie kann aber nicht ersetzt werden und stellt eine notwendige Form dar.“229
An keiner Stelle seine Betrachtungen argumentiert Mao allerdings, warum die mögliche Unterstützung der Sowjetunion, also eine potenzielle Verbesserung der Kräfteverhältnisse, dazu führen soll, dass der Weg zum Sozialismus verlängert wird. Es ist nicht nachvollziehbar, warum das verbesserte Kräfteverhältnis generell eine Zwischenetappe notwendig macht, wie sie das Konzept der Neuen Demokratie beschreibt, und nicht umgekehrt die sozialistische Umwandlung beschleunigt wird. Die Vorgabe dieser Strategie für alle halbfeudalen und halbkolonialen Völker weltweit birgt die Gefahr, dass in diesen Ländern das Ziel des Sozialismus letztlich aufgegeben wird zugunsten eines Programms zur Entwicklung der Bourgeoisie. Auch wird nicht argumentiert, warum und an welchen Stellen die Überlegungen Lenins zu Aufgaben der halbfeudalen und halbkolonialen Völker durch die mögliche Unterstützung der Sowjetunion überholt sind, warum damit sogar mögliche Bündnisse mit nationalen Bourgeoisie eine größere Rolle spielen sollen als in den bisherigen Analysen des Marxismus Leninismus. Damit wird auch die Notwendigkeit, eine neue Strategie für diese Völker zu entwickeln, nicht nachvollziehbar.
Abgesehen von dieser fehlenden Argumentation geht Mao auch äußerst widersprüchlich vor – einerseits weist er in seinen Werken immer wieder mit Bezug auf die historische Besonderheit Chinas darauf hin, dass die Strategie keinesfalls verallgemeinert werden darf, sondern die Besonderheiten der Geographie, wiederholten Invasionen und Klassenzusammensetzung dabei eine Voraussetzung waren. Wie oben ausführlicher zitiert, sieht Mao aber gleichzeitig die Neue Demokratie als strategisches Ziel für „jedes beliebige halbkoloniale und kolonialen Land“, verallgemeinert also damit die Situation in China.
Somit ist die Notwendigkeit des Begriffs der Neuen Ära nicht nachvollziehbar und die damit verbundenen Annahmen zur Strategie international zu kritisieren.
Kommen wir nun zu den Voraussetzungen Maos, unter denen diese Strategie der Neuen Demokratie angewendet werden kann, der Einordnung von halbfeudalen und halbkolonialen Ländern.
2.5.3 Neue Demokratie – Aufbau des Kapitalismus als jahrzehntelange Zwischenetappe?
Wie sowohl Stalin als auch Mao erkannt hatten, konnte für die Strategie in China nicht einfach das Schema der Oktoberrevolution in Russland übernommen werden. So war die Situation in Russland vor 1905 zu der in China insofern ähnlich, als die Bauern als wichtiger Teil der Kräfte gesehen werden mussten. Der entscheidende Unterschied jedoch lag darin, dass Russland damals Teil der imperialistischen Kräfte war, wenn es sich auch um einen „militärischen und feudalen Imperialismus“ handelte230. Wie im Kapitel zu den Ausgangsbedingungen des historischen Chinas angesprochen, war dagegen China halbkolonial unterdrückt. Damit stand in China sowohl aus, die Bauern und das Proletariat von der Unterdrückung der Herrschaft zu befreien, als auch das Land zu vereinigen und in einer national-demokratischen Revolution von der halbkolonialen Fremdherrschaft zu befreien.
Zusammenfassend war die Orientierung der KP Chinas, dass in China die nationale Unabhängigkeit und bürgerlich-demokratischer Rechte erkämpft werden sollten, richtig. Die wesentlichen Probleme waren dabei aber einerseits die Vorstellungen zur nationalen Bourgeoisie und andererseits der Charakter der zweiten Phase, dem Aufbau des Sozialismus im Verhältnis zum Aufbau des Kapitalismus während der ersten Phase.
Zur Frage, gegen wen sich der Hauptschlag richten sollte, war die Orientierung der KP Chinas während der meisten Zeit richtig: die imperialistischen Armeen und ihre Handlanger, die Kompradoren aus dem Land zu verdrängen und die Gutsherrn zu entmachten. Wie im Kapitel zum Klassenverständnis zitiert, kam die KP jedoch zeitweise von dieser Orientierung ab und schloss z.B. „während des Widerstandskrieges gegen die japanische Aggression“ die Kompradoren und Gutsherrn nicht vom Begriff des Volks aus (s.o.).
Zur Rolle der (nationalen) Bourgeoisie – wie nachfolgend dargelegt wird, war die Frage der Hauptkräfte und der Macht nicht eindeutig geklärt. Die Macht sollte in den Händen mehrerer Klassen liegen – womit zeitweise auch ein großer Teil der Bourgeoisie gemeint war, manchmal aber auch nur die Bauern und Kleinbürger unter Führung der KP und der Arbeiterklasse Chinas. 1937 ist bspw. die Rede von einer „Zusammenarbeit aller Parteien und aller Klassen“ vor dem Hintergrund der erneuten japanischen Aggressionen:
„China muß unverzüglich demokratische Umgestaltungen in folgenden zwei Richtungen in Angriff nehmen: Erstens, auf dem Gebiet des politischen Systems ist das Regierungssystem der reaktionären Diktatur einer Partei und einer Klasse – der Diktatur der Kuomintang – durch ein demokratisches Regierungssystem zu ersetzen, das auf der Zusammenarbeit aller Parteien und aller Klassen beruht. Hierfür muß man damit beginnen, die antidemokratischen Verfahren für die Durchführung der Wahlen zur Nationalversammlung und für ihre Einberufung zu ändern, demokratische Wahlen durchzuführen und die freie Tätigkeit der Nationalversammlung zu gewährleisten, bis eine wahrhaft demokratische Verfassung ausgearbeitet und angenommen, ein wahrhaft demokratisches Parlament einberufen, eine wahrhaft demokratische Regierung gewählt und eine wahrhaft demokratische Politik durchgeführt wird.“231
Zur Frage der Hauptkräfte und Reserven: Ein wesentlicher Punkt zur Bewertung der Neuen Demokratie ist also die Frage, wer die Macht ökonomisch und politisch in den Händen halten soll. Dafür ist vor allem die Diskussion um die nationale Bourgeoisie relevant.
Mao ordnete mehrfach die nationale Bourgeoisie als Teil der Reserven für das Erkämpfen dieser Ziele ein, sogar auch für die zweite Phase: schließlich sprach Mao in der Regel nicht von einer Diktatur der Arbeiter und Bauern sondern von einer „Diktatur mehrerer revolutionärer Klassen“. Die nationale Bourgeoisie sollte, sogar bis in den Sozialismus hinein Bündnispartner sein, womit der Sozialismus als Diktatur der Arbeiterklasse mit Unterstützung der armen Bauernschaft ins Absurde geführt wird. Als einzige Vorbedingung sah er ihre „Erziehung und Modellierung“, eine Rebellion sei wegen des „starken Staatsapparats“ in den Händen des Volks nicht zu fürchten. Widersprüchlich wird diese Aussage, weil Mao zeitweise gerade die nationale Bourgeoisie aber als Teil dieses Volks sah, und auch, dass die Verwaltung der Unternehmen mit der Bourgeoisie gemeinsam geschehen sollte, wie z.B. in diesem Text von 1949:
„Um der Unterdrückung durch die Imperialisten zu begegnen und die rückständige Wirtschaft auf ein höheres Niveau zu heben, muß China alle Faktoren des Kapitalismus in Stadt und Land ausnutzen, die der Volkswirtschaft und der Lebenshaltung des Volkes Nutzen bringen und nicht Schaden zufügen, müssen wir uns mit der nationalen Bourgeoisie für einen gemeinsamen Kampf zusammenschließen. Unsere gegenwärtige Politik besteht darin, den Kapitalismus zu regulieren, aber nicht, ihn zu liquidieren. Die nationale Bourgeoisie kann jedoch nicht Führer der Revolution sein und soll in den Machtorganen des Staates ebenfalls nicht die Hauptrolle spielen. Der Grund dafür, warum sie nicht Führer der Revolution sein kann und in den Machtorganen des Staates nicht die Hauptrolle spielen soll, besteht darin, daß ihre sozialökonomische Stellung ihre Schwäche bedingt, es mangelt ihr an Weitsicht und genügend Mut, und viele von ihr haben Angst vor den Volksmassen.“232
In einem Text von 1949 – vier Jahre nach der Niederlage Japans im zweiten Weltkrieg, die 1945 auch gegenüber der chinesischen Armee kapitulierte – ist die Rede davon, dass verschiedene Klassen, einschließlich der nationalen Bourgeoisie, die die Diktatur „über die Grundherrenklasse und die bürokratische Bourgeoisie sowie ihre Repräsentanten, nämlich die Kuomintang-Reaktionäre“233 ausüben sollen. Auf der anderen Seite schätzte Mao noch 1939 die nationale Bourgeoisie im Ganzen als „Anhängsel der Großbourgeoisie“ ein, somit nicht als Verbündete234. Mao schätzt sie durchaus in manchen Texten als unzuverlässiger Bündnispartner ein, teilweise auch mit der richtigen Begründung: Dass die nationale Bourgeoisie die Revolution aufgrund ihrer objektiven Interessen an der Ausbeutung der Arbeitern und armen Bauern jederzeit wieder verraten kann, da sie „einerseits den Imperialismus nicht [lieben], andererseits die konsequente Durchführung der Revolution fürchten“235, vom „Imperialismus unterdrückt und vom Feudalismus gefesselt“236 wird.
Die meisten Texte Maos begründen die Möglichkeit oder sogar Notwendigkeit für eine gemeinsame Regierung mit der nationalen Bourgeoisie jedoch in problematischer Weise: 1948, kurz vor der Revolution, stellt Mao fest, dass die Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit unter bestimmten Umständen nicht antagonistisch sind und die nationale Bourgeoisie „ein Teil der breiten Volksmassen“ sei237. Hier zeigt sich ein Bruch in der Theorie Maos, sowie ein Bruch zwischen Theorie und Praxis.
Wie bereits kritisiert, ging Mao von einem möglichen „Schwanken“ der nationalen Bourgeoisie aus und behandelte sie damit wie eine kleinbürgerliche Schicht, begründet mit der „ökonomischen und politischen Schwäche“ der Bourgeoisie, ihrer „angeborenen Unbeständigkeit und Inkonsequenz“238, und würde wegen dieser Schwäche die „Bereitschaft [haben], mit den Feinden der Revolution Kompromisse einzugehen“. Demgegenüber stünden die „Weitsicht“ und „Selbstlosigkeit“ der Arbeiterklasse239. So als könnte die Lösung darin liegen, die nationale Bourgeoisie umzuerziehen, sodass sie zum verlässlichen Bündnispartner für die Arbeiterklasse wird. Tatsächlich ging Mao auch von solchen Möglichkeiten aus240. Letzten Endes zeigt sich hier die Auswirkung, die Unterdrückung durch imperialistische Länder überzubetonen, sodass schließlich auch die Klassenfrage und ihre materialistische Betrachtung davor relativiert wird, wie in diesem Text von April 1945:
„Selbstverständlich gibt es zwischen diesen Klassen nach wie vor Widersprüche, von denen beispielsweise der Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital besonders augenfällig ist. Deshalb stellt jede dieser Klassen unterschiedliche Forderungen. Diese Widersprüche und diese unterschiedlichen Forderungen abzuleugnen wäre eine Heuchelei und ein Fehler. Doch diese Widersprüche, diese unterschiedlichen Forderungen werden im Verlauf des ganzen neudemokratischen Stadiums nicht derart anwachsen, daß sie die gemeinsamen Forderungen übersteigen, und dürfen es auch nicht. Sie können geregelt werden. Durch eine solche Regelung können die erwähnten Klassen gemeinsam alle Aufgaben beim politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau des neudemokratischen Staates erfüllen.“241
Hier zeigt sich die Problematik, wohin die Theorie von Haupt- und Nebenwiderspruch führt: der Klassenwiderspruch ist nur einer von vielen. Er darf nicht so anwachsen, dass es einen Klassenkampf gibt, der die nationale Bourgeoisie verschrecken würde. Wie aber der gleichzeitige gesetzmäßige Drang des Kapitals nach Steigerung des Profits – d.h. vertiefter Ausbeutung der Arbeitskraft der Arbeiterklasse geregelt werden soll, welchen (Klassen)-Charakter letzten Endes der Staat in diesem System auf größtenteils kapitalistischer Basis haben soll, ist widersprüchlich. Klar ist allerdings, dass ein Staat, in dem die Rechte der Bourgeoisie auf Privateigentum weiter geschützt bleiben sollen, ein bourgeoiser Staat ist.
Diese Schwierigkeiten in der Festlegung von Hauptkräfte und Reserven zeigen sich auch in den Vorstellungen der strategischen Ziele: auch hier wird der nationalen Bourgeoisie und den Mechanismen des Kapitalismus eine Rolle zugesprochen, die nicht im Interesse der Arbeiterklasse und Bauern sind.
Denn auf der ökonomischen Ebene soll der Staat der „neudemokratischen Wirtschaft“ Monopole verstaatlichen, „damit nicht das Privatkapital die Lebenshaltung der Nation kontrolliert“ – das nicht-monopolistische Eigentum soll nicht angetastet werden. In dieser Phase soll das „Privatkapital entwickelt und geschützt werden“, das „auf anständige Weise erworben“ wurde242. Diese Aussagen zeigen wieder, dass Mao die nationale Bourgeoisie, die „nicht-monopolistische“, mittlere, und ihren grundsätzlichen Klassenwiderspruch letzten Endes doch als Bündnispartner sah, dessen Interessen nicht angetastet werden durften, und zwischen ihrem „anständigen“ Kapital und dem „unanständigen“ der Monopolbourgeoisie unterschied. Dies auch weit über die taktische Situation eines Angriffskriegs durch das imperialistische Japan hinaus. Im April 1945, als die Niederlage Japans schon zu ahnen war, formulierte Mao:
„Unter dem neudemokratischen Staatssystem wird eine Politik der Regelung der Verhältnisse zwischen Arbeit und Kapital betrieben werden. … garantiert man einen rechtmäßigen Gewinn aus der vernünftigen Bewirtschaftung staatlicher, privater und genossenschaftlicher Unternehmen. Das alles soll bewirken, daß sich sowohl der staatliche als auch der private Sektor und sowohl Arbeit als auch Kapital gemeinsam um die Entwicklung der Industrieproduktion bemühen.“243
Auch noch 1948 hielt Mao weiter an dieser Vorstellung fest:
„Man muß die Arbeiter und die Kapitalisten dazu anleiten, daß sie unter der Führung der örtlichen Machtorgane gemeinsam Ausschüsse für die Produktionsleitung organisieren, um mit Anspannung aller Kräfte die Selbstkosten zu senken, die Produktion zu steigern und für einen guten Absatz zu sorgen, damit sowohl die staatlichen wie die Privatinteressen Berücksichtigung finden, Arbeit und Kapital gleichermaßen Nutzen ziehen und der Krieg unterstützt wird.“244
Im selben Jahr betont Mao, dass es sich um eine „linke Abweichung“ handelt, die Interessen der Mittelbauern und der nationalen Bourgeoisie zu „beeinträchtigen“245. Hier zeigt sich also die praktische Konsequenz, was es bedeutet, wenn die Klassenwidersprüche von Mao für „regelbar“ und im Grunde austauschbar durch andere Widersprüche gehalten werden:Die Arbeiterklasse und die armen Bauern sollen gemeinsam mit ihren Ausbeutern die eigene Ausbeutung organisieren. Die Aussagen Maos über die nationale Bourgeoisie als schwankender, unverlässlicher Partner sind auch hier mindestens widersprüchlich, und zeigen gefährliche Illusionen über die Bourgeoise. Dass Profite der nationalen Bourgeoise auf Kosten der Arbeiterklasse gehen, von ihr erwirtschaftet werden, scheint hier keine Rolle mehr zu spielen. Stattdessen würden sich solche Vorstellungen auch in bürgerlichen, sozialdemokratischen Reformprogrammen heutzutage finden lassen.
Dass die nationale Bourgeoisie gesetzmäßig aus ihrem unmittelbaren ökonomischen Interesse heraus versuchen wird, ihren Einfluss auch im Überbau weiter auszubauen, und kleines Privatkapital sich zu Monopolen ausdehnen wird, solange Warenproduktion vorherrscht, wurde von Mao nicht weiter problematisiert. Das deutet sich auch in Texten an, wo Mao von einer „wahrhaft demokratischen Regierung“ spricht, die „den Willen des Volkes“ erfüllt – unter der Herrschaft „aller Parteien und aller Klassen“246 und somit gar nicht darauf eingeht, dass der Staat die Gesamtinteressen der herrschenden Klasse umsetzt.
Problematisch ist an dieser Vorstellung nicht, dass nicht sofort alles verstaatlicht und die Bourgeoisie liquidiert wurde. Es ist möglich, dass in einem unterentwickelten Land der Übergang zum Sozialismus länger dauert, weil die Produktionsmittel nicht ausreichend zentralisiert vorhanden sind. Das Problem ist, dass Mao diesen längeren Prozess aber nicht bereits als eine erste Phase der sozialistischen Revolution versteht, sondern eine eigenständige Etappe. Damit geht einher, dass man die Existenz der Bourgeoisie nicht als ein notwendiges Zugeständnis aufgrund der Rückständigkeit des Landes sieht, sondern im Grunde sogar als etwas positives, jedenfalls wird der nationalen Bourgeoisie eine positive Rolle im Rahmen der Revolution und auch der Entwicklung zugestanden. Und vor allem: die nationale Bourgeoise wird an der politischen Herrschaft beteiligt – das ist z.B. ein großer Unterschied zur NÖP247 in der frühen UdSSR, wo man die Bourgeoisie tolerierte, aber als Problem gesehen und vor allem auch nicht an der Regierung beteiligte
Laut Mao sollte es sich stattdessen um eine Dauer von „langer Zeit“ handeln, in der der Kapitalismus aufgebaut werden solle. Die Rede ist 1945 sogar von „, mehreren Jahrzehnten“248. Konkrete Kriterien für das Ende der Etappe der Neuen Demokratie sollen bspw. der Aufbau der Leicht- und Schwerindustrie sein, und sogar „China aus einem Agrar- in ein Industrieland […] verwandeln“. Und das, über diese lange Zeit hinweg mit „allem demokratischen Parteien und Gruppen sowie mit allen Unternehmerkreisen des Landes“249. So scheint für Mao letzten Endes der Kapitalismus das überlegene Mittel, um die Produktion der Produktionsmittel effizient umzusetzen.
Letzten Endes gehen die strategischen Ziele weit darüber hinaus, bürgerlich-demokratische Rechte und die nationale Befreiung als Voraussetzung für den Kampf um den Sozialismus zu erkämpfen. Das zeigt sich beispielsweise in dieser Formulierung von April 1945: Ein „unabhängiges, freies, demokratisches, geeintes, reiches und mächtiges neues China“250 sollte aufgebaut werden. Die Rede ist sogar von einer Republik mit sozialistischem Charakter, unter Diktatur mehrerer Klassen ohne die Entwicklung kapitalistischer Produktion zu untersagen! Noch 1957 formulierte Mao:
„Die Idee der Koexistenz auf lange Sicht bestand seit langem, aber im vergangenen Jahr, als die sozialistische Ordnung im Wesentlichen errichtet war, wurde diese Losung klar und exakt formuliert und verkündet. Weshalb muß man das Bestehen der demokratischen Parteien der Bourgeoisie und des Kleinbürgertums neben der Partei der Arbeiterklasse auf lange Sicht zulassen? Weil wir keinen Grund haben, die Politik der langfristigen Koexistenz mit allen jenen Parteien, die sich tatsächlich um den Zusammenschluß des Volkes für die Sache des Sozialismus bemühen und das Vertrauen des Volkes genießen, nicht zu verfolgen.“251
Auch hier ist die Begründung, politische Repräsentation und damit Einflussnahme der Bourgeoisie zuzulassen, nicht materialistisch begründet, sondern aus der Willensbekundung, dem „richtigen Verhalten“ dass die Bourgeoisie zeigt – wieder eine Unterschätzung der objektiv wirkenden Klasseninteressen und der Gefährdung des gesamten Aufbaus des Sozialismus in China. Diese Fehler zeigen sich auch auf der ökonomischen Ebene:
„Die staatliche Wirtschaft einer vom Proletariat geleiteten neudemokratischen Republik trägt sozialistischen Charakter, sie ist die führende Kraft der gesamten Volkswirtschaft, doch wird diese Republik das übrige [nicht-monopolistische] kapitalistische Privateigentum nicht beschlagnahmen“252
Spätestens hier zeigt sich, dass die ungenauen Bestimmungen Maos über die verschiedenen Klassen und ihr Verhältnis zueinander kein Zufall waren, sondern der grundsätzliche Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung in den konkreten Vorstellungen über den Weg zum Sozialismus ignoriert und ausgeblendet wurden. Darin fügt sich auch ein Gespräch, das Mao mit Vertretern der KP Kubas 1960 führte – 11 Jahre nach der Revolution! Tschiang Kai-schek, der für die Ermordung einer ganzen Generation an Kommunisten nach 1927 verantwortlich war und später den Langen Marsch als letztes Mittel aus der Vernichtung erzwang, wurde in dem Gespräch von Mao als Bündnispartner gesehen. Einzige Voraussetzung[k1] : Dass Tschiang sich von den USA distanzieren müsse253. An dieser Stelle zeigt sich auch wieder die Überbetonung der USA durch Mao in den 50ern und 60ern und tendenzielle Gleichsetzung mit „dem“ Imperialismus.
Die Vorstellungen über die Neue Demokratie können also insgesamt nur als falsch und gefährlich bewertet werden. Anstelle des gewaltsamen Bruchs mit der Herrschaft der Bourgeoisie durch die Arbeiterklasse und den armen Bauern nach der erfolgreichen Verdrängung imperialistischer Invasionen aus dem eigenen Land und dem planvollen Aufbau der sozialistischen Industrie wird ein jahrzehntelanger Aufbau eines hochentwickelten Kapitalismus gemeinsam mit dem Kapital gesetzt, sogar bis in den Sozialismus hinein. Spielt die Bewaffnung des Volkes und die gewaltsame Überwindung noch eine große Rolle im Rahmen des Volkskriegs und für den Weg zur Neuen Demokratie – für den eigentlichen Schritt zum Sozialismus und der Entmachtung der Bourgeoisie, die eigentlich damit einhergehen muss, wird sie kaum mehr erwähnt. So scheint letzten Endes ein friedliches Überwachsen gemeinsam mit der Bourgeoisie in den Sozialismus kein Problem zu sein, ist die Phase der Neuen Demokratie erst mal erreicht.
Gleichzeitig müssen wir natürlich auch den tatsächlichen Verlauf der Geschichte beachten: In den Jahren nach 1949 wurde in den 50er Jahren die Bourgeoisie enteignet und als Klasse liquidiert. Es gab in der Praxis keine Diktatur gemeinsam mit der Bourgeoisie die lange andauerte, und die Phase der Neuen Demokratie dauerte nicht einige Jahrzehnte, nicht bis zum weitgehenden Aufbau eines industrialisieren Kapitalismus. Zumindest in den gesammelten Werken Maos haben wir aber auch keine neuen Bewertungen der Neuen Demokratie gefunden, die diesen Begriff auf der Grundlage der gemachten Erfahrungen korrigieren. Deshalb müssen die Vorstellungen, die Mao selbst als Neue Demokratie formuliert hat, ernst genommen und auch entsprechend kritisiert werden. Wie wir im Kapital zum Sozialismus aber auch festhalten, ist der KP Chinas unter Mao bei aller Kritik trotzdem gelungen, durch einen gewaltsamen Bruch mit dem Kapitalismus über Jahrzehnte hinweg die Produktivmittel Chinas zu entwickeln und hier beachtliche Fortschritte zu erreichen.
Wie das Kapitel über den chinesischen Sozialismus auch zeigt, gab es bei Mao nicht nur diese Tendenzen zum rechten Opportunismus, die sich in seinen Texten der 30er und 40er Jahre zeigen. In den späteren Jahren, während des Aufbaus des Sozialismus, zeigen sich weitere rechtsopportunistische Tendenzen – bspw. dass an Stelle der Entwicklung der Industrie, die gemäß der Neuen Demokratie sogar noch vor dem Aufbau des Sozialismus stattfinden sollte, Kleinsteinheiten der Wirtschaft in Kommunen entwickelt werden sollte, de facto also das Gegenteil einer zentralisierten und planbaren Wirtschaft.
2.5.4 Der langwierige Volkskrieg
Für den Plan zur Aufstellung der revolutionären Kräfte und den Kampf für die Durchführung dieses Planes während des ganzen Verlaufs der gegebenen Etappe der Revolution spielte in China der „langwierige Volkskrieg“ auf dem Land und der damit verbundene Aufbau der Roten Armee eine wesentliche Rolle.
International verschärfte die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise die sozialökonomischen Widersprüche in den imperialistischen Staaten, auch in Japan. Deshalb war das japanische Kapital zunehmend bestrebt, die wachsende Unruhe der unterdrückten Arbeiterklasse im Land durch eine Aggression gegen China aufzulösen. Die herrschende Klasse Japans sah in der Eroberung Chinas und seiner Ressourcen die Voraussetzung für einen Überfall auf die UdSSR, letztendlich für die Herrschaft über Asien254. Der erste Schritt zur Verwirklichung dieser Pläne des japanischen Imperialismus war die Eroberung der nordöstlichen Provinzen Chinas, der Mandschurei und damit ca. einem Zehntel der Fläche Chinas. Die herrschenden Kreise Großbritanniens, Frankreichs und der USA unternahmen keine Maßnahmen gegen den Aggressor. Sie hofften, der von den Japanern besetzte Nordosten Chinas würde zum Brückenkopf des Angriffs von Japan gegen die Sowjetunion werden – so schätzte zumindest Stalin die Lage im März 1939 ein:
„Der Krieg wird von den aggressiven Staaten [Japan, Deutschland, USA] geführt, die die Interessen der nichtaggressiven Staaten, vor allem Englands, Frankreichs und der USA, in jeder Weise schädigen; die letzteren weichen jedoch zurück, treten den Rückzug an, machen den Aggressoren ein Zugeständnis nach dem anderen. Somit vollzieht sich vor unseren Augen eine offene Neuaufteilung der Welt und der Einflusssphären auf Kosten der Interessen der nichtaggressiven Staaten, wobei diese keinerlei Versuche zur Abwehr unternehmen, in gewisser Weise sogar jene begünstigen. […]
In der Politik der Nichteinmischung macht sich das Bestreben, der Wunsch geltend, die Aggressoren bei der Ausführung ihres dunklen Werkes nicht zu hindern, zum Beispiel Japan nicht zu hindern, sich in einen Krieg gegen China, noch besser aber gegen die Sowjetunion einzulassen, zum Beispiel Deutschland nicht zu hindern, sich in die europäischen Angelegenheiten zu verstricken, sich in einen Krieg gegen die Sowjetunion einzulassen, alle Kriegsteilnehmer tief in dem Morast des Krieges versinken zu lassen, sie im stillen dazu anzuspornen, dazu zu bringen, dass sie einander schwächen und erschöpfen, dann aber, wenn sie genügend geschwächt sind, mit frischen Kräften auf dem Schauplatz zu erscheinen und, natürlich, „im Interesse des Friedens“ aufzutreten, um den geschwächten Kriegsteilnehmern die Bedingungen zu diktieren.“255
Das von den japanischen Eroberern errichtete Polizeiregime machte die Bevölkerung der Mandschurei faktisch zu kolonialen Sklaven des japanischen Imperialismus256.
Eine der wichtigen Lehren aus dem Scheitern der nationalen Revolution 1927 und den darauf folgenden Jahren des Weißen Terrors war, dass die revolutionären Kräfte eine eigenständige militärische Macht sein mussten. Um also die imperialistische Aggression und die Herrschaft der Gutsherren zu zerschlagen, das Ziel der Neuen Demokratie zu erreichen, entwickelte Mao die Strategie des langwierigen Volkskriegs. Das bedeutete vor allem den Aufbau einer revolutionären Roten Armee in ländlichen Regionen Chinas, und damit verbunden auch den Aufbau der KP Chinas und ihre Verankerung in den kleinbäuerlichen Massen auf dem Land.
Bei seinen Überlegungen betonte Mao die Besonderheiten, die „die Leitlinie sowie viele strategische und praktische Prinzipien des revolutionären Krieges in China“257 bestimmten, vor allem: China als großes, halbkoloniales, halbfeudales Land, das in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht ungleichmäßig entwickelt ist – und der japanische Staat als kleiner, ressourcenarmer Feind258sowie die internationale Unterstützung Chinas vor allem durch die Sowjetunion259. Diese verschiedenen Faktoren sind laut Mao „die unerlässlichen und wichtigen Voraussetzungen für den endgültigen Sieg Chinas“ im Kampf gegen die japanische Besatzung:
„Wenn man bei der Untersuchung des Krieges zwischen China und Japan diese Besonderheiten vergißt, wird man unvermeidlich zu falschen Schlüssen gelangen.“
Auch die Schwäche der Roten Armee spielte für die Überlegungen eine bedeutende Rolle.
Mitten im Bürgerkrieg, war das Land in den zwanziger und dreißiger Jahren politisch zersplittert, die einzelnen Gebiete weitgehend ökonomisch voneinander isoliert. Wie auch Mao feststellte, hatte sich die Ökonomie noch weiter auseinander entwickelt, so bestanden „gleichzeitig eine schwächliche kapitalistische Wirtschaft und eine gewichtige halbfeudale Wirtschaft; ein paar moderne Industrie-und Handelsstädte und eine riesige Zahl stagnierender Dörfer“260 . Der geringe Entwicklungsstand der Beziehungen zwischen Stadt und Land und die schlechten Verkehrswege, machten es den Militärmachthabern schwer, Truppen in die aufständischen Gebiete zu bringen261. Nur ca. 1/10 des gesamten Volks lebte zum Zeitpunkt der Gründung der chinesischen Volksrepublik in den Städten262. Die Landbevölkerung lebte zersplittert in deutlich über 100.000 Dörfern. Herrschaft über die weit auseinander gestreute Landwirtschaft konnte vor allem über die Städte ausgeübt werden, die den entscheidenden Zusammenhang und Zusammenhalt des Staates bedeuteten263. Diese „Besonderheit“ setzte Mao selbst als Voraussetzung dafür, dass sich die chinesische Rote Armee entwickeln und ihren Feind besiegen könne264. Die Größe des Lands und seine zahlreiche Bevölkerung bedeutete auch ein großes Potenzial an Soldaten und „reichen materiellen Hilfsquellen“265.
Politisch war das Land nach wie vor zerrissen, im Bürgerkrieg zwischen Kommunistischer Partei und der reaktionären Regierung Tschiang Kai-schek, aber auch die einzelnen Militärmachthaber verschiedener Provinzen kämpften um die Macht. Auch die damit einhergehende fehlende Einheit und „Fülle der verschiedenen Widersprüche“266 unter den Herrschenden in China machte Mao als wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Kampf aus, da der Staat der Kuomintang so nicht sein ganzes Potenzial für die Schläge gegen die Rote Armee ausnutzen konnte.
Aus diesen Besonderheiten leiteten sich mehrere Folgerungen ab: Da die ländlichen Gebiete für den Feind, den japanischen Imperialismus und die Kuomintang-Regierung, schlecht erreichbar und gleichzeitig die Städte von ihnen dominiert waren, sollten die „rückständigen Dörfer in fortschrittliche, gefestigte Stützpunktgebiete“ verwandelt werden. Besonders Anfang der dreißiger Jahre bestanden auf dem Dorf günstige Bedingungen für die Entfaltung des revolutionären Kampfes: Die Unterdrückung durch die Großgrundbesitzer, die Kriege der Militärmachthaber, sowie die Verstärkung des Steuerdrucks hatten die Spannungen zwischen den Bauern, den Großgrundbesitzern und dem Kapital weiter verschärft. Die nationale Revolution hatte das Hauptproblem der riesigen Klasse der Bauern nicht lösen können. Eine „Agrarrevolution“, die der Herrschaft des Grundbesitzes ein Ende gesetzt und das Land neu aufgeteilt hätte, hatte nicht stattgefunden.
In den Jahren nach dieser Niederlage konnten trotzdem erste Sowjetgebiete in dafür günstig gelegenen Gebieten errichtet werden: Weit abgelegen von Städten und damit dem Zugriff der Regierung, die sich vor allem in den Schlüsselstädten des Landes festgesetzt hatte, zeitweise im Bündnis mit dem japanischen Imperialismus267. Damit waren revolutionäre Stützpunkte errichtet, weitgehend autonome Regionen oder aufständische Teilgebiete, in denen die soziale Revolution weiter getrieben werden konnte als im Rest des Landes. So ergab sich die Möglichkeit, den langwierigen Volkskrieg ausgehend von relativ sicheren Rückzugsräumen und auf einer Klassenbasis zu führen268.
Der 1. chinesische Sowjetkongress 1931 verabschiedete fortschrittliche Gesetze im Bereich des Arbeitsrechts, der Bildung, Steuern, aber auch die Enteignung von Großgrundbesitzern269. Für den Aufbau der Roten Armee zur Verteidigung und Ausdehnung der Sowjetgebiete wurden größtenteils Bauern rekrutiert, Industriearbeiter gab es in diesen ökonomisch eher rückständigen Gebieten so gut wie gar nicht. Zur Legende geworden ist der Lange Marsch, zu dem die Rote Armee über 16.000 km durch einen erneuten Feldzug Tschiang Kai-schek gezwungen war, um in das nordchinesische Yan’an zu fliehen270. Das ZK der Partei lebte über zehn Jahre größtenteils abgeschnitten von der großen Industrie und den Kulturzentren Chinas in einem der unterentwickelten Gebiete Chinas, nach den Jahren des Weißen Terrors zum Rückzug auf das Land gedrängt271.
Ziel war, letzten Endes die Eroberung der Städte, somit das endgültige Zurückschlagen der japanische Aggression und das Brechen der Herrschaft der Kuomintang zu ermöglichen. So betonte Mao in verschiedenen Texten auch, dass die Arbeit in den Städten auch schon vorher notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen272.
Neben der Einkreisung der Städte durch das Land spielten jedoch auch die Überlegungen zur Dauer des Volkskriegs und seinen Etappen eine zentrale Rolle. So betonte Mao in verschiedenen Texten, dass der Weg zur Revolution „langwierig“ sein würde, dieser Begriff war sogar früher in Verwendung als der des Volkskriegs273 um den Weg zur Revolution zu beschreiben. „Warum wird der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression langwierig sein?“ fragte Mao selbst rhetorisch und nannte in seinen Überlegungen verschiedene „Besonderheiten“274 der damaligen Lage als Ursache dafür: Neben den bisher genannten vor allem die militärische Stärke Japans, das aber gleichzeitig ein Land im Abstieg und in der Krise sei, in Mangel an Menschen und Material sowie künftig abnehmender internationaler Unterstützung. Dagegen sei in China gegenwärtig die Rote Armee noch schwach, das Land aber groß und reich an Ressourcen, außerdem rechnete Mao fest mit zunehmender internationaler Unterstützung. Aus diesen Kräfteverhältnisse und ihren Bewegungsrichtungen begründete sich auch seine Einteilung des Volkskriegs in Etappen:
„Wenn der Krieg zwischen China und Japan langwierig sein und der Endsieg China gehören wird, kann man mit Recht annehmen, daß dieser langwierige Krieg in seiner konkreten Entwicklung drei Etappen durchlaufen wird. Die erste Etappe wird die Etappe des strategischen Angriffs des Gegners und unserer strategischen Verteidigung sein, die zweite die Etappe der strategischen Konsolidierung des Gegners und unserer Vorbereitung zur Gegenoffensive, die dritte die Etappe unserer strategischen Gegenoffensive und des strategischen Rückzugs des Gegners.“275
Aus den bisherigen Zitaten zeigt sich auch schon, was für die meiste Zeit die Hauptschlagrichtung der Volkskriegsstrategie war: Dass „China die Kräfte des japanischen Imperialismus besiegt und vernichtet“276 . Die Strategie ist also gegen die Invasion eines imperialistischen Landes gerichtet und zielt darauf ab, diese zurückzuschlagen. Das wird auch deutlich aus den Besonderheiten, die Mao nennt, die besonders auf den Vergleich der Kräfte Chinas und Japans fokussieren. Das ist besonders wichtig in der Anwendung und Übertragung der Strategie für heutige Länder zu beachten – der Volkskrieg war eine Antwort auf eine bestimmte historische Situation und nicht als generelles Prinzip gedacht.
Darüber hinaus spielte außerdem für den Erfolg der Revolution die Sowjetunion eine enorme Rolle: Einerseits war die militärische Ausbildung der kommunistischen Kämpfer wesentlich durch die Sowjetunion geprägt, die Mitte der 20er Jahre die ersten Offiziersschulen eröffnet hatte, sodass die nationale Revolution durch die Sowjetunion geschulte Truppen gewonnen wurde. Schwerwiegender ist aber, dass die Kräfte der Sowjetunion Mitte der 40er Jahre objektiv günstige Bedingungen schufen: Der Übergang zur Offensive 1945-49 wurde erst möglich, als die Sowjetunion nach erfolgreichem Abschluss ihres antifaschistischen Kampfes im Westen gegen den japanischen Imperialismus offensiv wurde und damit der revolutionären Bewegung und China großen Spielraum verschaffte277. Die sowjetische Front gegen Japan in die Mandschurei zerschlug die japanische Kwantung-Armee und war der entscheidende Faktor für die Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg278, auch vergrößerte die anschließende Rückgabe der befreiten Mandschurei das revolutionäre, von den Kommunisten kontrollierte Gebiet wieder beträchtlich.
Die verschiedenen Klassen und Schichten und ihr Verhältnis zueinander, ihre Rolle als Bündnispartner und Reserven wurde durch Mao auch bzgl. des Volkskriegs widersprüchlich eingeschätzt. Wenn auch Mao Tse-tung wiederholt die Führungsrolle der Arbeiter betonte, so sah er doch letztendlich in der Bauernschaft die Grundlage der Revolution. Es fällt z.B. auf, dass häufig in der Einschätzung der Lage und des Kräfteverhältnisses im antifaschistischen Krieg gegen Japan nichts über die Initiativen der Arbeiter in den Industriezentren ausgeführt wird. Auch die wiederholte Kritik der Komintern am langsamen Aufbau gewerkschaftlicher Struktur in den Städten muss hier berücksichtigt werden.
Vor allem in früheren Texten, wie dem wichtigen „Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan“ 1927 ist eine deutliche Überbetonung der Rolle der Bauern durch Mao sichtbar. Mao spricht dort von den Bauern als „Vorhut beim Sturz der feudalen Kräfte“279 und Vorhut der Revolution – eine Rolle, die er in späteren Texten der KP der Arbeiterklasse zuschreibt280. Die Bauern sollten die richtige Strategie und den richtigen Weg „alle[r] revolutionären Parteien, alle[r] revolutionären Genossen überprüfen, um sie entweder zu akzeptieren oder abzulehnen.“ – somit hatte Mao klar die Vorstellung, dass die Bauern, und nicht der entsprechend geschulte Apparat der wissenschaftlich arbeitenden KP den richtigen Weg erkennen sollten und spricht davon, dass die „uneingeschränkte Macht“ der Bauern in einer bestimmten Periode der Revolution errichtet werden sollte281. So trat damals mit dem „Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan“ die Parole „alle Macht den Bauernvereinigungen“ an die Stelle des „alle Macht den Räten“ (wobei damit in Russland eben Bauernräte, vor allem aber Arbeiter- und Soldatenräte gemeint waren)282. Derselbe Bericht stellt im Kapitel „Die Vorhut der Revolution“, zunächst richtig fest, dass es ohne die „armen Bauern keine Revolution gibt“, mit der Aussage „die Führung durch die armen Bauern ist eine absolute Notwendigkeit“ wird doch aber das Verhältnis von KP und den Massen in die Richtung verzerrt, die Rolle der unorganisierten Bauern zu übertreiben.
Zur Besonderheit der Rolle der Bauen bei Mao muss außerdem beachtet werden, dass eigentlich nicht Mao, sondern schon Lenin erkannte, dass in den meisten Ländern der damaligen Zeit die armen Bauern als Bündnispartner in der Revolution eine Rolle spielen müssen, da sie in objektives Interesse an der Revolution gegen ihre Unterdrücker, die Gutsherren, haben. So betonte Lenin im September 1917 dass in „Zeiten der Revolution … die die Mehrheit der Arbeiter und Bauern, zum Leben erweckt hat, nur eine Macht fest und beständig sein [kann], die sich offenkundig und unbedingt auf die Mehrheit der Bevölkerung“283 stütze, was die Organisation und Bewaffnung der Arbeiter, Soldaten und Bauern bedeute und spricht von einer „Diktatur der Arbeiter und armen Bauern“284. Mit dieser Vorstellung kämpfte Lenin damals gegen Tendenzen, die die „große Rolle der Bauernschaft in der russischen Revolution nicht verstanden“, wie Stalin 1924 formulierte285. Er betonte als eines der wichtigsten Ziele, die armen Bauern dem Einfluss bürgerlicher Ideologien zu entreißen286.
Es war also richtig, die Bauern für die Revolution zu mobilisieren. Ohne sie wäre der Sturz der Bourgeoisie nicht möglich gewesen. Um sie für die Revolution gewinnen zu können, musste ihnen aber eine Agrarrevolution in Aussicht gestellt werden, die letztlich an ihr kleinbürgerliches Klasseninteressen anknüpfte: Ihnen wurde die Verteilung des Großgrundbesitzes als Privateigentum versprochen. Spätestens beim Aufbau des Sozialismus führte das dann zu neuen Widersprüchen, wie auch während der Kollektivierung der Landwirtschaft in der Sowjetunion. Als kleinbürgerliche Schicht waren die Bauern historisch zwar für die Revolution gegen Bourgeoisie und Großgrundbesitzer gewinnbar, blieben mit Blick auf das sozialistische Ziel aber schwankend und konnten nur durch die Avantgarde der Arbeiterklasse mitgenommen werden – sie selbst waren nicht die Avantgarde der sozialistischen Revolution, sondern hatten durchaus auch bremsende oder sogar reaktionäre Interessen.
2.5.5 Schlussfolgerungen
Die Strategie und Taktik Maos muss vor dem Hintergrund der Diskussionen der damaligen internationalen kommunistischen Bewegung, besonders den Beschlüssen der Komintern diskutiert werden. Hier wurde in den 20er und 30er Jahren – übereinstimmend mit Mao – als strategisches Ziel der Kommunistischen Parteien in kolonialen und halbkolonialen Ländern die nationale Befreiungsrevolution gegen die Herrschaft fremdländischer imperialistischer Mächte festgelegt. Kritisch ist allerdings die Frage von der Verbindung des Kampfs um den Sozialismus mit der nationalen Frage zu sehen. Lenin betonte hier klar die Bedeutung der Unabhängigkeit des Proletariats, und Stalin sprach klar von der Diktatur zweier Klassen, dem Proletariat und der Bauernschaft als Ziel der Agrar- und antiimperialistischen Revolution. Ein Dissens zu Mao zeigt sich außerdem in Stalins Betonung der Rolle des Proletariats in China im Verhältnis zu den Bauernschichten, wobei auch für Stalin offensichtlich war, dass die Bauern eine wesentliche Kraft der Reserven für die Strategie sein mussten.
Zu Maos Analyse muss auch hier festgestellt werden, dass sie insgesamt schwammig und inkonsistent ist, da über die Jahrzehnte hinweg widersprüchliche Aussagen zur Rolle der nationalen Bourgeoisie gemacht wurden, während sich aber die aktuelle Etappe der Kämpfe nicht geändert hatte. So war zeitweise sogar die Rede von der Zusammenarbeit aller Parteien und aller Klassen. Die Orientierung der „Neuen Demokratie“ als für koloniale und halbkoloniale Länder ist Maos zentrale Neuerung in Fragen der Strategie und Taktik. Der hauptsächliche Unterschied zur Analyse des Marxismus-Leninismus liegt in einer stärkeren Betonung der nationalen Bourgeoisie als Bündnispartner, als Teil der Diktatur „mehrerer Klassen“. Die nationale Bourgeoisie wurde in den 40er Jahren als Bündnispartner bis in den Sozialismus hinein gesehen, im Gegensatz zu Stalins Sozialismus als Diktatur der Arbeiterklasse mit Unterstützung der armen Bauernschaft. Kritisch ist außerdem zu sehen, dass Mao einerseits immer wieder die Besonderheiten der geographischen, international-politischen Lage Chinas mit Bezug auf Japan in der Argumentation betonte, warum die von ihm vorgeschlagene Taktik und Strategie richtig seien, gleichzeitig dies aber dies als international anzuwendende Strategie verallgemeinerte.
Zur Frage der neuen Demokratie ist dabei für heutige Debatten relevant, dass Mao klar die weite Ausbreitung sozialistischer Länder international als eine der zentralen Voraussetzungen für diese Strategie sah.
Die militärische Umsetzung dieser Strategie im Volkskrieg mit seiner langwierigen Dauer, dem Fokus auf das Land und die Bauern und seiner taktischen Flexibilität im damaligen China war abgesehen von den genannten Problemen der Bündnispolitik das richtige Mittel, um die strategischen Ziele zu erreichen, die in China damals auf der historischen Tagesordnung standen: Die imperialistische Aggression zurückzuschlagen und die Agrarrevolution durchzuführen um die Diktatur der Bauern und Arbeiter aufzubauen.
Zur Beurteilung der Politik der KP Chinas und Maos bis zum Aufbau des Sozialismus müssen wir aber natürlich auch die Praxis, den tatsächlichen Verlauf der Geschichte beachten: In den Jahren nach 1949 wurde in den 50er Jahren die Bourgeoisie enteignet und als Klasse liquidiert. Es gab in der Praxis keine Diktatur gemeinsam mit der Bourgeoisie die lange andauerte, und die Phase der Neuen Demokratie dauerte nicht einige Jahrzehnte, nicht bis zum weitgehenden Aufbau eines industrialisieren Kapitalismus. Trotzdem stellt sich damit die Frage, was letzten Endes unter dem Konzept der Neuen Demokratie zu verstehen ist, besonders in der Diskussion mit maoistischen Gruppen heute.
2.6 Maos Verständnis vom Aufbau des Sozialismus: Zwischen rechtem und linkem Opportunismus
von Thanasis Spanidis
In den 1960er Jahren entbrannte bekanntlich ein massiver und immer weiter eskalierender Konflikt zwischen der KP Chinas und der KP der Sowjetunion. Nach dem Tod Stalins und der Machtübernahme Chruschtschows entwickelte sich das Verhältnis zwischen beiden Parteien zunehmend zur offenen Feindschaft. Einige Jahre, nachdem Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Jahr 1956 eine Generalabrechnung mit Stalin vorgenommen hatte, die zunächst von der KP Chinas mitgetragen worden war (s.u.), änderte die chinesische Führung nun ihren Standpunkt und stellte sich selbst – in Abgrenzung von der nun „entstalinisierten“ KPdSU unter Chruschtschow und Breschnew – in die Kontinuität der kommunistischen Bewegung unter Stalins Führung. Es gelang Mao und seinen Anhängern, international das Bild zu vermitteln, dass der Maoismus eine Fortsetzung der marxistisch-leninistischen Linie in der kommunistischen Bewegung sei, für die Stalin stand. Dies verstellt aber den Blick darauf, dass Mao und Stalin in vielen wesentlichen Punkten für unterschiedliche Konzepte standen. Maos Schriften und Reden sind in den Jahren nach dem XX. Parteitag der KPdSU deshalb auch voll von scharfer Kritik an Stalin. Diese wollen wir hier größtenteils nicht aufführen, da sie eher von historischem Interesse sind. Stattdessen wollen wir die tatsächlichen Widersprüche darstellen, die sich in Maos Ideologie und in der konkreten Praxis der KP Chinas beim Aufbau des Sozialismus aus deren Abweichungen vom Marxismus-Leninismus und den Erfahrungen der KPdSU ergaben.
2.6.1 Maos dezentralisierter Sozialismus – eine plausible Alternative zur zentralen Planwirtschaft?
Relevant für unsere Behandlung des Maoismus ist vor allem Maos oft wiederholte Kritik an Stalins Auffassung von der Politischen Ökonomie des Sozialismus. Stalin hatte in seiner späten Schrift „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR“287 seine Auffassung dargelegt, dass das Wertgesetz, also die Regulierung der Produktion durch den Markt, in der Sowjetunion zum damaligen Zeitpunkt zwar noch eine relevante Rolle spiele aufgrund der Existenz unterschiedlicher Eigentumsformen, auf Dauer aber mit dem Sozialismus unvereinbar sei und mit der Vertiefung der sozialistischen Produktionsverhältnisse die Warenproduktion bzw. die Wirkung des Wertgesetzes verschwinden müssten. Konkret intervenierte er dabei in die Debatten der sowjetischen Wirtschaftswissenschaft und kritisierte die beiden Ökonomen A.V. Sanina und V.A. Venzher, die für eine Auflösung der staatlichen Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) und den Verkauf der Maschinen an die landwirtschaftlichen Kollektivwirtschaften (Kolchosen) plädierten. Stalin lehnte diese Maßnahme ab, weil er darin eine Schwächung des sozialistischen Charakters der Produktion sah – damit wäre das Staatseigentum in der Landwirtschaft massiv geschwächt worden und die Kolchosen hätten wieder stärker als private Unternehmen agiert.
Mao lehnte Stalins Position in dieser Frage stark ab, wie er immer wieder klar machte: „Der letzte Brief (Stalins Kritik an Sanina und Venzher, Anm.d.A.) ist fundamental falsch, indem er den Staat und die Massen gegeneinanderstellt, den Bauern misstraut und sich an den Maschinen festklammert und sie nicht loslässt (…) Er wollte die Traktoren nicht den Bauern verkaufen“288. Maos Argument, hierin drücke sich ein Misstrauen gegenüber den Bauern aus, ist schwer nachvollziehbar, denn Stalin ging es um etwas völlig anderes – seine Argumentation richtete sich, wie bereits dargestellt, gegen eine Veräußerung des Volkseigentums und eine Ausweitung der Warenwirtschaft in der sowjetischen Landwirtschaft.
Hinter der Kontroverse um diese scheinbare Detailfrage steht ein grundsätzlicher Dissens über die Vorstellung des Sozialismus. Stalin war der Ansicht, dass der Sozialismus nur durch eine zentrale Planung der Produktion auf der Grundlage des gesellschaftlichen Eigentums an allen Produktionsmitteln aufgebaut werden könne. Er verstand das Privateigentum an den Produktionsmitteln und den Austausch von Gütern über den Markt als Elemente der kapitalistischen Produktionsweise, die mit dem Sozialismus grundsätzlich unvereinbar seien und zwar zeitweilig im Verlauf des sozialistischen Aufbaus toleriert werden müssten, aber mit der ständigen Vertiefung des sozialistischen Charakters der Produktion verschwinden müssten. Diese Auffassung wurde von Stalins Nachfolgern nicht mehr geteilt. Die 1965 begonnene Kossygin-Reform versuchte ebenso wie kleinere Reformprojekte unter Chruschtschow, die Effizienz der Ökonomie durch eine Stärkung des Warentausches, der Autonomie der Betriebe gegenüber dem Plan und des Gewinnmotivs in der betriebswirtschaftlichen Rechnung der staatlichen Unternehmen zu fördern. Der Schwerpunkt auf die Produktion von Produktionsmitteln in der Schwerindustrie zur Beschleunigung der Industrialisierung wurde durch eine Repriorisierung zugunsten der Konsumgüterproduktion ersetzt, damit wurden anstelle der langfristigen Schaffung einer starken industriellen Basis kurzfristige Verbesserungen der Konsumsituation angestrebt, obwohl die Sowjetunion in vieler Hinsicht weiterhin ein rückständiges Land war und vor der entscheidenden Herausforderung stand, die führenden kapitalistischen Länder in Bezug auf die Produktivkraftentwicklung einzuholen. Dafür wäre ein Fokus auf eine schnelle Entwicklung der Produktivkräfte weiterhin die Voraussetzung gewesen. Unter anderem um diese Frage drehte sich die Auseinandersetzung zwischen der neuen sowjetischen Führung um Chruschtschow und den alten Kadern aus der Regierung Stalins wie Molotow und Kaganowitsch, wobei Mao sich inhaltlich auf Chruschtschows Seite stellte:
„Die Auseinandersetzung zwischen Chruschtschow und Molotow waren genau über die Frage von zu viel Schwerindustrie. Wir schlagen einen Weg ein, der dem der Sowjetunion entgegengesetzt ist: Zuerst um die Landwirtschaft kümmern um die industrielle Entwicklung zu beschleunigen.“289.
Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass Mao auch zunächst die Machtübernahme der rechtsopportunistischen Strömung um Chruschtschow und die Säuberung der Parteiführung von den alten Vertretern der Parteilinken unterstützte:
„Ich unterstütze die Lösung der Molotow-Frage durch das Zentralkomitee der KPdSU. Das war ein Kampf der Gegensätze (…). Die Molotow-Clique ergriff die Gelegenheit, zu einem Zeitpunkt anzugreifen, als Genosse Chruschtschow im Ausland und unvorbereitet war (…). Dieser Kampf war einer zwischen zwei Linien: einer falschen und einer relativ korrekten. In den vier oder fünf Jahren seit Stalins Tod hat die Situation sich in der Sowjetunion entscheidend verbessert (…). Das zeigt, dass die Linie für die Genosse Chruschtschow steht, richtiger und die Opposition gegen diese Linie inkorrekt ist.“290
Die Neue Ökonomische Politik in der frühen Sowjetunion, die den Bauern den Verkauf ihrer Produkte auf dem freien Markt gestattete und kleinere Privatunternehmen in den Städten legalisierte, war von Lenin als erzwungenes und vorübergehendes Zugeständnis verstanden worden, das so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden sollte. Unter Führung Stalins beendete die Partei der Bolschewiki diese Phase der Wirtschaftspolitik in den 1920ern und ging zu einer Politik der beschleunigten Industrialisierung mithilfe des zentralen Plans und damit verbunden der Kollektivierung der Landwirtschaft über. Ohne die Industrialisierung, deren Voraussetzung die Kollektivierung war, wäre der Sieg gegen Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg kaum möglich gewesen. Mao sah das aber ganz anders:
„Später begannen sie die Neue Ökonomische Politik, aber sie erklärten ihre Beendigung nach zwei oder drei Jahren. Warum diese Eile? (…) Wir haben sie schon drei Jahre durchgeführt. Wir werden sie weitere sieben Jahre, dreizehn Jahre umsetzen und wenn nötig weitere zwei oder drei Jahre. Die Sowjetunion war in zu großer Eile, mit dem Ergebnis, dass es die Produktion ihrer Waren bis heute beeinträchtigt – die unzureichende Menge an Konsumgütern. Der Markt prosperiert auch nicht (…) sie machten Fehler. Kommandismus (Kommandowirtschaft, Anm. d. A.) war sehr schwerwiegend. Nach der Kollektivierung sank die Produktion für mehrere Jahre.“291.
Maos Vorstellung des Sozialismus ist grundsätzlich die einer Planwirtschaft, in der der Staat den Betrieben nur allgemeine Kennziffern vorgibt, in der aber die Betriebe weitgehende Autonomie genießen, in der die Verteilung über den Markt ein großes Gewicht hat und kapitalistische Tendenzen über längere Zeit toleriert werden. Dass er diese Vorstellung nicht nur für China aufgrund dessen Rückständigkeit vertritt, sondern auch für die wirtschaftlich viel weiter entwickelte Sowjetunion, dass er in der Sowjetunion den Rückschritt zur Stärkung der Markt- und Warenwirtschaft befürwortete, zeigt, dass es sich hierbei um eine grundsätzliche Auffassung Maos handelt. Dies belegen auch die folgenden Aussagen:
„Nicht wenige Leute machen sich Sorgen auf dem Weg zum Kommunismus, wenn die Warenproduktion erwähnt wird, weil sie denken, das wäre etwas kapitalistisches. Sie sehen nicht den Wesensunterschied zwischen kapitalistischen und sozialistischen Waren (…) Ich denke, dass während der Periode des sozialistischen Aufbaus, sobald es die Volkskommunen gibt, müssen Warenproduktion und Warentausch immer weiter entwickelt werden.“292. „Warenproduktion sollte nicht mit dem Kapitalismus verwechselt werden. Warum sollte man die Waren fürchten, wenn nicht aus Angst vor dem Kapitalismus? (…) Habt keine Angst: Ich denke, (die Warenproduktion) muss stark ausgedehnt werden (…). Die Warenproduktion hängt von der Art der Ökonomie ab, mit der sie verbunden ist. Waren, die mit dem Kapitalismus verbunden sind, fördern den Kapitalismus, aber wenn sie mit dem Sozialismus verbunden sind, fördern sie nicht den Kapitalismus, sondern den Sozialismus. Warenproduktion hat seit dem Altertum existiert“293. „Wir sollten nicht die Dörfer enteignen. Die Kommunen Industrien betreiben lassen ist mutiger als Stalin es war. Wird das zum Kapitalismus führen? Nein. Weil es die politische Macht gibt, (…) die Partei gibt, die regionalen (Partei-)Komitees und die Hunderten und Tausenden Parteimitglieder“294.
Mao will das zersplitterte Eigentum der Dörfer unangetastet lassen, ein gemeinsames Eigentum soll nur innerhalb des Dorfes hergestellt werden. Die offensichtliche Gefahr, dass die Warenproduktion die kapitalistische Restauration hervorbringt, will Mao nicht sehen und verweist dabei auf die Partei – dass aber eine unzureichend entwickelte sozialistische Ökonomie oder eine Ausweitung der Warenproduktion auch Auswirkungen auf den Bewusstseinsstand der Parteimitglieder hat, ignoriert er.
So wie später Deng Xiaoping und die kapitalistischen Reformer in der KP Chinas glaubte Mao, dass Waren und Markt an sich nichts mit dem Kapitalismus zu tun haben, sondern es auch eine „sozialistische Warenproduktion” gebe. Er betrachtet die Warenproduktion im Sozialismus nicht als ein Relikt des Kapitalismus, das mit der Entwicklung der sozialistischen Produktionsweise verschwinden muss, sondern letzten Endes als eine neutrale Form der Güterverteilung, die man im Sozialismus bedenkenlos immer weiter ausweiten könne und dadurch der Sozialismus nicht geschwächt, sondern sogar gestärkt werde. Das Argument, Markt und Warenproduktion gebe es schon seit Jahrtausenden, wird auch von der heutigen KP Chinas gerne angeführt. Dieses Argument ignoriert die zentrale marxistische Erkenntnis, dass Güter nur unter ganz bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen einen Warencharakter annehmen, nämlich nur dann, wenn die Produzenten voneinander getrennt produzieren und daher ihre Arbeit über den Tausch vergesellschaften müssen. Der Sozialismus hingegen stellt die Gesellschaftlichkeit der Arbeiten der einzelnen Individuen nicht über den Tausch indirekt her, sondern direkt über den zentralen Plan. Maos Position hat offenbar die Grundlage, dass er die ökonomischen Gesetze des Sozialismus nie verstanden hat. Wenn Mao dennoch von der Überwindung der Warenproduktion schreibt, die aber erst in ferner Zukunft, unter den Bedingungen des absoluten Überflusses möglich sei295, klingt das eher nach einem Lippenbekenntnis. Denn gleichzeitig gibt er freimütig zu, dass er von einer vollkommenen Vergesellschaftung der Produktion im Sozialismus überhaupt nicht überzeugt ist: „Ich fürchte, dass mindestens (!) ein Teil (der Warenproduktion) nicht abgeschafft werden kann“296. „Zentralisierung ist vor allem beim Stahl und der Maschinerie notwendig (…) Pläne können nicht völlig akkurat sein; es ist unmöglich, alles im Voraus zu planen.“297.
Mao versteht also gar nicht wirklich, dass Arbeitsprodukte nur unter ganz bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen zu Waren werden – nämlich dann, wenn die einzelnen Produzenten unabhängig voneinander produzieren und sie daher ihre Produkte untereinander austauschen müssen. In einer Gesellschaft mit umfassendem gesellschaftlichem Eigentum – dem Sozialismus/Kommunismus – ist ein Warentausch gar nicht möglich, da die Produkte bereits gemeinsames Eigentum der ganzen Gesellschaft sind und es nur noch darum gehen kann, wie die Konsumgüter auf die Individuen verteilt werden. Die Güter haben dann aber keinen Doppelcharakter mehr (einen Wert, nach dem sie auf dem Markt getauscht werden, und einen Gebrauchswert, der ihre Nützlichkeit für den Menschen bestimmt), sondern sind nur noch Gebrauchswerte, d.h. gesellschaftlich nützliche Dinge.
Mao hingegen sagt: „Marx‘ Kapital begann mit der Analyse der Doppelnatur der Waren. Unsere Waren haben ebenso eine Doppelnatur. In Hundert Jahren werden Waren immer noch eine Doppelnatur haben. Dinge, die keine Waren sind, haben ebenso einen Doppelcharakter“298. Damit erklärt Mao den historisch spezifischen Warencharakter der Arbeitsprodukte zu einer allgemeinen, überhistorischen und metaphysischen Bestimmung. So wie alles eine Doppelnatur hätte, hätten dies auch die Waren. Da Mao dazu neigt, Widersprüche als ewiges Pendeln zwischen zwei Polen zu verstehen und nicht sieht, dass die Widersprüchlichkeit dahin tendiert, sich selbst aufzuheben, ist für ihn die Überwindung der Warenproduktion auch gar kein konsequent verfolgtes Ziel des Sozialismus mehr.
Mao propagiert entsprechend seiner Auffassung zur Warenproduktion einen dezentralisierten Sozialismus, in dem die gesamtgesellschaftliche Planung nur sehr begrenzt die Produktion reguliert und wesentliche Entscheidungen von lokalen Autoritäten und den Betrieben getroffen werden:
„Ich fürchte, es ist nicht richtig, alles in den Händen der zentralen, der Provinz- oder Gemeindebehörden zu lassen, ohne den Betrieben eigene Macht und Raum für unabhängiges Handeln zu lassen“; „Wir dürfen nicht dem Beispiel der Sowjetunion folgen, alles in den Händen der zentralen Autoritäten zu konzentrieren, den lokalen Behörden damit Fesseln anzulegen und ihnen das Recht auf unabhängiges Handeln zu verwehren“299.
Auch hier gilt: Mao begründet dieses Rezept nicht mit den unzureichend entwickelten Produktivkräften in China, die eine stärkere Zentralisierung möglicherweise nicht zuließen. Er formuliert seine Position explizit als Kritik am sowjetischen Sozialismusmodell, das mit „Überzentralisierung“ gleichgesetzt wird. Die Implikation der Dezentralisierung ist aber wiederum, was Mao sicherlich bewusst war, eine Stärkung des Austausches über den Markt – denn wenn die Koordination der Produktion der einzelnen Einheiten und der Austausch der Güter nicht durch eine zentrale Behörde vorgenommen wird, ist der Warentausch auf dem Markt die einzige verbleibende Möglichkeit. Dass dadurch ein Eigeninteresse der Betriebe und ihrer Direktoren an der Akkumulation von Kapital gestärkt wird, dass zudem die Ungleichheiten zwischen armen und reichen Regionen, Städten, Dörfern und Betrieben verstärkt werden, scheint Mao nicht zu problematisieren. Dabei zeigt selbst der Blick auf das heutige China, dass die Ungleichheit zwischen den entwickelten Küstenregionen und dem unterentwickelten Westen weder während der sozialistischen noch während der kapitalistischen Entwicklungsphase (zu der während der 1980er Jahre übergegangen wurde) aufgehoben werden konnte.
Das Konzept der Volkskommunen, die von der KP Chinas als „beste Organisationsform für die Verwirklichung des Sozialismus und für den allmählichen Übergang zum Kommunismus“ und zukünftige „Grundeinheit der künftigen kommunistischen Gesellschaft“300 verstanden wurden, ist in Wirklichkeit ein wichtiges Element des von der KP Chinas und Mao vertretenen dezentralen Sozialismuskonzepts. In den Volkskommunen sollte bereits das Geld abgeschafft werden, das Essen gemeinsam in Kantinen zu sich genommen werden usw. Damit sollte nach der Vorstellung der Parteiführung ein konkreter Schritt hin zur kommunistischen Verteilungsweise und einer kommunistischen Mentalität und Denkweise gegangen werden. Ob es sich bei den Volkskommunen um eine korrekte Methode handelt, um die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft hin zum Kommunismus zu vollenden, kann allerdings bezweifelt werden.
Die Volkskommunen waren ursprünglich als Einheiten mehrerer tausend Haushalte konzipiert, in denen Bildung, Gesundheitswesen, Verteidigung in Form von Milizen, aber vor allem Landwirtschaft und Industrie kombiniert werden sollten. Die Trennung von Land- und Stadtbevölkerung, von Bauern und Arbeitern sollte damit überwunden und eine Industrialisierung des Dorfes vorangetrieben werden. Ursprünglich sollte dabei das Eigentum an Produktionsmitteln bei der Kommune liegen. Bereits kurz nach der Etablierung der Volkskommunen (VK) wurde jedoch die Eigentumsverfassung geändert. In den Kommunen galt ein dreistufiges Verwaltungssystem, wonach die oberste Ebene die Kommune war, darunter die Produktionsbrigade und dann die Produktionsgruppe folgte. 1959 wurde das Eigentum an Grund und Boden sowie anderen Produktionsmitteln von der Kommune an die Produktionsbrigade übertragen, sodass diese nun für Gewinne und Verluste eigenverantwortlich war. Ab 1960 galt ein weiterer Dezentralisierungsschritt, bei dem es auch bleiben sollte: Das Eigentum wurde der Produktionsgruppe übertragen und der Großteil der Produktionsplanung ebenfalls301. Damit wurden die Produktionsgruppen, die im Durchschnitt nur aus 10-20 Familien bestand302, zu wesentlichen Entscheidungseinheiten in der chinesischen Wirtschaft, deren Aktivitäten lediglich mit einem allgemeinen Rahmenplan abgestimmt werden mussten:
„Den zentralen Planungsinstanzen fiel nunmehr die Aufgabe zu, den Entwicklungsprozeß unter Vorgabe allgemeiner Richtlinien zu überwachen und die Planung der unteren Ebenen zu koordinieren. Dabei spielen die VK eine wesentliche Rolle: Sie sind Einheiten, die eine abgestufte autonome Planung gewährleisteten“303.
Zwar wurde in Proklamationen oder auch von Mao öfter davon gesprochen, dass das Kollektiveigentum der Kommunen an einem gewissen Punkt in Volkseigentum umgewandelt werden müsse. Es ist aber unklar, was die Partei überhaupt unter „Volkseigentum“ verstand. Dass damit Eigentum des Zentralstaates im Rahmen der zentralen Planung gemeint war, ist angesichts der wiederholten Kritik Maos am Zentralismus wohl unwahrscheinlich. Auch die Vorstellung der KP, dass die Volkskommunen „Grundeinheiten“ der kommunistischen Gesellschaft sein sollten (s.o., auch Mao äußert sich entsprechend304), also wohl keineswegs aufgelöst werden sollten und ihr separates Eigentum an den Produktionsmitteln damit wohl behalten würden, lässt darauf schließen, dass in der Vorstellung der Parteiführung der Kommunismus dadurch erreicht werden sollte, dass viele lokale Gemeinden eine Gütergemeinschaft einrichten und innerhalb der Kommune den Geldumlauf abschaffen würden.
Nun besteht aber die kommunistische Gesellschaft nicht aus einer Vielzahl von autonomen „Grundeinheiten“, sondern entwickelt sich auf der ökonomischen Basis der vollendeten Vergesellschaftung von Produktion und Eigentum. Die Vergesellschaftung der individuellen Arbeiten wird schon unter der kapitalistischen Produktionsweise in enormem Maße vorangetrieben, weshalb die Produktionsverhältnisse (d.h. vor allem die private Aneignung der Produkte) mit den Produktivkräften zunehmend kollidieren und die weitere gesellschaftliche Entwicklung hemmen. Die Lösung dieses Widerspruchs besteht nun gerade nicht darin, die Arbeitsprozesse der Individuen in dezentralen Wirtschaftseinheiten zusammenzuschließen, sondern den allseitigen Zusammenhang der Privatarbeiten zu vertiefen und die Produktionsverhältnisse damit in Einklang zu bringen, d.h. die Produktionsmittel in umfassend gesellschaftliches Eigentum zu überführen. Umfassend gesellschaftliches Eigentum an den Produktionsmitteln bedeutet dabei nicht einfach nur, dass alle Betriebe Staatseigentum sind, sondern vor allem, dass die Staatsbetriebe als ausführendes Organ des gesellschaftlichen Gesamtinteresses, dessen Ausdruck der zentrale Plan ist, fungieren. Maos Sozialismusvorstellung hat dagegen Überschneidungen mit anarchosyndikalistischen Positionen, die ebenfalls autonome und miteinander kooperierende Kommunen anstatt einer zentralen Planwirtschaft anstreben. Das Problem dieser Positionen ist, dass sie den Entwicklungsgesetzen der sozialistischen Gesellschaft widersprechen: Die fortschreitende Entwicklung der Produktivkräfte in der Geschichte geht bekanntlich mit zunehmender Vergesellschaftung der Arbeit einher. Die hoch entwickelten Produktivkräfte können schon im Kapitalismus in zunehmendem Maße nur noch von der ganzen Gesellschaft angewandt werden. Die Idee von im Wesentlichen autarken Großkommunen, die jeweils ihre eigenen industriellen Anlagen aufbauen, ist mit einem höheren Entwicklungsstand der Gesellschaft nicht mehr vereinbar – die Vorstellung, man könnte hochtechnologische Produktionsketten wie die Produktion von Mikrochips, Robotik oder Luft- und Raumfahrttechnik in autarken Wirtschaftseinheiten mit wenigen Tausend Mitgliedern integrieren, ist offensichtlich absurd.
Nicht nur die Volkskommunen, sondern das gesamte Wirtschaftssystem der Volksrepublik China war unter der Führung Maos weitaus weniger zentralisiert als andere Planwirtschaften, insbesondere weniger als die Sowjetunion. Mitte der 70er wurden nur etwa 10.000 der 70.000 Staatsbetriebe entweder ganz oder vorrangig von der zentralen Planungsbehörde geführt, der Rest unterlag primär der Planung auf lokaler oder Provinzebene. Auch die lokal und regional geführten Betriebe bzw. die Wirtschaftsverwaltungen der Provinzen mussten Planziele erfüllen, diese wurden aber sehr allgemein gehalten und ließen den lokalen Entscheidungsträgern große Freiräume bei der Umsetzung305. Dies brachte einen „Quasimarkt“ hervor, auf dem die Entscheidungsträger in den Staatsapparaten einen ständigen Tauschhandel untereinander betrieben und versuchten, das für die Erfüllung der Planziele notwendige zu beschaffen. Ein umfassender und detaillierter Plan zur Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft war unter diesen Bedingungen nicht möglich bzw. wurde ständig durch die faktisch weiter existierenden Privatinteressen untergraben306. „Genauso wenig wie in Marktwirtschaften allein der anonyme Markt determiniert, welche Waren produziert werden, lenkten in der maoistischen Kommandowirtschaft die Planstäbe Produktion, Verteilung oder den Konsum. Fragmentiert-anarchische Koordinierungsversuche, nicht die umfassende, vorausschauend-planende Lenkung, zeichneten die maoistische Phase der Volksrepublik aus“307, so das Urteil eines bürgerlichen Politologen. Eine andere bürgerliche Autorin schreibt: „Das Ausmaß direkter Aushandlungsprozesse zwischen Unternehmen, sichtbar in der Ausgabe von Bestellungen, illustriert die Abwesenheit von Planagenturen in einem großen Teil der Ökonomie, die Produktion und Allokation kontrollieren könnten.“308.
Die dezentrale Struktur des chinesischen Sozialismus war eine entscheidende Voraussetzung für die spätere Einführung kapitalistischer Verhältnisse: Der Übergang Chinas zum Kapitalismus vollzog sich in den ersten Jahren vor allem darüber, dass die regionalen und lokalen Verwaltungen in einen Standortwettbewerb um private Investitionen gestoßen wurden. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen mit Tauschhandel und Aushandlungen zwischen den Regionen und Provinzen relativ unabhängig vom zentralen Plan hatten die lokalen und Provinzfunktionäre sowohl die Fähigkeit als auch das Interesse entwickelt, die Akkumulation von Kapital in ihren Verwaltungsbereichen zu fördern.
Die Fetischisierung der Autarkie verfolgte Mao auch auf internationaler Ebene:
„Die korrekte Methode besteht darin, dass jeder (jedes Land, Anm.d.A.) das bestmögliche für sich selbst tut als Mittel hin zur Autarkie für neues Wachstum, im größtmöglichen Maße unabhängig voneinander arbeitet, die Nichtabhängigkeit von anderen zum Prinzip macht und nur dann etwas nicht (selbst) zu tun, wenn es wirklich und tatsächlich nicht getan werden kann“309.
In Wirklichkeit wurde der sozialistischen Staatenwelt allerdings im Gegensatz zu Maos Auffassungen gerade die mangelnde zwischenstaatliche Arbeitsteilung zum Verhängnis, weil es den Ländern einzeln nicht gelang, auf sich allein gestellt in hochtechnologischen Bereichen wie Mikroelektronik mit dem Imperialismus zu konkurrieren. Autarkie kann für den Sozialismus dann eine Notwendigkeit sein, wenn er nur in einem oder wenigen Ländern aufgebaut wird. Aber sie an sich in einem sozialistischen Staatensystem zu erheben, wie Mao es tat, ist eine reaktionäre Utopie, die die globale Entwicklung der Produktivkräfte und damit einhergehende zunehmende Vergesellschaftung der Arbeit ignoriert. Die „korrekte Methode“ wäre hier vielmehr ein Mittelweg, der versucht, in allen Ländern eine industrielle Basis zu schaffen, um ein Überleben unabhängig von den anderen Staaten zu ermöglichen, aber gleichzeitig in den hochtechnologischen Bereichen die Spezialisierung innerhalb des sozialistischen Bündnissystems vorantreibt.
Der revisionistischen Methode Maos, der der Sowjetunion den sozialistischen Charakter absprach, weil die sowjetische Führung einem falschen Kurs folgte (s.u.), soll hier umgekehrt in Bezug auf China nicht gefolgt werden. In der Tat müsste man, wenn man Maos Herangehensweise für richtig hält, auch die VR China unter seiner Führung als „kapitalistisch“ charakterisieren – immerhin vertrat die Führung der kommunistischen Partei in dieser Zeit, wie gezeigt wurde, ebenfalls zahlreiche revisionistische und opportunistische Standpunkte. Ein solches Vorgehen ist aber falsch und idealistisch. Denn der Klassencharakter eines Staates und einer Gesellschaft wird nicht durch die politischen Ideen der Regierenden bestimmt, sondern dadurch, welche Produktions- und Eigentumsverhältnisse in ihr herrschen. In der Volksrepublik China unter Mao herrschten im Wesentlichen – trotz aller politischen Verirrungen der KP Chinas – sozialistische Verhältnisse: Die Industrie war verstaatlicht, die Landwirtschaft kollektiviert und beides wurde, wenn auch nur in grobschlächtiger Weise, entsprechend den verbindlichen Vorgaben der zentralen Pläne entwickelt. Der gesellschaftliche Charakter des Eigentums in China und damit der sozialistische Charakter der Gesellschaft war weniger entwickelt als der der Sowjetunion, in der die Entwicklung viel konsequenter und engmaschiger entsprechend der zentralen Planwirtschaft vorangetrieben wurde. Der sozialistische Charakter war aber trotzdem bis zur Einführung kapitalistischer Verhältnisse ab 1978/79 zweifellos gegeben und eine enorme historische Errungenschaft des chinesischen Volkes.
2.6.2 Gleichzeitig: „Ultralinker“ Voluntarismus und asketischer Sozialismusbegriff
Während Mao also die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Chinas nicht für reif hielt, um im Rahmen einer strikt zentralen Planung organisiert zu werden, war er andrerseits aber offenbar der Ansicht, dass man in den Volkskommunen bereits zu kommunistischen Verteilungsprinzipien übergehen könne – und das, obwohl Mao selbst den materiellen Überfluss immer wieder als Voraussetzung des Kommunismus betonte. Das ZK der KP Chinas proklamierte 1958: „Die Verwirklichung des Kommunismus in China scheint keine Frage der fernen Zukunft mehr zu sein. Wir sollten die Form der Volkskommunen aktiv dazu benutzen, einen konkreten Weg für den Übergang zum Kommunismus zu erproben“310. Mao selbst: „Drei Jahre des harten Kampfes und dann zwölf weitere Jahre, fünfzehn Jahre dauert der Übergang zum Kommunismus (…) Die Provinz Henan spricht über vier Jahre. Das ist vielleicht etwas zu kurz. Verdoppeln wir das, also acht Jahre“311.
Dieses offensichtliche Missverhältnis – die Volkswirtschaft als Ganze wurde nur nach sehr groben Planvorgaben entwickelt und faktisch zu großen Teilen über den Markt reguliert, während auf lokaler Ebene bereits der Kommunismus Einzug halten sollte – war Ausdruck eines utopistischen, nicht mit den Methoden des historischen Materialismus vorgehenden Sozialismusverständnisses. Mao machte aus seinen Anleihen beim utopischen Sozialismus auch keinen Hehl: „Wir sollten einige der Ideale des utopischen Sozialismus umsetzen. Das Leben der protestantischen Puritaner war sehr hart.“312.
Der Kommunismus erfordert allerdings ein hohes Entwicklungsniveau der Produktivkräfte, das in China in den 50er und 60er Jahren sicherlich nicht gegeben war – bei der Revolution 1949 galt China als eines der ärmsten Länder der Welt. Ohne entwickelte Großindustrie, Transport- und Kommunikationsmittel ist eine umfassende Planung der Volkswirtschaft nur schwer möglich – wobei eine solche von der chinesischen KP, wie wir oben gesehen haben, auch kaum angestrebt wurde, da das Verständnis eines dezentralen Sozialismus mit den Volkskommunen als Grundeinheiten vorherrschte. In der Vorstellungswelt Maos und der Mehrheit der chinesischen Parteiführung sollten die materiellen Voraussetzungen des Kommunismus durch eine gigantische Kraftanspannung, d.h. durch den kollektiven Willen des Volkes, innerhalb kürzester Zeit hergestellt werden. In der Politik der „drei Roten Banner“ – 1) Die „Generallinie des sozialistischen Aufbaus“ bei gleichzeitiger Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft, 2) Der „Große Sprung nach Vorn“ und 3) Die Errichtung der Volkskommunen – fand diese voluntaristische (d.h. vom subjektiven Willen ausgehende, die objektiven Voraussetzungen ignorierende) Orientierung ihren Ausdruck.
Dieser Voluntarismus hatte System und drückt sich immer wieder in Aussagen Maos über das Verhältnis von subjektivem Willen und der Veränderung der objektiven Realität aus: „Unter der Führung der Kommunistischen Partei kann – solange es Menschen gibt – jedes Wunder auf Erden vollbracht werden“313. Berühmt ist auch das von Mao zustimmend zitierte Gleichnis „Yü Gung versetzt Berge“, was auch in das „Kleine rote Buch“ aufgenommen wurde: Ein alter Mann ärgert sich darüber, dass zwei große Berge seinen Weg versperren und entschließt, diese Berge mit seinen Söhnen gemeinsam abzutragen. Als er dafür ausgelacht wird, entgegnet er sinngemäß, dass das Abtragen der Berge eben doch möglich sei und nur eine Frage der Zeit. Daraufhin sei der Himmelskaiser so gerührt gewesen, dass er zwei Götter schickte, die die Berge davontrugen. Maos Schlussfolgerung: „Gegenwärtig lasten ebenfalls zwei große Berge schwer auf dem chinesischen Volk. Der eine heißt Imperialismus, der andere Feudalismus. Die Kommunistische Partei Chinas ist schon längst entschlossen, diese beiden Berge abzutragen. Wir müssen unseren Entschluß beharrlich in die Tat umsetzen, wir müssen unermüdlich arbeiten, und wir werden die Gottheit ebenfalls rühren; und diese Gottheit ist niemand anderer als die Volksmassen Chinas. Und wenn sich das ganze Volk erhebt, um mit uns zusammen diese Berge abzutragen, sollten wir sie da etwa nicht abtragen können?“314. Sicherlich könnte man Maos Aussage auch anders interpretieren, zumal der Sieg über Feudalismus und Imperialismus im Gegensatz zum Abtragen der beiden Berge ein realisierbares Unterfangen war. Doch auch hier betont Mao einseitig den Willen und die Disziplin des Subjektes, nicht aber die objektiven Bedingungen, daher lässt sich die Stelle letztlich doch nur als Rechtfertigung des von Mao allgemein vertretenen Voluntarismus interpretieren.
Voluntarismus bedeutet, die Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung einer Sache zu ignorieren und Veränderungen allein abhängig vom subjektiven Willen zu begreifen: Es gibt demnach keine objektiven Hindernisse und keine Voraussetzungen, die bestimmte Entwicklungen erst möglich machen. Die Auffassung des Marxismus ist dem Voluntarismus direkt entgegengesetzt: Dem Marxismus geht es im Gegensatz zum Voluntarismus darum, die Gesetzmäßigkeiten der Dinge zu erkennen, um sie bewusst im Sinne der Veränderung der Welt anwenden zu können. Der Sozialismus ist für Marxisten keine „schöne Idee“, die sich ein paar kreative Köpfe mit der bloßen Kraft ihrer Gedanken ausgedacht haben, sondern er ist möglich, weil die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise seine Voraussetzungen schaffen und ihn sogar notwendig machen.
Maos Denken jedoch trägt starke voluntaristische Züge. So erklärt er in einer Rede am Vorabend des „Großen Sprungs nach Vorn“: „Unser Land ist sowohl arm als auch unbeschrieben. (…) Diejenigen, die unbeschrieben sind, sind wie ein Blatt weißes Papier (…). Mit weißem unbeschriebenem Papier kann man vieles machen. Man kann darauf schreiben oder Skizzen zeichnen. Unbeschriebenes Papier ist am besten, um beschrieben zu werden“315. Mao stellt sich die Gesellschaft als einen beliebig formbaren Gegenstand vor. Es gibt dabei für Mao kein dialektisches, sich gegenseitig bedingendes Verhältnis zwischen subjektivem Willen und objektiven gesellschaftlichen Strukturen, sondern der Mensch kann die Gesellschaft nach seinen Bedürfnissen anpassen, ungefähr so, wie man aus einem Klumpen Ton jede beliebige Figur formen kann.
Gleichzeitig bekennt er ehrlich, dass er tatsächlich die Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung nicht verstand. Im Gespräch mit dem Journalisten Edgar Snow gab Mao 1960 zu, dass es keinerlei langfristigen Aufbauplan für den Sozialismus in China gab, weil den chinesischen Kommunisten die Erfahrung dafür fehle316. Mao: „In unserem Werk des sozialistischen Aufbaus handeln wir zu einem sehr großen Anteil blind. Für uns ist die sozialistische Ökonomie immer noch in vieler Hinsicht ein Reich der Notwendigkeit, das wir noch nicht verstehen (…) Ich habe nicht viel von Industrie und Handel verstanden (…) Ich verstehe immer noch nicht viel (davon)“317. Seine Ehrlichkeit und Bescheidenheit könnten als sympathisches Verhalten erscheinen, vor allem da sie vom Führer eines Staates stammten – allerdings zog Mao aus dieser Selbsterkenntnis nicht die Schlussfolgerung, dass ein tiefergehendes Studium der Gesetzmäßigkeiten des sozialistischen Aufbaus erforderlich wäre, um einen langfristigen Plan der Entwicklung des Landes aufstellen zu können. Im Gegenteil fuhr er fort, die Erfahrungen anderer sozialistischer Länder und die zahlreichen Ausführungen der Klassiker des Marxismus zu diesem Thema zu ignorieren und tolerierte, dass die „Mao-Tsetung-Ideen“ in China trotz ihrer offenkundigen Mängel als großartige Bereicherung des Marxismus gepriesen wurden.
Maos Verständnis einer beliebigen Formbarkeit der Gesellschaft bei gleichzeitiger Ignoranz gegenüber ihrer gesetzmäßigen Entwicklung wurde mit dem „Großen Sprung nach Vorn“ in die Praxis umgesetzt. Seine Vorstellung vom Sozialismus war dabei, wie er an verschiedenen Stellen ausführte, die einer militarisierten Arbeitswelt, in der die Arbeiter und Bauern sich wie in der Armee einer strikten Disziplin unterwerfen und ein niedriges Konsumniveau akzeptierten, um die wirtschaftliche Entwicklung noch schneller voranzutreiben. Maos Vorstellung vom Kommunismus orientierte sich dabei an den Erfahrungen des „Kriegskommunismus“, d.h. der durch militärischen Zwang organisierten Produktion und Verteilung, so wie es während des russischen Bürgerkriegs aber auch des chinesischen revolutionären Krieges geschehen war. Bekanntlich wurde der Kriegskommunismus in Russland nach wenigen Jahren abgebrochen, weil damit die Entwicklung der Produktivkräfte nicht vorangebracht werden konnte. Um Maos Vorstellung des Kommunismus zu illustrieren, folgendes langes Zitat:
„Sobald ein Befehl ausgegeben wird, geht jeder automatisch zur Arbeit, Faulpelze gibt es wenige oder gar keine (…) Wir haben eine Geschichte von zweiundzwanzig Jahren Kriegskommunismus, ohne Löhne, anders als in der Sowjetunion (…) Unser System wurde Versorgungssystem genannt, [in dem] Armee und Zivilisten, Offiziere und Männer [einfache Soldaten] gleich sind (…). Als wir in die Städte kamen, hieß es, das Versorgungssystem sei rückständig, Guerillatum, ein ländlicher Arbeitsstil, es könne weder die Initiative noch den Fortschritt fördern. [Sie] wollten ein Lohnsystem einführen. [Sie] hielten drei Jahre lang durch, 1952 wurde das Gehaltssystem eingeführt. [Sie] sagten, bürgerliche Ränge und Rechte und dergleichen seien sehr gut und nannten unser altes Versorgungssystem eine rückständige Methode, eine Guerilla-Praxis, die den Aktivismus beeinträchtigte. (…) War die Initiierung des Langen Marsches von 25.000 Li, der Landrevolution und des Befreiungskrieges auf Gehälter angewiesen? Zwei bis drei Millionen Menschen während des antijapanischen Krieges, vier bis fünf Millionen während des Befreiungskrieges lebten ein Leben im Kriegskommunismus, ohne freie Sonntage – haben [sie] nicht alle ihr Leben riskiert? (…) Kann man sagen, dass [wir all das getan haben], weil wir Gehälter ausgezahlt haben? Jetzt haben wir etwas, das wir „ausgeben“ können, indem wir die Gehälter nach Dienstgrad verteilen, indem wir sie in Generäle, Offiziere im Felddienstgrad und Unteroffiziere unterteilen. (…) Das Ergebnis ist die Trennung von den Massen; die Männer lieben ihre Offiziere nicht, und die Massen lieben ihre Kader nicht. Dadurch unterscheiden wir uns nicht sehr von der Nationalistischen Partei (…). Ich denke, [wir sollten] diese Sache loswerden. Das Gehaltssystem muss nicht sofort abgeschafft werden, denn es gibt ja Professoren. Aber [wir sollten] uns in ein oder zwei Jahren darauf vorbereiten. Wenn die Volkskommunen erst einmal eingerichtet sind, [wird] uns das zwingen, das Gehaltssystem schrittweise abzuschaffen. Seit wir in die Städte gekommen sind, [stehen wir] unter dem Einfluss der Bourgeoisie. [Als] wir eine Kampagne starteten, war das eine wirklich marxistische Praxis und ein demokratischer Arbeitsstil, [aber] sie brandmarkten uns als „ländlichen Arbeitsstil“ und „Guerilla-Praktiken“. Guerilla-Praktiken‘ sind Worte der Kapitalisten.. [Es war] wahrscheinlich in der Zeit von 1953 bis Mitte 1957, als sie mit der Bourgeoisie, den lokalen Tyrannen und dem bösen Adel zusammenarbeiteten, [dass sie begannen], ihre Kleidung zu richten, richtig zu sitzen und den bürgerlichen Stil zu studieren – sich die Haare schneiden und rasieren zu lassen, sich dreimal am Tag zu rasieren. (…) Unser Kommunismus begann in der Armee. Die Partei Chinas ist eine ganz besondere Partei. Während der jahrzehntelangen Kämpfe hat sie immer den Kommunismus praktiziert. (…) Es gab keinen Lohn; [sie] brachten ihr eigenes Essen mit. In der Schlacht starben Menschen; trotzdem unterstützten sie uns auf diese Weise. Manche sagen, dass Gleichmacherei Müßiggänger hervorbringt. Wie viele Müßiggänger sind in den letzten zweiundzwanzig Jahren produziert worden? Ich habe nicht viele Müßiggänger gesehen.“318
Diese Erzählung – die glorreichen Jahre des Mangels im Krieg und die Degeneration der Partei infolge des Einzugs in die Städte – ist ein oft und auch noch Jahre später wiederkehrendes Thema in Maos Reden319. Dies zeigt, dass die KP Chinas und die chinesische Rote Armee, die sich in den langen Jahren des Bürgerkriegs in der ländlichen Abgeschiedenheit von Yanan vor allem aus der Bauernschaft rekrutierten und von diesem geprägt waren, nicht nur aufgrund der Zwänge des Klassenkampfes einen solchen kleinbäuerlichen Charakter hatten, sondern dass dies Maos Ideal der Partei darstellte. Die kleinbäuerliche Lebensweise mit all ihren Entbehrungen und ihrem beschränkten Horizont sollte aus Maos Sicht zwar ökonomisch, durch die Kollektivierung, überwunden werden, nicht aber der ärmliche Lebensstil selbst. Im Gegensatz dazu erschien Mao das Leben der Städte als verdorben und verwerflich und ihr Einfluss auf die Partei sollte gering gehalten werden. Im Gegensatz zum Marxismus-Leninismus, der die ständig erweiterte Bedürfnisbefriedigung der Gesellschaft und die Entwicklung all ihrer Potenziale zum Ziel hat, bewegt sich Maos Sozialismusvorstellung zwischen den eigentlich einander ausschließenden Polen von rapider Industrialisierung einerseits und Beibehaltung des kleinbäuerlichen Lebens andererseits.
Über die Organisation der Arbeit in den Volkskommunen sagt Mao:
„Mancherorts haben die Volkskommunen eine militärische Organisation mit Divisionen, Regimentern, Bataillonen und Kompanien übernommen, andernorts nicht; aber „Organisiert euch nach militärischen Gesichtspunkten, arbeitet wie in einer Schlacht, lebt diszipliniert“, dieser Slogan der drei Transformationen ist sehr gut. Das ist eine große Industriearmee, die in der Lage ist, die Produktion zu steigern, das Leben zu verbessern, sich zu erholen, zu lernen und sich in der militärischen Demokratie zu engagieren.“320.
Die Organisierung der Gesellschaft nach dem Vorbild einer Armee, nach dem Muster von Befehl und Ausführung, ohne Verbesserung des Lebensstandards, angetrieben vom bloßen Willen der politisch mobilisierten Massen, eine solche Herangehensweise kann höchstens in Ausnahmesituationen wie denen des Krieges geeignet zur Verteidigung des Sozialismus sein. Mit einer Vertiefung und Ausweitung des sozialistischen Charakters der Produktionsverhältnisse hat sie nichts zu tun. Mao verwechselt tatsächlich die Organisationsform des Militärs mit der Überwindung der Warenproduktion im Sozialismus. Der Kommunismus wird aber nicht allein durch Disziplin und Willensanstrengung erreicht, auch wenn diese Elemente eine Rolle spielen, sondern vor allem durch die Einbeziehung aller Individuen und Produktionseinheiten in die umfassende Planung der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Kommunismus ist auch kein asketischer Armutssozialismus, so wie in den Vorstellungen vieler utopischer Sozialisten, sondern er entspricht geschichtlich der höchsten Stufe der Entwicklung der Produktivkräfte, der Vergesellschaftung der Arbeit und der Bedürfnisbefriedigung. Der Versuch, ihn allein gestützt auf die Anspannung des Willens zu erreichen, konnte nur scheitern.
Und er scheiterte: Die Katastrophe des „Großen Sprungs nach Vorne“ ist weithin bekannt, auch wenn seine in der Tat verheerenden Auswirkungen von der antikommunistischen Propaganda bei weitem übertrieben werden, um weitere „Millionen Tote“ dem Sozialismus anzulasten321. Unbestritten ist aber, dass der Große Sprung eine ohnehin aufgrund von Naturkatastrophen ausbrechende Hungersnot verschlimmerte und enorme volkswirtschaftliche Schäden anrichtete. Bekanntestes Beispiel war die Initiative, überall auf dem Land in notdürftig zusammengebauten Öfen Eisen und Stahl zu gießen, wodurch gigantische Mengen unbrauchbaren Stahls produziert wurden.
Die KP Chinas leugnete das klägliche Scheitern des Großen Sprungs nicht und auch Mao selbst gesteht es indirekt ein – das führt bei ihm aber nicht zu einer grundsätzlichen Kurskorrektur, ganz im Gegenteil:
„Betrachtet man die Dinge streng vom Standpunkt des Wertgesetzes aus, so müsste man den Großen Sprung als verlustreich und die Anstrengungen des letzten Jahres, Stahl und Eisen zu produzieren, als vergeudete Arbeit bewerten. Der vor Ort produzierte Stahl war von geringer Quantität und Qualität, und der Staat musste viele Verluste ausgleichen. (…) Kurzfristig gesehen war die Kampagne ein Verlust, aber langfristig gesehen war sie von großem Wert, weil sie eine neue wirtschaftliche Aufbauphase eröffnete. Im ganzen Land gab es viele Neuanfänge in der Stahl- und Eisenindustrie, und viele Industriezentren wurden gebaut“322.
Hier trafen sich der „ultralinke“ Voluntarismus (die Vorstellung, wenn nur jeder Stahl produziere, könne man die Industrialisierung Chinas in wenigen Jahren vollbringen) mit der Aufgabe der zentralen Planung der volkswirtschaftlichen Entwicklung. Wenn bereits eine vergleichsweise niedrigtechnologische Produktionskette wie die Stahlindustrie nicht in dezentralen Einheiten auf dem Land bewerkstelligt werden kann, dann verweist dies darauf, dass höher entwickelte Technologien erst recht der zentralisierten Mobilisierung von Ressourcen bedürfen. Mao wollte diese Lehre aber offensichtlich nicht ziehen, sondern hielt weiter an seiner Ideologie der dezentralen Wirtschaftsentwicklung fest.
2.6.3 Die Polemik gegen den sowjetischen Sozialismus
Aus den bisherigen Ausführungen geht deutlich hervor, dass das maoistische Modell der sozialistischen Entwicklung stark von dem der Sowjetunion, insbesondere in der Zeit unter Stalin, abwich. Nach dem außenpolitischen Zerwürfnis zwischen der VR China und der UdSSR entwickelte die KP Chinas unter Führung Maos eine scharfe Kritik an „Chruschtschows Scheinkommunismus“. Neben einigen richtigen Kritikpunkten wie der Kritik an Chruschtschows These des „Staates für das ganze Volk“ und der Kritik an (wenn auch übertrieben dargestellten) sozialen Ungleichheiten in der Sowjetunion beinhaltete die Kritik der KP Chinas allerdings auch einige schwerwiegende Irrtümer, die Aufschluss über ihr eigenes revisionistisches Verständnis geben.
Hier ist nicht der Raum, die gesamte Kritik der KP Chinas am sowjetischen Sozialismus zu untersuchen. Entscheidend sind aber die Schlussfolgerungen: „Chruschtschow hat die Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion abgeschafft und eine Diktatur der revisionistischen Clique unter seiner Führung errichtet, d.h. eine Diktatur der privilegierten Schicht der sowjetischen Bourgeoisie. Sein ‚Staat des ganzen Volkes‘ ist in Wirklichkeit kein Staat der Diktatur des Proletariats, sondern ein Staat, in dem seine kleine revisionistische Clique ihre Diktatur über die Massen der Arbeiter, der Bauern und der revolutionären Intellektuellen ausübt“323 Und: „Der Widerspruch zwischen dem Sowjetvolk und dieser privilegierten Schicht ist heute der Hauptwiderspruch innerhalb der Sowjetunion, und zwar ein unversöhnlicher und antagonistischer Klassenwiderspruch“324.
Die Autoren der KP Chinas sprechen bereits 1964 davon, dass in der Sowjetunion eine Diktatur der Bourgeoisie, bzw. ihrer „privilegierten Schicht“ herrsche und der Sozialismus abgeschafft sei. Die grundsätzliche Falschheit der Theorien des „Staatskapitalismus“, der „Herrschaft der neuen Bourgeoisie in der Sowjetunion“ und des „Sozialimperialismus“, ihre prinzipielle Unvereinbarkeit mit dem Marxismus, wurden bereits an anderer Stelle ausführlich dargelegt325, weshalb hier darauf verzichtet werden soll. Die politische Konsequenz der Kritik muss aber hervorgehoben werden: Wenn der „Hauptwiderspruch“ aus Sicht der Autoren zwischen der „privilegierten Schicht“, d.h. mit anderen Worten der KPdSU und ihrer Führung und dem Volk bestand, wenn dieser Widerspruch „unversöhnlich“ und mit Maos Terminologie „antagonistisch“ war, konnte die Schlussfolgerung keine andere sein, als dass es legitim war, die Regierung und die Führungsrolle der Kommunistischen Partei mit Waffengewalt zu bekämpfen. Aus einer teilweise richtigen Kritik an Chruschtschows Revisionismus wurde somit faktisch ein konterrevolutionärer antikommunistischer Standpunkt gegen die Sowjetunion.
Entscheidend ist für diese Untersuchung aber, dass Mao und die chinesische Parteiführung mit ihrer Kritik ein weiteres Mal ihr Unverständnis der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten des Sozialismus zum Ausdruck gebracht haben. Denn der Sozialismus beruht auf der Vorherrschaft der sozialistisch-kommunistischen Produktionsverhältnisse: Des staatlichen Eigentums an den Produktionsmitteln, während die Produktion einer vollzugsverbindlichen zentralen Planung unterworfen ist. Chruschtschows revisionistische Ansichten zur Staatsfrage, seine Positionen zur internationalen Politik, aber auch seine Standpunkte zur Wirtschaftspolitik und die begrenzten wirtschaftspolitischen Veränderungen während seiner Regierungszeit haben diese ökonomische Basis nicht abgeschafft. Abgeschafft wurde die ökonomische Basis des Sozialismus erst in der zweiten Hälfte der 1980er, als die KPdSU von Gorbatschow geführt wurde. Die Kritik der KP Chinas zeigt ihren grundsätzlichen Mangel im Verständnis des Sozialismus auf, nämlich ihre Auffassung, dass die Schaffung sozialistischer Verhältnisse in erster Linie eine Frage des Willens und des revolutionären Bewusstseins sei und dass die Entwicklung der sozialistischen Produktionsverhältnisse nicht als langfristiger widersprüchlicher Prozess, sondern als mehr oder weniger spontanes Schwanken von einem Gegensatz in den anderen verstanden wird. Hier wirkt Maos Widerspruchstheorie sich fatal auf das Verständnis des Sozialismus aus: Während die Parteiführung um Mao auf der einen Seite den Übergang zum Kommunismus innerhalb weniger Jahre durch die Massenmobilisierung der Arbeiter und Bauern für möglich hielt, hatte sie offenbar genauso wenig ein Problem mit der Vorstellung, der Sozialismus könne quasi „per Dekret“, einfach durch den Mangel an korrektem kommunistischen Bewusstsein in der Führung und ohne grundlegende Umwälzung der Eigentumsverhältnisse abgeschafft werden.
2.6.4 Die „Große Proletarische Kulturrevolution“ – eine korrekte Methode zur Verhinderung der kapitalistischen Konterrevolution?
Die kommunistische Bewegung hat im 20. Jahrhundert in vielen Ländern die bittere Erfahrung gemacht, dass der Sozialismus, auch wenn er einmal erkämpft wurde, nicht für alle Zeit gesichert ist, sondern ständig der Gefahr einer Rückkehr zum Kapitalismus ausgesetzt ist. Sowohl in der Sowjetunion als auch in China, den zwei größten ehemals sozialistischen Ländern, haben sich in jeweils unterschiedlicher Form kapitalistische Klassenkräfte durchgesetzt. Möglich war dies durch die Dominanz des Revisionismus, d.h. das Eindringen der bürgerlichen Weltanschauung in die kommunistischen Parteien. Die Frage, wie sich ein solches Szenario wirksam verhindern, wie der Revisionismus sich im Verlauf des sozialistischen Aufbaus bekämpfen lässt, ist in der Tat eine zentrale, von der kommunistischen Bewegung zu lösende Aufgabe.
Mao und auch der heutige Maoismus beanspruchen, eine Antwort auf dieses Problem bieten zu können, die der bis dahin entwickelte Marxismus noch nicht hatte: Die Kulturrevolution als Methode zur Verhinderung einer Restauration des Kapitalismus. In der VR China wurde diese Methode in der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ zwischen 1966 und 1976, schwerpunktmäßig aber 1966-69 umgesetzt.
Zielscheibe der von Mao initiierten Kulturrevolution waren vor allem Liu Shaoqi, bis dahin Präsident der Volksrepublik China und die Nr. 2 in der Rangordnung der Parteiführung, Deng Xiaoping und Verteidigungsminister Peng Dehuai, denen Mao vorwarf, „den kapitalistischen Weg zu gehen“, also den Kapitalismus in China restaurieren zu wollen. Im Mai 1966 begann die Kulturrevolution mit der Entfernung der meisten von Maos politischen Gegnern aus dem Politbüro und Sekretariat der Partei. Im August 1966 wurde Liu Shaoqi als mächtigster Widersacher Maos von Platz 2 auf Platz 8 der Hierarchie degradiert326. Trotzdem war die Kulturrevolution damit nicht am Ende, sondern stand erst an ihrem Anfang.
Vor einer albanischen Militärdelegation erläuterte Mao das Ziel der Kulturrevolution: „Gegen die Machthaber zu kämpfen, die den kapitalistischen Weg gehen, ist die Hauptaufgabe, aber auf keinen Fall das Ziel. Das Ziel ist es, das Problem der Weltanschauung zu lösen: Die Frage besteht darin, die Wurzeln des Revisionismus zu eliminieren“327. In den „16 Artikeln“, der zentralen Resolution des ZK der KP zur Kulturrevolution vom 8. August 1966 heißt es zudem: „Das Ziel der Großen Proletarischen Kulturrevolution ist es, die Ideologie der Menschen zu revolutionieren und dadurch größere, schnellere, bessere und ökonomischere Ergebnisse in allen Bereichen der Arbeit zu erreichen. Wenn die Massen vollkommen wachgerüttelt sind und die richtigen Maßnahmen getroffen werden, ist es möglich, sowohl die Kulturrevolution als auch die Produktion fortzusetzen, ohne dass das eine das andere behindert (…). Die Große Proletarische Kulturrevolution ist eine mächtige Triebkraft für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte in unserem Land“328.
Notwendig sei die Kulturrevolution, weil die Ausbeuterklassen zwar entmachtet worden seien, aber ihre reaktionären Ideen weiterhin in den Massen verankert geblieben seien. Daher gehe es um die Schaffung eines völlig neuen Bewusstseins: „Die proletarische Kulturrevolution zielt nicht nur darauf ab, alle alten Ideologien und Kulturen und alle alten Sitten und Gebräuche zu zerstören, die, von den Ausbeuterklassen gefördert, den Geist des Volkes seit Tausenden von Jahren vergiftet haben, sondern auch darauf, unter den Massen eine völlig neue Ideologie und Kultur und völlig neue Sitten und Gebräuche zu schaffen und zu fördern – die des Proletariats”329, so hieß es in der Parteizeitung Renmin Ribao. Eine zentrale Parole der Kulturrevolution war die Zerstörung der „Vier Alten“: Der alten Ideen, der alten Kultur, alter Gewohnheiten und alter Bräuche330.
Zur Durchsetzung der Kulturrevolution wurde eine „Zentrale Gruppe Kulturrevolution“ (ZGKR) geschaffen, die in den ersten Jahren der Kulturrevolution bis zu ihrer Auflösung 1969 das Zentralkomitee als wichtigstes Entscheidungsgremium der Kommunistischen Partei ersetzte. Der ZGKR gehörten Maos Verbündete wie Chen Boda, Kang Sheng, Yao Wenyuan, Zhang Chungqiao, Wang Li und Maos Ehefrau Jiang Qing an – es handelte sich um ein Gremium, das an den formalen Entscheidungsstrukturen der Partei vorbei agierte und sich anders als das Zentralkomitee auf keinerlei demokratische Legitimation stützen konnte331.
Bereits in der Zielstellung des kulturrevolutionären Programms schlug sich der für den Maoismus charakteristische Voluntarismus deutlich nieder. Die Kulturrevolution sollte innerhalb weniger Jahre die Aufgabe der Schaffung eines neuen, dem Sozialismus entsprechenden Bewusstseins nachholen. Dass das Bewusstsein der breiten Massen weiterhin stark von der Ideologie der vorherigen herrschenden Klassen geprägt war, war angesichts der ökonomischen Rückständigkeit des Landes und der immer noch vorhandenen Zersplitterung der Mehrheit der Produzenten, die auf dem Land lebten, nicht verwunderlich. Wir haben bereits gesehen, dass die KP Chinas unter Maos Anleitung die Überwindung dieser Verhältnisse durch eine zentral geplante Wirtschaftsentwicklung nicht konsequent verfolgte. Es ist, wie wir von Marx gelernt haben, aber das “gesellschaftliche Sein”, dass das Bewusstsein wesentlich bestimmt und nicht umgekehrt. Den Hebel zur Veränderung des Bewusstseins der Massen setzte die KP Chinas nun aber nicht an den materiellen Lebensbedingungen an, sondern an der Kultur und Ideologie selbst – und auch das nicht, indem man an dem enormen Reichtum der kulturellen Überlieferungen Chinas ansetzte, um diese in einer neuen sozialistischen Kultur dialektisch aufzuheben, sondern einfach durch den schroffen Bruch und die Zerstörung des kulturellen Erbes, was als Ziel auch offen ausgesprochen wurde.
Mit der Ausrufung der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ durch die Parteiführung begann in den Großstädten, vor allem in der Hauptstadt Beijing, die Bildung von sogenannten „Roten Garden“, die sich aus Studenten zusammensetzen. In den ersten Monaten wurden die Roten Garden vor allem durch Kinder hoher Militärs und Funktionäre der Partei und des Staates gebildet. Zu ihren Führern zählten z.B. Chen Xialu, der Sohn des Außenministers, Dong Lianghe, der Sohn des Vizepräsidenten der Volksrepublik China und Li Sanyou, Sohn des Ministers für öffentliche Sicherheit332. In dieser ersten Phase der Kulturrevolution entwickelte sich entsprechend dem Bewusstseinsstand dieser Jugendlichen die „Blutlinientheorie“ als dominante These der Roten Garden heraus: Demnach seien nur die Kinder von verdienten revolutionären Kadern, teilweise sogar nur die von höherrangigen Funktionären, mit dem erforderlichen revolutionären Geist erfüllt, um die Revolution weiterzuführen.
Die marxistische Klassentheorie, in der die Arbeiterklasse als das revolutionäre Subjekt verstanden wird, wurde damit völlig pervertiert in eine Interpretation des Klassenbegriffs, wobei der Familienhintergrund selbst im Sozialismus noch die Klassenposition bestimme333. Die These der Blutlinie kam in zahlreichen Flugblättern, Manifesten, Gedichten usw. zum Ausdruck, beispielsweise kursierte in vielen verschiedenen Varianten der Zweizeiler „Wenn der Vater ein Held ist, ist der Sohn auch einer. Wenn der Vater ein Reaktionär ist, ist der Sohn ein Bastard“334. Auf einem Poster hieß es, dass normale Kinder als erstes Wort Mama sagen, während die Kinder von revolutionären Kadern als erstes „Lang lebe der Vorsitzende Mao“ sagen würden335. Auf einem anderen wurde gefordert, Bluttransfusionen an Menschen mit schlechten Familienhintergründen zu verbieten und umgekehrt das „unreine“ Blut dieser Personen nicht an Menschen mit revolutionärer Familiengeschichte zu vergeben336.
Diese Sichtweise entstand im Wesentlichen in den Roten Garden selbst. Die maoistische Führung, also Mao und seine Verbündeten in der Parteiführung, standen ihr ambivalent gegenüber. Einerseits kritisierten beispielsweise Jiang Qing und Kang Sheng die Organisierung der Roten Garden auf Grundlage des Abstammungsprinzips, andrerseits erklärte Chen Boda den Roten Garden, dass sie diese Frage unter sich ausmachen müssten. Und Guang Feng, der wie die genannten ebenfalls ein Mitglied der ZGKR war, lobte den oben zitierten Zweizeiler als nützliches Instrument für das „Ziel, die Klassenlinie der Partei umzusetzen“337. Dagegen wurde Yu Luoke, ein junger Arbeiter, der in einem Aufsatz die Blutlinientheorie scharf kritisierte und damit im ganzen Land bekannt wurde, Anfang 1968 verhaftet und im März 1970 vor einer riesigen Menschenmenge hingerichtet338.
Nach einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Rotgardisten und einem kleinen Kaufmann, der mit dem Tod des letzteren endete, eskalierte die Gewalt. In Daxing und Changping, zwei Dörfern in der Nähe von Beijing, kam es zu extremen Exzessen von lokalen Milizen unter Führung von lokalen Parteikadern, bei denen in Daxing 324 und in Changping 327 Dorfbewohner ermordet wurden, einschließlich der Kinder und Säuglinge339.
Die Roten Garden führten im Sommer 1966 in Eigenregie eine ausufernde Kampagne zur Vernichtung aller Relikte von Religion, alten Büchern, Statuen, der westlichen Kultur oder altchinesischen Kultur durch, zerstörten buddhistische Bilder, Literatur und Skulpturen und ersetzten sie oft durch Bildnisse Maos. In Beijing alleine wurden fast 5000 historische Stätten zerstört und der imperiale Palast überlebte die Kampagne nur deshalb, weil Premierminister Zhou Enlai ihn dauerhaft von der Armee beschützen ließ. Junge Frauen mussten ihre Haare kurz schneiden und Männern wurden bestimmte Frisuren untersagt sowie westliche Kleidung von den Roten Garden verboten. Straßen-Checkpoints der Roten Garden setzten die neuen Regeln durch340. Zudem wurden Zehntausende Häuser der nun als konterrevolutionär erklärten gesellschaftlichen Gruppen (Nachkommen der ehemaligen Ausbeuterklassen, ehemalige Konterrevolutionäre, aber auch Personen, die in irgendeiner Weise für das Kuomintang-Regime gearbeitet hatten) von den Roten Garden gestürmt und geplündert. Nach offiziellen Statistiken wurden innerhalb eines Monats Ende August-Ende September in Beijing alleine 1772 Individuen ermordet und 33.600 Häuser geplündert341.
Mao kritisierte an der Gewalt im Politbüro einerseits, dass die Kulturrevolution ein Kampf mit Worten und nicht mit Waffen sei, andrerseits erklärte er aber auch: „Wir sollten uns nicht einmischen. Lasst die Unruhen für ein paar mehr Monate weitergehen“. Die Kampagne der Roten Garden sei „phantastisch“, denn sie helfe, „gründlich die Kuh-Dämonen und Schlangen-Monster zu entlarven“. Und in Beijing gebe „es noch nicht genug Chaos“, so Mao. Auf dem Höhepunkt der Unruhen in Beijing erschien in allen großen Zeitungen ein Artikel, der die „Wellen der Großen Proletarischen Kulturrevolution“ in der Hauptstadt feierte und zur „entschlossenen Unterstützung“ aufrief342. Auf einer Konferenz im Oktober bekannte Mao dann, dass er das Chaos und die Gewalt in den vorangegangenen Monaten nicht vorhergesehen hatte343.
Nun kam es zu einem Kurswechsel der Gruppe um Mao, die die Kulturrevolution nicht mehr primär gegen Personen mit schlechter Vorgeschichte oder Familie, sondern vor allem gegen hohe Parteifunktionäre richten wollte, denen die Unterstützung einer kapitalistischen Linie vorgeworfen wurde. Auch die Roten Garden spalteten sich nun: Die bisher allein vorherrschende Strömung, die sich aus den Kindern von Parteifunktionären rekrutierte, wollte den bisherigen Kurs fortsetzen, während eine neue Strömung entstand, die den Parteiapparat selbst als konterrevolutionären Feind betrachtete und die exklusive Blutlinientheorie ablehnte344. Damit begann eine zweite Phase der Kulturrevolution, in der einerseits die Konflikte zwischen den verschiedenen „revolutionären“ Gruppen immer mehr ausarteten und andrerseits die von Mao unterstützte Rebellion sich zunehmend gegen die kommunistische Partei selber richtete.
Das Hauptereignis dieser zweiten Phase war der sogenannte „Januar-Sturm“ in Shanghai im Januar 1967. In Shanghai herrschten, wie auch in vielen anderen Teilen des Landes, unter den Arbeitern sehr ärmliche Lebensbedingungen. Die Nominallöhne lagen 1966, auch dank der Katastrophe des „Großen Sprungs“ um 5% unter denen von 1957, während die Lebenskosten um 10% gestiegen waren345. Dadurch gab es eine erhebliche Unzufriedenheit in der Arbeiterklasse, die sich in den Monaten vor dem Januar massenhaft in neu entstehenden Organisationen eingliederte. Deren größte war dank der Unterstützung der maoistischen Führer das Allgemeine Arbeiter-Hauptquartier (AAHQ)346. Um die Jahreswende explodierten die Konflikte in Shanghai: Es entbrannte ein offener Krieg zwischen dem AAHQ und ihren Hauptrivalen, den „Scharlachgarden“, die jeweils viele Hunderttausende Mitglieder zählten.
Nach seinem Sieg in den Straßenschlachten gegen die Scharlachgarden richtete das AAHQ sich gegen den lokalen Parteiapparat. Am 6. Januar wurde der verantwortliche Parteifunktionär in Shanghai, Chen Pixian, von einer Massenversammlung denunziert und die Shanghaier Parteiführung für abgesetzt erklärt. Die Kommunistische Partei in Shanghai war machtlos gegen den von Mao und seinen Anhängern unterstützten Massenaufruhr und brach innerhalb kürzester Zeit zusammen. Bürgermeister Cao Diqiu erinnerte sich später: „Die Führung des alten Stadt-Parteikomitees war weitgehend gelähmt. Die Büros des Stadt-Parteisekretariats und verschiedener Regierungsabteilungen waren besetzt oder erobert worden, und die Empfangsbüros wurden gestürmt. Die meisten der Führungskräfte der Stadt waren verstreut und mussten auf sich allein gestellt agieren, und es war sogar schwierig, Sitzungen des Ständigen Parteikomitees einzuberufen.“347.
Zu diesem Zeitpunkt unterstützte Mao den „Januar-Sturm“, also die Zerschlagung der kommunistischen Partei in Shanghai, noch voll und ganz. „Interne Rebellionen sind in Ordnung (…). Das ist der Sturz einer Klasse durch eine andere. Dies ist eine große Revolution“, so Mao. Und: „Der Aufschwung der revolutionären Macht in Shanghai hat dem ganzen Land Hoffnung gegeben.“348.
Bereits Jahre zuvor hatte Mao ein ähnliches Verhältnis zur kommunistischen Partei bekundet, beispielsweise als er 1956 erklärte: „Wenn ihr euch von den Massen entfremdet und daran scheitert, ihre Probleme zu lösen, werden die Bauern ihre Tragestöcke schwingen, die Arbeiter werden auf den Straßen demonstrieren und die Studenten werden Unruhen verursachen. Wenn solche Dinge geschehen, muss man sie in erster Linie als etwas Gutes betrachten, und so sehe ich die Sache auch. (…) Die Kommunistische Partei muss eine Lektion lernen. (…) . Die Massen werden einen guten Grund haben, denjenigen aus dem Amt zu jagen, der die Bürokratie praktiziert“349.
Zum einen zeigt sich hier erneut Maos falsches Verständnis von der Beziehung zwischen der Partei und den Massen – die kommunistische Partei ist nicht die Avantgarde der Arbeiterklasse, sondern einfach Ausdruck des Willens der Massen. Hinter der Aussage steht zweitens aber auch die Auffassung Maos, dass sich im Sozialismus mit der Herrschaft der „Bürokratie“ eine neue Klassenherrschaft herausbilde, so wie es angeblich in der Sowjetunion bereits geschehen war. Diese falsche, dem Marxismus entgegengesetzte Auffassung von Klassenherrschaft, wonach jede Form der Ungleichverteilung von Einkommen oder Entscheidungsgewalt bereits mit der Existenz einer neuen Ausbeuterklasse gleichgesetzt wurde, wandte er auch auf China selbst an: „Die bürokratische Klasse steht in scharfem Gegensatz zur Arbeiterklasse und zu den armen und kleinbäuerlichen Schichten. Diese Menschen sind zu bürgerlichen Elementen geworden oder werden zu solchen, die das Blut der Arbeiter aussaugen“350, so Mao kurz vor Beginn der Kulturrevolution. Aus Maos fehlerhaftem Verständnis dieser Erscheinungen als angebliche Entstehung einer neuen Ausbeuterklasse mussten sich natürlich auch falsche politische Schlussfolgerungen ergeben. Denn eine Ausbeuterklasse kann man nicht durch Methoden zur Korrektur ihrer Arbeitsweise und zur Demokratisierung beseitigen, sondern sie muss durch eine Revolution gestürzt werden.
Dass die Stoßrichtung der in der Kulturrevolution entstehenden Massenbewegungen sich gegen die kommunistische Partei und den sozialistischen Staat selbst richtete, war also kein unbeabsichtigter Unfall, auch wenn Mao nach kurzer Zeit erkennen würde, dass die dadurch entfesselte Zerstörungswut zu weit ging und für das politische System unmittelbar gefährlich wurde (s.u.). Vielmehr wurde diese Richtung von Mao selbst nahegelegt: Die beiden zentralen Parolen, die Mao in der Kulturrevolution an die Massen herausgab, lauteten „Rebellion ist gerechtfertigt“ und „Bombardiert das Hauptquartier“. Damit war klar, dass es nicht nur um eine Revolutionierung der Kultur und des Bewusstseins gehen konnte, sondern um eine Rebellion gegen die Autoritäten – eben die des proletarischen Staates – und um die „Bombardierung“ der Teile der Parteiführung, die Maos Kurs entgegen standen.
Gao Mobo, der die Kulturrevolution positiv bewertet und zu rehabilitieren versucht, schreibt: „Um diesen Wandel voranzutreiben, gaben die Radikalen der KR unter der Führung von Mao Anweisungen heraus, und zwar nicht über das übliche bürokratische Verfahren, bei dem alle Ebenen der Parteihierarchie der KPCh durchlaufen werden mussten, wie dies normalerweise der Fall war, sondern über die Medien, wie Donald Trump, der offenbar über Twitter mit den Wählern in Verbindung treten will, um die von ihm als ‚Fake News‘ bezeichneten Medien zu umgehen. Sie riefen die Massen an der Basis direkt dazu auf, ‚die Hauptquartiere des kapitalistischen Weges zu bombardieren‘, d. h. gegen die wichtigsten Führer der KPCh-Parteiorgane auf jeder Ebene zu kämpfen“351.
Was Gao hier als „anti-bürokratische“ und demokratische Einbeziehung der Massen preist, ist in Wirklichkeit das Gegenteil eines demokratischen Verfahrens, worauf vielleicht die Analogie zur Strategie Donald Trumps schon ein Hinweis hätte sein können. In der Diktatur des Proletariats kann die demokratische Beteiligung der Massen nicht gegen die kommunistische Partei und auch nicht vorbei an dafür vorgesehenen Instrumenten und Kanälen realisiert werden. Die von Mao selbst ausgegebene Parole „Bombardiert das Hauptquartier“ richtete sich direkt gegen die kommunistische Partei, jedenfalls gegen die Teile des Parteiapparats, die von Kräften dominiert wurden, die in Opposition zu Mao standen. Mao hielt die Zerstörung der Partei dabei offenbar für wenig problematisch: Die Auflösung der Provinzkomitees der Partei kommentierte er so, dass dies nichts ausmache, weil ja noch die örtlichen und Landkreiskomitees vorhanden wären352.
Den Sozialismus gegen die kommunistische Partei aufbauen oder verteidigen zu wollen, ist allerdings nicht möglich. Eine Schwächung der kommunistischen Partei bedeutet zwangsläufig eine Schwächung des Sozialismus, weil die sozialistischen Produktionsverhältnisse nicht spontan entstehen, sondern nur unter der Führung der organisierten Avantgarde als Träger der Weltanschauung des wissenschaftlichen Kommunismus geschaffen werden können. Maos Annahme, dass wenn die Partei vom Revisionismus beherrscht ist, „die Massen“ als ein Hort des korrekten marxistischen Denkens verbleiben, auf den man sich stützen kann, um an der Partei vorbei bzw. sogar gegen die Partei eine Kurskorrektur zu erzwingen, ist grundfalsch. Mao fällt damit in eine spontaneistische, die notwendige Führung durch die kommunistische Partei negierende Position zurück. Zu denken, dass das revolutionäre Bewusstsein durch flache Parolen und Personenkult in die Massen getragen werden könnte, ist nicht weit entfernt von der Vorstellung, dieses Bewusstsein könnte von selbst entstehen.
Ab Mitte Januar 1967 wurde das „Shanghai-Modell“ der „Machtübernahme“ durch eine von Mao unterstützte Massenbewegung als Vorbild der Kulturrevolution im ganzen Land propagiert. In der Parteizeitung Renmin Ribao war am 22. Januar zu lesen: „Von allen wichtigen Dingen ist der Besitz der Macht das Wichtigste!Deshalb beißen die revolutionären Massen in tiefem Hass auf den Klassenfeind die Zähne zusammen und beschließen mit stählerner Entschlossenheit, sich zu vereinigen, ein großes Bündnis zu bilden, die Macht zu ergreifen! Ergreift die Macht!!! Ergreift die Macht!!!“353.
Gleichzeitig erkannte die Führung um Mao aber auch immer mehr das Offensichtliche, nämlich dass die Zerschlagung der Partei- und Staatsstrukturen durch die Massenbewegung nicht zu einer Festigung der Macht der Arbeiterklasse, sondern zum Zusammenbruch jeglicher Ordnung führte. Am 12. Februar beorderte Mao die beiden Abgesandten der Gruppe Kulturrevolution in Shanghai Zhang Chunqiao und Yao Wenyuan in die Hauptstadt zurück und erklärte: „Die Kulturrevolution wird irgendwann enden müssen, auch nach einem oder zwei Jahren. Nun gibt es Leute, die dafür plädieren, ‚alles zu stürzen‘. Wenn alle Kader gestürzt werden, was machen wir dann? Alles anzweifeln, alles umstürzen“ – das ist Anarchismus durch und durch.“354. Die Parolen, wonach die Diktatur des Proletariats in China komplett verändert werden müsse, sei „eine reaktionäre Parole“355.
Daraus zog Mao aber nicht die Schlussfolgerung, seine eigene Rolle bei der Zerstörung der Partei ehrlich einzugestehen und die Strukturen von Staat und Partei wiederherzustellen. Stattdessen setzte er nun, in einer dritten Phase der Kulturrevolution, auf die Volksbefreiungsarmee als zentrales Instrument zur Wiederherstellung der Ordnung und Sicherung der Macht. Er wies das Militär an, die Linie der „Linken“, also die seiner Gefolgsleute zu unterstützen356. Das Zentralkomitee der Partei entschied am 23. Januar: „Wenn die proletarischen Revolutionäre die Situation immer noch nicht unter Kontrolle haben und der Schutz der Volksbefreiungsarmee erforderlich ist, muss die Volksbefreiungsarmee sofort die militärische Kontrolle durchsetzen“357.
Obwohl in der offiziellen Rhetorik die Rede davon war, die Armee zur Unterstützung der „Revolution“ zu nutzen, ging es in Wirklichkeit auch darum, den Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung abzuwenden. Mao selbst gestand das einige Monate später ein: „Zu diesem Zeitpunkt funktionierte weder die Partei noch die Regierung. Nur die Volksbefreiungsarmee war in der Lage, ihre Arbeit zu tun.“358. Das Militär wurde nun in der Tat auch nicht nur eingesetzt, um politische Richtungskämpfe zu entscheiden, sondern auch um Kommunikation und Transportdienste zu übernehmen, die Produktion zu überwachen und ideologische Schulungen durchzuführen359. Das Militär spielte nun eine größere Rolle in der Politik als jemals seit dem Ende des Bürgerkriegs. Im März erklärte Zhou Enlai, dass 7000 Behörden im ganzen Land unter Militärkontrolle stünden, einschließlich Zeitungen, Radiostationen, Polizeistationen, der Post, Banken und Unternehmen. Ferner waren zehn der 29 Provinzen unter direkter Militärkontrolle. Was dies bedeutete, erklärte Kang Sheng, einer der engsten Vertrauten Maos: „Militärische Kontrolle ist autokratische Herrschaft. Du gehorchst mir in allem. Du gibst eine öffentliche Bekanntmachung heraus, in der du verkündest, dass du mir gehorchst.“360.
Als neue Machtorgane wurden „Revolutionskomitees“ einberufen, die je zu einem Drittel aus Vertretern der Armee, der Roten Garden und Parteikadern auf Maos Linie bestanden. Alle Organisationseinheiten des Staates wurden aufgefordert, sich den Revolutionskomitees zu unterstellen361. Die Komitees konnten nur fungieren, wenn sie von der nationalen Regierung in Beijing anerkannt wurden. In Regionen, wo es noch keine anerkannten Revolutionskomitees gab, setzte die Regierung militärische Kontrollkommissionen ein, die eine rein militärische Administration durchsetzten362. Doch auch die Revolutionskomitees selbst waren im Wesentlichen Instrumente des Militärs. Von den 29 Revolutionskomitees auf Provinzebene wurden schließlich 21 von hochrangigen Militärs (Generäle, Generalleutnante und Generalmajore) geführt und die restlichen von zivilen Funktionären, die aber gleichzeitig als Politoffiziere der Armee agierten363. Zhou Enlai erklärte, warum all dies auch richtig und im Einklang mit dem Wesen der Kulturrevolution sei: Die treibende Kraft hinter den neuen Machtorganen „können nicht die revolutionären Massenorganisationen alleine“ sein, sondern „nach dem Vorsitzenden Mao kann absolut kein Zweifel bestehen, dass die Haupttriebkraft die Volksbefreiungsarmee sein sollte.“364.
Der neuen Rolle der Armee entsprach auch ein stark erhöhtes Gewicht innerhalb der kommunistischen Partei. Das neue Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas, das auf dem 9. Parteitag gewählt wurde, bestand zu 49% aus Militärs365.
Die Kulturrevolution, die offiziell als Aufstand der proletarischen Massen dargestellt wurde, verlieh somit dem Militär ein Gewicht, das in keiner Weise mehr der angemessenen Rolle einer Armee im Sozialismus entsprach. Im Sozialismus erfüllt das Militär im Wesentlichen die Aufgabe, den Staat und das Volk gegen die Feinde der Revolution, also gegen Angriffe äußerer kapitalistischer Mächte, zu schützen. Seine Aufgabe besteht nicht darin, in umfassender Weise die Organisation der Gesellschaft sicherzustellen oder sich an der politischen Verwaltung zu beteiligen, geschweige denn diese zu dominieren.
Die Phase der Wiederherstellung der Ordnung bedeutete auch, die Aktivitäten der neu entstandenen Massenorganisationen und der Roten Garden zu beenden. In Shanghai und an vielen anderen Orten wurden über Monate hinweg blutige Rivalitäten zwischen den verschiedenen „revolutionären“ Gruppen ausgetragen, die oft bewaffnet geführt wurden und zahlreiche Verletzte und Tote forderten. So folgten beispielsweise in Shanghai dem Sieg des „Allgemeinen Arbeiter-Hauptquartiers“ über die „Scharlachgarden“ weitere, ebenso gewaltsame Auseinandersetzung des AAHQ mit anderen Gruppen, die die neuen Machtverhältnisse in der Stadt infrage stellten.
Mao entschied nun, dass die Zeit dieser Organisationen abgelaufen sei. War Liu Shaoqi 1966 dafür, dass er sogenannte „Arbeitsteams“ in die Universitäten geschickt hatte, um die „revolutionären“ Massenbewegungen unter Kontrolle zu bekommen, als Konterrevolutionär denunziert worden, schickte Mao nun, im Juli 1968, bewaffnete Milizen unter Führung von Spezialeinheiten der Armee in die Universität Tsinghua in Beijing, um das Gleiche zu tun. Die Truppen wurden von den verschanzen Studenten mit Schusswaffen und Handgranaten empfangen und mussten mehrere Todesopfer beklagen. Als die Führer der Roten Garden sich in völliger Verkennung der Lage an Mao wandten und Hilfe gegen die „schwarze Hand“ forderten, die sie unterdrücke, traf Mao sich mit ihnen und antwortete: „Wer ist die schwarze Hand? Die schwarze Hand ist niemand anderes als ich!“. Und: „Diejenigen, die weiterhin rebellieren, gegen die Volksbefreiungsarmee kämpfen, die Kommunikation und das Transportwesen untergraben, sich an Mord oder Brandstiftung beteiligen, werden wie Kriminelle behandelt. Wenn einige Leute sich weigern, auf Warnungen zu hören, werden sie wie Banditen oder wie die Kuomingtang behandelt werden. Sie werden eingekesselt, und wenn sie Widerstand leisten, wird es notwendig sein, sie zu vernichten.“366. Die Führer der Roten Garden, die sich zweieinhalb Jahre auf Mao berufen hatten und mit seiner Unterstützung das Land ins Chaos gestürzt hatten, wurden nun auf Maos Geheiß genau deshalb verhaftet und bestraft.
Mao hatte offensichtlich die Kulturrevolution nicht als so gewaltsam und chaotisch vorhergesehen, wie sie dann verlief. In späteren Monaten übte er Kritik an den ausufernden Repressionen, die sich nach der Etablierung der Revolutionskomitees und der Einhegung der Roten Garden sogar noch deutlich verschärften367: „Es gibt einige Orte, an denen zu viele Menschen verhaftet wurden. Das ist schlecht. Warum so viele verhaften? (…) Diejenigen, die den Fehler begangen haben, dem kapitalistischen Weg zu folgen, sollten (im Vergleich zu Kriminellen, Anm.d.A.) noch weniger verhaftet werden.“368. Es geht daher nicht darum, Mao Tse-tung als „Monster“ und „Blutsäufer“ zu dämonisieren, so wie es einige antikommunistische Historiker tun. Mao war nicht deshalb ein schlechter Führer der kommunistischen Bewegung, weil er als Mensch „böse“ gewesen wäre, sondern weil er in vielen Fragen falsche, unwissenschaftliche und antimarxistische Standpunkte und Herangehensweisen vertrat und in die Tat umsetzte.
Zu einer fairen Beurteilung der chinesischen Kulturrevolution gehört sicherlich auch dazu, dass in dieser Zeit einige durchaus revolutionäre Konzepte und Ideen entwickelt und ausprobiert wurden: Die Abschaffung der traditionellen Examen im Bildungssystem; die Schaffung eines Systems von Dorfärzten, die die Prävention und Hygiene priorisierten und gemeinsam mit den Dorfgemeinden lebten und die gesundheitliche Versorgung der Bauernschaft stark verbessern konnten (ein System, das sogar von der UNESCO wegen seiner Effektivität gepriesen wurde); die Idee, dass Manager von Betrieben auch in der praktischen Produktion arbeiten sollten, während die Arbeiter am Management beteiligt werden; dass Arbeiter, Bauern und Soldaten ebenfalls Studien betreiben und an politischen Diskussionen teilnehmen sollten, dass Soldaten in der Produktion eingesetzt werden und Intellektuelle eine gewisse Zeit auf dem Land verbringen sollten369 – vor allem Letzteres wurde allerdings in übertriebener und kontraproduktiver Weise umgesetzt, weil es dabei nicht einfach nur darum ging, die städtischen Intellektuellen mit den Lebensbedingungen auf dem Land bekannt zu machen. Vielmehr war die Landverschickung Ausdruck von Maos falscher Erkenntnistheorie, wonach die theoretische Arbeit der Intellektuellen keinen eigenen Wert habe und relevantes Wissen über die Welt nur durch die unmittelbare Praxis und körperliche Arbeit zu gewinnen sei.
Die Kulturrevolution, deren hauptsächlicher Initiator und Ideengeber Mao Tse-tung ohne Zweifel war, war zwar relativ erfolgreich darin, einen Teil der Volksmassen zu mobilisieren und damit aktiv in den politischen Prozess zu involvieren – allerdings geschah dies nur teilweise durch eine Stärkung der tatsächlichen Mitbestimmung in Produktion und Gesellschaft (und auch da nur zum Preis der ökonomischen Dezentralisierung und Unterminierung des zentralen Plans, da die Mitbestimmung beim Planen auf lokaler Ebene nichts anderes bedeutete, als dass wesentliche Entscheidungen eben lokal und nicht zentral getroffen wurden). Der andere Teil war die Mobilisierung der jungen Generation mithilfe des Militärs, die Zerschlagung der formal legitimen Entscheidungsstrukturen, die Repression gegen Kader der Partei, was eine offene Diskussion über die Entwicklung des Landes und die durch den Revisionismus drohende Gefahr verunmöglichte. Das Ergebnis waren landesweites Chaos und unkontrollierte Gewaltexzesse, wie auch Mao selbst später zugeben musste370. Sicherlich muss man hier einschränken, dass Mao selbst die Kulturrevolution als einen Kampf der Ideen und nicht der Waffen konzipiert hatte, wie er oft betonte, und viele der Exzesse nicht guthieß371 – allerdings waren diese Exzesse eben eine Konsequenz der von ihm initiierten Kulturrevolution, in der zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens schlicht als Verräter gebrandmarkt wurden, ohne dass ihnen ein verräterisches Handeln konkret nachgewiesen worden wäre oder sie die Gelegenheit gehabt hätten, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen. Das Vorgehen gegen diese Person wurde dann in die Hände einer aufgehetzten Masse von jungen Leuten übergeben und damit der Kontrolle der Partei oder Staatsorgane, die darauf mäßigend hätten einwirken können, entzogen. Gao schreibt in der Absicht, diese Exzesse zu rechtfertigen: „Es wäre ein Wunder gewesen, wenn es keine persönliche Demütigung, individuelles Leid, Gewalt und Tod gegeben hätte. In der Tat war es ein Wunder, dass es keine großflächigen Bürgerkriege gab“372. Nun wäre es aber sicherlich ein Grund, an der Methode der Kulturrevolution Zweifel zu hegen, wenn diese offenbar ein Land, in dem der Sozialismus bereits im Kern durchgesetzt wurde, fast in einen neuen Bürgerkrieg gestürzt hätte.
Auch und gerade im Bildungssystem waren die Auswirkungen der Kulturrevolution sehr negativ. Die meisten Schulen in den Städten wurden geschlossen oder konnten sechs Jahre lang nicht regulär unterrichten, die Universitäten sogar noch länger373. Lehrer und Professoren waren in besonderem Maße Ziel der Repressionen. Ein Zeitgenosse beklagte später: „Wie ich täglich erlebe, ist ein markantes Absinken des allgemeinen Wissensstandes erfolgt. Dies ist geschehen, nachdem die Kulturrevolution vor 10-12 Jahren für die Dauer einiger Jahre sämtlichen Unterricht einstellte. (…) Chinesische Lehrer beklagen sich oft darüber, wie wenig ihre Studenten manchmal in der Lage sind, sich in der eigenen Sprache schriftlich auszudrücken“374.
Tatsächlich besteht kein Zweifel daran, dass die Kulturrevolution die Strukturen des sozialistischen Staates und der kommunistischen Partei zutiefst erschütterte und an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hat, was auch wahrscheinlich passiert wäre, wenn nicht die Armee in ihrer Funktionsweise intakt geblieben wäre, um schließlich im Interesse Maos (und auch gegen die von Mao aufgepeitschten Roten Garden) die Ordnung wiederherzustellen. In einem inzwischen veröffentlichten Bericht schätzte auch die CIA die Lage in China als desaströs ein: „Die großen Experimente, die China voranbringen sollten, wie der Große Sprung nach vorn und die Kulturrevolution, waren in der Tat eine Katastrophe. Obwohl sich die Wirtschaft weitgehend erholt hat, ist die Parteiorganisation nach wie vor zersprengt, die zivile Verwaltung wurde behindert, und die Kulturrevolution hat zu dauerhaften Spannungen innerhalb der Führung geführt“. Und: “Sehr viel Arbeit muss geleistet werden, um eine effektive Regierungsverwaltung wiederherzustellen und um wieder eine kommunistische Partei aufzubauen“375. Diese Berichte der CIA waren geheim, d.h. dass sie keinen propagandistischen Zweck hatten, sondern realistische Einschätzungen für die Herrschenden in den USA über die Situation in China anfertigen mussten.
Diese enormen Schäden, die die sozialistische Gesellschaft und Ökonomie durch die Kulturrevolution davontrugen, ließen sich rechtfertigen, wenn damit das proklamierte Ziel, das Bewusstsein der Massen zu revolutionieren, sie gegen den Revisionismus zu immunisieren und eine kapitalistische Konterrevolution zu verhindern, erreicht worden wäre.
Diese Zielstellung scheiterte aber völlig und musste völlig scheitern: Die „Große Proletarische Kulturrevolution“ wurde mit Maos Tod endgültig beendet und zwei Jahre später, 1978, begann die Partei ihr Programm der Etablierung kapitalistischer Verhältnisse in China. Dass die Kulturrevolution keine geeigneten Konzepte bot, um wirklich das Massenbewusstsein nachhaltig und im Sinne des Kommunismus zu verändern, ist kein Wunder. Denn die Schaffung eines neuen kommunistischen Bewusstseins lässt sich weder durch die kulturelle Entwurzelung und die Kappung aller Beziehungen zur Vergangenheit bewerkstelligen, noch durch eine Aufwiegelung der Massen mithilfe von verflachten Kampfparolen. Im Gegenteil ist die Veränderung des Bewusstseins im Sozialismus das Ergebnis eines langwierigen Prozesses, in dem die Umwälzung der ökonomischen Basis, die Entwicklung einer sozialistischen Kultur und Pädagogik, die demokratische Diskussion und Massenbeteiligung und die kollektive Verarbeitung der revolutionären Erfahrungen Hand in Hand gehen müssen. Inhalt der Bewusstseinsveränderung hin zum neuen Menschen ist ein immer besseres Erfassen der historischen Gesetzmäßigkeiten, des Charakters der kapitalistischen wie auch der sozialistisch-kommunistischen Produktionsweise durch das Individuum und der bewusste Akt, sich selbst zum Vorhaben des sozialistischen Aufbaus ins Verhältnis zu setzen.
Die Kulturrevolution in China konnte eine solche Bewusstseinsveränderung schwerlich bewirken. Sie versuchte nicht, in den Massen das Verstehen der Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus sowie des sozialistischen Aufbaus zu vertiefen und konnte es auch nicht, da die Parteiführung einschließlich Maos, wie gezeigt wurde, selbst ein defizitäres Verständnis dieser Gesetze hatte.
Während das Bildungssystem, das bei der Veränderung des Bewusstseins eine entscheidende Rolle hätte spielen müssen, in Trümmern lag, wurde die Schaffung des vermeintlich „revolutionären Bewusstseins“ der Massen zu einem großen Teil als dogmatische Wiedergabe von Parolen und als quasi-religiöser Personenkult um Mao Tse-tung organisiert. Lin Biao, der Hauptverbündete Maos während der ersten Jahre der Kulturrevolution, stellte die „Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung“ zusammen, das berühmte „kleine rote Buch“, das eine Sammlung von weitgehend aus dem Kontext gerissenen und zum Teil auch eher nichtssagenden Zitaten darstellt, aber trotzdem in einer Auflage von einigen Hundert Millionen Exemplaren produziert wurde. Das Büchlein wurde während der Kulturrevolution zur hauptsächlichen intellektuellen Inspiration der „Roten Garden“ und wurde wie bei einem religiösen Ritus bei Massenversammlungen hochgehalten. Im Vorwort der zweiten Auflage propagierte der Verfasser Lin Biao einen absurden Personenkult um Mao: „Genosse Mao Tse-tung ist der größte Marxist-Leninist unserer Zeit. In genialer, schöpferischer und allseitiger Weise hat Genosse Mao Tse-tung den Marxismus-Leninismus als Erbe übernommen, ihn verteidigt und weiterentwickelt; er hat den Marxismus-Leninismus auf eine völlig neue Stufe gehoben. (…) Die Ideen Mao Tse-tungs sind das Leitprinzip für die gesamte Tätigkeit der ganzen Partei, der ganzen Armee, des ganzen Landes. Demzufolge ist es die grundlegendste Aufgabe in der politischen und ideologischen Arbeit unserer Partei, immer das große rote Banner der Ideen Mao Tse-tungs hochzuhalten, das ganze Volk mit den Ideen Mao Tse-tungs zu wappnen und sich unbeirrbar bei jeder Tätigkeit von den Ideen Mao Tse-tungs leiten zu lassen. Die breiten Massen der Arbeiter, Bauern und Soldaten sowie die große Masse der revolutionären Funktionäre und der Intellektuellen müssen die Ideen Mao Tse-tungs wirklich beherrschen; sie alle müssen die Werke des Vorsitzenden Mao Tse-tung studieren, auf seine Worte hören, nach seinen Weisungen handeln, gute Kämpfer des Vorsitzenden Mao Tse-tung werden. (…) Um die Ideen Mao Tse-tungs wirklich zu meistern, muß man viele der grundlegenden Ansichten des Vorsitzenden Mao Tse-tung immer wieder studieren; am besten ist es, einige seiner Sentenzen auswendig zu lernen, sie wiederholt zu studieren und wiederholt anzuwenden.“376. Und 1967 erklärte Lin Biao ganz freimütig: „Wer sich eng an den Marxismus-Leninismus und die Mao-Tse-tung-Gedanken hält, ist ein proletarischer Revolutionär. Deshalb habe ich immer gesagt, dass die Mao-Tse-tung-Gedanken sowohl dann umgesetzt werden müssen, wenn wir sie verstehen, als auch dann, wenn wir sie vielleicht vorübergehend nicht verstehen“. Mao, der anwesend war, widersprach nicht377.
Mao selbst versuchte zwar an verschiedenen Punkten, den Personenkult zu begrenzen, stand ihm aber grundsätzlich positiv gegenüber, da er ihn als nützliches Mittel zur Mobilisierung der Massen einschätzte378. Mao sah kein grundsätzliches Problem mit der kultischen Verehrung einzelner Führer: „Die Frage, um die es geht, ist nicht, ob es einen Kult um Individuen geben sollte oder nicht, sondern ob das Individuum, um das es geht, die Wahrheit vertritt. Wenn es das tut, sollte es auch verehrt werden.“379
Gegenüber dem US-amerikanischen Journalisten Edgar Snow bekannte er: „Damals waren die Macht der Partei, die Propagandamacht, die Macht der Partei in den verschiedenen Provinzen und die Macht auf lokaler Ebene, z. B. in Peking, außerhalb meiner Kontrolle, und nicht einmal ich konnte etwas damit anfangen. Deshalb habe ich gesagt, dass damals eine Art von Personenkult notwendig war“380. Aus diesem Zitat geht auch hervor, dass es Mao eher um eine Wiederherstellung seiner Führung in der Partei ging als um eine dauerhafte Beteiligung der Massen am sozialistischen Aufbau.
Die von Mao und Lin gewählte Methode zur Hebung des Bewusstseins der Massen konnte nur das Gegenteil bewirken: Anstatt den Arbeitern, Bauern und Studenten klarzumachen, dass sie selbst das Subjekt der Geschichte sind, dass ihnen die Macht im Sozialismus gehört und seine Entwicklung von ihrer Initiative abhängt, vermittelte der Personenkult ihnen, dass man, um „revolutionär“ zu sein, auswendig gelernte Mao-Zitate wiedergeben müsse, auch wenn man diese gar nicht versteht.
Der Personenkult entsprach in der Kulturrevolution einem auch real stark verschobenen Verhältnis zwischen dem „Führer“ Mao und den Massen. Weil die kommunistische Partei zeitweise weitgehend ausgeschaltet war, konnte sie auch nicht den Aufgaben nachkommen, die ihr im Sozialismus zusteht, weder als führende Kraft der sozialistischen Regierung noch in ihrer Funktion als die Organisation, in der die kommunistische Weltanschauung weiterentwickelt und den werktätigen Massen des Volkes vermittelt wird. Beides, die Entwicklung der ideologischen Linie und ihre Verkündung, wurde nun von Mao Tse-tung übernommen. Charakteristisch ist eine Formulierung aus einem Studienmaterial zum Parteiaufbau von 1970: „Die Führung der Partei ist mit der Führung des Vorsitzenden Mao gleichzusetzen. Die Führung der Mao-Tsetung-Gedanken und der revolutionären Linie des Vorsitzenden Mao wird durch die Partei und durch die Parteiorganisationen erreicht, die die Massen zur Umsetzung der Linie, der Pläne und der Politik des Vorsitzenden Mao führen.“381. Mit diesem Verständnis, das offen im Gegensatz zum Demokratischen Zentralismus, zur kollektiven Führung, zur sozialistischen Demokratie überhaupt stand, konnte eine Stärkung der sozialistischen Macht gegen den Revisionismus nicht erreicht werden.
Obwohl im Allgemeinen das Ziel, den Revisionismus innerhalb der Partei und Gesellschaft zu bekämpfen, nur unterstützt werden kann, war die historische Bilanz der chinesischen Kulturrevolution fatal: Nicht nur verursachte sie großes individuelles Leid und Tod, sie zerstörte auch weitgehend die Strukturen der kommunistischen Partei, richtete Schäden an der Volkswirtschaft an und trug nichts dazu bei, die Massen nachhaltig für den Kommunismus zu gewinnen. Diese negativen Auswirkungen hatte sie, weil sie als Konzept fundamental falsch angelegt und selbst Ausdruck der revisionistischen Positionen von Mao Tse-tung und Lin Biao war. Die Kulturrevolution war also keineswegs eine Waffe des konsequent marxistischen Teils der Parteiführung gegen den revisionistischen, wie es Maoisten bis heute behaupten, sondern eine Auseinandersetzung zwischen zwei revisionistischen Strömungen, von denen die eine rechtsopportunistische und die andere eine Kombination aus rechts- und linksopportunistischen Standpunkten vertrat.
Auch die Kulturrevolution rechtfertigt Holz als vermeintlich kreativen Ausweg des weitsichtigen kommunistischen Führers Mao Tse-tung, der vor einem „Dilemma“ gestanden habe: „Wollte er die gewonnene Revolution nicht im mühevollen schrittweisen Verwirklichen ihrer Ziele, belastet mit immer neuen Rückschlägen und Kompromissen, die geduldig immer wieder zu überwinden waren, der Gefahr des Zerbröckelns, des Verschwindens in der traditionellen Kultur Chinas, im so ungeheuer zählebigen Konfuzianismus aussetzen, so musste er wohl versuchen, die marxistische Theorie von Basis und Überbau, von der Dependenz des Bewußtseins von der Ökonomie (…) auf den Kopf zu stellen, von Marx zu Hegel zurückkehren“382. Mit anderen Worten: Je ungünstiger die objektiven gesellschaftlichen Voraussetzungen für den Sozialismus sind, desto mehr hält Holz es für gerechtfertigt, diese zu ignorieren und sich über die Gesetzmäßigkeiten des sozialistischen Aufbaus hinwegzusetzen, indem man die marxistische Theorie „auf den Kopf stellt“. In den folgenden Sätzen führt Holz dann aus: “Die revolutionäre Ungeduld Maos führte vom Marxismus weg, sie mußte die Gegenbewegung auslösen, die die Widersprüche der vorpreschenden Revolutionstendenzen wieder reformistisch abfing“383. Holz bringt es also fertig, innerhalb weniger Sätze sowohl den linksradikalen Voluntarismus Maos als auch den antisozialistischen Opportunismus Dengs als legitime marxistische Methoden des sozialistischen Aufbaus zu rechtfertigen. Offenbar konnte er sich einen langfristig und planmäßig angelegten Aufbau, der die Rückständigkeit und spezifischen Widersprüche der überkommenen gesellschaftlichen Verhältnisse Chinas in Richtung der klassenlosen Gesellschaft auflöst, gar nicht vorstellen.
Auch wenn es völlig richtig und notwendig ist, während des sozialistischen Aufbaus ständig gegenüber revisionistischen Fehlern und Einflüssen, die den Sozialismus untergraben, wachsam zu sein, war die „Große Proletarische Kulturrevolution“ dafür also das falsche Rezept. Denn um den Revisionismus, d.h. das Eindringen der bürgerlich-kapitalistischen Weltanschauung in den Marxismus und die kommunistische Partei, wirksam bekämpfen zu können, müsste man ihn zunächst richtig verstehen. Mao aber vertrat nicht nur, wie wir gesehen haben, selbst umfassende revisionistische und opportunistische Standpunkte, er zeigte sich auch außerstande, den Rechtsopportunismus der „Pro-Markt-Fraktion“ in der KP Chinas richtig zu begreifen – wie sich an seiner dogmatischen und unwissenschaftlichen Haltung zum Revisionismus Chruschtschows zeigte, wo er entgegen den Tatsachen behauptete, dass der Kapitalismus in der Sowjetunion bereits wieder restauriert worden sei, scheiterte Mao daran, ein richtiges Verständnis konterrevolutionärer Prozesse in einer sozialistischen Gesellschaft zu entwickeln.
Mao kritisierte zwar, teilweise vermutlich zurecht, die von Liu Shaoqi geführte Strömung für ihre “kapitalistische Linie”: „Sie waren alle für materielle Anreize, sie richteten sich nach dem Profit aus und förderten keine proletarische Politik. Stattdessen betrieben sie ein System von Boni etc.“384. Sicherlich kann man eine solche Politik, insbesondere die Ausrichtung der Betriebe nach Gewinnkriterien, kritisieren. Maos eigene Position, die die Entwicklung der Produktivkräfte nahezu ausschließlich durch die Schaffung eines „revolutionären“ Bewusstseins (das aber mehr auf einer gefühlsmäßigen Identifikation mit Mao und seinen Parolen als auf einer wirklichen Durchdringung derselben beruhte) zu erreichen versuchte, war allerdings genauso falsch. Zwar spielt die Veränderung des Bewusstseins bei der Schaffung neuer Produktionsverhältnisse und der Entwicklung der Produktivkräfte im Sozialismus durchaus eine wichtige Rolle. Es kann aber nicht der entscheidende Hebel zur Entwicklung der Ökonomie sein, vor allem weil – wie der Fall China auch zeigte – die Herausbildung eines wahrhaft neuen kommunistischen Bewusstseins umgekehrt voraussetzt, dass die sozialistisch-kommunistischen Produktionsverhältnisse bereits entwickelt sind. Beides, ökonomische Basis und gesellschaftliches Bewusstsein, entwickeln sich in Wechselwirkung miteinander und können nicht einseitig zur Seite des Bewusstseins hin aufgelöst werden.
Die Rückkehr zum Kapitalismus fand in China erst ab der Machtübernahme Deng Xiaopings im Jahr 1978 statt – ob Liu Shaoqi dessen Politik unterstützt hätte, ist nicht zu beantworten, da Liu bereits 1969 starb. Jedenfalls gelang es Mao nicht, seinem Rivalen eine kapitalistische Position überzeugend nachzuweisen, weshalb seine Kritik an Liu sich darauf beschränkte, ihn als Verräter anzuprangern, ohne gegen seine Position wirklich zu argumentieren.
Sollte das Konzept der chinesischen Kulturrevolution in einer zukünftigen sozialistischen Gesellschaft erneut zur Anwendung gebracht werden, wäre seine Wirkung umso negativer, zumal Mao klargestellt hat, dass eine Kulturrevolution niemals ausreichen könne: „Die Kosten dieser Großen Kulturrevolution waren sehr hoch, und auch wenn die Frage des Kampfes zwischen den beiden Klassen und den beiden Wegen nicht durch eine, zwei, drei oder vier Große Kulturrevolutionen gelöst werden kann, so sollte diese Große Kulturrevolution doch die Dinge zumindest für ein Jahrzehnt konsolidieren“385. Mit anderen Worten: Wäre die maoistische Linie nach Maos Tod weiter verfolgt worden, hätte man in periodischen Abständen eine solche Massenkampagne gestartet, die unweigerlich die Partei und den Staat zerschlagen hätte. Doch dazu kam es nicht: Nach den „ultralinken“ Exzessen der Kulturrevolution hatte es der rechte, prokapitalistische Flügel der Partei leicht, sich endgültig durchzusetzen und tatsächlich, wie Mao ihnen zurecht vorgeworfen hatte, den „kapitalistischen Weg“ zu gehen. Nur hatte Mao selbst, wenn auch sicherlich ohne es zu wollen, durch die von ihm mit propagierte dezentrale Struktur der chinesischen Ökonomie, diesen Weg vorbereitet.
2.6.5 Schlussfolgerungen
Auf den ersten Blick ist es ein Widerspruch, dass Mao in seiner Konzeption des sozialistischen Aufbaus ständig zwischen ultralinken, voluntaristischen Vorstellungen (Großer Sprung nach Vorn, Volkskommunen, Kulturrevolution) und rechtsopportunistischen Ideen (Hofieren der nationalen Bourgeoisie, dezentrale Planung, Bündnisse mit dem Imperialismus) schwankt. Das Gemeinsame dahinter liegt in Maos Auffassung vom Widerspruch. Für Mao sind Widersprüche letzten Endes nicht eine Daseinsform der materiellen Realität, die die Entwicklung der sozioökonomischen Basis der Gesellschaft und damit auch ihres Überbaus determinieren. Maos Argumentation, wonach der Hauptwiderspruch in China je nach Phase der politischen Auseinandersetzung wechselt, wonach der antagonistische oder nicht-antagonistische Charakter eines Widerspruchs nicht etwa in seiner materiellen Struktur begründet ist, sondern davon abhängt, wie die politische Führung des Landes diesen Widerspruch behandelt, öffnet das Tor zu einem prinzipiellen Voluntarismus: Wenn sich Widersprüche im Prinzip willkürlich verändern lassen, sind auch keine strengen Gesetzmäßigkeiten der proletarischen Revolution und des sozialistischen Aufbaus mehr denkbar. Beide Richtungen in Maos Denken, der linke und der rechte Opportunismus, fallen letzten Endes darin in eins, dass beide implizieren, sich über die Gesetze des sozialistischen Aufbaus hinwegsetzen zu können: Dies gilt für die Vorstellung, dass es möglich sei, den Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der (nationalen) Bourgeoisie durch angemessene Maßnahmen zur Erziehung der letzteren zu überwinden. Es gilt ebenso für Maos Auffassung, ungeachtet des Entwicklungsstandes der Produktivkräfte und des Standes der Vergesellschaftung der Arbeit mit militärischer Disziplin in einem gewaltigen Kraftakt innerhalb weniger Jahre einen bäuerlichen Kommunismus erreichen und damit die Sowjetunion überholen zu können. Es gilt auch für die Durchsetzung rechtsopportunistischer Handlungslogiken in der Außenpolitik, insbesondere der Annäherung an die USA in den 70ern. Linke und rechte Abweichungen im historischen Maoismus haben zudem gemein, dass sie beide die kapitalistische Restauration ab 1978 vorbereitet haben – indem dezentrale Ökonomie, Gewinnorientierung der Betriebe und eine positive Bewertung „patriotischer“, d.h. die Wirtschaftsentwicklung vorantreibender Kapitalisten kultiviert wurde und indem andrerseits das Ziel der Aufhebung der Warenproduktion durch seine ultralinke und realitätsferne Umsetzung im Großen Sprung nach Vorne und den Volkskommunen sowie die Diffamierung jeglicher anderer Auffassung als „kapitalistisch“ während der Kulturrevolution in China nachhaltig diskreditiert wurden.
2.7 Mao und der proletarische Internationalismus
von Thanasis Spanidis
Seit den Zeiten von Marx und Engels, vor allem aber seit der Gründung der III. Internationale, der Kommunistischen Internationale, hat die kommunistische Bewegung sich als internationale Bewegung verstanden. Ihr internationaler Charakter ergibt sich zwangsläufig daraus, dass der Klassenkampf nicht auf den nationalstaatlichen Rahmen beschränkt ist, sondern weltweit stattfindet.
2.7.1 Die Auflösung der Komintern
Auch die Kommunistische Partei Chinas war selbstverständlich Mitglied der Komintern und führte ihren Kampf um die Macht die meiste Zeit in dieser Funktion. 1943 wurde die Komintern aufgelöst386, was einen schweren Fehler und eine große Niederlage der kommunistischen Bewegung bedeutete. Mao Tse-tung hingegen begrüßte diesen Schritt sofort sehr ausdrücklich. So argumentierte er,
„dass die derzeitige Form der revolutionären Organisation, die als Kommunistische Internationale bekannt ist, nicht mehr den Erfordernissen des Kampfes entspricht. Die Beibehaltung dieser Organisationsform würde im Gegenteil die Entwicklung des revolutionären Kampfes in jedem Land behindern. Was wir jetzt brauchen, ist die Stärkung der nationalen Kommunistischen Partei eines jeden Landes, und wir brauchen dieses internationale Führungszentrum nicht mehr“, denn: „Die interne Situation in jedem Land und die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ländern sind komplizierter als in der Vergangenheit und ändern sich schneller. Es ist für eine einheitliche internationale Organisation nicht mehr möglich, sich an diese äußerst komplizierten und sich schnell verändernden Umstände anzupassen“.
Überhaupt brauche die KP Chinas die Unterstützung der Komintern nicht mehr, da sie bereits ausreichend hervorragende Kader gebildet habe. Befriedigt stellte Mao fest, dass die Kommunistische Internationale seit ihrem VII. Weltkongress 1935 sich auch aus den Angelegenheiten der KP Chinas herausgehalten habe und die KP Chinas ihre Arbeit trotzdem sehr gut gemacht habe387.
Einige Jahre später führt Mao seine Gedanken dazu weiter aus:
„Ohne den Untergang der Dritten Internationale hätte die chinesische Revolution nicht erfolgreich sein können. Als Lenin noch gelebt hat, wurde die Dritte Internationale gut geführt. Nach Lenins Tod waren die Führer der Dritten Internationalen dogmatische Führer (beispielsweise Führer wie Stalin und Bucharin waren nicht so gut). Nur die Periode unter Dimitroff war gut geführt. (…). Später haben die Dogmatiker den Besonderheiten verschiedener Länder keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt und haben blind alles von Russland (auf andere Länder) übertragen. China hat große Verluste erlitten. Wir haben (…) den Dogmatismus kritisiert, Dinge unabhängig und auf eigene Initiative im Geist und entsprechend dem Wesen des Marxismus getan. Nur dadurch konnten wir den Sieg der chinesischen Revolution erringen. Lenin hat ebenso die Zweite Internationale nicht anerkannt. Im Ergebnis war die Oktoberrevolution erfolgreich. Ich denke nicht, dass es eine neue Internationale geben sollte.“388.
Maos Lob für den Generalsekretär der Komintern Georgi Dimitroff ist mit Sicherheit darauf zurückzuführen, dass auf dem VII. Weltkongress in Dimitroffs Referat bereits die Bedeutung der „nationalen Besonderheiten“ hervorgehoben wurde und die Autonomie der einzelnen kommunistischen Parteien gestärkt werden sollte. Maos Position ignoriert bzw. negiert die Notwendigkeit einer gemeinsamen strategischen Koordination. Die marxistische Erkenntnis, dass es allgemeingültige Gesetze der Revolution und des sozialistischen Aufbaus gibt, bezeichnet er als Dogmatismus. Und vor allem verfälscht er völlig die Tatsachen, indem er den Ungehorsam seiner Partei gegenüber den Vorgaben der Komintern mit der Abgrenzung Lenins vom Sozialchauvinismus der II. Internationale vergleicht, so als habe Lenin mit dieser nicht aus inhaltlichen Gründen gebrochen, sondern weil er, wie Mao, die Notwendigkeit einer Weltorganisation der Kommunisten geleugnet hätte.
Maos liquidatorische Position zur Komintern ist Ausdruck seines grundsätzlich falschen Verständnisses über das Verhältnis des Allgemeinen und des Besonderen. Für Mao war „eine doppelte Tendenz (…) charakteristisch: nämlich zum einen, die Besonderheit Chinas den allgemeinen Bedingungen der sozialistischen Revolution vorzuordnen, zum anderen, die allgemeinen Bedingungen, wo er von ihnen spricht, praktisch mit den besonderen Bedingungen Chinas zu identifizieren.“389. Die Floskel vom „sinisierten Marxismus“, mit der die heutige KP Chinas ihre kapitalistische Entwicklungsstrategie, die angeblich den „Besonderheiten Chinas“ angemessen sei, zu rechtfertigen sucht, stammt sinngemäß bereits von Mao: „Die Prinzipien des Marxismus, müssen, wenn man sie auf China anwendet, eine chinesische Färbung annehmen und müssen die Probleme im Licht der konkreten Bedingungen lösen“, so Mao390.
Es ist zwar richtig, dass der Marxismus-Leninismus keine starre Schablone ist, die ohne Rücksicht auf die Realitäten vor Ort in immer gleicher Weise angewandt werden kann. Natürlich ist es notwendig, die Klassen- und Machtverhältnisse, kulturelle Traditionen usw. bei der Entwicklung einer den Bedingungen angemessenen Taktik zu berücksichtigen. Was Mao hier meint, ist jedoch etwas ganz anderes, nämlich ein grundsätzlich angepasster Marxismus mit „chinesischen Charakteristika“. Diese Position hat allerdings keinerlei wissenschaftliche Basis und lässt sich nicht rechtfertigen, denn die gesellschaftlichen Bewegungsgesetze sind in China genau die gleichen wie überall sonst auf der Welt.
Stalin, der für die Auflösung der Komintern die zentrale Verantwortung trug, hatte immerhin diesen Fehler, sowohl in Jugoslawien als auch in China erkannt und kritisierte Mao dafür in einem Gespräch kurz vor dem endgültigen Sieg im chinesischen Bürgerkrieg:
„Ihr sprecht über sinisierten Sozialismus. Es gibt in der Natur nichts dergleichen. Es gibt keinen russischen, englischen, französischen, deutschen, italienischen Sozialismus, genauso wenig wie einen chinesischen Sozialismus. Es gibt nur einen, den marxistisch-leninistischen Sozialismus. Es ist etwas anderes, dass im Aufbau des Sozialismus die besonderen Eigenschaften eines bestimmten Landes berücksichtigt werden müssen“.
Stalin führte die allgemeinen Gesetze des Sozialismus aus – die Diktatur des Proletariats, die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und ihre Verwaltung durch den Staat, die wissenschaftliche geplante Leitung der Volkswirtschaft von einem zentralen Zentrum aus usw. – und warnte die chinesischen Genossen vor ihrer weiteren Entwicklung:
„wenn ihr keine genuin marxistisch-leninistische Klassenpolitik durchführt und keinen Kampf gegen den bürgerlichen Nationalismus führt, werden die Nationalisten euch erwürgen. Dann wird nicht nur der sozialistische Aufbau beendet werden, sondern China wird zu einem gefährlichen Spielzeug in den Händen der amerikanischen Imperialisten werden.“391
Wie sehr Stalins Worte prophetischen Charakter hatten, zeigte sich erst Jahrzehnte später. Tatsächlich führte die Linie des „sinisierten Marxismus“ nicht nur ab Ende der 1970er Jahre zur Beendigung des sozialistischen Aufbaus, sondern bereits seit Anfang des Jahrzehnts agierte China zunehmend als Verbündeter des US-Imperialismus gegen die Sowjetunion.
Die Auflösung der Komintern, die Mao enthusiastisch begrüßte, beförderte die inhaltliche Auseinanderentwicklung der kommunistischen Parteien und eliminierte den internationalen organisatorischen Rahmen, in dem eine wissenschaftlich fundierte Diskussion über die Differenzen möglich gewesen wäre. Infolge der Auflösung der Komintern wurden nicht nur die opportunistischen Beschlüsse des 20. Parteitags der KPdSU auf informellem und undemokratischem Weg und ohne hinreichende Diskussion in den anderen kommunistischen Parteien durchgesetzt, sie erlaubte es auch allen möglichen anderen Spielarten des Opportunismus und Revisionismus, relativ ungehindert zu wuchern: Dem sogenannten “Eurokommunismus” in Westeuropa, dem “Titoismus” der jugoslawischen KP, der “Juche-Ideologie” der Partei der Arbeit Koreas und eben auch dem Maoismus in China. So wurde es möglich, dass mit Jugoslawien bereits 1947 ein ganzes Land aus dem sozialistischen Bündnissystem ausbrach und begann, mit dem westlichen Imperialismus zu kooperieren. Einige Jahre später war es nun China, das einen vergleichbaren Schritt ging.
2.7.2 Der Feldzug der KP Chinas gegen die Sowjetunion und ihre Verbündeten
Die Beziehungen zur Sowjetunion verschlechterten sich seit Anfang der 60er Jahre rapide. Was zuerst noch als Streit unter Genossen geführt wurde, nahm zunehmend feindselige Züge an. Den genauen Verlauf des chinesisch-sowjetischen Streits wollen wir hier nicht nachzeichnen, dies ist an anderer Stelle bereits geleistet worden392. Stand am Anfang des Konflikts eine in großen Teilen berechtigten Kritik an der opportunistischen Linie der KPdSU seit dem 20. Parteitag, zeigte sich mit den Jahren immer mehr, dass die chinesische Führung in Wirklichkeit alles andere als die Interessen der kommunistischen Weltbewegung im Sinn hatte, sondern vor allem nationalistischen Motiven folgte und die weltpolitische Rolle Chinas stärken sowie territoriale Zugeständnisse von der Sowjetunion erpressen wollte. Eine entscheidende Rolle bei der Verschlechterung der Beziehungen spielten die Bestrebungen Chinas, ein eigenes nukleares Arsenal aufzubauen, was die Sowjetunion nicht unterstützte. Diese Weigerung wurde von der chinesischen Seite als Verrat gesehen und bestärkte sie darin, die Beziehungen zur Sowjetunion stetig zu verschlechtern.
Woher kam die negative Haltung der UdSSR gegenüber den Plänen für eine chinesische Atombombe? Seit Jahren hatte Mao bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder seine Ansicht über den Atomkrieg öffentlich erklärt, am öffentlichkeitswirksamsten jedoch auf dem Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau 1957: „Stellen wir uns vor, wie viele Menschen sterben werden, wenn ein Krieg ausbricht? Von der Weltbevölkerung von 2.700 Millionen Menschen könnte ein Drittel, wenn nicht gar die Hälfte, verloren gehen. (…) Ich sagte, dass, wenn das Schlimmste eintritt und die Hälfte der Menschheit stirbt, die andere Hälfte übrig bleibt, während der Imperialismus dem Erdboden gleichgemacht wird und die ganze Welt sozialistisch wird; in einigen Jahren wird es wieder 2.700 Millionen Menschen geben und sicherlich mehr“393. Diese Auffassung, Atombomben seien lediglich ein „Papiertiger“, also eine nur scheinbare Bedrohung, weil ein Atomkrieg höchstens die Hälfte des chinesischen Volkes auslöschen könne und im Ergebnis dafür die ganze Welt sozialistisch würde, äußerte Mao in ähnlicher Form auch z.B. mit dem finnischen Botschafter bereits 1955 oder 1956 vor Journalisten aus Jugoslawien394. Auch wenn Mao immer betonte, einen solchen Krieg nicht zu wollen, legten seine Ausführungen offensichtlich nahe, dass ein Atomkrieg mit den USA keineswegs nur eine schlechte Sache sei, sondern sogar den weltweiten Sieg des Sozialismus bringen würde. Während die sowjetische Doktrin der „friedlichen Koexistenz“ zwischen Sozialismus und Kapitalismus eine rechte Abweichung darstellte, da sie den objektiven Widerspruch und notwendigen ständigen Kampf zwischen den beiden Systemen ignorierte, verfiel die KP Chinas damit in das gegenteilige Extrem des militärischen Abenteurertums und schien bereit zu sein, Milliarden Menschenleben zu opfern für die illusionäre Hoffnung, auf den verstrahlten Ruinen einer postnuklearen Welt eine glückliche sozialistische Zukunft schaffen zu können. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht nur verständlich, sondern auch vernünftig, dass die Sowjetunion nichts dafür tat, damit die VR China schneller in den Besitz eigener Atomwaffen gelangen würde.
Doch diese Position der Sowjetunion zusammen mit weiteren Faktoren trug schließlich zum völligen Zerwürfnis und zur Annäherung Chinas an die USA bei.
In seinem Gespräch mit Edward Snow sprach Mao bereits 1970 darüber, dass er den US-Präsidenten Richard Nixon gerne in China treffen würde. Nixon sah die Gelegenheit, die sich durch die opportunistische Degeneration der chinesischen Parteiführung ergab, um China zu einem Werkzeug gegen den eigentlichen welt- und klassenpolitischen Rivalen der USA zu machen, nämlich die Sowjetunion. Deshalb schickte er im Juli und Oktober 1971 zweimal seinen engen Berater und späteren Außenminister Henry Kissinger in die Volksrepublik China zu geheimen Verhandlungen mit der chinesischen Führung. Mao hatte offensichtlich keine Hemmungen, sich mit Kissinger, der für schwerste Kriegsverbrechen in Vietnam und Kambodscha verantwortlich war, zu einem freundlichen Gespräch zusammenzusetzen. 1972 traf Mao dann auch Nixon selber, dem er erklärte: „Ich mag die Rechten. (…) Ich bin relativ glücklich, wenn Leute auf der Rechten an die Macht kommen“395. Maos neue Vorliebe für die reaktionärsten Elemente der imperialistischen Führungszirkel im Westen hatte natürlich einen einfachen Grund: Diese waren noch vehementer als die Sozialdemokratie auf den bedingungslosen Kampf gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten (mit Ausnahme Chinas) eingeschossen und zu keinerlei Zugeständnissen bereit.
In dieser Zeit entwickelte Mao auch die berüchtigte „Drei-Welten-Theorie“396: In einem Gespräch mit dem Präsidenten Sambias, Kenneth Kaunda, erklärte er: „Ich bin der Meinung, dass die USA und die Sowjetunion zur Ersten Welt gehören. Die mittleren Elemente, wie Japan, Europa, Australien und Kanada, gehören zur Zweiten Welt. Wir sind die Dritte Welt“397. Premierminister Zhou Enlai, Maos engster Verbündeter zu dieser Zeit, stellte 1973 aber klar, dass trotz der ständigen rhetorischen Attacken gegen die USA der eigentliche Feind die Sowjetunion sei: Die Sowjetunion sei die größere Bedrohung als die USA, so Zhou, denn: „In den letzten zwei Jahrzehnten hat die sowjetische revisionistische Herrscherclique, von Chruschtschow bis Breschnew, ein sozialistisches Land zu einem sozialimperialistischen Land degenerieren lassen. (…) Im Inneren hat sie den Kapitalismus restauriert, eine faschistische Diktatur durchgesetzt und die Menschen aller Nationalitäten versklavt“398. Dass die USA keinen Grund zur Sorge hatten, weil die chinesische Führung trotz ihres faktischen Bündnisses mit Washington in der Öffentlichkeit immer wieder den US-Imperialismus denunzierte, das hatte Mao bereits einige Monate später auf einem Treffen mit Zhou Enlai und Kissinger klargestellt. Das sei alles nicht so ernst gemeint, denn: „Ihr sagt, weg mit euch Kommunisten. Wir sagen, weg mit euch Imperialisten. Manchmal sagen wir solche Dinge. Es wäre nicht gut, das nicht zu tun.“399. Das Weiße Haus dürfte beruhigt gewesen sein.
Ihre Unterstützung revolutionärer Bewegungen auf der Welt stellte die VR China in dieser Zeit weitgehend ein und unterstützte stattdessen reaktionäre Kräfte in verschiedenen Ländern, weil diese gegen die mit der Sowjetunion verbündeten Kommunisten kämpften. Die CIA stellte befriedigt fest:
„Die chinesisch-sowjetische Rivalität hat Peking auch dazu veranlasst, sein Engagement in den meisten revolutionären und Guerillabewegungen in den letzten Jahren stark zu reduzieren und sich darauf zu konzentrieren, die Beziehungen zu bestehenden Machtstrukturen fast überall in der Dritten Welt zu festigen.“400.
So unterstützte China beispielsweise gemeinsam mit den USA und dem südafrikanischen Apartheidsregime in Angola die rechten Rebellengruppen FNLA und UNITA, während die Sowjetunion die marxistische MPLA unterstützte. Auch wenn China sich wenige Monate nach dem Ausbruch offener Feindseligkeiten zwischen UNITA und MPLA aus Angola zurückzog, begründete Mao dies gegenüber US-Präsident Ford lediglich damit, dass die Einmischung Südafrikas unter der schwarzen Bevölkerung Afrikas unpopulär sei, während er klar macht, dass China die Rolle der USA in Angola weiterhin befürwortete401.
1975 erklärte Mao dann bei einem weiteren Treffen mit Kissinger, der inzwischen Außenminister war, dass China die französische Haltung zur Wiedervereinigung Deutschlands, also zur Liquidation des Sozialismus in der DDR, kritisierte. Während Frankreich aus Angst vor einem erstarkenden deutschen Imperialismus eine Wiedervereinigung ablehnte, erklärte Mao „Ja, wir sind für eine Wiedervereinigung“402. Noch eindeutiger formulierte Mao seine Unterstützung für den westlichen Imperialismus wenig später bei einer Unterhaltung mit dem neuen US-Präsidenten Gerald Ford: Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft solle Spanien aufnehmen, so Mao. Als Ford seine Hoffnung ausdrückt, dass Griechenland als Vollmitglied in die NATO zurückkehren würde, entgegnet Mao: „Das wäre gut“. Am meisten entlarvend ist jedoch das Gespräch zwischen Ford und Mao über Portugal. In Portugal war die faschistische Diktatur im April 1974 durch die Nelkenrevolution gestürzt worden, an die sich ein monatelanger Kampf um eine sozialistische Umgestaltung Portugals anschloss, in dem die Kommunisten und pro-sozialistischen Kräfte schließlich unterlagen. Als Ford über den sowjetischen Einfluss in Portugal und die Bestrebungen der USA zu seiner Begrenzung spricht, kommentiert Mao zufrieden: „Ja, und jetzt erscheint Portugal stabiler zu sein. Es scheint in einem besseren Zustand zu sein“403.
Und nicht zuletzt sollte auch die Haltung Chinas gegenüber dem Regime der „Roten Khmer“ nicht unerwähnt bleiben. Diese Gruppierung, die sich der Kommunistischen Partei Kambodschas bemächtigt hatte, wurde von der VR China seit 1970 finanziert, lange bevor sie die kambodschanische Hauptstadt Phnom Penh im April 1975 eroberte und damit die Macht übernahm. Sofort nach ihrem Sieg evakuierten die „Roten Khmer“ unter der Führung von Pol Pot die Bevölkerung aus den vermeintlich “bürgerlichen” Städten – Eine Einschätzung, die sich so ähnlich auch bei Mao findet, der ebenfalls das asketische Bauernleben auf dem Land als Vorbild des Kommunismus verklärte (s.o.), ohne dass er jedoch jemals eine ähnliche Konsequenz daraus gezogen hätte. Die Abschaffung des Gesundheitssystems, ein Zwangsarbeitssystem für die gesamte Bevölkerung, Massaker an ethnischen Minderheiten und der Massenterror im neuen „Demokratischen Kampuchea“ führten zu Hunderttausenden Toten in der Zivilbevölkerung. Was die „Roten Khmer“ als „Kommunismus“ propagierten, hatte allerdings mit dem Kommunismus in Wirklichkeit nicht das Geringste zu tun: Anstelle der planmäßigen Entwicklung der Produktivkräfte mit dem Ziel einer immer besseren Bedürfnisbefriedigung der Bevölkerung vertraten die „Roten Khmer“ das Gegenteil, nämlich die Zerstörung der Errungenschaften der Zivilisation, die Aufgabe der Städte, die Abschaffung der Industrie und des modernen Gesundheitssystems, was eine zentrale Planung – also den ökonomischen Kern des Sozialismus – schlicht unmöglich machte. Doch auch als der Charakter des Systems im „Demokratischen Kampuchea“ bereits völlig offensichtlich war, unterstützten die KP Chinas und Mao dieses weiterhin. Huang Qun, ein Funktionär des Internationalen Verbindungsbüros der KP Chinas, der für die Beziehungen zur KP Kambodschas zuständig war und die von den „Roten Khmer“ kontrollierten Gebiete vor und nach ihrem Sieg bereist hatte, berichtet in seinen Memoiren, dass Mao die Evakuierung der Städte, die das Massensterben in Kambodscha einleiteten, stark befürwortete und sogar Kambodscha einigen anderen kommunistischen Parteien als „Modell“ empfahl404.
Die „Roten Khmer“ wurden in den folgenden Jahren nicht nur von China unterstützt, sondern wegen ihrer radikal antisowjetischen Haltung auch von den USA und Großbritannien. Nachdem die vietnamesische Armee Anfang 1979 das terroristische Regime der „Roten Khmer“ gestürzt und durch eine mit Vietnam und der Sowjetunion verbündete sozialistische Regierung ersetzt hatte, kämpften die „Roten Khmer“ mit von der CIA gelieferter Ausrüstung einen blutigen Guerillakrieg gegen die neue Regierung405. Dass China diese Gruppierung selbst dann noch (an der Seite der CIA) unterstützte, nachdem das volle Ausmaß ihrer Verbrechen bekannt geworden war, lässt sich immerhin nur indirekt Mao anlasten, der zu diesem Zeitpunkt bereits tot war. Die Komplizenschaft der KP Chinas in den Verbrechen der „Roten Khmer“ – gegen das eigene Volk und gegen Vietnam – war jedoch die logische Konsequenz aus Maos politischem Denken: Der Vorstellung eines „asketischen Sozialismus“ und dem Grundsatz der chinesischen Außenpolitik, alles zu unterstützen, was gegen die Interessen der Sowjetunion und des prosowjetischen Teils der kommunistischen Weltbewegung ging.
Angesichts dieser objektiv konterrevolutionären und proimperialistischen Rolle, die die chinesische KP international spielte, verwundert es nicht, dass die herrschenden Klassen im Westen ihren Feind weiterhin in den Staaten des Warschauer Vertrags und den mit ihnen verbundenen kommunistischen Parteien sahen und immer weniger in der VR China und dem internationalen Maoismus. In der BRD der 1970er und 80er Jahre waren es nicht die maoistischen „K-Gruppen“, die vom Staat mit Berufsverboten überzogen wurden, obwohl sie in Worten am lautstärksten die Revolution predigten, sondern die Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei, obwohl diese auch damals schon keine konsequente revolutionäre Programmatik vertrat – und doch offensichtlich aufgrund ihrer engen Beziehung zur sozialistischen DDR als die eigentliche Bedrohung für den westdeutschen Imperialismus eingeschätzt wurde. Doch mehr noch: Nur wenige Jahre nachdem 1956 in der BRD die KPD verboten worden war und damit der Höhepunkt der antikommunistischen Repressionen in der deutschen Nachkriegsgeschichte erreicht wurde, führte das Bundesamt für Verfassungsschutz chinesische Propagandamaterialien nach Deutschland ein und verschickte sie an Mitglieder der verbotenen KPD, um die Spaltung der kommunistischen Bewegung zu fördern. Der niederländische Geheimdienst gründete sogar mit der Marxistische-Leninistische Partij Nederland eine eigene maoistische Scheinpartei zu diesem Zweck. Die KP Chinas erkannte die Partei an und finanzierte ihre Zeitung, bei deren Artikeln der Geheimdienst die Feder führte406. Bezeichnenderweise fürchteten die Bourgeoisien des Westens das scheinradikale Wortgeklingel der maoistischen Gruppen damals offenbar weit weniger als Parteien wie die DKP, die mit all ihren Mängeln immer noch mit den sozialistischen Staaten und revolutionären Bewegungen auf der ganzen Welt solidarisch verbunden geblieben waren.
Doch nicht nur auf diplomatischem Parkett stellte die Volksrepublik China sich mit ihrer Außenpolitik immer konsequenter an die Seite der internationalen Konterrevolution. Sie eskalierte zugleich auch den zwischenstaatlichen Konflikt mit der Sowjetunion bis an den Rand eines großen Krieges. China erhob nun Mitte der 60er Jahre gegenüber der Sowjetunion umfangreiche territoriale Forderungen und forderte Gebiete zurück, die sich im 19. Jahrhundert das Zarenreich vom Chinesischen Kaiserreich angeeignet hatte. Trotz der zunehmend feindseligen Haltung der chinesischen Führung gegenüber der Sowjetunion zeigte die sowjetische Regierung sich verhandlungsbereit und stimmte 1964 zu, Gebiete an China abzutreten. Bevor es zur Unterzeichnung eines Vertrags kommen konnte, nahm China diese Grenzgebiete jedoch bereits faktisch in Besitz und begann ihre wirtschaftliche Entwicklung. In der Rhetorik der chinesischen KP-Führung wurde die Sowjetunion zunehmend als Feind bezeichnet und die Fiktion einer “Bedrohung aus dem Norden” durch die UdSSR, die in Wahrheit voll und ganz durch dem Konflikt mit der NATO ausgelastet war und am allerwenigsten ein Interesse an einem Krieg mit China hatte, wurde besonders während der Kulturrevolution durch ständige Propaganda im Bewusstsein von Hunderten Millionen Chinesen verankert. Beide Länder verstärkten daraufhin ihre Truppen an der gemeinsamen Grenze auf mehrere Hunderttausend Soldaten und es kam immer wieder zu kleineren Feuergefechten. 1969 kam es schließlich am Grenzfluss Ussuri zu einem siebenmonatigen Grenzkrieg zwischen den zwei sozialistischen Staaten und Atommächten – einem Konflikt, der leicht zu einem großen Krieg unter Einsatz von Atomwaffen hätte eskalieren können. Die Eskalation ging dabei eindeutig von der chinesischen Seite aus: In ganz China wurden Demonstrationen gegen die Sowjetunion organisiert mit Plakaten wie „Hängt Kossygin“407, die Volksbefreiungsarmee organisierte lokale Treffen, um das Volk auf den „bevorstehenden Krieg gegen den Sowjetrevisionismus“ einzustimmen und an der Grenze wurden immer wieder militärische Zwischenfälle inszeniert408. Die Sowjetunion hingegen versuchte mehrfach, die Lage mit Verhandlungsangeboten zu entschärfen, wobei die chinesische Seite die Verhandlungen absichtlich entgleisen ließ409. Auch die Geheimdienste der USA, denen sicherlich jegliche Sympathie für die sowjetische Seite abging, stimmen in ihren internen Berichten überein, dass China der Aggressor war: „Die Analyse der Ereignisse entlang der chinesisch-sowjetischen Grenze seit der Krise am Ussuri-Fluss im März legt nahe, dass die Chinesen die Provokateure sind“, so der Geheimdienst des State Department im Juni 1969. Das typische chinesische Vorgehen „beginnt mit angeblichen Angriffen auf friedliebende Fischer oder Hirten durch sowjetische Grenzwachen, die eine Antwort der chinesischen Grenzwachen erforderlich machen. Die Ereignisse werden dann durch laute Propagandaschreie, Proteste und Warnungen gegen weitere Übertritte begleitet. Die Anwesenheit von Zivilisten in den direkten Grenzregionen ist wahrscheinlich durch die Chinesen strikt reguliert“410. Auch die CIA schätzt ein: „es scheint auf Grundlage der verfügbaren Indizien, dass die Chinesen den ersten Zusammenstoß ausgelöst haben“411.
Wem nützte die Zuspitzung des Konflikts mit der UdSSR? Der internationalen kommunistischen Bewegung? Oder doch eher den USA und den Führungsmächten des Imperialismus im Allgemeinen, die sich als lachende Dritte die Hände gerieben haben dürften? Die Antwort fällt nicht schwer.
Wie kam es dazu, dass die Chinesische Revolution, dieser großartige Akt zur Befreiung des größten Volkes der Erde, schon nach zwei Jahrzehnten und unter derselben Führung, die die Revolution angeführt hatte, zu einem Staat degenerierte, der mit dem Imperialismus gegen die kommunistische Weltbewegung paktierte und als Provokateur gegen die internationale kommunistische Bewegung agierte?
Mindestens ein Teil der Antwort liegt in Maos Fetschisierung der „nationalen Besonderheiten“. Mao ging aus von dem, was er für die nationalen Interessen Chinas hielt anstelle denen der internationalen Arbeiterklasse und folgte einem Verständnis von Widersprüchen, die mehr oder weniger beliebig austauschbar sind und es ermöglichten, mal den Kampf gegen den Imperialismus, dann wieder die Rivalität mit der Sowjetunion in den Vordergrund zu rücken. Diese weltanschaulichen Grundpositionen brachten ihn zuerst dazu, dass die KP Chinas unter seiner Führung sich von der Notwendigkeit einer internationalen kommunistischen Bewegung abwandte, dann dazu, dass sie sich von der internationalen kommunistischen Bewegung selbst abwandte und schließlich zum Bündnis mit dem US-Imperialismus und den westeuropäischen Imperialisten gegen die Staaten des Warschauer Vertrags. Mao, der sich als junger Mann dazu entschlossen hatte, dem Imperialismus den Kampf anzusagen und den Sozialismus in China zu erkämpfen, starb 1976 als Verräter an der kommunistischen Sache und objektiver Diener der Konterrevolution.
3 Maoismus heute
von Jakob Schulze
Wie bereits einleitend beschrieben, entspringt die Motivation für die hier dargelegte Analyse aus einem unmittelbaren Interesse: Auch noch 2024 existiert jene ideologische Strömung, die sich Maoismus nennt und sie hat in Deutschland und einer Reihe anderer Länder relevanten Einfluss vor allem unter jungen Kommunistinnen und Kommunisten. Insbesondere in den letzten Jahren sind in verschiedenen Städten in Deutschland neue junge kommunistische Gruppen entstanden, die sich durchweg von den strategischen Konzepten der DKP und anderer etablierter Organisationen und Parteien abgrenzen und an dessen Stelle offensiv Solidarität mit den bewaffneten Kämpfen auf den Philippinen, in Indien, in Peru412 und der Türkei propagieren. Ob dabei die Annahme besteht, dass diese Kämpfe mit einer richtigen Strategie und Taktik geführt werden und diese auch für den Kampf in Deutschland Relevanz hat, wissen wir nicht – es scheint zuweilen, dass die Radikalität des militärischen Widerstands und die Ablehnung einer Strategie des „friedlichen Übergangs zum Sozialismus“ im Vordergrund stehen. Wir wollen im Folgenden genauer darauf eingehen.
Die jeweiligen bewaffneten Kämpfe werden teilweise von Parteien geführt, die sich selbst als maoistische Parteien verstehen: Die Kommunistische Partei der Philippinen (KPPh), die Kommunistische Partei Indiens (maoistisch) (KPI(maoistisch)) und in die Kommunistische Partei Perus (KPP – Leuchtender Pfad). Diese Parteien weisen eine Reihe an ideologischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden auf, die wir hier beleuchten und ihre Relevanz für uns in Deutschland diskutieren wollen. Wir fokussieren uns dabei auf die KPPh und die KPI(maoistisch). Die maoistischen Parteien in der Türkei – die Kommunistische Partei der Türkei / Marxisten-Leninisten (TKP/ML) und die Maoistische Kommunistische Partei (MKP) werden wir hier nicht weiter diskutieren.
Uns interessiert, auf welchen Annahmen die Strategie im jeweiligen Land basiert, welche Bedeutung dabei Maos theoretischen Vorstellungen zufällt und welchen Einfluss die Theorien dieser Parteien auf das Strategie-Verständnis junger deutscher Kommunisten und Maoisten haben. Dieses Vorhaben macht es notwendig, immer wieder Rückbezüge zur konkreten Realität in diesen Ländern zu machen, die Frage nur von der theoretischen Seite zu betrachten ginge notwendig fehl. Allerdings werden wir keine ausführliche Analyse der Strategie und des bewaffneten Kampfes in den konkreten Bedingungen des jeweiligen Landes leisten – das ist weder unsere Aufgabe als Kommunisten in Deutschland, noch wäre es ohne viel Zeit und Mühe zu bewerkstelligen und damit die Gefahr groß, dass dabei eine zahnlose Kritik herauskommt.
3.1 Grundannahmen der heutigen maoistischen Strategie
Allen oben genannten Parteien ist eigen, dass sie bestimmte Aspekte der Strategie und Taktik der KPCh im langjährigen antijapanischen und Bürgerkrieg verallgemeinern und es Mao als Verdienst anrechnen, diese theoretischen Erkenntnisse gewonnen zu haben413. Verallgemeinert werden sowohl Maos Ansichten zu halbkolonialen und halbfeudalen Ländern, zur Bündnisfrage, zur strategischen Zielsetzung des Kampfes, zum Revolutionsverständnis, zur Rolle des bewaffneten Kampfes und der Armee in der Revolution und damit, etwas weiter gefasst, zur Frage der militärischen Strategie der Kommunisten.
3.1.1 Halbkoloniale und halbfeudale Länder
In Kapitel Maos Imperialismusverständnis sind wir ausführlicher auf die Frage der Einordnung halbkolonialer und halbfeudaler Länder durch Mao selbst eingegangen. Es ist oft nicht klar erkennbar, wo es sich bei Mao um Verallgemeinerungen für alle „halbkolonialen“ und „halbfeudalen“ Länder handelt und wo um Besonderheiten der chinesischen Verhältnisse. Dennoch gehen sowohl die philippinischen als auch die indischen Maoisten davon aus, dass es sich bei ihren Ländern um halbkoloniale und halbfeudale Länder handele, und sie beziehen sich bei dieser Einschätzung eindeutig auf die Aussagen Maos414.
So schreibt die KPPh in ihrem Programm:
„Die Philippinen sind halbkolonial, formal unabhängig, aber faktisch den Vereinigten Staaten unterworfen. Die Vereinigten Staaten haben ihre strategische und allseitige Macht über die Philippinen durch ungleiche Verträge, Abkommen und Vereinbarungen in allen Bereichen der philippinischen Gesellschaft – sozioökonomisch, politisch-militärisch und kulturell – aufrechterhalten. Die Sozialwirtschaft ist ein unterentwickeltes und halbfeudales Anhängsel der USA und des kapitalistischen Weltsystems. (…) Die einheimischen Ausbeuterklassen sind ihre wirtschaftlichen und finanziellen Erfüllungsgehilfen. Unter der Leitung der USA und anderer ausländischer Monopolunternehmen beuten sie die Bevölkerung aus und halten das Land rückständig.“415
Die Philippinen werden als „halbkoloniale“ Gesellschaft unter der Herrschaft der USA verstanden. Die einheimischen Ausbeuter sind „Erfüllungsgehilfen“, die das Land in Rückständigkeit halten würden. Teilweise benutzt die KPPh zur Beschreibung dieses Verhältnisses auch den Begriff „Neokolonialismus“416. Auch die KPI (maoistisch) vertritt die Auffassung, dass es sich in Indien um ein halbkoloniales (und halbfeudales) Wirtschaftssystem handele:
„Der Imperialismus hat das halbkoloniale, halbfeudale Wirtschaftssystem in unserem Land in den letzten sieben Jahrzehnten an einer unabhängigen Entwicklung gehindert. Er verwandelte unser Land weiter in eine Hilfswirtschaft der imperialistischen Wirtschaft. Die kolonialen, finanzwirtschaftlichen Beziehungen unseres Landes mit den imperialistischen Ländern vor der Machtübergabe wurden weiter ausgebaut. Imperialismus, Kompradoren, bürokratische Bourgeoisie und feudale Klassen arbeiten zusammen, um den natürlichen Reichtum und die Arbeitskraft der unterdrückten Menschen unseres Landes in großem Stil auszubeuten.“417
Ähnliche Vorstellungen finden sich auch bei der peruanischen KPP (Leuchtender Pfad). So übernahm ihr verstorbener Vorsitzender Abimael Guzman (Kampfname Gonzalo) Maos Einordnung zu China für die ökonomisch-politische Entwicklung Perus relativ starr und sprach von Peru als rückschrittlichem, halbfeudalen, halbkolonialen Land418. In der Argumentation wird eine rote Linie gezogen, von der Unterdrückung durch den britischen Imperialismus in der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Krieg mit Chile, bis zum Beginn des “bürokratischen Kapitalismus” 1895, der sich in den letzten Jahren vertieft habe419.
Das Wesen des sogenannten bürokratischen Kapitals definiert Gonzalo im Verhältnis zum Kapital und seiner Herrschaftsform insgesamt beispielsweise in seinem Interview Ende der 1980er Jahre:
„Auf einer halbfeudalen Grundlage und unter imperialistischer Herrschaft entwickelt sich ein Kapitalismus, ein zu spät gekommener Kapitalismus, ein Kapitalismus, der in der Bindung an den Feudalismus entsteht und der imperialistischen Herrschaft unterworfen ist. (…) Er entwickelt sich und verbindet das große monopolistische Kapital (…) Wenn dieser Kapitalismus eine bestimmte Stufen seiner Entwicklung erreicht hat, verbindet er sich mit der Staatsmacht und den ökonomischen Mitteln des Staates. Dieser Prozess erzeugt eine andere Fraktion innerhalb der Großbourgeoisie, die bürokratische Bourgeoisie. (…) Die Interpretation, den bürokratischen Kapitalismus mit dem staatlichen, monopolistischen zu identifizieren, ist eine revisionistische Auffassung.“420
Im Kapitel 2.3.1 ist auch beschrieben was Lenin unter „halbkolonialen“ Ländern verstand: Es ging nicht um einen bestimmten Typ der Länder, die, wie in den angeführten Zitaten angenommen, dauerhaft „formal unabhängig“ aber „faktisch unterworfen“ seien. Es ging vielmehr darum, mit dem Begriff „halbkolonial“ festzuhalten, dass diese Länder sich in einem Übergang befinden und nicht ganz klar war, ob sie sich vollständig zur Kolonie entwickeln würden oder im Gegenteil vollständig formal unabhängig wurden. Heute sind fast alle Länder weltweit formal unabhängig, aber durch ein weitverzweigtes Netz von ungleichen Verträgen, Abkommen und Vereinbarungen politisch, ökonomisch und militärisch abhängig von einer Vielzahl anderer Länder und diese von ihnen. Je schwächer die eigenen Bourgeoisie, desto stärker ungleich sind diese gegenseitigen Abhängigkeiten421.
Indien sowie die Philippinen verzeichnen seit Jahren eine starke Kapitalakkumulation: Nach Daten der Weltbank lag das durchschnittliche Wachstum des BIP in den Philippinen zwischen 2000 und 2022 bei 4,9% trotz des massiven Einbruchs während der Corona-Pandemie, in Indien im gleichen Zeitraum sogar bei 5,8%. Die rapide kapitalistische Entwicklung dieser Länder kann hier nicht im Detail dargestellt werden. Es sollte jedoch offensichtlich sein, dass das starke Wirtschaftswachstum in diesen Ländern mit einer Vertiefung der kapitalistischen Verhältnisse in der gesamten Gesellschaft einhergeht. Diese Kapitalakkumulation ist zweifellos, wie in allen kapitalistischen Ländern, eng mit der Entwicklung des Weltmarkts und der internationalen Kapitalströme verbunden. Es ist aber falsch, diese Einbindung in den Weltmarkt mit einer Abhängigkeit im absoluten Sinne zu verwechseln. Tendenziell führt eine beschleunigte Kapitalakkumulation immer auch zur Stärkung der Bourgeoisie eines Landes422.
Es ist also kein Alleinstellungsmerkmal der Philippinen oder Indiens, sondern ein Wesensmerkmal der gesamten imperialistischen Epoche, insbesondere wirkmächtig seit dem Ende der Kolonialherrschaft in den meisten Ländern. Die Anwendung von Begriffen wie „halbkolonial“ oder „neokolonial“ verschleiert die realen Verhältnisse insofern, dass sie die Rolle der eigenen Bourgeoisie im Land tendenziell unterschätzt. Dazu mehr in den folgenden Abschnitten.
Wie im obigen Zitat erkennbar, nennen die indischen Maoisten das indische Wirtschaftssystem zudem „halbfeudal“. Die philippinischen Maoisten gehen ebenso davon aus, dass die philippinische Wirtschaft unterentwickelt, agrarisch und vorindustriell sei, was zusammenfassend unter dem Begriff „halbfeudal“ gefasst werden könnte:
„Bis heute ist die philippinische Wirtschaft unterentwickelt, agrarisch und vorindustriell. Halbfeudal ist der treffendste Begriff für diese Wirtschaft, weil er auf das Fortbestehen des Bodens als Hauptproduktionsmittel und Hauptquelle des Überschussprodukts sowie auf die feudalen Produktionsverhältnisse an der Basis der Wirtschaft hinweist und weil er auch auf die strategische Dominanz einer einheimischen Großbourgeoisie hinweist, die nicht industriell, sondern kompradorisch ist und deren Hauptquelle für die auf den Philippinen produzierten Handelsgüter die Landwirtschaft ist.“423
Grund für die Annahme des „halbfeudalen“ Charakters sei also die Feststellung, dass der Boden als Hauptproduktionsmittel und als Hauptquelle des Überschussprodukts fortbesteht und es feudale Produktionsverhältnisse „an der Basis der Wirtschaft“ und eine „strategische Dominanz“ der „kompradorischen“ und nicht „industriellen“ Großbourgeoisie gebe. Diese Einschätzung der ökonomischen Verhältnisse auf den Philippinen wirft Fragen auf, auf die wir kurz eingehen wollen.
Betrachtet man die ökonomischen Sektoren des Landes, so nahm die Bedeutung der Landwirtschaft über die letzten Jahrzehnte in der Tendenz ab, bis auf ein historisches Tief von ca. 10% des BIP 2021. Der industrielle Sektor beträgt etwa ein Drittel und der Dienstleistungssektor ca. 60% des BIP424. Selbst wenn diese Zahlen übertrieben sein sollten425, scheint eine Umkehrung, d.h. ein Anteil der Landwirtschaft am BIP von über 50% und damit „Hauptquelle des Überschussproduktes“ unwahrscheinlich.
Eine ähnliche Situation zeigt sich auch in Peru: Die Ökonomie war in den letzten 10 Jahren größtenteils eine Dienstleistungsökonomie, die Industrie macht etwa ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes aus und die Landwirtschaft ungefähr 7%426. Dabei arbeitet ca. 25% des Volks in der Landwirtschaft und über die Hälfte im Dienstleistungssektor427. Ca. 70% der Bevölkerung lebt in den Städten428.
Doch sogar im Falle der Situation, dass der Großteil des BIP in der Landwirtschaft produziert werden würde, wäre das noch kein Beweis für eine „halbfeudale“ Produktionsweise. Ohne zu negieren, dass es in vielen Ländern auf der Welt noch zum Teil umfassende Zwangsverhältnisse auf dem Land gibt, dass also Landarbeiter und landlose Bauern gewaltsam gezwungen werden, für einen Großgrundbesitzer zu arbeiten, hat sich die Landwirtschaft im Wesentlichen zu einer kapitalistischen Landwirtschaft entwickelt. Selbst diejenige Mehrarbeit, die sich unter Zwang angeeignet wird, dient letztlich der Kapitalakkumulation und nicht der Aufrechterhaltung feudaler Herrschaft. Die umfassende kleinbäuerliche Wirtschaft in Ländern wie den Philippinen oder Indien ist ein Überbleibsel rückständiger Verhältnisse. Dennoch ist sie vollkommen in die kapitalistischen Produktionsweise eingebunden, seien die Unterdrückungsverhältnisse noch so stark und die Produktivkräfte noch so unterentwickelt.
Auch die Gegenüberstellung einer „kompradorischen“ und einer „industriellen“ Großbourgeoisie ist irreführend. Kennzeichnend für die Großbourgeoisie, genauer Monopolbourgeoisie, ist nicht, dass sie vor allem die Industrie kontrolliert. Die Großbourgeoisie ist im Wesentlichen Finanzbourgeoisie, sie repräsentiert die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Kennzeichnend für sie ist, dass sie ein solches Kapital angehäuft hat, dass sie in der Lage ist, ganze Wirtschaftszweige unter ihr Kommando zu bringen und durch eine marktbeherrschende Stellung Extraprofite zu generieren. Ob die Bourgeoisie diese Monopolstellung vor allem in der Industrie oder der Landwirtschaft, der Finanzwirtschaft oder im Einzelhandel etabliert ist nachrangig von Bedeutung: Es mag einen Einfluss darauf haben, wie stark diese Bourgeoisie im internationalen Vergleich ist – aber eben auch, dass sie „Gleiche unter Gleichen“ ist. Wir kommen auf diesen Punkt der Einordnung der „eigenen Bourgeoisie“ gleich zurück.
Die Annahmen über den halbkolonialen und halbfeudalen Charakter der Gesellschaft bilden ein zentrales Fundament der strategischen Orientierung der KPI(maoistisch) und der KPPh auf eine Revolution mit mehreren Etappen. Wie wir weiter unten sehen werden, unterscheiden beide Parteien in der Welt auf der einen Seite halbfeudale/halbkoloniale (oder koloniale) – oder allgemeiner: „unterdrückte“ Länder und kapitalistische Länder auf der anderen Seite. Je nach Typ Land gilt dementsprechend auch eine unterschiedliche Strategie.
3.1.2 Bündnis mit der „nationalen“ Bourgeoisie
In der Bündnisfrage vertrat Mao, wie im Kapitel Strategie und Taktik bei Mao dargestellt, die Auffassung, dass Teile der Bourgeoisie, die „nationale“ oder „mittlere“ Bourgeoisie als Bündnispartner im nationalen Befreiungskampf und teilweise sogar im Kampf um den Sozialismus und im sozialistischen Aufbau verstanden werden können. Praktisch hat sich in der chinesischen Revolution ein widersprüchlicher Umgang mit der „nationalen“ Bourgeoisie entwickelt, was dazu führte, dass die Vorstellungen eines langfristigen Aufbaus des Kapitalismus unter Beteiligung der nationalen Bourgeoisie unter der Führung der KP Chinas nicht umgesetzt wurden, sondern der Übergang zum Aufbau des Sozialismus nur wenige Jahre umfasste.
Ähnliche Vorstellungen zur Rolle der „nationalen“ Bourgeoisie im Unterschied zur „Kompradorenbourgeoisie“ wie denen, die Mao u.a. in seiner Schrift zur „Neuen Demokratie“429 äußert, finden sich in den zentralen Texten der philippinischen Maoisten:
„Die Partei führt das Grundbündnis der Arbeiter und Bauern, die Grundkräfte der Revolution, einschließlich des städtischen Kleinbürgertums, und die positiven Kräfte der Revolution, einschließlich der mittleren Bourgeoisie, dessen Doppelcharakter anerkannt werden muss. Sobald sie diese Bündnisse geschaffen hat, erweitert die Partei dieses Bündnis, indem sie die Spaltungen unter den Reaktionären ausnutzt und sich vorübergehende, unzuverlässige und instabile Verbündete zunutze macht, um den Feind der größtmöglichen Isolation, Schwäche und Vernichtungsreife auszusetzen.“430
Auch José Maria Sison, der 2022 verstorbene langjährige ideologische Führer der KPPh, beschreibt noch in einem Interview 2020 eindeutig die „mittlere“ Bourgeoisie als „Freund der Revolution“ und sogar als „treibende Kraft“ und demgegenüber die „Kompradoren-Großbourgeoisie“ als Feind:
„Die Freunde der Revolution sind die Arbeiterklasse, die Bauernschaft, das städtische Kleinbürgertum und die mittlere Bourgeoisie. Sie sind die treibenden Kräfte der Revolution. Die Feinde der Revolution sind die Kompradoren-Großbourgeoisie, die Klasse der Großgrundbesitzer und die bürokratischen Kapitalisten. Sie sind die Kräfte der Konterrevolution, die das herrschende System der Unterdrückung und Ausbeutung aufrechterhalten wollen.“431
Auch bei den indischen Maoisten finden sich eindeutige Formulierungen. In einer Resolution zur Darlegung ihres „Marxismus-Leninismus-Maoismus“ 2004 schreiben sie, dass die Einheitsfront auch die „nationale“ Bourgeoisie umfassen müsse:
„Der Aufbau der Einheitsfront der vier antiimperialistischen, anti-feudalen Klassen – der Arbeiterklasse, der Bauern, des Kleinbürgertums und der nationalen Bourgeoisie – auf der Grundlage des Bündnisses der Arbeiter und Bauern, ist ein weiterer großer Durchbruch im marxistisch-leninistischen Verständnis der Einheitsfront. (…) Die nationale Bourgeoisie wird zu bestimmten Zeiten und zu einem gewissen Grad an der Revolution gegen Imperialismus und Feudalismus teilnehmen. Deshalb wird die korrekte und falsche Behandlung der Beziehung zur nationalen Bourgeoisie ein weiteres Kennzeichen für die Partei des Proletariats sein.“432
Bezeichnend ist hier, dass die KPI(maoistisch) die Einbeziehung der „nationalen“ Bourgeoisie in die Einheitsfront gegen Imperialismus und Feudalismus als Kennzeichen einer revolutionären Partei festhält. In einem neueren Werk des Zentralkomitees von 2021 wird die „nationale“ Bourgeoisie als „Freund“ der Revolution verstanden, wenn auch „schwankend“:
„Das Proletariat wird diese Revolution anführen. Das Bauerntum wird die Hauptkraft in dieser Revolution sein. Die Mittelschicht (Kleinbürgertum) wird eine verlässliche, befreundete Kraft sein. Die nationale Bourgeoisie wird eine schwankende freundliche Kraft sein.“433
In dieser Schrift gibt die KPI (maoistisch) zusätzlich eine genauere Darstellung, wen sie unter der „nationalen“ Bourgeoisie fassen:
„Kleine und mittlere Industrielle, die Industrien/Handel mit einem Kapital von 50 Lakh bis 5 Crore Rupien434 betreiben, kleine und mittlere Bauunternehmer, Transportunternehmer, Besitzer verschiedener schwerer Maschinen (wie Erdbewegungsmaschinen (…)), kleine und mittlere Hotels und Pensionen fallen unter die nationale Bourgeoisie.“435
Die Grenze, wer zur nationalen Bourgeoisie zählt, wird hier also einerseits an bestimmten Sektoren der Wirtschaft festgemacht (Industrie, Handel, Bau, Transport, Maschinenverleih, Hotels), andererseits am Kapital im Einsatz. Diese nationale Bourgeoisie zählt für die indischen Maoisten zu den unterdrückten Klassen:
„Der bürokratische Kompradoren-Kapitalismus kollaboriert mit dem Imperialismus und verbündet sich mit dem Feudalismus. Er zerstört die kleinen und mittleren Industrien, unterdrückt nicht nur die Arbeiterklasse, die Bauernschaft und andere werktätige Massen, sondern auch die nationale Bourgeoisie.“436
Ähnliche Vorstellungen finden sich auch bei der KPP (Leuchtender Pfad). Wie auch Mao betont der ehemalige Vorsitzende Gonzalo den Widerspruch zwischen der nationalen Bourgeoisie und der Regierung – so kann auch für Peru ein Bündnis mit der Bourgeoisie argumentiert werden:
„Die nationale Bourgeoisie und mittleren Kapitalisten sehen zunehmende Einschränkungen hinsichtlich ihrer Betriebe und leiden ebenfalls unter den Folgen der intensivierten Ausführung der nationalen Industrie durch die Regierung. Gleichzeitig, im eigenen Bereich der Großbourgeoisie, verschärft sich die Rivalität zwischen den Fraktionen der bürokratischen und der Kompradorenbourgeoisie (…)“437
Schauen wir uns die Bourgeoisien in den drei Ländern an:
Die Kapitalstruktur in Peru ergibt ein undurchsichtiges Bild für die größten Unternehmen in Peru438: Die Besitzstruktur von Unternehmen wie der Sociedad Minera Cerro Verde S.A.439, Primax440, Seguro Social de Salud del Peru oder Inretail Peru Corp441und von Banken wie der Banco BBVA Peru442, Banco Internacional del Peru443 ist größtenteils verzweigt und undurchsichtig. Das Bergbauunternehmen Sociedad Minera Cerro ist beispielsweise zu größten Teilen in den Händen der US-amerikanischen Freeport-McMoRan Inc., die wiederum im Besitz sehr vieler verschiedener, größtenteils amerikanischer Finanzinstitute ist444. Diese Besitzverhältnisse treffen auch für die meisten anderen der genannten Kapitalien zu, einzelne Unternehmen sind in mexikanischer445 oder chinesischer446Hand, von ihnen sind nur wenige zu großen Teilen in den Händen des peruanischen Kapitals, wie der Brescia Familie447, Alberto Benavides448 oder Rodriguez-Pastor449 oder in den Händen des peruanischen Staats, wie die Seguro Social de Salud del Peru450 oder Union de Cervecerías Peruanas451.
Heute, 20-30 Jahre nach den Aussagen Gonzalos über Peru, scheinen in Peru (größtenteils) amerikanische Finanzinstitute einen großen Anteil an den Monopolunternehmen in Peru auszumachen, aber auch der peruanische Staat und Teile des nationalen Kapitals spielen eine wichtige Rolle in der verschärften Unterdrückung der peruanischen Arbeiterklasse und der im Imperialismus stetig fortschreitenden Konzentration und Zentralisation.
Auf den Philippinen wird das Bild schon klarer: So gehören die beiden größten Unternehmen der Philippinen der philippinischen Familie Sy, die laut Forbes als Generationenunternehmen über 200 Standorte in den Philippinen alleine von einer ihrer Firmen besitzt und 2017 die neuntreichste Familie in Asien war452. In dem Besitz eines der beiden Unternehmen, der SM Group, wiederum befindet sich das drittgrößte Unternehmen der Philippinen – die BDO Unibank. Ebenfalls an der Spitze steht die Ayala Group, die von spanischen Kapitalisten während der Kolonialzeit auf den Philippinen gegründet wurde und bis heute in der Hand der spanisch-stämmigen Familie Alaya ist. Auch die JG Summit Holdings, Inc. von John Gokongwei Jr., ein Konglomerat, das Nahrungsmittel und Getränke, die Fluggesellschaft Cebu Air, Immobilien und weitere Bereiche umfasst, hat bedeutenden Einfluss auf den Philippinen453. Auch eine ganze Reihe weiterer großer Unternehmen existiert heute auf den Philippinen454.
Es müsste begründet werden, warum diese Monopolbourgeoisie in den Philippinen ausschließlich „Kompradorenkapital“, Vasall anderer Mächte sein soll, und nicht vor allem ihre eigenen „nationalen“ Interessen verfolgt.
In Indien ist die Lage bekannterweise noch viel eindeutiger. Der indische Kapitalist Mukesh Ambani ist nicht nur reichster Inder, sondern laut der aktuellen Forbes-Liste neuntreichster Mann der Welt455. Er steht an der Spitze des größten indischen Konzerns, der „Reliance Industries“. Neben diesem Konzern befinden sich mittlerweile sieben indische Unternehmen unter den Top 500 Unternehmen der Welt gemessen am Gewinn456. Mehrheitlich sind es Energie- oder Industrieunternehmen. Indien rangiert mittlerweile auf Platz 3 des weltweiten Bruttoinlandsprodukts gemessen an der Kaufkraftparität457. Auch wenn ein relevanter Teil des indischen BIP von ausländischen Unternehmen erwirtschaftet wird, zeigt die Platzierung die große (und in den letzten Jahrzehnten stark gewachsene) Bedeutung Indiens als kapitalistischem Staat und damit auch die Bedeutung seiner Bourgeoisie auf weltweiter Ebene.
Die KPI(maoistisch) behauptet, dass Indien vom Imperialismus und seinen „Kompradoren“ beherrscht werde. Die Annahme, dass es sich bei den hier beschriebenen Unternehmen ausschließlich um „Kompradoren“ handelt, die im Interesse anderer Imperialisten handele, kann nicht den realen Verhältnissen entsprechen, es würde die materialistische Analyse der Welt missachten, dass sich die Macht im Imperialismus noch immer grundlegend nach dem Anteil am weltweit produzierten Mehrwert richtet458. Auch gibt es keinen erkennbaren Anlass anzunehmen, die indische Regierung würde nicht die Interessen der eigenen Bourgeoisie vertreten, wenn es beispielsweise den westlichen Sanktionen gegen Russland nicht zustimmt und weiter umfassenden Handel (inkl. Waffen) mit Russland betreibt459.
Der Kompradoren-Bourgeoisie wird die „nationale“ bzw. „mittlere“ Bourgeoisie entgegengestellt. Bei der KPI(maoistisch) sind damit auch Unternehmen gemeint, die über ein Eigenkapital von umgerechnet über 500 000 Euro verfügen. Das ist für Deutschland tatsächlich keine besonders große Summe und entspricht einem kleinen Unternehmen – es stellt sich allerdings die Frage, welche zur Monopolbourgeoisie unterschiedliche Interessen sich daraus ergeben? Denn grundlegend handelt es sich bei der Bourgeoisie um eine Klasse und nicht um mehrere verschiedene Klassen wie „Großbourgeoisie“, „mittlere Bourgeoisie“, und „kleine Bourgeoisie“. Daher haben die einzelnen Kapitalisten auch grundlegend dieselben Klasseninteressen: Die Ausbeutung der Arbeiterklasse zur Ausdehnung ihres Kapitals und ihres Reichtums. Das sich unterhalb dieser unverrückbaren Klasseninteressen Widersprüche zeigen, ist bedingt durch die ungleichmäßige Entwicklung der Gesellschaft: Insbesondere der Widerspruch zwischen Monopolkapital und nicht-monopolistischem Kapital ist dabei von großer Bedeutung und gerade hier können sich unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf das Handeln des Staates ausdrücken: Beispielsweise Schutzzölle um die eigenen Produkte und die eigene Produktion zu schützen und die möglicherweise stärkere internationale Konkurrenz auszuschalten.
Diese Widersprüche zwischen Monopolbourgeoisie und nicht-monopolistischer Bourgeoisie sind allerdings auch Ausdruck einer ungleichen gegenseitigen Abhängigkeit. Die Monopolbourgeoisie ist auf die Existenz der nicht-monopolistischen Bourgeoisie in denjenigen Wirtschaftszweigen angewiesen, wo es sich für sie nicht lohnen würde selbst zu investieren und zu produzieren. Umgekehrt ist die nicht-monopolistische Bourgeoisie auf die Monopolbourgeoisie angewiesen, weil die riesigen Konzerne potentielle Abnehmer für die eigenen Waren sind und mit riesigen Auftragsvolumen für sichere Profite sorgen usw. Die gesamte Wirtschaft ist letztlich ein Netz aus ungleichen gegenseitigen Abhängigkeiten und an den Bedürfnissen der Monopolkonzerne orientiert.
Eine solche Unterscheidung, wie es die KPPh und die KPI(maoistisch) machen, suggeriert, dass es unterschiedliche Klasseninteressen innerhalb der Bourgeoisie geben kann. Es wird deutlich, dass sich hier das widersprüchliche Verständnis Maos widerspiegelt, welches wir in Kapitel Klassenverständnis: Begriffsverwirrungen und daraus resultierende Probleme ausführlich dargestellt haben. Die Bourgeoisie wird stärker nach ihrer aktuellen politischen Haltung bewertet, als nach ihrem grundlegenden materiellen Interesse. Das sich ein Teil der Bourgeoisie heute als Bündnispartner an die Seite der Arbeiterklasse gegen die Monopolbourgeoisie stellen würde ist ausgeschlossen – und entspricht eher reformistischen Konzepten wie der „Antimonopolistischen Demokratie“ der DKP460.
Selbst in der historischen Betrachtung der Epoche des Imperialismus sind die Momente, in der ein Teil der Bourgeoisie eine fortschrittliche Rolle eingenommen haben, begrenzt – letztlich hat sie die Arbeiterklasse und andere werktätige Schichten wie die Kleinbauern meist verraten. Das gilt auch für die vielen nationalen Befreiungskämpfe. Selbst beim Beispiel der Revolution in Russland war es Lenin und den Bolschewiki spätestens seit der gescheiterten Revolution 1905 klar, dass die Bauern und städtischen Kleinbürger als Bündnispartner zum Sturz des Zarismus verstanden werden konnten, keineswegs aber die liberal-monarchistische oder die republikanische Bourgeoisie461. Die Bolschewiki betonten immer das Prinzip, den Klassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat als den entscheidenden Faktor der gesellschaftlichen Entwicklung zu begreifen und so zu handeln, dass dieser Klassenkampf revolutionär im Sinne des Proletariats gelöst werde.
Sowohl bei den philippinischen, als auch bei den indischen und peruanischen Maoisten wird also angenommen, dass ein Teil der Bourgeoisie ein, wenn auch schwankendes, Interesse an der Revolution hat und damit ein Interesse zur Überwindung und nicht Aufrechterhaltung der gegebenen Bedingungen. Doch welche Bedingungen und damit welche Revolution sind gemeint?
3.1.3 Revolutions- und Sozialismusverständnis
Die strategische Zielstellung ist nicht unmittelbar die sozialistische Revolution, sondern eine „national-demokratische“ oder „volksdemokratische“462 Revolution als notwendige Etappe vor der sozialistischen Revolution. Das bedeutet, dass auch die Akkumulation des Kapitals als grundlegendes Strukturmerkmal der Gesellschaft durch diese erste Etappe der Revolution nicht überwunden werden soll. Hier wird das strategische Konzept von Maos „neudemokratischer Revolution“ deutlich, auf welches wir ausführlich im Kapitel Strategie und Taktik bei Mao eingegangen sind.
Zwei wesentliche Annahmen liegen dieser strategischen Orientierung zugrunde: Einerseits wird davon ausgegangen, dass die Produktivkräfte im eigenen Land noch nicht ausreichend für den Sozialismus entwickelt seien, weshalb eine Übergangszeit nötig sei, „in der sich sozialistische und bürgerlich-demokratische Wirtschaftsmaßnahmen überschneiden“ und es „in der Volkswirtschaft Sektoren wie den staatlichen Sektor, den genossenschaftlichen Sektor, den gemeinsamen staatlich-privaten Sektor und den privaten Sektor der kleinen und mittleren Unternehmen geben“463 soll. Diejenige Kraft, die für eine nationale Industrialisierung stünde (die „nationale“ Bourgeoisie, neben der Arbeiterklasse und den Bauern) sei vom Imperialismus unterdrückt. Daher sei die nationale Befreiung vom Imperialismus zentraler Inhalt der Revolution. Andererseits wird eine feudale Ausbeutung der Bauernschaft angenommen, welche durch die Agrarrevolution (Landverteilung im Interesse der armen Bauern) überwunden werden muss, bevor die sozialistische Revolution beginnen kann. So schreibt Sison:
„Im Namen der philippinischen Arbeiterklasse hat die KPPh in einem grundlegenden Bündnis mit der Bauernschaft die Führung übernommen und tritt für eine Agrarrevolution und eine nationale Industrialisierung im Rahmen einer demokratischen Volksrevolution mit einer sozialistischen Perspektive ein. Diese Revolution zielt darauf ab, den Griff des ausländischen Monopolkapitalismus auf die philippinische Wirtschaft zu brechen und den Ausbeuterklassen der großen Kompradoren, Großgrundbesitzer und bürokratischen Kapitalisten die Macht zu entziehen, die Wirtschaft zu kontrollieren.“464
Auch die KPI(maoistisch) vertritt, dass die „demokratische Volksrevolution“ in Indien zwei Aspekte in sich vereint, die nationale Befreiung vom Imperialismus und die Befreiung der Bauern vom Feudalismus.
„Die nationale und die demokratische Revolution, die sich gegen die Hauptfeinde der Revolution – den Imperialismus und seine Lakaien, die Großbourgeoisie und den Feudalismus – richten, sind zwar zwei verschiedene Arten von grundlegenden Aufgaben im gesamten Prozess der indischen Revolution oder der demokratischen Volksrevolution, aber die eine kann nicht von der anderen getrennt werden. (…) Die beiden grundlegenden Aufgaben der nationalen Revolution und der demokratischen Revolution sind also gleichzeitig verschieden und miteinander verwoben. Es ist falsch, die nationale Revolution und die demokratische Revolution als zwei völlig unterschiedliche Etappen der Revolution zu betrachten. Der Hauptinhalt der neuen demokratischen Revolution ist die agrarische Revolution.“465
Beide Parteien gehen davon aus, dass die zwei Etappen der Revolution – „volksdemokratische“ und sozialistische – letztlich nicht voneinander getrennt sind, sondern die erste Etappe mit einer „sozialistischen Perspektive“ durchgeführt werden müsse. Die sozialistische Revolution wird also sowohl von den philippinischen, als auch den indischen Maoisten als strategisches Ziel nach dem „vollständigen Sieg“466 der „neudemokratischen“ oder „volksdemokratischen“ Revolution gesetzt. Es finden sich unterschiedliche Aussagen dazu, wann dieser „vollständige Sieg“ erreicht sei.
So spricht die KPPh davon, dass er erreicht sei, sobald die politische Machtübernahme in der „national-demokratischen Revolution“ erfolgt ist. Mit der sozialistischer Revolution wird dann allerdings nicht mehr ein Moment der Machtübernahme durch die Arbeiterklasse, sondern der Aufbau sozialistischer ökonomischer Beziehungen (unter Beibehaltung bestimmter kapitalistischer Beziehungen während des „Übergangs“) bereits durch den „volksdemokratischen“ Staat verbunden:
„Nach der grundlegenden Vollendung der nationalen demokratischen Revolution durch die Eroberung der politischen Macht werden die sozialistische Revolution und der sozialistische Aufbau beginnen. Das öffentliche Eigentum an den Produktionsmitteln wird vorherrschend werden, und die staatliche Wirtschaftsplanung wird die Entwicklung einer ausgewogenen sozialistischen Wirtschaft lenken. Allerdings wird es übergangsweise Zugeständnisse an bestimmte positive Formen der Privatwirtschaft geben.“467
Bei der KPI(maoistisch) scheint eine Abgrenzung von „volksdemokratischer“ und sozialistischer Revolution noch schwieriger:
„Das Mindestprogramm unserer Partei ist die Errichtung des Sozialismus durch die Verwirklichung der neudemokratischen Revolution, und das Endprogramm ist die Errichtung des Kommunismus im Weltmaßstab. (…) Diese Revolution wird eine freie, unabhängige und sich entwickelnde neue demokratische Wirtschaft anstelle der halbkolonialen, halbfeudalen Wirtschaft schaffen, die die Grundlage der sozialistischen Wirtschaft sein wird.“468
Explizit wird die Errichtung des Sozialismus als Resultat der „neudemokratischen“ Revolution gesetzt, es macht fast den Anschein, als wäre eine explizite sozialistische Revolution nicht mehr nötig. Eine „demokratische“ Wirtschaft bedeutet hier eine Wirtschaft im Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus, auf Basis der Enteignung der ausländischen und Großunternehmen und des Großgrundbesitzes. Sie soll auf die Entwicklung und den Schutz des Binnenmarktes469 und einer nationalen Industrie gerichtet sein und das Kleineigentum von Bauern als Grundlage landwirtschaftlicher Produktion begreifen470. Diese Wirtschaft soll damit die Grundlage der sozialistischen Wirtschaft bilden. Auch hier klingen Ähnlichkeiten zur Vorstellung einer „antimonopolistischen Demokratie“ wie beispielsweise der DKP an, in der davon ausgegangen wird, dass es möglich sei, aus dem imperialistischen Stadium des Kapitalismus mit der Dominanz der Monopole in die Etappe einer „antimonopolistischen Umwälzung” überzugehen, in der „in der noch Elemente des Kapitalismus und schon Keimformen des Sozialismus vorhanden sind” um dadurch „den Weg für den weiteren Kampf um den Sozialismus freizumachen”471.
Tatsächlich kommen die Begriffe „sozialistische Revolution“ oder „proletarische Revolution“ in zentralen Dokumenten der KPI(maoistisch), wie ihrem Programm und ihrem zentralen Text zur Strategie und Taktik472 auch nur einzelne Male vor und dabei ausschließlich auf die „sozialistische Weltrevolution“ bzw. die historischen Beispiele der „proletarischen Revolutionen in Russland und China“ bezogen.
Die Widersprüchlichkeit, die sich in der unklaren Abgrenzung der beiden Etappen der Revolution zeigt, haben wir auch schon bei Maos Konzept der „neudemokratischen Revolution“ in Kapitel Strategie und Taktik bei Mao diskutiert. Sowohl die indischen, als auch die philippinischen Maoisten gehen davon aus, dass die „volksdemokratische“ Revolution einen „neudemokratischen“ oder „volksdemokratischen“ Staat schaffen müsse. Dieser Staat sei von einer Einheitsfront aus mehreren Klassen einschließlich der „nationalen“ Bourgeoisie geleitet, allerdings immer unter der Führung der Arbeiterklasse. So schreibt die KPI(maoistisch):
„Daher besteht das unmittelbare Grundprogramm der politischen Vertreter des indischen Proletariats und seiner Avantgarde – der kommunistischen Partei – darin, die halbkoloniale, halbfeudale Herrschaft der bürgerlichen bürokratischen Großgrundbesitzer-Komprador Bourgeoisie-Klassen (big landlord-comprador bureaucratic bourgeoisie classes) und des Imperialismus, der sie unterstützt, durch bewaffneten Kampf zu stürzen und einen demokratischen Volksstaat unter der Führung des Proletariats – den Neudemokratischen Staat – zu errichten, indem der reaktionäre autokratische Staat an seiner Stelle zerschlagen wird. Dieser neue demokratische Staat wird die demokratische Diktatur des Volkes sein, die von der Einheitsfront aus Proletariat, Bauernschaft, Kleinbürgertum und nationaler Bourgeoisie unter der Führung des Proletariats auf der Grundlage des Arbeiter-Bauern-Bündnisses ausgeübt wird. Der Staat wird eine echte Demokratie für die große Mehrheit des Volkes garantieren, während er die Diktatur über die winzige Minderheit der Ausbeuter ausübt.“473
Auch die KPPh geht von einem Staat aus, der von einem Klassenbündnis unter der Führung des Proletariats gelenkt wird. Teil dieses Klassenbündnisses ist auch hier die „nationale“ Bourgeoisie:
„Das Endziel der demokratischen Volksrevolution ist die Errichtung des demokratischen Volksstaates und einer Koalitions- oder Einheitsfrontregierung. Der demokratische Volksstaat steht unter der Führung der Arbeiterklasse, gründet sich auf das grundlegende Bündnis der Arbeiterklasse und der Bauernschaft und schließt andere demokratische Klassen wie das städtische Kleinbürgertum und die nationale Bourgeoisie ein. Die Partei als Regierungspartei bildet in Vertretung der Arbeiterklasse die Regierung in Form einer Koalition oder Einheitsfront aller demokratischen Klassen.“474
Im Widerspruch zur Vorstellung einer „Koalitions- oder Einheitsfrontregierung“ formuliert Sison, dass „das Wesen und der Kern der Staatsmacht (…) bereits sozialistisch“ und damit „als Klassendiktatur des Proletariats bestehen und geführt werden“475soll.
Die Führung der Arbeiterklasse realisiert sich also durch die Führung der Kommunistischen Partei in der Regierung des Staates. Dennoch soll es eine Koalitionsregierung sein, die auch Teile der Bourgeoisie umfasst, also den Erzfeind der Arbeiterklasse. Es stellt sich die Frage, welches Interesse diese Bourgeoisie daran haben kann, schrittweise die kapitalistischen Beziehungen in der Wirtschaft abzubauen und die sozialistischen Beziehungen aufzubauen, bedeutet es doch nur ihre eigene fortschreitende Enteignung. Wird sie aber in eine Koalitionsregierung integriert, bedeutet es notwendig, dass ein Teil der Macht im Staat in ihren Händen liegt – der reine Verweis darauf, dass die Führung in den Händen der Arbeiterklasse (durch die Kommunistische Partei) liegt, reicht zur Absicherung nicht aus. Zugespitzt: Das Beispiel der KP Chinas zeigt deutlich, dass sich die konterrevolutionären Kräfte auch innerhalb der KP durchsetzen und eine „stille“ Konterrevolution durchführen konnten, auch ohne die KP abzuschaffen und offiziell die Wiedereinführung des Kapitalismus zu propagieren476.
Die indischen und philippinischen Maoisten sehen als Schutz gegen die Konterrevolution nach der „volksdemokratischen“ Revolution das maoistische Konzept der Kulturrevolutionen vor477. Wir sind auf die in Summe negativen Auswirkungen der Kulturrevolution in China unter Mao in Kapitel Maos Verständnis vom Aufbau des Sozialismus: Zwischen rechtem und linkem Opportunismus eingegangen. Ohne hier tiefer auf das Verständnis der KPI(maoistisch) und der KPPh eingehen zu können, ist deutlich, dass es sich um die Vorstellung handelt, dass man im Wesentlichen durch einen politisch-ideologischen Kampf die Konterrevolution besiegen kann. Die historischen Erfahrungen des Sozialismus, nicht nur in China, sondern insbesondere in der Sowjetunion und unser grundlegend materialistisches Weltverständnis zeigen allerdings, dass die Veränderungen an der Basis, also der ökonomischen Verfasstheit der Gesellschaft, in letzter Instanz wichtiger und wirksamer sind als diejenigen im politisch-ideologischen Überbau. Es war insbesondere die Vorstellung, dass zentrale Planwirtschaft und kapitalistische Warenproduktion im Sozialismus koexistieren können, die die revisionistische und letztlich konterrevolutionäre Wende in der Sowjetunion und auch in China ermöglichten478. Jedoch bedeutet die Aufrechterhaltung und Entwicklung der Warenproduktion im Sozialismus notwendig eine fortschreitende Schwächung der zentralen Planwirtschaft und damit des Fundaments der Diktatur des Proletariats und des Sozialismus überhaupt. Die richtige Schlussfolgerung aus diesen historischen Erfahrungen muss es sein, sukzessive und so zügig wie möglich die Warenproduktion zurückzudrängen, sowohl in der Industrie, als auch in der Landwirtschaft. Natürlich umfasst das auch einen ideologisch-politischen Kampf zur Umsetzung dieser Maßnahmen – Voraussetzung dafür ist aber ein tiefgehendes Verständnis der ökonomischen Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen und der sozialistischen Gesellschaft, um die richtigen Maßnahmen überhaupt benennen zu können.
Wie wir an den obigen Zitaten sehen können, bieten aber beide hier diskutierten Parteien eine breite offene Flanke für revisionistische Sozialismusvorstellungen: Anstatt dem Privateigentum den unversöhnlichen Kampf anzusagen und seinem Träger, der Bourgeoisie jede Einflussnahme auf die Entwicklung des Sozialismus zu untersagen, vertreten die KPPh und die KPI(maoistisch) Konzepte zur Förderung „bestimmter Formen“ des Privateigentums, der Marktwirtschaft und stehen für eine Beteiligung der Bourgeoisie an einer gemeinsamen Regierung mit der Arbeiterklasse. Sich zu erhoffen, dass eine „nationale Industrialisierung“ durch die Unterstützung der „nationalen“ Bourgeoisie im Sozialismus (oder in der davorliegenden Etappe) möglich ist, ist jedoch eine große Gefahr. Man überlässt einen Bereich der Ökonomie und der Gesellschaft den kapitalistischen Triebkräften, in der Hoffnung, sie (längerfristig) in diesem Bereich eindämmen und „nutzen” zu können. Jedoch tendieren die kapitalistischen Triebkräfte notwendig zur Expansion, zur Einverleibung aller gesellschaftlicher Bereiche, wie wir am heutigen Kapitalismus sehr gut sehen können. Selbstredend werden auch die Träger der kapitalistischen Triebkräfte, die „nationale” Bourgeoisie, keine Möglichkeit verspielen, ihre Ausbeutungsbeziehungen auszudehnen und auch im Staat auf eine solche Expansion hinzuwirken.
Der Verweis der KPPh in ihrem Programm, dass die Partei nach „der sozialistischen Umgestaltung der Industrie und der gesamten Wirtschaft (…) dafür sorgen [muss], dass es keinen Rückfall in das Privateigentum an den Produktionsmitteln gibt“ relativiert dabei die grundlegend problematische Vorstellung nicht: Es wird angenommen, dass man durch die Förderung des Privateigentums in der Industrie und auf dem Land die Produktivkräfte so entfalten kann, dass sie für den Sozialismus ausreichend entwickelt seien479. Die historischen Erfahrungen zeigen aber das Gegenteil: Erst durch die Errichtung sozialistischer Beziehungen in der gesamten Ökonomie gelang es der Sowjetunion aus einer rückständigen kapitalistischen Ökonomie zu einer der führenden Ökonomien der Welt zu werden – kein kapitalistisches Land, außer unter sehr speziellen Bedingungen, ist zu solchen Steigerungen in der Entwicklung der Produktivkräfte fähig. Auch wenn wir hier keine ausführliche Analyse der Neuen Ökonomischen Politik in der Sowjetunion der Zwanziger Jahre leisten können, kann nicht einfach von einer Verallgemeinerung dieser Politik für den sozialistischen Aufbau in allen Ländern ausgegangen werden.
Laut der KPI(maoistisch) und der KPPh muss der Sozialismus nicht mehr durch die Erringung der Macht und den Sturz der gesamten Bourgeoisie unter der Diktatur des Proletariats errichtet werden, sondern er kann durch die Erringung der Macht durch ein Klassenbündnis mit Teilen der Bourgeoisie und den Sturz eines anderen Teils der Bourgeoisie unter einer Koalitionsregierung aus verschiedenen Klassen errichtet werden. Die klare Vorstellung der Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt, welche einzig ein konsequentes objektives Interesse an der Errichtung und Entwicklung des Sozialismus hat, wird abgeschwächt zugunsten einer Bündnisvorstellung, die zwar auf die Führung der Arbeiterklasse setzt, aber nicht erklärt, wie sie gewährleistet werden soll, wenn ein Teil der Bourgeoisie seine ökonomische (und damit politische) Macht behalten, bzw. durch die Verdrängung ausländischer Monopolisten sogar noch in ihrer Macht gestärkt werden soll.
3.1.4 Revolutionäre Situation und militärische Strategie
Wir haben in Kapitel Strategie und Taktik bei Mao die militärische Strategie des „langwierigen Volkskriegs“ von Mao diskutiert und zuvor die Besonderheiten im historischen China herausgearbeitet, die dem Erfolg dieser Strategie zugrunde lagen. Die japanische Aggression und Besatzung, der Status als Halbkolonie, in der verschiedene imperialistische Mächte um die Vorherrschaft kämpfen, der schwache, noch uneinheitliche Staat der chinesischen Bourgeoisie, das Massenelend und die Unterdrückung der Arbeiter und Bauern erzeugten in China ab Ende der 1920er Jahre eine revolutionäre Situation, die sich über einen langen Zeitraum bis zum Sieg der Roten Armee 1949 zog.
Eine solche revolutionäre Situation ist kein Produkt des Willens der Beteiligten. Eine revolutionäre Situation ist das Resultat der objektiven Entwicklung, die immer wieder zu Krisen in der Herrschaft der Bourgeoisie führen muss – die kapitalistischen Produktionsverhältnisse entsprechen in ihrem imperialistischen Stadium nicht mehr dem Stand der gesellschaftlichen Produktivkräfte, sie sind zur Fessel geworden. Periodisch werden diese Fesseln so unerträglich, dass die ausgebeuteten Arbeiter beginnen, sich massenhaft und spontan zu wehren und die ausbeutenden Kapitalisten beginnen, mit den drastischsten Mitteln ihre Herrschaft aufrecht zu erhalten. Lenin spricht in diesem Kontext von einer „gesamtnationalen Krise“ in welcher die Arbeiter „in der alten Weise ‚nicht leben wollen‘“ und die Kapitalisten „in der alten Weise ‚nicht leben können‘“480. Die Kapitalisten sind nicht mehr einfach in der Lage, ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten, sie „schwanken“, sei es aufgrund der Involviertheit in einen imperialistischen Krieg, sei es aufgrund einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise oder gar beidem zusammen. Das ist der Moment, in dem die Kommunisten, gut vorbereitet durch langjährige kontinuierliche Arbeit, die Chance bekommen, sich an die Spitze der spontanen Massenkämpfe und damit der gesamten Arbeiterklasse und aller Werktätigen zu zu stellen und den Kampf um die Macht zu führen.
Es ist eine Besonderheit, dass eine revolutionäre Situation wie in China über einen solch langen Zeitraum anhält und die Kommunisten die Möglichkeit hatten, eigene Stützpunktgebiete über längere Phasen aufrechtzuerhalten. Die antifaschistischen Partisanenkämpfe in der revolutionären Situation in Griechenland, Albanien, Jugoslawien, Korea oder Indochina am Ende oder nach Ende des zweiten Weltkriegs haben gezeigt, wie sich der Kampf um die Macht durchaus aus der Form des Partisanenkampfes in einem imperialistischen Krieg zu einem revolutionären Bürgerkrieg über mehrere Jahre entwickeln kann.
Will man jedoch diesen Zusammenhang zwischen imperialistischem Krieg und revolutionären Bürgerkrieg nicht willkürlich auflösen oder die historischen Besonderheiten Chinas ignorieren, stellt sich die Frage, in welchen Ländern diese Bedingungen heute existent sind, also eine revolutionäre Situation vorherrscht. Sowohl die indischen als auch die philippinischen Maoisten nehmen an, dass eine „chronische“ oder „dauerhafte“ Krise in ihren Ländern vorherrscht und daher der Kampf entsprechend der maoistischen Strategie geführt werden müsse. Der Begriff „revolutionäre Situation“ wird quasi nicht verwendet.
Schauen wir uns dieses Verständnis der Krise genauer an. Lenin ging, wie oben beschrieben, davon aus, dass die dialektische Entwicklung der Gesellschaft immer wieder Momente beinhaltet, in der sich die gesellschaftliche Situation aufgrund quantitativer Entwicklungen (z.B. Zunahme des Massenelends, Inflation, Kriegskosten usw.) einen qualitativen Sprung macht. Diesen Zustand nennt er „gesamtnationale Krise“.
Bei der KPI(maoistisch) ist das Verständnis der Krise widersprüchlich. Einerseits verstehen sie darunter einen Dauerzustand der Entwicklung des Imperialismus. Andererseits versteht sie auch abgegrenzte Momente wie einzelne Wirtschaftskrisen als eine solche Krise. Sie unterscheiden außerdem zwischen ökonomischer, ökologischer u.a. Krisen. Lesen wir nach:
„Die Krise des Imperialismus, die sich Anfang der 70er Jahre abzeichnete, vertieft sich immer weiter. (…) Daher haben sie [die Imperialisten – Anmerkung KO] die imperialistische Politik der Privatisierung, Liberalisierung und Globalisierung verstärkt vorangetrieben. (…) Trotzdem hat die Krise des Imperialismus in den letzten Jahren einen neuen, seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gekannten Höhepunkt erreicht, und die normalen Mittel zur Lösung der Krise sind bereits erschöpft.“481
Über die Wirtschaftskrise von 2008 schreiben sie, dass diese sich zu einer „großen“ bzw. „dauerhaften“ Krise ausgebreitet hat:
„Diese Krise dauert seit 2008 ununterbrochen an. Sie hat sich auf der ganzen Welt ausgebreitet, und selbst eine kleine Krise hat sich auf regionaler und interkontinentaler Ebene ausgebreitet und einen großen/dauerhaften Charakter angenommen. (…) Die Wirtschaftskrise ist die wichtigste Grundfrage des Kapitalismus. Sie stößt die Mehrheit der Menschen in schreckliche Bedingungen und akkumuliert Kapital. Sie bedeutet, dass eine Handvoll Kapitalisten den größten Teil des Reichtums eines Landes oder der Welt kontrolliert und die Mehrheit der Menschen in die Armut stößt.“482
Diese „allgemeine Krise“, in der sich der Imperialismus befinde, sei folglich der „fruchtbare Boden“ für einen neuen Aufschwung der Volksbewegung und der revolutionären Bewegung.
„Heute bietet die sich ständig verschärfende wirtschaftliche und politische Krise im Lande als Teil der allgemeinen Krise auf der internationalen Bühne einen fruchtbaren Boden für eine neue Flut von Volksbewegungen, einschließlich der revolutionären Bewegung unter der Führung unserer vereinigten Partei. Indem die vereinigte Partei der Volksbewegung landesweit die dringend benötigte Führung gibt, wird sie den bewaffneten agrarrevolutionären Krieg im ganzen Land beschleunigen.“483
Die KPPh argumentiert ähnlich und spricht von der „chronischen Krise“ die den „langwierigen Volkskrieg“ möglich und notwendig mache:
„Solange das herrschende System auf den Philippinen halbkolonial und halbfeudal ist, besteht die dringende Notwendigkeit einer neuen demokratischen Revolution, und es gibt einen fruchtbaren Boden für das Erstarken und Voranschreiten der bewaffneten revolutionären Bewegung des Volkes. Die chronische Krise des Systems macht den langwierigen Volkskrieg möglich und notwendig. Und diese Krise verschärft sich immer mehr.“484
Sie gehen in ihrem Programm von 2016 davon aus, dass die objektiven Bedingungen auf den Philippinen „außerordentlich günstig“ seien für das Erstarken der revolutionären Kräfte:
„Die objektiven inneren Bedingungen für das weitere Erstarken und den Vormarsch der revolutionären Kräfte sind außerordentlich günstig. Das philippinische Volk, die Partei und alle anderen revolutionären Kräfte haben die Entschlossenheit, die Zähigkeit und die Zuversicht, die demokratische Volksrevolution durch einen langwierigen Volkskrieg auf dem fruchtbaren Boden der chronischen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise des Landes fortzusetzen, die durch die Weltkrise noch verschärft wird.“485
Wir können also festhalten, dass der Begriff der Krise für unterschiedliche Phänomene verwendet wird und vor allem von einer „Dauerkrise“ ausgegangen wird. Der Begriff der „allgemeinen Krise“ wird auch verwendet, möglicherweise in Anlehnung an den Begriff, der vor allem von der sowjetischen Wissenschaft geprägt wurde486. Sowohl die Weltwirtschaft als auch die Wirtschaft in Indien und den Philippinen sind von einer „Dauerkrise“ betroffen, die sich immer weiter verschärft. Ohne im Detail auf die wirtschaftliche Entwicklung beider Länder oder der Weltwirtschaft einzugehen, scheint diese Annahme nicht plausibel, da sowohl die philippinische, als auch und insbesondere die indische Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten gewachsen sind487.
Wenn die maoistischen Parteien von einer „Dauerkrise“ der Weltwirtschaft sprechen, bleibt im Unklaren, was damit genau gemeint sein soll. Sicherlich durchläuft der hochentwickelte monopolistische Kapitalismus nicht nur zyklische Krisen, sondern generiert auch zunehmend gravierende strukturelle Probleme infolge der tendenziell fallenden Profitraten, Umweltzerstörungen, wachsenden Widersprüchen zwischen den Staaten und sozialer und politischer Instabilität. Diese Entwicklungstendenzen begründen aber nicht die Notwendigkeit eines Übergangs zum „revolutionären Volkskrieg“. Die Verelendungserscheinungen im entwickelten Imperialismus betreffen die Arbeiterklasse in den Städten schließlich oft noch stärker als die Landbevölkerung in den entlegenen Regionen, in denen die maoistischen Guerillaarmeen den Schwerpunkt ihrer militärischen Aktivität entwickeln.
Außerdem bedeutet die allgemeine Krise des imperialistischen Systems auch keineswegs automatisch, dass deshalb die kapitalistische Herrschaft in jedem einzelnen Land automatisch auch geschwächt wird oder gar so ins Wanken gerät, dass sie einfach durch einen bewaffneten Aufstand gestürzt werden könnte. Gerade Länder wie die Philippinen und Indien, in denen die Maoisten ihre militärische Strategie umzusetzen versuchen, sind viel eher Beispiele dafür, dass auch trotz der krisenhaften Entwicklung des Gesamtsystems die Bourgeoisie in vielen Ländern weiter erstarken kann.
In jedem Fall ist nicht das gemeint, was Lenin unter „gesamtnationaler Krise“ meint. Eine „gesamtnationale Krise“ ist kein Dauerzustand, er beschreibt nicht einfach die fortschreitende Verschlechterung der Lebensbedingungen im Imperialismus und auch nicht die Tatsache, dass der tendenzielle Fall der Profitrate weltweit eine gesetzmäßige Entwicklung im Kapitalismus ist. Selbst in Ausnahmefällen wie in China, wo diese Krise über mehrere Jahrzehnte andauerte, lagen ihr Faktoren zugrunde, die in „ruhigen“ Zeiten nicht gegeben sind (wie oben beschrieben). Neben der Frage der Lage der Arbeiterklasse und anderer Werktätiger wie den Bauern, hängt die „gesamtnationale Krise“ damit zusammen, wie stabil die Bourgeoisie in der Lage ist, ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten. Mindestens in Indien lässt sich sagen, dass es keine Anzeichen gibt, von einer wirklichen Krise in der Herrschaft der Bourgeoisie auszugehen: Seit Jahrzehnten kann die indische Bourgeoisie Wahlen abhalten lassen und muss nicht mit einer offenen Diktatur auftreten. Sie hat zwar große Massenproteste wie die Bauernproteste 2021 nicht unbeschadet überstanden und musste Zugeständnisse machen, aber dennoch kam es nicht einmal zu einem Regierungswechsel in Folge dieser Zugeständnisse. Auch für die Philippinen ist es fraglich, von einer umfassenden Krise der Herrschaft der Bourgeoisie auszugehen, auch wenn die Stabilität der Herrschaft vermutlich nicht im selben Maße gegeben ist wie in Indien. Lange Zeit wurden die Philippinen offen diktatorisch regiert – und auch heute ist staatlicher Terror gegen Linke, Kommunisten, Arbeiter und Bauern an der Tagesordnung. Häufig wechselnde Regierungen und Putschversuche können Ausdruck einer Krise der Herrschaft der Bourgeoisie sein, aber sie alleine können nicht ebenjene verstanden werden. Ohne ernsthafte Schwierigkeiten der Kapitalakkumulation, ohne umfangreiche und sich zuspitzenden Massenproteste kann nicht von einer Krise der Herrschaft der Bourgeoisie ausgegangen werden.
Die strategischen Vorstellungen der Maoisten in Indien und den Philippinen basieren also nicht auf der Einschätzung, dass aktuell eine „gesamtnationale Krise“ und damit eine revolutionäre Situation gegeben ist. Vielmehr basieren sie darauf, dass der Imperialismus eine “Dauerkrise” beinhaltet, die sich vor allem in der Verschlechterung der Lebensbedingungen des Volkes darstellt und daher die militärische Strategie des „langwierigen Volkskriegs“ möglich und notwendig sei. Es wird darüber hinaus angenommen, dass der „langwierige Volkskrieg“ selbst die Krise verschärfen würde und damit weiter dazu beitragen würde, der Revolution näher zu kommen:
„Kurz gesagt, im Laufe des langwierigen Volkskrieges gegen die Streitkräfte des Feindes wird die revolutionäre Krise zwangsläufig ausbrechen und die Schaffung von immer mehr befreiten Gebieten erleichtern.“488
Hier wird ein im Kern voluntaristisches Verständnis des revolutionären Kampfes deutlich. Die objektive Entwicklung und die Existenz einer revolutionären Situation ist unabhängig vom Willen der Beteiligten, unabhängig ob Partei oder Arbeiterklasse oder Bourgeoisie. Die Aktivität der Kommunisten und der Arbeiterklasse kann, wenn die objektive Entwicklung richtig erkannt wird, Einfluss auf diese ausüben, aber eben nur insofern sie den Gesetzmäßigkeiten dieser Entwicklung Rechnung trägt. Die Kommunisten können in dem Sinne zur Entwicklung einer revolutionären Situation beitragen, indem sie selbst den Massenprotesten eine Stoßrichtung geben und zu einer Ausweitung beitragen – die revolutionäre Situation „erzeugen” können die Kommunisten allerdings nicht. Eine revolutionäre Krise kann also nicht „zwangsläufig“ im „langwierigen Volkskrieg“ ausbrechen – entweder es handelt sich um eine Binsenweisheit, dass es irgendwann in der gesellschaftlichen Entwicklung eines jeden Landes zu einer revolutionären Situation kommen muss (sei es in einhundert oder mehr Jahren) oder es ist die Annahme, dass der Wille doch den Unterschied machen könne. Eine ausreichende Begründung für den Beginn des bewaffneten Kampfes gegen die Bourgeoisie kann dies jedoch nicht sein – denn dieser Kampf wird gegen einen überlegenen Feind aufgenommen in einer Situation, in der nicht vorhersehbar ist, ob der Gegner langfristig wirklich schwächer oder aber stärker wird.
Die falsche Verallgemeinerung der Besonderheiten des chinesischen revolutionären Kampfes unter Ignorierung des antijapanischen Kampfes, also des Kampfes gegen eine ausländische Invasion (weder in Indien noch auf den Philippinen gerade aktuell) führt letztlich zu schematischen und gefährlichen Vorstellungen über die kommunistische Strategie. So unterscheidet die KPI(maoistisch) letztlich weltweit zwischen zwei Typen der revolutionären Strategie:
„Wenn man die Erfahrungen der proletarischen Revolutionen im Zeitalter des Imperialismus verallgemeinert, kann man die revolutionären Kriege in den verschiedenen Ländern der Welt grob in zwei Typen einteilen, je nach dem Charakter des jeweiligen sozioökonomisch-politischen Systems. Handelt es sich um ein kapitalistisches Land, in dem die bürgerlich-demokratischen Rechte vorherrschen, bereitet die Partei des Proletariats die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten durch offene, legale Kämpfe – parlamentarische, gewerkschaftliche, Generalstreiks, politische Agitation und andere Aktivitäten – darauf vor, in einer Stunde der revolutionären Krise einen landesweiten bewaffneten Aufstand zu organisieren, die Macht zunächst in den wichtigsten Städten zu ergreifen und sie dann auf das ganze Land auszudehnen. Gleichzeitig stärkt sie den entsprechenden geheimen Parteiapparat und kombiniert geheime, illegale und halblegale Aktivitäten mit offenen und legalen Aktivitäten entsprechend den konkreten Bedingungen. Wenn das Land hingegen direkt oder indirekt von einer oder mehreren ausländischen imperialistischen Mächten regiert wird und halbfeudal ist, wo es keine Unabhängigkeit und demokratischen Rechte für das Volk gibt, erweckt und mobilisiert die Partei des Proletariats von Anfang an das Volk für den bewaffneten Kampf, stützt sich auf die Bauernschaft – die Hauptkraft der Revolution -, macht die rückständigen ländlichen Gebiete zu ihrem Hauptzentrum der Arbeit, baut eine Volksarmee und Volksmiliz auf; errichtet zuverlässige, starke und autarke Basisgebiete oder befreite Gebiete auf dem weiten Land, baut sie im Laufe eines langwierigen Volkskrieges ständig aus (in einer solchen Situation werden die Städte unter der Kontrolle des Feindes wie kleine Inseln im Ozean der weiten befreiten ländlichen Gebiete aussehen); umzingelt und erobert schließlich die Städte, indem sie die Staatsmacht der Reaktionäre entscheidend zerschlägt und das Staatssystem und die politische Autorität des Volkes im ganzen Land errichtet – das ist der Weg, den die chinesische Revolution beschritt, um 1949 einen weltbewegenden Sieg zu erringen. Und die Geschichte der Revolutionen in den kolonialen, halbkolonialen und halbfeudalen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas hat gezeigt, dass dieser Weg auch auf alle diese Länder anwendbar ist. In all diesen Ländern ist die Hauptform des Kampfes der bewaffnete Kampf und die Hauptform der Organisation ist die Armee, aber andere Formen des Massenkampfes und der Massenorganisationen sind ebenfalls unerlässlich. Vor dem Ausbruch eines Krieges dienen alle Organisationen und Kämpfe der Vorbereitung des Krieges und nach Ausbruch des Krieges direkt oder indirekt dem Krieg.“489
Es gilt also für alle (!) Länder, welche als halbfeudal oder halbkolonial eingestuft werden, dass die Hauptform des revolutionären Kampfes der bewaffnete Kampf sein muss und die Hauptform der Massenorganisation die Volksarmee. Ziel ist die Einkreisung der Städte vom Land aus. Die KPPh teilt diese Vorstellungen im Wesentlichen und argumentiert zusätzlich, dass die Revolutionäre aus den Städten aufs Land gehen sollen, um dort den „Volkskrieg“ voranzubringen:
„Um die Massenarbeit auf dem Lande zu fördern, hat die KPPh immer betont, dass die allgemeine Linie die volksdemokratische Revolution durch einen langwierigen Volkskrieg ist und dass die Hauptform des Kampfes der revolutionäre bewaffnete Kampf ist, der auf den Sturz des herrschenden Systems abzielt. Die KPPh ist immer davon ausgegangen, dass sich die bewaffnete Revolution umso schneller entwickeln und eine volksdemokratische Regierung auf dem Lande aufbauen wird, je mehr Revolutionäre aus den Städten sich ihren Genossen auf dem Lande anschließen, bis diese die Regierung der Großgrundbesitzer und korrupten Bürokraten in den Städten loswerden kann. Die strategische Linie eines langwierigen Volkskrieges besteht darin, die politische und bewaffnete Kraft auf dem Lande zu sammeln, bis es möglich wird, den konterrevolutionären Staat in den Städten zu stürzen.“490
In einem Land wie den Philippinen, in denen laut Weltbank oder der philippinischen Statistikbehörde491 zwischen 47% und 54% der Bevölkerung in den Städten lebt, wird die Zielstellung ausgegeben, die Stadt zu verlassen, um auf dem Land zu kämpfen. Es ist eindeutig, dass diese Zielstellung bedeutet, dass man nicht vorrangig die Arbeiterklasse um die Partei sammeln und überzeugen will, sondern dass man vorrangig auf die Bauern als „Hauptkraft der Revolution“ zielt. Die zentrale Aufgabe der Kommunisten, die Arbeiterklasse auf die revolutionäre Situation vorzubereiten, wird dadurch tendenziell vernachlässigt. Zwar wird von der KPPh ähnlich der KPI(maoistisch) betont, dass auch die Massenbewegungen in den Städten eine Relevanz in der kommunistischen Strategie besitzen, allerdings immer eine untergeordnete.
Das geht soweit, bewaffnete Aufstände in den Städten solange für verfrüht anzusehen, solange der „Volkskrieg“ auf dem Land nicht das Stadium der „strategischen Offensive492“ erreicht habe:
„Es gibt eine dialektische Interaktion und Koordination zwischen dem bewaffneten Kampf auf dem Land und der legalen demokratischen Massenbewegung in den Städten. In dem Maße, wie sich der Volkskrieg entwickelt und das herrschende System zerfällt, kann die legale demokratische Massenbewegung in den Städten schneller vorankommen und die Massenaktionen können immer größer werden. Auch die Kriegsführung durch bewaffnete Stadtpartisanen und Kommandoeinheiten kann sich beschleunigen. Aufstände in städtischen Gebieten werden zu gegebener Zeit möglich. Sie werden am besten durchgeführt, wenn die Volksarmee das Stadium der strategischen Offensive erreicht hat. Verfrühte Aufstände müssen vermieden werden, um die legale demokratische Massenbewegung nicht zu gefährden. Der legale und defensive Charakter dieser Bewegung muss respektiert werden. Das Maß ihres Erfolgs liegt in immer größeren Massenmobilisierungen, solider Organisierung, Militanz und Verschärfung der politischen Krise und immer größerer direkter Unterstützung des bewaffneten Kampfes auf dem Lande, und nicht darin, dem Gleichgewicht der bewaffneten Macht durch spontane Massengewalt weit vorauszulaufen.“493
Hier wird die voluntaristische Vorstellung wieder deutlich: Die Entwicklung des „Volkskriegs“ auf dem Land führt zu einer Entwicklung der Massenbewegungen in der Stadt. Statt die konkreten objektiven Bedingungen zu betonen, die zur Entwicklung von spontanen Massenkämpfen bis hin zu bewaffneten Aktionen494 führen, wird angenommen, dass der „Volkskrieg“ eine solche Entwicklung notwendig hervorrufe.
Der umfassende bewaffnete Massenkampf des Proletariats ist eine Notwendigkeit der Revolution. Allerdings birgt er enorme Risiken für die führende Partei und die Massen selbst – es ist ein unmittelbarer Kampf auf Leben und Tod. Er darf also nicht leichtfertig begonnen werden, sondern muss sich so genau wie möglich an der objektiven Entwicklung orientieren. Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend, um einen Sieg in der Revolution zu ermöglichen, und genau darauf müssen sich die Kommunisten vorbereiten. Voraussetzung für den Sieg in der Revolution ist neben einer korrekten Strategie und Taktik gerichtet auf den Sturz der Bourgeoisie, dass die Kommunisten die Mehrheit der Arbeiterklasse auf ihre Seite gezogen, dass sie das Kleinbürgertum zum Teil auf ihre Seite gezogen und zum Teil neutralisiert495 und starken Einfluss in der Armee des bürgerlichen Staates entwickelt haben. Wir wollen hier keine Einschätzung davon abgeben, ob die damaligen Zeitpunkte, als die KPPh und die KPI(maoistisch) ihren bewaffneten Kampf aufnahmen, richtig oder falsch bestimmt waren. Jedoch anzunehmen, dass in einer Vielzahl der Länder heute die kommunistische Strategie darin bestehen muss, den „langwierigen Volkskrieg“ vorzubereiten und durchzuführen, entbehrt der entsprechenden objektiven Voraussetzungen ist eine fatale Fehleinschätzung der objektiven Bedingungen.
3.1.5 Schlussfolgerungen
Sowohl in Indien als auch auf den Philippinen ist die nationale Bourgeoisie als Klasse an der Macht und übt sie durch einen zentralisierten Staat aus. Sie stehen in gegenseitiger ungleicher Abhängigkeit zu größeren und stärkeren Teilen der internationalen Bourgeoisie. Zentrum der Macht sind die Städte, die auch mehr als ein Drittel in Indien bzw. die Hälfte der Bevölkerung auf den Philippinen umfassen496. Sowohl in Indien als auch auf den Philippinen dominiert die Macht der Monopole – unabhängig davon, wie groß der Anteil industrieller oder landwirtschaftlicher Produktion jeweils ist. Zweifellos spielen die Ausbeutungsverhältnisse auf dem Land in diesen Ländern eine bedeutendere Rolle als in Ländern wie Deutschland. Die Bauern sind weiterhin zentrale Bündnispartner der Arbeiterklasse – aber auch hier sind sie keinesfalls revolutionäres Subjekt. Unter den heutigen kapitalistischen Verhältnissen in der Industrie und in der Landwirtschaft repräsentieren die Bauern als Kleineigentümer keine fortschrittliche Form des Eigentums, sondern eine dem Kapitalismus eigene. Daher sind die Bauern notwendig als schwankende Schicht zu verstehen, wobei die Kleinbauern von der Bourgeoisie unterdrückt werden und unter sozialistischen Bedingungen besser dran wären – also ein größeres Interesse an der Überwindung des Kapitalismus haben als an seiner Aufrechterhaltung. Nur die Arbeiterklasse steht für den gesellschaftlichen Fortschritt, weil sie ddie Trägerin der neuen kommunistischen Produktionsverhältnisse ist.
Die KPI(maoistisch) und die KPPh ignorieren diese konkreten Bedingungen der gesellschaftlichen Entwicklung und damit die Tatsache, dass die sozialistische Revolution als nächstes strategisches Ziel formuliert werden müsste. Stattdessen setzten sie eine starre Zweiteilung der Welt in „unterdrückte“ und „imperialistische“ Staaten und leiten ab, dass es in den „unterdrückten Staaten“ notwendig eine Etappenstrategie zum Sozialismus bedarf. Sie geben der kommunistischen Strategie damit einen anderen Inhalt. Die erste dieser Etappen, die „volksdemokratische“ oder „national-demokratische“ Revolution soll dabei durch ein Bündnis der Arbeiterklasse nicht nur mit anderen Werktätigen wie Kleinbauern und kleinen Selbstständigen, sondern auch mit Teilen der „nationalen“ oder „mittleren“ Bourgeoisie erreicht werden. Hauptform des Kampfes sei dabei der „langwierige Volkskrieg“, der bewaffnete Kampf auf dem Land zur Einkreisung der Städte. In einer voluntaristischen Vorstellung gehen die Maoisten davon aus, dass dieser Kampf so geführt werden könne, dass er die revolutionäre Krise im Land erzeugen und verstärken und die Bourgeoisie real so schwächen kann bis zu dem Punkt, an dem der Kampf um die Macht im Sinne der Arbeiterklasse und des Volkes entschieden werden kann. In einem Staat unter gemeinsamer Koalitionsregierung der Klassen unter Einbeziehung der nationalen Bourgeoisie sollen die Voraussetzungen für den Sozialismus geschaffen werden und für die Absicherung dieses Übergangs steht die Kommunistische Partei als führende Kraft in der Regierung.
Bei den hier aufgeworfenen Fragen geht es um Grundfragen des Revolutionsverständnisses. Es geht also nicht um die Form des Kampfes um die Macht, sondern um seinen Inhalt. Es ist Lenin und den Bolschewiki anzurechnen, dass sie aus ihrem siegreichen revolutionären Kampf allgemeingültige Schlussfolgerungen für den revolutionären Kampf des Proletariats gezogen haben. Diese grundlegenden strategischen Schlussfolgerungen werden sowohl von der KPI(maoistisch) als auch von der KPPh mindestens abgeschwächt, wenn nicht ignoriert. Sie entwickeln kein Verständnis der revolutionären Situation und vernachlässigen dementsprechend die Vorbereitungen auf diese Situation, indem sie der Arbeit in der Arbeiterklasse zugunsten des bewaffneten Kampfes auf dem Land nur zweitrangige Bedeutung zumessen. Sie meinen, dass es möglich sei, mit Teilen der Bourgeoisie eine gemeinsame Regierung zu stellen und schüren damit Illusionen in die „Fortschrittlichkeit“ eines Teils der Bourgeoisie. Jedoch hat sich der Hinweis der Bolschewiki, dass der Klassenkampf gegen die gesamte internationale (!) Bourgeoisie nie vernachlässigt werden und es keine Illusionen in eine irgendwie geartete „Fortschrittlichkeit“ der Bourgeoisie geben darf, in der Geschichte der nationalen Befreiungskämpfe, aber auch der Kämpfe des Proletariats insbesondere nach dem 2. Weltkrieg leider vielfach negativ bewiesen. Zwar führten die Arbeiter und Bauern vieler Länder erfolgreiche Kämpfe und es haben sich zig Staaten vom kolonialen Joch der europäischen und amerikanischen Imperialisten befreit – um jedoch einen Moment später von der „eigenen“ Bourgeoisie verraten zu werden. Warum die „nationale“ Bourgeoisie den Weg zur „volksdemokratischen“ und sogar zur sozialistischen Revolution mitgehen und die Revolution nicht schon vorher verraten sollte, bleibt ein Geheimnis der Maoisten. Die Interessenidentität zwischen der „nationalen“ und der „Kompradorenbourgeoisie“ oder gar der imperialistischen Bourgeoisie eines anderen Landes selbst ist real und unumstößlich, ebenso der unüberbrückbare Interessengegensatz mit der Arbeiterklasse überall auf der Welt – diese Wahrheiten bestimmen das Handeln der beteiligten Klassen und nicht irgendwelche Wunschvorstellungen über die Tiefe der Konflikte der verschiedenen Teile der Bourgeoisie.
3.2 Maoistische Strategie in Deutschland?
Nun ist es eins, sich solidarisch mit bewaffneten Kämpfen von Arbeitern und Bauern in anderen Ländern zu zeigen. Es ist aber etwas völlig anderes, in diesen Kämpfen Vorbilder für den eigenen Kampf zu erblicken. Verschiedene Maoisten in Deutschland streiten sich darüber, ob der „Volkskrieg“ als universell für alle Länder oder nur für die unterdrückten Länder gelten muss497. Sie verfangen sich in militärischen Detailfragen und lenken vollständig vom Wesentlichen ab: Die Ableitung der Strategie aus den objektiven Bedingungen der historischen Entwicklung. Das Fundament der kommunistischen Strategie bilden die allgemeinen Charakteristika des Kapitalismus weltweit und ist damit in jedem Land gültig – die nationalen Besonderheiten betreffen nur die Form der Umsetzung der strategischen Prinzipien und die Wahl der Taktiken im eigenen Land.
Abgesehen von der Einschätzung der Strategie in „unterdrückten“ Ländern wie Indien und den Philippinen scheint es zwischen uns und Maoisten in Bezug auf Deutschland kaum strategische Unterschiede zu geben. Diese kommen erst zum Tragen in der Überbetonung des bewaffneten Kampfes bis hin zur Vorstellung, den „Volkskrieg“ auch in Deutschland führen zu können und in einer in unterschiedlichem Maße ausgeprägten Unterschätzung bzw. Ablehnung des legalen Kampfes. In diesem Sinne scheint auch der Antirevisionismus zum Teil reduziert auf die Frage des „friedlichen“ oder gewaltsamen Wegs zum Sozialismus bzw. des legalen/illegalen Kampfes. Der Kern unseres Kampfes gegen den Revisionismus ist allerdings nicht die Frage der Gewalt bzw. der Legalität. Auch wenn diese Fragen zweifellos nah an den Kern gehen und daher eine große Bedeutung haben, ist die Propagierung eines bewaffneten Kampfes gegen die Bourgeoisie und die Betonung des illegalen Kampfes noch kein Antirevisionismus per se. Antirevisionismus ist der Kampf gegen das Eindringen bürgerlicher Ideologie in die Weltanschauung des Proletariats. Revisionismus tritt in immer neuen Gewändern auf, hat aber zum Kern, dass eine Relativierung der kapitalistischen Verhältnisse und der Notwendigkeit des vollständigen Bruchs mit ihnen und damit der Notwendigkeit des Sturzes der Bourgeoisie vorgenommen wird. Indem verschiedene Etappen der sozialistischen Revolution vorgeschaltet werden, Etappen, in welchen Teile der Bourgeoisie sogar als Bündnispartner verstanden werden, wird der Bruch mit dem Kapitalismus auf die lange Bank bis zur Unendlichkeit verschoben.
In Deutschland sind die Vorstellungen eines Bündnisses mit der Bourgeoisie unter Maoisten nicht zu finden. Doch die Aufnahme des bewaffneten Kampfes außerhalb der richtigen konkreten Bedingungen und die Ablehnung legaler Formen des Kampfes in Bedingungen, wo diese Formen zur Hebung des Klassenbewusstseins beitragen können (beispielsweise die Ausnutzung des bürgerlichen Parlaments als „Bühne“ für die Propagierung der Notwendigkeit des Sturzes der Bourgeoisie) basieren auch auf unmarxistischen Vorstellungen und revolutionärer Ungeduld. Genau solche Vorstellungen sind es aber, die wir unter Maoisten in Deutschland finden können498. Beispielsweise formuliert „der sperling“, ein maoistischer Blog zur Kritik der bürgerlichen Gesellschaft und Ideologie:
„Die proletarische Revolution ist ein langwieriger Volkskrieg, und da im Krieg die Initiative ein Vorteil ist, dient die politische Arbeit, um den Volkskrieg vorzubereiten, ihn schnellst möglich einzuleiten und dann zu entwickeln. (…) Er ist ein Krieg der Massen unter der Führung der Kommunistischen Partei. Zunächst ist der Volkskrieg ein Guerilla-Krieg mit Massenmilitanz… (…) Die Kommunistische Partei ist eine militärische Organisation. Sie muss alle ihre Mitglieder primär als Marxisten, aber darüber hinaus als Kombattanten und militärisch-organisatorische Führer schmieden, um dem Volkskrieg als Form der proletarischen Revolution zu entsprechen.“499
Noch weiter gehen die Autoren des „Klassenstandpunkts“, einer maoistischen Theoriezeitschrift, die sich vor allem auf den Maoismus der KP Perus und ihres verstorbenen Vorsitzenden Gonzalo berufen:
„Der Volkskrieg hat universelle Gültigkeit. Vor der Einleitung des Volkskrieges dient alles dazu, ihn einzuleiten, und ist er eingeleitet, dient alles dazu, ihn zu entwickeln. Auch in den imperialistischen Nationen. Die Marxisten-Leninisten-Maoisten in den imperialistischen Nationen warten nicht auf den Volkskrieg in den unterdrückten Nationen, wie die Juden auf den Messias. Die Marxisten-Leninisten-Maoisten entwickeln die revolutionäre Praxis in Perspektive auf den Volkskrieg in ihrem Land, den proletarischen Internationalismus immer an erster Stelle, um der Weltrevolution zu dienen.“500
Auch der „Rote Bund“ bringt seine Ablehnung von Wahlen durch den Aufruf zu einem „Wahlboykott der breiten Massen“ zum Ausdruck501.
Die Phantastereien und Streitereien darüber, wie der bewaffnete Kampf in Deutschland geführt werden müsse, ist Ausdruck der völligen Entfremdung, insbesondere der „gonzaloistischen” Strömung der Maoisten, von der Arbeiterklasse selbst. Indem die Frage der Revolution faktisch auf ihren militärischen Aspekt, auf die Frage der bewaffneten Gewalt reduziert wird, wird jedes Verständnis von Taktik, d.h. von einem langwierigen, mit unzähligen Wendungen und Umwegen verbundene Einwirkung auf die Arbeiterklasse zur Hebung ihres Klassenbewusstseins und ihrer Organisation über Bord geworfen. Der Zusammenhang der unzähligen Formen und Entwicklungsstadien des Klassenkampfs wird ausgeblendet und sich damit selbst die Hände gebunden. Man liefert keine Antworten wie Kommunisten legale und illegale Spielräume ausnutzen und sie verbinden können, wie sie in die Kämpfe der Arbeiterklasse so eingreifen können, dass Klassenbewusstsein gefördert wird, wie sie eine parlamentarische Vertretung der Kommunisten schaffen können, um die Massen erreichen zu können (wohlgemerkt nicht um sich an einer bürgerlichen Regierung zu beteiligen). Viel einfacher ist es Wahlen und Gewerkschaften zu boykottieren, sich ohne einen entsprechenden Apparat in militärischen Fragen theoretisch und praktisch zu schulen und damit der Arbeiterklasse den Rücken zuzukehren und zu hoffen, dass sie einen trotzdem als Führung im bewaffneten Kampf akzeptieren.
Für uns steht außer Frage: In Deutschland kann eine Revolution keinen anderen Inhalt haben als die Machtergreifung der Arbeiterklasse, die Enteignung und Entmachtung der Bourgeoisie und die Errichtung sozialistischer Produktionsverhältnisse. Die Hauptaufgabe der Kommunisten ist es, die Arbeiterklasse um das revolutionäre Programm der Kommunistischen Partei zu organisieren. Die Arbeiterklasse hat auch in Deutschland im städtischen Kleinbürgertum und in den wenigen kleinen Bauern potenzielle Bündnispartner – aber daraus ergibt sich weder eine „Diktatur mehrerer Klassen“ noch irgendeine andere Auffassung, die die führende Rolle der Arbeiterklasse und den Charakter als proletarische Revolution verflachen oder negieren könnte. Es geht vielmehr darum, tatsächlich die führende Rolle der Arbeiterklasse Realität werden zu lassen, indem die Kommunisten vor allem die Arbeiterklasse agitieren und organisieren. Gleichzeitig dürfen sie gegenüber den Interessen der Bauern und dem städtischen Kleinbürgertum nicht ignorant sein, sondern müssen es schaffen, die Interessen dieser Bündnispartner im konkreten Kampf mit den Interessen der Arbeiterklasse in eine richtiges, gegen das Kapital gerichtetes Verhältnis zu setzen und den Kampf auch aktiv zu führen. So wird es möglich ein gesellschaftliches Bündnis zu schaffen, also ein Bündnis all jener Klassen und Schichten, die ein Interesse an dem Sturz der Kapitalherrschaft haben – notwendig schließt ein solches Bündnis die Bourgeoisie insgesamt, national und international, aus und auch jeden Teil von ihr.
Die Revolution ist notwendig ein gewaltsamer Prozess, da die herrschende Bourgeoisie ihre Macht nicht freiwillig abgeben wird – einen „friedlichen“ Weg zum Sozialismus kann es nicht geben. Allerdings haben wir es in Deutschland mit einem Staat zu tun, der über weit überlegene militärische, geheimdienstliche und propagandistische Mittel verfügt. Gleichzeitig erlauben die Verhältnisse den Kommunisten aktuell weitreichende legale Betätigungsmöglichkeiten. Diese müssen maximal möglich ausgenutzt werden, ohne dabei einen zügigen Übergang in die Arbeitsformen in Zeiten der Illegalität zu verunmöglichen. Mit den legalen Betätigungsmöglichkeiten können im Regelfall viel einfacher viel größere Massen erreicht werden und sie tragen mit einem größeren Masseneinfluss auch etwas zum Schutz der Revolutionäre selbst bei. Ein organisierter bewaffneter Kampf mit dem unmittelbaren Ziel der Machtergreifung darf also erst dann aufgenommen werden, wenn eine revolutionäre Situation vorliegt und der Sieg eine realistische Möglichkeit ist. Auf diese Situation gilt es sich systematisch vorzubereiten und zwar indem die Kommunisten eine stabile Partei schaffen, gewappnet mit dem Marxismus-Leninismus, aufmerksam gegenüber revisionistischen Einflüssen in der Arbeiterbewegung und diese bekämpfend; in dem die Arbeiterklasse in klassenkämpferischen Massenorganisationen organisiert wird, insbesondere in den Betrieben, aber auch in allen weiteren Feldern des Klassenkampfs; indem die Kommunisten alle Kampfformen beherrschen lernen und dadurch in der Lage sind, in „ruhigen Zeiten“ effektive Agitation und Propaganda leisten und in Klassenkämpfe intervenieren zu können und auch unter Bedingungen der Illegalität die Arbeiterklasse zu organisieren und den Klassenkampf aktiv zu führen. Daher braucht es auch Formen des Selbstschutzes der Arbeiterklasse außerhalb einer revolutionären Situation. Es gilt zusätzlich, durch eine entwickelte Analyse der Entwicklung der politischen, jeweils aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse in die Lage zu kommen, den Ausbruch einer revolutionären Situation zumindest ansatzweise prognostizieren zu können.
Der Klassenkampf, den wir zum Sieg führen wollen, hat viele Facetten und kann nicht auf einen rein militärischen Kampf reduziert oder willkürlich zugespitzt werden. Ohne die reale objektive Entwicklung in Theorie und Praxis nachzuvollziehen, werden wir nicht siegen können. Die maoistischen strategischen Konzepte haben hierfür keine plausiblen Vorschläge – vielmehr basiert die maoistische Praxis auf einer voluntaristischen Vorstellung des bewaffneten Kampfes und gefährdet damit letztlich die kommunistische und Arbeiterbewegung insgesamt.
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1Socialist Movement of Kazakhstan 2022: Open conflict between the USSR and the PRC of the 50s-70s, International Communist Review 12/2022, online: https://www.iccr.gr/en/issue_article/Open-conflict-between-the-USSR-and-the-PRC-of-the-50-70s/#A6, abgerufen 28.2.2024.
2Aus dem Englischen: “For half a century now (…) Chairman Mao has integrated the universal truth of Marxism-Leninism with the concrete practice of revolution, has inherited, defended and developed Marxism-Leninism in the political, military, economic, cultural, philosophical and other spheres, and has brought Marxism-Leninism to a higher and completely new stage”, Lin Biao 1969: Report to the Ninth National Congress of the Communist Party of China, Foreign Languages Press, online: https://www.marxists.org/reference/archive/lin-biao/1969/04/01.htm, abgerufen 29.2.2024.
3Aus dem Englischen: „contributions of Mao to the development of Marxism-Leninism in philosophy, political economy, party building (especially the rectification movement), the people’s war and the proletarian cultural revolution in socialist society”, Regletto Aldrich D. Imbong 2019: Questions On Mao Zedong Thought/Maoism (Interview mit José Maria Sison, online: https://ndfp.info/questions-on-mao-zedong-thought-maoism/, abgerufen 1.3.2024.
4Bspw. spricht der Kommunistische Aufbau von der asiatischen Produktionsweise (APW):komaufbau, „Historischer Materialismus“, Kommunistischer Aufbau (blog), 11. März 2021, https://komaufbau.org/historischer-materialismus/.
Die Diskussion in der kommunistischen Bewegung wird bspw. hier für die türkische Linke aufgearbeitet: Maria Scalet, „Feudalismus oder Asiatische Produktionsweise? – Grundsatzdiskussionen in der türkischen Linken 1960-1980“ (Universität Wien, 2008), https://utheses.univie.ac.at/detail/1166#.
Reinhart Kößler geht hier auch auf die Diskussion zwischen Dutschke und Wittvogel, die die Besonderheit der APW verteidigten, und der KPdSU (vor allem in den ersten Jahrzehnten) ein: Reinhart Kößler, „Zur Kritik des Mythos vom „asiatischen“ Rußland“, PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft 9, Nr. 35 (1. Juni 1979): 105–31, https://doi.org/10.32387/prokla.v9i35.1639.
Zur eigenen Beschäftigung: An dieser Stelle werden relevante Aussagen Lenins zur Ökonomie in Asien diskutiert, https://revolutionarydemocracy.org/rdv14n2/asiatic.htm
5Wladimir Iljitsch Lenin: Democracy and Narodism in China, Lenin Collected Works Vol. 18, 1912
6Wladimir Iljitsch Lenin: The Question of the (General) Agrarian Policy of the Present Government, Lenin Collected Works Vol. 16, 1918,
7Henning Böke: Maoismus: China und die Linke Bilanz und Perspektive, Theorie.org, Stuttgart: Schmetterling Verlag, 2007
8Xing Fang und James H. Cole: Why the Sprouts of Capitalism Were Delayed in China, Late Imperial China 10, Nr. 2 (1989)
9Institut für den fernen Osten: Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart (Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1975), S.10
10 Daniel Little: Local Politics and Class Conflict Theories of Peasant Rebellion in Nineteenth-Century China, Bellagio Conference on Peasant Culture and Consciousness, Center for International Affairs – Harvard University, 1989
11Feng Frederic Deng: A Comparative Study on Landownership Between China and England, Chongqing University, 1996,
12He Yang: Land and Peasants in Late Imperial China: An Economic Analysis, George Mason University, 2013
13Jonathan Clements: A brief history of China: dynasty, revolution and transformation: from the Middle Kingdom to the People’s Republic, Tokyo ; Rutland, Vermont: Tuttle Publishing, 2019
14Daniel Little: „Local Politics and Class Conflict Theories of Peasant Rebellion in Nineteenth-Century China, Harvard University, 1989
15Fang und Cole: Why the Sprouts of Capitalism Were Delayed in China,Late Imperial China, Johns Hopkins University Press, Volume 10, Number 2, December 1989
16Clements: A brief history of China, Tuttle Publishing, 2019, S.223
17Theda Skocpol: State and Revolution, Theory and Society 7, Nr. 1 (1. März 1979): 7–95
18Opiumkriege (1839-1842 und 1856-1860): Im 19. Jahrhundert war Großbritannien der größte Produzent und Exporteur von Opium weltweit. In China wurde im kolonisierten Indien produziertes Opium in China gegen Ressourcen eingehandelt, durch die chinesische Regierung aber Anfang des 19. Jahrhunderts wegen der zunehmenden Abhängigkeit des chinesischen Volks verboten. „Freien Handel“ zu erzwingen, fiel der englische Imperialismus mehrmals im 19. Jahrhundert in China ein, in den fünfziger Jahren unterstützt durch den französischen Imperialismus.
S.a. Rossen Vassilev: China’s Opium Wars: Britain as the World’s First Narco-State, New Politics, vol. XIII:1, no. 49 (Summer 2010), pp. 75-80.“, New Politics XIII:1 (1. Juli 2010): 75–80
19Mohammad Shakil Wahed:The Impact of Colonialism on 19th and Early 20th Century China, 2016
20Mit der Niederlage des ersten Opiumkriegs war China gezwungen, Hong Kong an Großbritannien zu übergeben. Weiter geschwächt durch die Niederlage im ersten Japanisch-Chinesischen Krieg konnte der deutsche Imperialismus das Qing-Imperium zu einer 99-jährigen Verpachtung des Kiautschou-Gebiets an der chinesischen Ostküste. Andere imperialistische Länder nutzten die Gelegenheit, woraus unter anderem eine 99-jährige Verpachtung Hong Kongs an Großbritannien folgte. s.a. „Timeline“, Hong Kong Journal, 17. Februar 2008;
Academic Accelerator: Convention For The Extension Of Hong Kong Territory: Most Up-to-Date Encyclopedia, News & Reviews, Academic Accelerator
21 Institut für den fernen Osten, Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart, S.14.
22ebd.
23Wahed, Mohammad: The Impact of Colonialism on 19th and Early 20th Century China. Cambridge Journal of China Studies (CJCS), 2016, 11. 10.17863/CAM.1643.
24Cerqueira, Albuquerque: China and the first impact of the industrial revolution: initial conditions and a falling-behind trajectory until 1949, Nova Economia 30, Nr. spe (2020): S.18
25Brandt, Ma, Rawski: Industrialization in China, Institute of Labor Economics, Juli 2016
26Wahed, „The Impact of Colonialism on 19th and Early 20th Century China“.
27Institut für den fernen Osten, S.28.
28Clements, A brief history of China.
29Sun Yat-sen wird als „Gründer des modernen Chinas“ gesehen, als wesentlicher Führer des nationalen Befreiungskampfes der Arbeiter und Bauern Chinas bis zu seinem Tod 1925. Er gründete die Vorgängerorganisation der KMT und führte schon um 1900 nationalrevolutionäre Gruppen an.
30Sein Lin: Sun Yat‐sen and Henry George, American Journal of Economics and Sociology 33, Nr. 2 (1974): 201–20.
31Institut für den fernen Osten: Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart, S.55 ff.
32Bruce A. Elleman: Soviet Diplomacy and the First United Front in China, Modern China 21, Nr. 4 (1. Oktober 1995): S.5
33Jianyi Liu: The Origins of the Chinese Communist Party and the Role Played by Soviet Russia and the Comintern., phd, University of York, 2000, S.300, https://etheses.whiterose.ac.uk/9813/.
34Liu, S.344.
35ECCI: ECCI RESOLUTION ON THE RELATIONS BETWEEN THE CHINESE COMMUNIST PARTY AND THE KUOMINTANG, in Communist International: Documents, 1919-1943, von Jane Degras (Routledge, 1923), Übersetzt
36Suffian Mansor: THE COMINTERN ROLE IN THE FORMATION OF THE UNITED FRONT IN 1924 IN CHINA, SEJARAH: Journal of the Department of History 14, Nr. 14 (2006),
37ECCI: EXTRACTS FROM ECCI INSTRUCTIONS TO THE THIRD CONGRESS OF THE CHINESE COMMUNIST PARTY, in Communist International: Documents, 1919-1943, von Jane Degras (Routledge, 1923),
38ECCI: ECCI MANIFESTO ON CHINA, in Communist International: Documents, 1919-1943, von Jane Degras (Routledge, 1924)
39ECCI: EXTRACTS FROM A MANIFESTO OF THE ECCI, RILU, AND YCI AGAINST IMPERIALIST ATROCITIES IN CHINA“, in Communist International: Documents, 1919-1943, von Jane Degras (Routledge, 1925)
40ECCI: EXTRACTS FROM A MANIFESTO OF THE ECCI, RILU, AND YCI AGAINST IMPERIALIST ATROCITIES IN CHINA
41Institut für den fernen Osten, Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart (Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1975), S.80.
42ECCI: EXTRACTS FROM THE RESOLUTION OF THE SIXTH ECCI PLENUM ON THE CHINESE QUESTION“, in Communist International: Documents, 1919-1943, von Jane Degras (Routledge, 1926)
43ECCI: „EXTRACTS FROM THE RESOLUTION OF THE SIXTH ECCI PLENUM ON THE CHINESE QUESTION“, S.346.
44Julia Lovell_ Maoism: A Global History (London: The Bodley Head, 2019), S.28.
45Lovell, S.32.
46Robert Elliott Allinson 2020: The Philosophical Influences of Mao Zedong: Notations, Reflections and Insights, Bloomsbury Publishing Plc, London, S. 202, 29f.
47Ebd, S. 14.
48Ebd. S. 145f.
49Ebd S. 18f.
50Michael Steffen 2002: Geschichten vom Trüffelschwein, Assoziation A: Berlin/Hamburg, S. 203ff.
51Ebd, S. 103f.
52Ebd, S. 121f.
53Mao Tse-tung 1937: Über den Widerspruch, Ausgewählte Werke Bd I, S. 365.
54Ebd, S. 368.
55Ebd, S. 369.
56Ebd, S. 397.
57Gunnar Matthiessen 1973: Kritik der philosophischen Grundlagen und der gesellschaftspolitischen Entwicklung des Maoismus, Pahl-Rugenstein Verlag: Köln, S. 49.
58Friedrich Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW 19, S. 219f.
59Mao 1937, S. 373.
60Mao Tse-tung 1982: Rede über Fragen der Philosophie, in: Mao Zedong Texte. Herausgeben von Helmut Martin. Hanser Verlag, München/ Wien 1982, Fünfter Band 1961-1964, S.341-367, online http://www.infopartisan.net/archive/maowerke/maosonst3.htm , abgerufen 13.6.2023.
61Beispielsweise: „Es ist gesagt worden, dass die Dialektik drei Grundgesetze habe und dann sagte Stalin, dass es vier gibt. Aber ich denke, es gibt nur ein Grundgesetz – das Gesetz des Widerspruchs“, Übersetzt aus dem Englischen: „It was said that dialectics had three basic laws and then Stalin said there were four. But I think there is only one basic law – the law of contradiction”, zit. n. Allinson 130. Für eine sinngemäß gleiche Aussage vgl. auch: Mao: Speech at Hangchow, 21.12.1965, in: Stuart Schram (Hrsg.) 1974: Chairman Mao talks to the People, Talks and letters: 1956-1971, Pantheon Books, New York, S. 240.
62Mao 1937, S. 397, vgl. auch S. 396.
63Übersetzt aus dem Englischen: “There isn’t anything that is not mutually transformable. High speed turns into low speed and low speed turns into high speed. Labor turns into rest and rest turns into labor. (…) Getting out of bed and going to bed are also the unity of opposites.(…) Sleeping transforms into getting up and getting up transforms into sleeping.”, Mao Tse-tung 1959: Examples of Dialectics, Selected Works of Mao Tse-tung, Vol. VIII, 203f.
64Aus dem Englischen: “Sons transform into fathers and fathers transform into sons. Females transform into males and males transform into females. (…) War transforms into peace, and peace transforms into war.”, Ebd, S. 205.
65Mao 1982.
66Lenin: Über die Junius-Broschüre, LW 22, S. 314.
67Mao 1937, S. 397.
68Allinson 2020, S. 177.
69Mao 1937, S. 388.
70Ebd., S. 389.
71Ebd., S. 390.
72Ebd., S. 390f.
73Ebd., S. 391.
74Engels, MEW 19, S. 228.
75Mao 1937, S. 381.
76Allinson 2020, S. 126.
77Mao Tse-tung 1952: Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie ist der Hauptwiderspruch in China, Ausgewählte Werke Bd V, S. 353.
78ZK der KP Chinas 2021: Resolution des ZK der KP Chinas über die großen Erfolge und historischen Erfahrungen des hundertjährigen Kampfes der Partei, online: http://german.china.org.cn/txt/2021-11/17/content_77877415.htm , abgerufen 15.3.2023.
79Hans Heinz Holz 2011: Theorie als materielle Gewalt. Die Klassiker der III. Internationale, Aufhebung und Verwirklichung der Philosophie, Band 2, Aurora Verlag: Berlin. S. 249.
80 Foreign Language Press 1072: Serving the People with Dialectics. Essays on the Study of Philosophy by Workers and Peasants, Peking.
81Ebd, S. 13f.
82Ebd, S. 29f.
83Mao Tse-tung 1968a: Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke, erschienen in: Vier philosophische Monographien, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking, S. 90.
84Edoarda Masi: Maos unvollständiger Bruch mit dem Leninismus (1969), in: Felix Wemheuer 2008 (Hrsg): Maoismus. Ideengeschichte und revolutionärer Geist, Promedia Verlag, Wien, S. 155-164
85Mao 1968a, S. 92.
86Ebd.
87DKP 2023: Die VR China, ihr Kampf um den Aufbau eines modernen sozialistischen Landes und die Veränderung der internationalen Kräfteverhältnisse, Beschluss des 25. Parteitags.
88José Maria Sison: “On Proletarian Stand and Outlook Second Episode: Introduction to Marxism-Leninism-Maoism” Interview with the Anakbayan-Europe NDLine Online School; in “Jose Maria Sison On the Philosophy of Marxism-Leninism-Maoism Sison Reader Series Book 2”, 2021
89Möglicherweise zeigt sich hier in diesem Zitat auch schon ein falsches Verständnis vom Verhältnis von Sein und Bewusstsein. Indem Mao dem Sein die Idee quasi kategorial gegenüberstellt (“Übergang vom Sein zur Idee”) und nicht vom Bewusstsein als “bewusstem Sein” (Marx) spricht, erscheint es wie eine starre Trennung zwischen beidem, ganz so als ob die Idee nicht-Sein wäre. Mao Tse Tung (1963): “Woher kommen die richtigen Ideen der Menschen?” Fünf philosophische Monographien, Verlag für fremdsprachige Literatur Peking 1976, S. 173f.
90 Ebd. S.175
91Mao (1937), “Über den Widerspruch”, Ausgewählte Werke Band 1, S. 377
92Mao (1937), “Über die Praxis”, Ausgewählte Werke Band 1, S. 357
93Mao (1937), “Über den Widerspruch”, Ausgewählte Werke Band 1, S. 367
94 Mao (1937), “Über die Praxis”, Ausgewählte Werke Band 1, S. 350f
95Mao (1937), “Über die Praxis”, Ausgewählte Werke Band 1, S. 354f
96Mao Tse Tung (1963): “Woher kommen die richtigen Ideen der Menschen?” Fünf philosophische Monographien, Verlag für fremdsprachige Literatur Peking 1976, S. 173. Der Begriff “Produktionskampf” wird von Mao relativ selten (in einer Handvoll Schriften) verwendet, dabei nie klar definiert. Die Art der Verwendung dieses Begriffs durch Mao deutet ein Verständnis an, dass die Entwicklung der Produktivkräfte und die Ausdehnung der Produktion auch eine Art “Kampf” darstellen, der unabhängig von den spezifischen Produktions- und Klassenverhältnissen stattfindet. Vgl. Mao Tse Tung (1964): “We must prevent China from changning colour” und “Remarks at a briefing”, Ausgewählte Werke Band 9 (englisch): https://www.marxists.org/reference/archive/mao/selected-works/sw-in-pdf/sw-sramikavarga-1994-v9.pdf Mao
97Müller, Groos, Textor (2022): Klarheit durch Wissenschaft, https://kommunistischepartei.de/diskussion/klarheit-durch-wissenschaft/
98Mao (1937): „Über die Praxis“,AW Band 1, S.347ff. Darin heißt es u.a. “Der vormarxsche Materialismus betrachtete das Problem der Erkenntnis losgelöst vom gesellschaftlichen Charakter des Menschen und von seiner geschichtlichen Entwicklung, darum konnte er die Abhängigkeit der Erkenntnis von der gesellschaftlichen Praxis, das heißt, die Abhängigkeit der Erkenntnis von der Produktion und vom Klassenkampf, nicht verstehen. Vor allen Dingen sind die Marxisten der Meinung, daß die Produktionstätigkeit der Menschen die allerwesentlichste praktische Tätigkeit darstellt, die jede andere Tätigkeit bestimmt. Die Erkenntnis der Menschen hängt hauptsächlich von ihrer Tätigkeit in der materiellen Produktion ab, in deren Verlauf die Menschen allmählich die Erscheinungen, Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten der Natur und die Beziehungen zwischen dem Menschen und der Natur begreifen; zugleich erkennen sie durch ihre Produktionstätigkeit auch allmählich in unterschiedlichem Maß bestimmte Beziehungen zwischen den Menschen. (…) Die Marxisten sind der Ansicht, daß sich die Produktionstätigkeit der menschlichen Gesellschaft Schritt für Schritt von niederen zu höheren Stufen entwickelt und sich deshalb auch die Erkenntnis sowohl der Natur als auch der Gesellschaft durch die Menschen Schritt für Schritt von niederen zu höheren Stufen, das heißt von der Oberfläche in die Tiefe, vom Einseitigen zum Vielseitigen entwickelt.”
99Mao Tse Tung (1963): “Woher kommen die richtigen Ideen der Menschen?” Fünf philosophische Monographien, Verlag für fremdsprachige Literatur Peking 1976, S. 173
100Aus dem Englischen übersetzt: “The outward appearance is visible; it stimulates the senses. The essence is invisible and intangible; it is hidden behind the outward appearance. The essence can only be discovered through investigation and study. If we could touch and see the essence there would be no need for science.” Mao: Speech at Hangchow, 21.12.1965, in: Stuart Schram (Hrsg.) 1974: Chairman Mao talks to the People, Talks and letters: 1956-1971, Pantheon Books, New York, S. 235f
101Aus dem Englischen übersetzt:“ You should gradually get into contact with reality, live for a while in the countryside, learn a bit of agricultural science, botany, soil technology, fertilizer technology, bacteriology, forestry, water conservancy etc. There’s no need to rid big tomes. It’s sufficient to read little books and get a bit of general knowledge.” Mao: Speech at Hangchow, 21.12.1965, in: Stuart Schram (Hrsg.) 1974: Chairman Mao talks to the People, Talks and letters: 1956-1971, Pantheon Books, New York, S. 236.
102 Mao Tse Tung (1942): „Den Arbeitsstil der Partei verbessern“ in Ausgewählte Werke 3, S. 36f
103Marx: MEW 23, s. 25
104MEW 4, S. 474
105Die „Berichtigungsbewegung” (manchmal auch „Ausrichtungsbewegung”) 1942 war eine Phase ideologischer Kämpfe innerhalb der KP Chinas.Sie führte zu einer Stärkung von Maos Position in der Partei und einer klaren Zurückdrängung des Einflusses des Vertreters der KP Chinas bei der Komintern, Wang Ming (und damit der Komintern insgesamt). Da sich viele Legenden um die Berichtigungsbewegung ranken, wäre eine intensivere Auseinandersetzung damit sinnvoll, die hier aber nicht geleistet werden kann.
106Aus dem Englischen übersetzt: „We shouldn’t read too many books. We should read Marxist books, but not too many of them either. It will be enough to read a dozen or so. If we read too many, we can move towards our opposites, become bookworms, dogmatists, revisionists. In the writings of Confucius, there is nothing about agriculture. Because of this, the limbs of his students were not accustomed to toil, and they could not distinguish between the five grains. We most do something about this. (…) If you read too many books, they petrify your mind in the end.” Mao Tse Tung (1964): Remarks at the Spring Festival in: Stuart Schram (Hrsg.) 1974: Chairman Mao talks to the People, Talks and letters: 1956-1971, Pantheon Books, New York, S. 210f.
107Mao Tse Tung (1942): „Den Arbeitsstil der Partei verbessern“ in Ausgewählte Werke 3, S. 36f
108Siehe hierzu Kapitel Die „Große Proletarische Kulturrevolution“ – eine korrekte Methode zur Verhinderung der kapitalistischen Konterrevolution? zur Kulturrevolution
109Aus dem Englischen übersetzt: “Our country is both poor and blank. Those who are poor have nothing to call their own. (…) To be poor is fine because it makes you inclined to be revolutionary.”, Mao: Speech at the Supreme State Conference, 28.1.1958, in: Stuart Schram (Hrsg.) 1974: Chairman Mao talks to the People, Talks and letters: 1956-1971, Pantheon Books, New York. S. 92.
110Aus dem Englischen übersetzt:“You grew up eating honey, and thus fur you have never know suffering. In future, if you do not become a rightist, but rather a centrist, I shall be satisfied. You have never suffered, how can you become a leftist?” Talks with Mao Yüan-hsin (1964-66) (Mao Yüan-hsin war Maos Neffe) First Talk 5.7.1964 in: Stuart Schram (Hrsg.) 1974: Chairman Mao talks to the People, Talks and letters: 1956-1971, Pantheon Books, New York. S. 245.
111Siehe das Kapitel Maos Verständnis vom Aufbau des Sozialismus: Zwischen rechtem und linkem Opportunismus zum Sozialismusverständnis von Mao
112MEW 3, S. 46
113Vgl. Lenin, LW 5, S. 385f
114„Einige Fragen der Führungsmethoden“ (6. Juni 1943), Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III
115 Englisches Original:”It was not until the period of the Resistance to Japan that we formulated a general line for the Party and a complete set of concrete policies which were appropriate to the actual situation. By this time we had been making revolution for more than twenty years. For so many years previously we were working very much in the dark. If anyone were to claim that any comrade, for example any member of the Central Committee, or I myself, completely understood the laws of the Chinese revolution right from the beginning, then that comrade would be talking through his hat. He should definitely not be believed. It was not like that at all. In the past, and especially at the beginning, all our energies were directed towards revolution, but as for how to make revolution, what we wanted to change, which should come first and which later, and which should wait until the next stage — for a fairly long time none of these questions were properly understood, or we could say they were not thoroughly understood.” Mao (1962): Talk At An Enlarged Working Conference Convened By The Central Committee Of The Communist Party Of China; https://www.marxists.org/reference/archive/mao/selected-works/volume-8/mswv8_62.htm Vgl. Matthiesen S. 20
116 “In our work of socialist construction, we are still to a very large extent acting blindly. For us the socialist economy is still in many respects a realm of necessity not yet understood. Take me as an example: there are many problems in the work of economic construction which I still don’t understand. I haven’t got much understanding of industry and commerce. I understand a bit about agriculture, but this is only relatively speaking — I still don’t understand much.(…) As regards our Party as a whole, our knowledge of socialist construction is extremely inadequate. We should from now on spend a period of time in summarizing our experiences and in hard study, and in the course of practice gradually deepen our understanding of it through clarifying its laws. We must put in a lot of hard work and make thorough investigations. We must go down to the countryside to squat on a selected spot. We must go and squat in the production brigades and ! production teams, and go to the factories and shops. As to making investigations and studies, we used to do them rather well but since we came into the cities we have no longer taken them seriously.” Ebenda.
117Mao (1944): „Die Einheitsfront in der Kulturarbeit“, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III, S.217
118Als Beispiel für eine solche richtige Politik sei hier der Umgang der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) mit den Wahlen 2015 genannt. Die sozialdemokratische Partei SYRIZA hatte die KKE aufgefordert, eine gemeinsame „Linksregierung” zu bilden. Diese Forderung übernahmen auch viele Arbeiter, die noch Illusionen über den Charakter von SYRIZA hatten. Die KKE verweigerte eine solche Regierungsbeteiligung und verlor dadurch Stimmen bei der Wahl. Die folgenden Jahre zeigten jedoch die Richtigkeit der Einschätzung der KKE – heute nach einigen Jahren Regierungspartei und des Beweises, dass sie gegen die Interessen der Arbeiterklasse handelt, hat SYRIZA deutlich an Einfluss verloren, wohingegen die KKE einen wachsenden Einfluss in den Massen verzeichnen kann.
119Mao (1945): „Über die Koalitionsregierung“, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III, S.314
120Ebenda, S.314
121Matthiessen S. 19f
122Mao Tse Tung (1963): “Woher kommen die richtigen Ideen der Menschen?” Fünf philosophische Monographien, Verlag für fremdsprachige Literatur Peking 1976, S. 174.
123 Mao (1942): Reden bei der Aussprache in Yenan über Literatur und Kunst, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III, S. 94
124J. Bentham (1748-1832), wichtiger Vertreter des Utilitarismus
125P. H. Holbach (1723-1789), wichtiger Vertreter der Aufklärung
126Siehe: Mao Tse-Tung, „U.S. Imperialism Is The Most Ferocious Enemy Of The World’s People“, Peking Review, 12. Januar 1964.
Mao Tse-Tung, „A New Storm Against Imperialism“, Peking Review, 16. April 1968;
Mao Tse-Tung, „People Of The World, Unite And Defeat The U.S. Aggressors And All Their Running Dogs“, Peking Review, 1970
127Mao verwendet den Begriff der „running dogs“ unterschiedlich. In einigen Texten bezeichnet er damit die die Kompradorenbourgeoisie von Kolonien an anderen Stellen verwendet er ihn für andere imperialistische Länder. Mao Tse-tung, „Über den Widerspruch“, in Band 1, 1. Aufl., Ausgewählte WerkeMao Tse-tungs (Peking: Verlag für fremdsprachige Literatur, 1968), https://www.marxists.org/deutsch/referenz/mao/1937/wider/index.htm., Mao Tse-tung, „Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke“, in 4 philosophische Monographien, 1. Nachdruck von 1971 (Peking: Verlag für fremdsprachige Literatur, 1957), 89–148., manchmal aber auch die anderen imperialistischen Länder.
128Lovell, Maoism.
129Mao Tse-Tung: Statement Expressing The Chinese , 1964 People’s Support For The Japanese People’s Great Patriotic Struggle, in Statement by Mao Tse-tung (Peking, 1964). [Übersetzung]
130Lenin: Ursprünglicher Entwurf der Thesen zur nationalen und kolonialen Frage (Für den Zweiten Kongreß der Kommunistischen Internationale)“, in Werke Bd. 31 April – Dezember 1920
131Mao Tse-Tung, „American Imperialism Is Closely Surrounded By The Peoples Of The World“, in Quotations from Chairman Mao, 1964.
132z.B. IKB: Historische Nachricht Über Das Erfolgreiche Abhalten Der Vereinten Internationalen Maoistischen Konferenz: Der Internationale Kommunistische Bund Wurde Gegründet! – Communist International, Communist International (blog), 27. Dezember 2022
z.B. “Der Hauptwiderspruch auf Weltebene der zwischen Imperialismus und unterdrückten Völkern.” in: Jugendwiderstand: Jugendwiderstand – Rebellion ist gerechtfertigt!: Kurzvorstellung & Kontakt, Jugendwiderstand – Rebellion ist gerechtfertigt! (blog), –
z.B. „[Der Hauptwiderspruch] liegt unseres Erachtens nach im Widerspruch zwischen der sogenannten Dritten Welt und der ersten Welt“ in: Infrarot: Der Maoismus – Ein Revolutionärer Bündnispartner?: Eine kritische Auseinandersetzung, 11. Januar 2021
z.B. „Nur dadurch können wir verstehen, dass die Grundwidersprüche dieser Epoche die Widersprüche zwischen unterdrückten Nationen und Imperialismus, zwischen Proletariat und Bourgeoisie und der interimperialistische Widerspruch sind, zusammen mit dem Widerspruch zwischen Sozialismus und Kapitalismus der heutzutage nur auf ideologischer und politischer Ebene existiert, und dass der Hauptwiderspruch derjenige zwischen unterdrückten Nationen und dem Imperialismus ist“ in: Demvolkedienen:Feiert den 50. Jahrestag der Großen Proletarischen Kulturrevolution mit Volkskrieg bis zum Kommunismus!
133Mao Tse-Tung, „U.S. Imperialism Is The Most Ferocious Enemy Of The World’s People“.
134Mao Tse-Tung, „Vierter Kommentar zum Offenen Brief der KPdSU“, 22. Oktober 1963
135KP China: : Die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung. Beijing: Verlag für Fremdsprachige Literatur, 1965 – “Vierter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU”
136Mirso Tursun-Sade, Leiter der sowjetischen Delegation: Rede, auf der 3. Solidaritätskonferenz der afro-asiatischen Völker, 5. Februar 1963;
N. S. Chruschtschow: Referat „Über das Programm der KPdSU“, gehalten auf dem XXII. Parteitag der KPdSU im Oktober 1961
137Ins Deutsche übersetzt, Reuers: False Claim: Nikita Khrushchev 1959 Quote to the United Nations General Assembly,, 11. Mai 2020, Abschn. everythingNews
138UK Parliament: The International Situation, Hansard, Februar 1961, https://hansard.parliament.uk/Lords/1961-02-09/debates/a9f6d306-dc1b-45e6-aa99-8be3a1dfb035/TheInternationalSituation.
139Makis Papadopoulos, Mitglied des ZK der KKE und Vorsitzender der ideologischen Kommission: The imperialist unions, the inter-imperialist contradictions and the stance of the communists, International Communist Review 6 (2015)
140Unter der politischen Führung von Chruschtschow bürgerte sich der Begriff der „friedlichen Koexistenz“ ab ca. den 50 Jahren in den Einschätzungen der KPdSU ein. Mit der Zeit ersetzte die Idee von einem friedlichen Nebeneinanderherleben der kapitalistischen und sozialistischen Staaten das Ziel, das imperialistische Weltsystem insgesamt zu überwinden. Dass in diesem System zwangsläufig Kriege geführt werden müssen, die man damit in Kauf nimmt, geriet in den offiziellen Diskussionen der Partei zunehmend in Vergessenheit – und damit auch, dass alle sozialistischen Staaten durch solche Kriege gefährdet bleiben, solange kapitalistische Staaten existieren. Wie in unserem BolscheWiki-Artikel zur Koexistenz zitiert, wurde diese These von der KP Chinas in den 50er Jahren noch begrüßt, später aber kritisiert.
Der Revisionismus im Bereich des Imperialismus ging zwangsläufig auch mit Fehlannahmen im Bereich der Ökonomie und der Strategie einher. Jedoch wäre es zu vereinfacht, all diese Fehlentwicklungen der Person Chruschtschows zuzuschreiben. Einzelne Diskussionen über bspw. kapitalistische Elemente im Sozialismus fanden auch schon zu Zeiten Stalins statt, wozu Stalin auch selbst kritisch Stellung bezogen hatte.
s. z.B: Kurt Gossweiler, „Die Entfaltung des Revisionismus in der kommunistischen Weltbewegung und in der DDR |“, Kurt Gossweiler – Politisches Achriv (blog);
KO, „Friedliche Koexistenz – BolscheWiki“, Bolschewiki der KO, 11. Januar 2019;
KO, „Plan, Markt und Wertgesetz – BolscheWiki“, Bolschewiki der KO, 11. Januar 2019
141Dickhut, Willi: Die Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion — Verlag Neuer Weg, 1988
142Mao Tse-tung: Analyse der Klassen der Gesellschaft, in Ausgewählte Werke Bd. 1, 1926, S.9
143Mao Tse-tung: Über den langwierigen Krieg, in Ausgewählte Werke Bd.2, S.139.
144Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas, in Ausgewählte Werke Bd. 2, S.362.
145Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China, in Ausgewählte Werke Bd.1, S.230.
146Mao Tse-tung: Warum kann die chinesische Rote Macht bestehen?, in Ausgewählte Werke Bd.1, 1928, S.69;
Mao Tse-Tung: Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus, in Gesammelte Werke Band 1, 1935, S.183
147Mao Tse-Tung: Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus, in Ausgewählte Werke Bd. 1, S.182.
148Mao Tse-tung:Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas, in Ausgewählte Werke Bd. 2, S.360 ff.
149Mao Tse-tung, „Über den langwierigen Krieg“, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1938, S.139
150Mao Tse-tung: Warum kann die chinesische Rote Macht bestehen?, in Ausgewählte Werke Bd.1, 1928, S.69
151S. z.B. Wladimir Iljitsch Lenin: Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“, in Lenin Werke Band 21, 1915, S. 343;
Wladimir Iljitsch Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Werke, Band 22, S.262.
152Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, S.268.
153Wladimir Iljitsch Lenin: Über eine Karikatur auf den Marxismus und über den „imperialistischen Ökonomismus”, in Werke Bd.23, 1916, S.58
154Wladimir Iljitsch Lenin: Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution – Der Klassencharakter der jüngsten Revolution, in Werke Band 24, 191, S.43
155Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, S.301.
156Wladimir Iljitsch Lenin: Über den Frieden ohne Annexionen und die Unabhängigkeit Polens als Tageslosung in Rußland, in Werke Band 22, 1916
157Dmitrii V. Likharev: Constantinople and the Black Sea Straits as Russia’s War Aims in 1914-1917: A Comparison of Russian and American Interpretations, Historian 81, Nr. 2 (2019): 260–81,
158Wladimir Iljitsch Lenin: The End of the Italo-Turkish War, in Collected Works 18, 1912
159Deutschlandfunk: Ein Abschlachten der Araber mit neuzeitlichen Waffen, 18. Oktober 2012, https://www.deutschlandfunk.de/ein-abschlachten-der-araber-mit-neuzeitlichen-waffen-100.html.
160Encyclopedia Britannica: Anglo-Russian Entente, in Britannica, https://www.britannica.com/event/Anglo-Russian-Entente.
161Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, S.82
162Zu Betrachtungen der Halbkolonie bei Lenin – Spanidis Thanasis: Die Bourgeoisie im imperialistischen Weltsystem“, Kommunistische Organisation (blog), 5. November 2022, https://kommunistischepartei.de/diskussion/die-bourgeoisie-im-imperialistischen-weltsystem/.
163Wladimir Iljitsch Lenin: Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung, in Werke Band 22, 1916, S.345
164Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, S.305.
165ebd. S.268.
166Wladimir Iljitsch Lenin : Über das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, in Werke Bd. 20, 1914, S.402
167Wladimir Iljitsch Lenin: Die sozialistische Revolution und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, in Werke Band 22, S.153
168Wladimir Iljitsch Lenin: Über eine Karikatur auf den Marxismus und über den „imperialistischen Ökonomismus”, in Werke Bd.23, 1916, S.31
169ebd.
170 „Wer ist das Volk? Im gegenwärtigen Stadium setzt sich das Volk in China aus der Arbeiterklasse, der Bauernschaft, dem städtischen Kleinbürgertum und der nationalen Bourgeoisie zusammen. Unter Führung der Arbeiterklasse und der Kommunistischen Partei schließen sich diese Klassen zusammen, um ihren eigenen Staat zu bilden und ihre eigene Regierung zu wählen; sie üben eine Diktatur, eine Alleinherrschaft über die Lakaien des Imperialismus aus – über die Grundherrenklasse und die bürokratische Bourgeoisie…“ – Mao Tse-tung: Über die demokratische Diktatur des Volkes“, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1949, S.445
171Übersetzt aus dem Englischen, Mao Tse-tung: The Role of the Merchants in the national revolution, in Selected Works Volume 6, 1923
172Mao Tse-tung: Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke – 1. Widersprüche von zweierlei Charakter, in 4 philosophische Monographien, 1957
173„Daher wäre es theoretisch grundsätzlich falsch, eine der politischen Forderungen der Demokratie, nämlich das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, in dieser Hinsicht auszusondern und den übrigen Forderungen entgegenzustellen. In der Praxis kann das Proletariat nur dann seine Selbständigkeit bewahren, wenn es den Kampf für alle demokratischen Forderungen, die Republik nicht ausgenommen, dem revolutionären Kampf für die Niederwerfung der Bourgeoisie unterordnet.“ Wladimir Iljitsch Lenin: Die sozialistische Revolution und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, in Lenin Werke Band 22, 1916, S.151
174Felix Wemheuer: Edoarda Masi – Maos unvollständiger Bruch mit dem Leninismus, in Maoismus: Ideengeschichte und revolutionärer Geist, 1. Aufl, Edition Linke Klassiker (Wien: Promedia-Verl, 1969), S.156.
175Michael Hardt: Im Zwielicht der bäuerlichen Welt. Zur Klassenanalyse des Empires, in: Atzert/Müller (Hrsg.): Kritik der Weltordnung – Globalisierung, Imperialismus, Empire, Berlin 2003.
176Mao Tse-tung: Wie man die Klassen im Dorf unterscheidet, in Ausgewählte Werke Bd. 1, 1933, S.157;
Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas – Die Feudalgesellschaft der alten Zeit
177Mao Tse-tung: Analyse der Klassen der chinesischen Gesellschaft, in Ausgewählte Werke Bd. 1, 1926, S.11
178Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1939, S.376
179Mao Tse-tung: Über die Klassen der chinesischen Gesellschaft, S.15
180„die chinesische Großbourgeoisie, die Kompradorencharakter besitzt, ist eine direkt im Imperialismus dienende und von ihm ausgehalten der Klasse. Folglich richtete sich in China die Revolution von jeher gegen die Kompradoren-Großbourgeoisie“ – Mao Tse-tung: Der Zeitschrift Communist zum Geleit“, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1939;
s.a. Mao Tse-tung: Die gegenwärtige Lage und unsere Aufgaben, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1947, S.173
181Mao Tse-tung: Analyse der Klassen in der chinesischen Gesellschaft, S.9;
s.a. Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas, S. 371 ff.
182die Recherche in den gesammelten Werken Stalins führte zu zwei Texte, die den Begriff des Kompradoren verwenden:J. V. Stalin: Talk with Students of the Sun Yat-Sen University, Selected Works, Vol. 09, 1927;
J. V. Stalin, „Questions of the Chinese Revolution“, in Selected Works, Vol. 09, 1927
183Mao zitiert in seinem Text „die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas“ von 1939 die von der Komintern 1928 verabschiedeten „Thesen über die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und Halbkolonien“, in Die Kommunistische Internationale in Resolutionen und Beschlüssen Band 2B, 1928.
184Mao Tse-tung: Die gegenwärtige Lage und unsere Aufgaben“, S.173.,
s.a. Mao Tse-tung: Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke – 1. Widersprüche von zweierlei Charakter
185Mao Tse-tung: Die Revolution zu Ende führen, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948, S.322
186Mao Tse-tung: Über einige wichtige Fragen in der gegenwärtigen Politik der Partei, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948, S.196
187Mao Tse-tung: Über die Klassen der chinesischen Gesellschaft, S.16
188Mao Tse-tung: Telegramm an das Oberkommando der Front von Loyang nach Wiedereroberung der Stadt, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948, S.263
189Mao Tse-tung: Über die Koalitionsregierung“, in Ausgewählte Werke Bd. 3, 1945, S.258
190Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei, S.373;
Mao Tse-tung: Der Zeitschrift Communist zum Geleit, S.335; Mao Tse-tung: Das Fazit der Abwehr der 2. antikommunistischen Kampagne, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1941, S.549
191Mao Tse-tung: Über die demokratische Diktatur des Volkes, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1949, S.447
192Mao Tse-tung: Die Revolution zu Ende führen, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948, S.322
193 Mao Tse-tung: Die gegenwärtige Lage und unsere Aufgaben, S.173
194Mao Tse-Tung: Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus, S.180
195Bsp.: Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas ;
Mao Tse-tung: Über die Klassen der chinesischen Gesellschaft; Mao Tse-tung: Die gegenwärtige Lage und unsere Aufgaben; Mao Tse-tung: A three Months’ Summary
196Mao Tse-tung: Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie ist Der Hauptwiderspruch in China, in Ausgewählte Werke Bd. 5
197Siehe Mao Tse-tung: Über die Klassen der chinesischen Gesellschaft“, S.9;
Mao Tse-tung: Warum kann die chinesische rote Macht bestehen?, S.67
198Bspw. „Was die schwankende mittlere Bourgeoisie betrifft – deren rechter Flügel unser Feind und deren linker Flügel unser Freund sein kann“ – Mao Tse-tung:Analyse der Klassen der Gesellschaft“;
„Die nationale Bourgeoisie ist eine in politischer Hinsicht sehr schwache und schwankende Klasse.“ – Mao Tse-tung: Zur Frage der nationalen Bourgeoisie und der aufgeklärten Schenschi, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948;
Unter diesen Kräften können die mittlere Bourgeoisie und die aufgeklärten Schenschi sich beim gemeinsamen Widerstand gegen Japan uns anschließen und auch gemeinsam mit uns eine antijapanische demokratische Macht errichten,Die mittlere Gruppe gerät leicht ins Schwanken und geht unvermeidlich ihrer Differenzierung entgegen; im Hinblick auf ihre schwankende Haltung müssen wir sie in geeigneter Weise zu überzeugen suchen und kritisieren.
199Mao Tese-tung: Analyse der Klassen der Gesellschaft“, in Ausgewählte Werke Bd. 1, 1926, S.16
200Mao Tse-tung: Zur Frage der nationalen Bourgeoisie und der aufgeklärten Schenschi, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948, S.219
201Mao Tse-tung: Über die Koalitionsregierung, S.291
202Mao Tse-tung: Aktuelle Probleme der Taktik in der antijapanischen Einheitsfront, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1940, S.498
203siehe KO: Die Kommunistische Internationale, ihre Auflösung und der internationale Kampf der Kommunisten heute, 2023
204Dietz Verlag, Hrsg.: Kleines politisches Wörterbuch, Berlin, 1978
205J. V. Stalin: Über die Grundlagen des Leninismus – Vorlesungen an der Swerdlow-Universität, 1924, S.77.
206ebd.
207J. V. Stalin: Über die Perspektiven der Revolution in China. Rede in der chinesischen Komission des EKKI, in J.W. Stalin. Band 8. Januar – November 1926, 1926, S. 320
208ebd., S.197.
209Dabei ist trotzdem der Kontext der damaligen Diskussion wichtig: Es ging vor allem um die Kritik an Vorstellungen über „Vaterlandsverteidigung“ oder fortschrittliche Kriege von Ländern, die ihre demokratischen Revolutionen bereits hinter sich hatten.
– Lenin: Über eine Karikatur auf den Marxismus und über den „imperialistischen Ökonomismus
210EKKI: Über die Perspektiven der Revolution in China. Rede in der chinesischen Komission des EKKI, S.327.
211J. V. Stalin: Fragen der chinesischen Revolution. Thesen für Propagandisten, gebilligt vom ZK der KPdSU(B), in Werke Bd. 9 – Dezember 1926-Juli, 1927, S.195
212ECCI: EXTRACTS FROM AN ECCI RESOLUTION ON THE CHINESE QUESTION, in Communist International: Documents, 1919-1943 – Volume 3
213ECCI: EXTRACTS FROM A RESOLUTION OF THE ECCI PRESIDIUM ON THE TASKS OF THE CHINESE COMMUNIST PARTY, in Communist International: Documents, 1919-1943 – Volume 3, 1931
214 ECCI: EXTRACTS FROM ECCI INSTRUCTIONS TO THE THIRD CONGRESS OF THE CHINESE COMMUNIST PARTY
215ECCI: EXTRACTS FROM THE RESOLUTION OF THE SIXTH ECCI PLENUM ON THE CHINESE QUESTION
216ECCI: EXTRACTS FROM A LETTER FROM THE ECCI TO THE CENTRAL COMMITTEE OF THE CHINESE COMMUNIST PARTY, in Communist International: Documents, 1919-1943 – Volume 3:1929-1943, von Jane Degras (Routledge, 1929), https://www.routledge.com/Communist-International-Documents-1919-1943/Degras/p/book/9780714615561.
217„EXTRACTS FROM AN ECCI RESOLUTION ON THE CHINESE QUESTION“.
218„Über die Perspektiven der Revolution in China. Rede in der chinesischen Komission des EKKI“, S.329.
219ebd.
220„EXTRACTS FROM AN ECCI RESOLUTION ON THE CHINESE QUESTION“.
221Stalin: Über die Grundlagen des Leninismus – Vorlesungen an der Swerdlow-Universität, S.74.
222Stalin: Fragen der chinesischen Revolution. Thesen für Propagandisten, gebilligt vom ZK der KPdSU(B), S.194.
223ECCI: EXTRACTS FROM AN ECCI RESOLUTION ON THE CHINESE QUESTION
224Stalin: Fragen der chinesischen Revolution. Thesen für Propagandisten, gebilligt vom ZK der KPdSU(B), S.196.
225ECCI: EXTRACTS FROM A LETTER FROM THE ECCI TO THE CENTRAL COMMITTEE OF THE CHINESE COMMUNIST PARTY
226Mao Tse-tung: Über die neue Demokratie, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1940, S.401;
s.a. Mao Tse-tung: Revolutionäre Kräfte der ganzen Welt, vereinigt euch, kämpft gegen die imperialistische Aggression, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948;
227zum Beispiel: Mao Tse-tung: Über die neue Demokratie, S.402
228J. W. Stalin: Die Oktoberrevolution und die nationale Frage, in Werke. Band 4. November 1917 – 1920, 1918, S.96
229Mao Tse-tung: Über die neue Demokratie, S.408
230so schätzte Lenin beispielsweise 1915 Russland ein, Vladimir I. Lenin: Sozialismus und Krieg – Die Stellung der SDAPR zum Krieg, 1915
231Mao Tse-Tung: Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression, 1937, S.315
232Mao Tse-tung: Über die demokratische Diktatur des Volkes, S.449
233ebd., S.445
234Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China, in Ausgewählte Werke Bd. 1,1939, S.229
235Mao Tse-Tung: Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus, in Gesammelte Werke Band 1, 1935, S.180
236Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1939, S.372.
237Mao Tse-tung: Zur Frage der nationalen Bourgeoisie und der aufgeklärten Schenschi, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948
238Mao Tse-Tung: Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression, 1937, S.329.
239Mao Tse-tung: Über die demokratische Diktatur des Volkes, S.448.
240siehe Kapitel zur Widerspruchstheorie, zur Möglichkeit der „Regelung“ der Widersprüche zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse
241Mao Tse-tung: Über die Koalitionsregierung, S.269
242ebd., S.271
243ebd., S.299
244Mao Tse-tung: Teil über die Industrie- und Handelspolitik, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1945
245Mao Tse-tung: Rundschreiben über die Lage, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1948
246Mao Tse-Tung: Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression, S.314.
247„In Wirklichkeit ist die NÖP eine Politik der Partei, die den Kampf der sozialistischen und der kapitalistischen Elemente zuläßt und auf den Sieg der sozialistischen Elemente über die kapitalistischen Elemente abzielt. In Wirklichkeit hatte die NÖP bloß mit einem Rückzug begonnen, sie zielt aber darauf ab, im Verlaufe des Rückzugs eine Umgruppierung der Kräfte vorzunehmen und die Offensive zu ergreifen. In Wirklichkeit führen wir schon seit mehreren Jahren eine Offensive, führen sie mit Erfolg, indem wir unsere Industrie entwickeln, den Sowjethandel entfalten und das Privatkapital zurückdrängen.“ – J. V. Stalin: Zu den Fragen des Leninismus, 1926
248„Während des ganzen Stadiums der bürgerlich-demokratischen Revolution, d. h. für mehrere Jahrzehnte, … Während dieses Stadiums haben sich die Umstände von Phase zu Phase geändert oder sind in Veränderung begriffen.“ – Mao Tse-tung: Über die Koalitionsregierung, S.276.
249ebd., S.298
250ebd., S.268
251Mao Tse-tung: Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke, in 4 philosophische Monographien, 1957
252Mao Tse-tung,: Über die neue Demokratie
253Ausschnitt des Interviews mit “Chairman” Mao: „Chairman: The Americans now do not like Jiang Jieshi. We become fonder of him. Those who are 100 percent pro-American are worse than Jiang, who is just 99 percent pro-American. He still wants to retain his own influence.
Premier [Zhou Enlai]: This is dialectical.
[Commandante Eddy] Suñol: I think you are expecting Jiang Jieshi to come back.
Chairman: As long as he disconnects himself from the US, we shall provide him a place in our government.
Premier [Zhou Enlai]: Better if he could bring back Taiwan along with him.
Chairman: It seems that he is not interested in coming back though.“Cuban Side – Head of Delegation and President of National Development Bank, Major Ernesto Che Guevara, and All Other Members of Delegation; Chinese Side – Zhou Enlai, Li Xiannian, Geng Biao, Shen Jian, Lin Ping., Memorandum of Conversation between Mao Zedong and Ernesto „Che“ Guevara (Zhongnanhai, 1960), https://digitalarchive.wilsoncenter.org/document/memorandum-conversation-between-mao-zedong-and-ernesto-che-guevara.
254Institut für den fernen Osten: Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart, Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1975, S.123.
255J.W. Stalin: Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag über die Arbeit des ZK der KPdSU(B)“, in Werke Bd. 14 Februar 1934-April 1945, 1939
256Louise Young: When Fascism Met Empire in Japanese-Occupied Manchuria, Journal of Global History 12, Nr. 2, 2017
257Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China, S.229
258Mao Tse-tung: Über den langwierigen Krieg, in Ausgewählte Werke Bd. 2, 1938, S.144.
259ebd., S.143
260Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China, S.230.
261Institut für den fernen Osten: Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart, S.117.
262刘佳: 1949-2019: The Rise of Cities in China, China Today, http://www.chinatoday.com.cn/ctenglish/2018/sl/201908/t20190815_800175893.html.
263Gunnar Matthiessen: Kritik der philosophischen Grundlagen und der gesellschaftspolitischen Entwicklung des Maoismus, Kleine Bibliothek 32, Köln: Pahl-Rugenstein, 1973, S.28.
264Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China, S.233.
265Mao Tse-tung: Über den langwierigen Krieg, S.143.
266Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei, S.367.
267ebd.
268Institut für den fernen Osten, Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart, S.114.
269Institut für den fernen Osten, Neueste Geschichte Chinas – Von 1917 bis zur Gegenwart, S.131.
270Henning Böke: Maoismus: China und die Linke Bilanz und Perspektive, Theorie.org, Stuttgart: Schmetterling Verlag, 2007, S.29.
271Matthiessen: Kritik der philosophischen Grundlagen und der gesellschaftspolitischen Entwicklung des Maoismus.
272siehe Mao Tse-tung: Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas, S.367.
273Mao Tse-tung: Über den langwierigen Krieg; Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China; Mao Tse-tung:Die chinesische Revolution und die kommunistische Partei Chinas; Mao Tse-Tung: Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus
274Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China, S.233.
275Mao Tse-tung: Über den langwierigen Krieg, S.157.
276ebd., S.223
277dazu Mao selbst: „der ausschlaggebende Faktor für die Kapitulation Japans war der Eintritt der Sowjetunion in den Krieg“ – Mao Tse-tung: Die Lage nach dem Sieg im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression und unser Kurs, in Ausgewählte Werke Bd. 4, 1945, S.7.
278Nathan Prefer: The Soviet Invasion of Manchuria Led to Japan’s Greatest Defeat, Warfare History Network (blog), 2018
279Mao Tse-tung,: Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan, in Ausgewählte Werke Bd. 1, 1927, S.32
280Z.B. Mao Tse-Tung: Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus“, S.186;
Mao Tse-tung: Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China , S.225.
281Mao Tse-tung,: Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan, S.28.
282Mao Tse-tung: Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan, S.23.
283Wladimir Iljitsch Lenin: Eine der Kernfragen der Revolution, in Werke Bd.25, 1917;
Wladimir Iljitsch Lenin: Bauern und Arbeiter, in Werke Bd.21: „Nur das Proletariat und die Bauernschaft können die Monarchie stürzen – so lautete damals die Grundformel unserer Klassenpolitik. Und diese Formel war richtig. Der Februar und März 1917 haben es erneut bestätigt.“
284S. auch: Vladimir I. Lenin: Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution – 10. Die „revolutionären Kommunen“ und die revolutionär-demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft, 1905
285J. V. Stalin: Über die Grundlagen des Leninismus
286Lenin: Bauern und Arbeiter
287Stalin, Josef W. 1952: Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, Dietz Verlag Berlin.
288Übersetzt aus dem Englischen: „The last letter is fundamentally wrong, setting the state and the masses against each other, distrustful of the peasants and rigidly holding onto the machines without letting go. (…) He did not want to sell the tractors to the peasants.” Zit. n. MacFarquhar, Roderick/ Cheek, Timothy/ Wu, Eugene (ed.) 1989: The Secret speeches of Chairman Mao: From the hundred flowers to the Great Leap Forward. Harvard contemporary China series 6, S. 462f. Für ähnliche Aussagen Maos vgl. auch Ebd, S. 455 und Mao Zedong: Concerning Economic Problems of Socialism in the USSR, in: Moss Roberts 1977: A Critique of Soviet Economics by Mao Tsetung, Monthly Review Press: New York and London, S. 130.
289MacFarquhar et al. 1989, S. 421.
290Aus dem Englischen: “I endorse the CPSU Central Committee’s solution of the Molotov question. That was a struggle of opposites. (…) the Molotov clique took the opportunity to attack at a time when comrade Khrushchev was abroad and unprepared. (…) that struggle was one between two lines: one erroneous and one relatively correct. In the four or five years since Stalin’s death the situation has improved considerably in the Soviet Union (…). This shows that the line represented by comrade Khrushchev is more correct and that opposition to this line is incorrect.”, Mao Zedong, ‚Speech at a meeting of the representatives of sixty-four Communist and Workers‘ Parties‘ (edited by Mao), November 18, 1957, online: https://digitalarchive.wilsoncenter.org/document/mao-zedong-speech-meeting-representatives-sixty-four-communist-and-workers-parties-edited, abgerufen 13.6.2023.
291Übersetzt aus dem Englischen: „Later they started the New Economic Policy, [but] declared its conclusion in two or three years. Why such a hurry? (…) we have already implemented [it] for three years. We’ll implement [it] for another seven year, thirteen years, [and] continue [it] for another two or three years if necessary. The Soviet Union was in too much of a hurry, [with the result that] it still affects [the production of] its commodities today – the insufficiency of consumer goods. The market is not prosperous either. (…) Commandism was very serious. After collectivization, production decreased for several years.”, Zit. n. MacFarquhar et al. (ed.) 1989: The Secret speeches of Chairman Mao: From the hundred flowers to the Great Leap Forward. Harvard contemporary series 6, S. 230
292Übersetzt aus dem Englischen: “Not a few people get all worried on their march towards communism whenever commodity production is brought up, because they think this to be something capitalist. They disregard the essential difference between capitalist and socialist commodities (…). I think that during China the period of socialist construction, once there are people’s communes, commodity production and commodity exchange must be ever more developed”, ebd, S. 472.
293Übersetzt aus dem Englischen: „Commodity production should not be confused with capitalism. Why fear commodities if not from fear of capitalism? (…) Don’t be afraid: I think [commodity production] has to be greatly expanded. (…) Commodity production depends on the kind of economy to which it is linked. Commodities linked to capitalism give rise to capitalism, whereas linked to socialism they give rise not to capitalism, but to socialism. Commodity production has existed since old times”, ebd., S. 476.
294Übersetzt aus dem Englischen: “We should not expropriate the villages. [Having] the communes run industries is bolder than Stalin. Will that lead to capitalism? No. Because there is the political power that depends on the power and lower middle peasants, there is the party, there are the county [party] committees and hundreds and thousands of party members.”, ebd, S. 475.
295Ebd., S. 478.
296Übersetzt aus dem Englischen: „I’m afraid at least a part [of commodity production] can’t be abolished”, ebd. S. 473.
297Übersetzt aus dem Englischen: “Centralization is needed mainly in steel and in machinery. (…). Plans can’t be completely accurate; [it’s] impossible for everything to be planned ahead of time”, ebd, S. 419f
298Übersetzt aus dem Englischen: “Marx’s Capital started with the analysis of the dual nature of commodities. Our commodities also have a dual nature. In a hundred years’ time commodities will still have a dual nature. Things which are not commodities have a dual nature too“, ebd., S. 239.
299Übersetzt aus dem Englischen: „It’s not right, I’m afraid, to place everything in the hands of the central or the provincial and municipal authorities without leaving the factories any power of their own, any room for independent action, any benefits…”; “We must not follow the example of the Soviet Union [under Stalin] in concentrating everything in the hands of the central authorities, shackling the local authorities and denying them the right to independent action.”, zit. n. Dennis Strawn 2022: Capitalism: the inevitable Product of Mao Tse-tung’s Decentralized Socialism, The November 8th Publishing House, Toronto., S. 7f.
300ZK der Kommunistischen Partei Chinas: Volkskommunen als Brücken zum Kommunismus (1958), in: Felix Wemheuer 2008 (Hrsg): Maoismus. Ideengeschichte und revolutionärer Geist, Promedia Verlag, Wien, S. 92
301Jan Meyer 1980: Partizipation im Wirtschaftssystem der VR China, in: Hans-Hermann Höhmann (Hrsg.): Partizipation und Wirtschaftsplanung in Osteuropa und der VR China, Verlag W. Kohlhammer: Stuttgart, S. 236f.
302Mobo Gao 2018: Constructing China. Clashing views of the People’s Republic, Pluto Press: London, S. 165.
303Jan Meyer 1980: Partizipation im Wirtschaftssystem der VR China, in: Hans-Hermann Höhmann (Hrsg.): Partizipation und Wirtschaftsplanung in Osteuropa und der VR China, Verlag W. Kohlammer: Stuttgart, S. 232.
304MacFarquhar et al. 1989, S. 453.
305Tobias ten Brink 2013: Chinas Kapitalismus. Entstehung, Verlauf, Paradoxien, Campus Verlag: Frankfurt am Main, S. 99f.
306Ebd, 100f.
307Ebd, S. 111.
308Übersetzt aus dem Englischen: “The extent of direct dealings between enterprises, as seen in the placing of orders, illustrates the absence, over much of the economy, of planning agencies to control production and allocation” zit.n. Strawn 2022, S. 28.
309Übersetzt aus dem Englischen: “The correct method is each doing the utmost for itself as a means toward self-reliance for new growth, working independently to the greatest possible extent, making a principle out of not relying on others, and not doing something only when it really and truly cannot be done” Zit. n. MacFarquhar et al. (ed.) 1989, S. 103.
310ZK der Kommunistischen Partei Chinas: Volkskommunen als Brücken zum Kommunismus (1958), in: Felix Wemheuer 2008 (Hrsg): Maoismus. Ideengeschichte und revolutionärer Geist, Promedia Verlag, Wien, S. 92
311Übersetzt aus dem Englischen: “Three years of hard struggle, and then twelve more years, fifteen years is the transition to communism. (…) Henan province talks about four years [for the transition to communism]. That’s perhaps a bit short; double it, eight years.”, MacFarquhar et al. (ed.) 1989, S. 444.
312Übersetzt aus dem Englischen: “We should put into practice some of the ideals of utopian socialism. The life of Protestant Puritans was very hard.”, Ebd., S. 414.
313Mao Tse-tung 1949: Der Bankrott der idealistischen Geschichtsauffassung, Ausgewählte Werke Bd IV, S. 484.
314Mao Tse-tung 1968b: Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung, Verlag NeuerWeg: Essen, S. 236f.
315Aus dem Englischen übersetzt: “Our country is both poor and blank. (…) Those who are blank are like a sheet of white paper. (…) With blank paper many things can be done. You can write on it or draw designs. Blank paper is best for writing on.”, Mao: Speech at the Supreme State Conference, 28.1.1958, in: Stuart Schram (Hrsg.) 1974: Chairman Mao talks to the People, Talks and letters: 1956-1971, Pantheon Books, New York. S. 92.
316Mao Tse-tung 1962: Talk at an Enlarged Central Work Conference, 30.1.1962, in: Schram 1974, S. 173f.
317Aus dem Englischen übersetzt: „In our work of socialist construction, we are still to a very large extent acting blindly. For us the socialist economy is still in many respects a realm of necessity not yet understood (…) I haven’t got much understanding of industry and commerce. (…) I still don’t understand much.”, Ebd., S. 175.
318Übersetzt aus dem Englischen: “Once an order is issued, everyone automatically goes to their work, idlers are few or none. (…) We have a twenty-two year history of war communism, with no salaries, different from the Soviet Union. (…) Our system was called the supply system [in which] army and civilians, officers and men are equal (…). After we came into the cities, it was said that the supply system was backward, guerrillaism, a rural work style, that it couldn’t boost initiative nor stimulate progress. [they] wanted to establish a salary system. [They] endured for three years, in 1952 the salary system was established. [They] said bourgeois ranks and rights and such were very fine and called our old supply system a backward method, a guerrilla practice that affected activism. (…) Did initiating the 25,000 li Long March, the Land Revolution and the War of Liberation rely on salaries? Two to three million people during the anti-Japanese war, from four to five million during the War of Liberation lived a life of war communism, no Sundays [off] – didn’t [they all] risk their lives? (…) Can it be said [we did all this] because we handed out salaries? Now [we] have something “to spend”, issuing salaries according to rank, dividing [them into] generals, field rank officers, and junior officers. (…) The result is divorce from the masses; the men don’t love their officers, and the masses don’t love their cadres. Because of this we’re not much different from the Nationalist party (…). I think [we should] get rid of this thing. The salary system does not have to be abolished immediately, because there are professors. But [we should] prepare for it in one or two years. Once the people’s communes are established, [this] will force us gradually to abolish the salary system. Since we came into the cities, [we have been] under the influence of the bourgeoisie. [When] we launched a campaign, it was a really Marxist practice and a democratic work style, [but] they branded us [as using] ‘rural work style’ and ‘guerrilla practices’. ‘Guerrilla practices’ are capitalists’ words. [It was] probably during the period from 1953 to mid 1957 when they did things together with the bourgeoisie, local tyrants, and evil gentry [that they began to] straighten their clothes, sit properly, and study the bourgeois style – having haircuts and shaves, shaving three times a day. (…) Our communism started in the army. China’s party is a very special party. Through several decades of battle, it always practiced communism. (…) There were no wages; [they] brought their own food. In battle people died; even so they supported us the way they did. Some say [that] egalitarianism produces idlers. In the past twenty-two years, how many idlers have been produced? I haven’t seen many idlers.”, MacFarquhar et al. (ed) 1989, S. 434-436.
319Z.B. ebd, S. 428. Oder auch noch im Jahr 1969 in einer Rede vor dem Zentralkomitee, vgl. Mao: Talk at the First Plenum of the Ninth Central Committee of the Chinese Communist Party, 28.4.1969, in: Schram 1974, S. 288.
320Übersetzt aus dem Englischen: “In some places the people’s commune have adopted a military organization with divisions, regiments, battalions, and companies, and in other places they have not; but ‘Organize along military lines, work as if fighting a battle, live in a disciplined way’, this three-transformations slogan is very good. This is a great industrial army, capable of increasing production, improving life, providing rest, capable of learning and capable of engaging in military democracy”, Ebd., S. 437.
321Dieses Thema kann hier nicht ausgeführt werden, daher sei nur darauf verwiesen, dass die vom antikommunistischen Geschichtsrevisionismus üblicherweise angeführten Zahlen von 30 Millionen oder mehr Hungertoten keinerlei sachliche Grundlage haben und höchstwahrscheinlich auf statistischen Fehlern beruhen. Zeitgenössische Beobachter und auch die CIA sprachen um 1961 nicht von einer Hungersnot solcher Ausmaße Vgl. Gao 2018, S. 170-189; Joseph Ball: Did Mao Really Kill Millions in the Great Leap Forward?, Monthly Review, 2006, online: https://mronline.org/2006/09/21/did-mao-really-kill-millions-in-the-great-leap-forward/.
322Übersetzt aus dem Englischen: “If things are narrowly regarded from the point of view of the law of value the Great Leap would have to be judged not worth the losses and last year’s all-out effort to produce steel and iron as wasted labor. The local steel produced was low in quantity and quality, and the state had to make good many losses. (…) The partial short-term view is that the campaign was a loss, but the overall long-term view is that there was great value to the campaign, because it opened wide a whole economic construction phase. Throughout the country many new starts in steel and iron were made, and many industrial centers were built. This enabled us to step up our pace greatly“, zit. n. MacFarquhar et al. (ed.) 1989, S. 88.
323Editorial Departments of Renmin Ribao and Hongqi 1964: On Khrushchov’s Phoney Communism and Its Historical Lessons for the World – Comment on the Open Letter of the Central Committee of the CPSU (IX), Foreign Languages Press, Peking, S. 62.
324Ebd., S. 47.
325Vgl. Thanasis Spanidis 2018: War die Sowjetunion „staatskapitalistisch“ und „sozialimperialistisch“?, online: https://kommunistischepartei.de/diskussion/war-die-sowjetunion-staatskapitalistisch-und-sozialimperialistisch/?fbclid=IwAR3uMCtehMNUsdl29ja6586w0lvVamkjG-ujEM2CirfomB5Im-9kTp1xt8k, abgerufen 17.3.2023.
326Gao 2018, S. 110.
327Übersetzt aus dem Englischen: “To struggle against power holders who take the capitalist road is the main task, but it is by no means the goal. The goal is to solve the problem of world outlook: it is the question of eradicating the roots of revisionism.”, Mao Tse-tung 1967: Speech to an Albanian Military Delegation, May 1, 1967,in: Selected Works of Mao Tse-tung, Volume IX, Foreign Languages Press, Paris, 2021, S. 334.
328Übersetzt aus dem Englischen: “The aim of the Great Proletarian Cultural Revolution is to revolutionize people’s ideology and as a consequence to achieve greater, faster, better and more economical results in all fields of work. If the masses are fully aroused and proper arrangements are made, it is possible to carry on both the Cultural Revolution and production without one hampering the other (…). The Great Proletarian Cultural Revolution is a powerful motive force for the development of the social productive forces in our country”, Decision of the Central Committee of the Chinese Communist Party Concerning the Great Proletarian Cultural Revolution, August 8, 1966, Selected Works of Mao Tse-tung Vol. IX, S. 449.
329Übersetzt aus dem Englischen: “ The proletarian cultural revolution is aimed not only at demolishing all the old ideology and culture and all the old customs and habits, which, fostered by the exploiting classes, have poisoned the minds of the people for thousands of years, but also at creating and fostering among the masses an entirely new ideology and culture and entirely new customs and habits—those of the proletariat”, Sweep Away All Monsters, Source: People’s Daily (Renmin Ribao), June 1, 1966, in: Selected Works of Mao Tse-tung, Volume IX, Foreign Languages Press, Paris, 2021, S. 438.
330Gao 2018, S. 118.
331Wu Yiching 2014: The Cultural Revolution at the Margins. Chinese Socialism in Crisis, Harvard University Press, S. 203.
332Gao 2018, S. 123.
333Wu 2014, S. 55.
334Ebd. S. 61
335Ebd.
336Ebd, S. 63.
337Wu 2014, S. 72.
338Ebd., S. 77-92.
339Ebd., S. 53f.
340Ebd. S. 64f.
341Ebd., S. 67.
342Ebd., S. 66.
343Mao: Talk at the Central Work Conference, 25.10.1966, in: Schram 1974, S. 271.
344Wu 2014, S. 73ff.
345Wu 2014, S. 99.
346Ebd., S. 97.
347Übersetzt aus dem Englischen: “The leadership of the old Municipal Party Committee had largely become paralyzed. The offices of the municipal party secretariat and various government departments had been occupied or seized, and reception offices were assaulted. Most of the municipal leaders were dispersed and had to operate on their own, and it was difficult even to convene meetings of the Standing Party Committee.”, zit.n. Wu 2014, S. 110.
348Übersetzt aus dem Englischen: “Internal rebellions are fine (…). This is one class overthrowing another. This is a great revolution”; “The upsurge of revolutionary power in Shanghai has brought hope to the whole country”, Mao: Talk at a Meeting of the Central Cultural Revolution Group, 9.1.1967, in: Schram 1974, S. 275f.
349Übersetzt aus dem Englischen: “If you alienate yourself from the masses and fail to solve their problems, the peasants will wield their carrying- poles, the workers will demonstrate in the streets and the students will create disturbances. Whenever such things happen, they must in the first place be taken as good things, and that is how I look at the matter. (…) The Communist Party needs to learn a lesson. (…) . The masses will have good reason to remove from office whoever practices bureaucracy”, zitiert nach Wu 2014, S. 31.
350Übersetzt aus dem Englischen: “The bureaucratic class is sharply opposed to the working class and the poor and lower- middle peasants. These people have become or are becoming bourgeois elements sucking the blood of the workers”, zit.n. Wu 2014, S. 68.
351Übersetzt aus dem Englischen: “To push that transformation forward, the CR radicals, guided by Mao, issued instructions, not through the normal bureaucratic procedure of going through every level of the CCP party hierarchy, which was how it was usually done, but through the media, like Donald Trump who apparently wants to be connected with the electorate through Twitter to avoid what he calls ‘fake news’ outlets. They called directly for the masses at grassroots level to ‘bombard the headquarters of the capitalist road’, that is, to struggle against the main leaders of the CCP party organs at every level”, Gao 2018, S. 138.
352Matthiessen 1973, S. 165.
353Übersetzt aus dem Englischen: “Of all the important things, the possession of power is the most important! Such being the case, the revolutionary masses, with a deep hatred for the class enemy, clench their teeth and, with steel- like determination, make up their mind to unite, form a great alliance, seize power! Seize power!! Seize power!!!“, zit.n. Wu 2014, S. 125.
354Übersetzt aus dem Englischen: “The Cultural Revolution will eventually have to end, even after one year or two. Now there are people who advocate ‘overthrowing all.’ If all the cadres are overthrown, then what do we do? ‘Doubt everything, overthrow everything’ — it is anarchism through and through”, Wu 2014, S. 129.
355Mao: Talks at Three Meetings with Comrades Chang Ch’un-ch’iao and Yao Wen-yüan, Februar 1967, Schram 1974, S. 277f.
356Mao: The PLA and the Left, February 1967, Vol IX, S. 327.
357Übersetzt aus dem Englischen: “when the proletarian revolutionaries are still unable to control the situation and PLA protection is called for, the PLA must immediately enforce military control.”, zit.n. Wu 2014, S. 126.
358Übersetzt aus dem Englischen: “At that time neither the party nor the government was working. Only the PLA was able to do its job”, zit.n. Wu 2014, S. 126.
359Ebd.
360Übersetzt aus dem Englischen: “Military control is autocratic rule. You obey me in everything. You put out a public notice in which you announce you obey me”, zit.n. Wu 2014, S. 127.
361Matthiessen 1973, S. 166.
362Wu 2014, S. 127.
363Ebd., S. 200.
364Übersetzt aus dem Englischen: “could not be the revolutionary mass organizations only” & “according to Chairman Mao, there should be absolutely no doubt that the chief driving force should be the People’s Liberation Army”, zit.n. Wu 2014, S. 127f.
365Wu 2014, S. 203.
366Übersetzt aus dem Englischen: “Who is the black hand? The black hand is nobody else but me!”;“Those who continue to rebel, fight with the PLA, undermine communications and transportation, engage in murder or arson, will be treated as criminals. If some people refuse to heed warnings, they will be treated as bandits, or as the KMT [Kuomingtang]. They will be encircled, and if they resist, it will be necessary to destroy them”, zit.n. Wu 2014, S. 197f
367Wu 2014, S. 200.
368Übersetzt aus dem Englischen: “There are some places where too many people have been arrested. This is bad. Why arrest so many? (…) As for those who have committed the mistake of following the capitalist road, still less should they be arrested”, Wu 2014, S. 284.
369Gao 2018, 139f.
370Record of Conversation from Chairman Mao Zedong’s Meeting with Edgar Snow, 18.12.1970, Wilson Center Digital Archive.
371Gao 2018, 118f, 135.
372Übersetzt aus dem Englischen: “it would have been miraculous if there had been no personal humiliation, individual suffering, violence and death. Indeed it was a miracle that there were no large-scale civil wars”, Gao 2018, S. 139.
373Xin Meng/ R.G. Gregory 2002: The Impact of Interrupted Education on Subsequent Educational Attainment: A Cost of the Chinese Cultural Revolution, Economic Development and Cultural Change, Vol 50 (4).
374Zit.n. Meyer 1980, S. 250f.
375Übersetzt aus dem Englischen: “In fact, the major experiments designed to push China ahead, including both the Great Leap Forward and the Cultural Revolution, have been disasters. Although the economy has largely recovered, party organization remains disrupted, civil administration has been hampered, and lasting tensions have been created within the leadership as a result of the Cultural Revolution”.; “A great deal of work remains to be done to restore effective government administration and to rebuild a communist party”, CIA 1970: Communist China’s International Posture, National Intelligence Estimate, Number 13-7-70, S. 7; 2.
376Lin Biao 1966: Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung, Vorwort zur 2. Auflage, online: http://www.infopartisan.net/archive/maowerke/Mao_Worte_des_Vorsitzenden.htm, abgerufen 13.6.2023.
377Mao Tse-tung 1967: Speech to an Albanian Military Delegation, May 1, 1967,in: Selected Works of Mao Tse-tung, Volume IX, Foreign Languages Press, Paris, 2021.
378Gao 2018, S. 128f
379Übersetzt aus dem Englischen: “The question at issue is not whether or not there should be a cult of the individual, but rather whether or not the individual concerned represents the truth. If he does, then he should be revered “, Mao: Talks at the Chengtu Conference, March 1958, in: Schram 1974, S. 100.
380 Record of Conversation from Chairman Mao Zedong’s Meeting with Edgar Snow, 18.12.1970, Wilson Center Digital Archive.
381Übersetzt aus dem Englischen: “The leadership of the party is equal to Chairman Mao’s leadership. The leadership of Mao Zedong Thought and the revolutionary line headed by Chairman Mao is achieved through the party, and through the party organizations leading the masses to implement the line, plans, and policies of Chairman Mao.”, zit.n. Wu 2014, S. 196.
382Holz 2011, S. 228.
383Ebd, S. 229.
384Übersetzt aus dem Englischen: “They were all for material incentives, they put profits in command and did not promote proletarian politics. Instead they operated a system of bonuses, etc.”, Talk at the First Plenum of the Ninth Central Committee of the Chinese Communist Party, 28.4.1969, in: Schram 1974, S. 283.
385Mao Tse-tung 1967: Speech to an Albanian Military Delegation, May 1, 1967,in: Selected Works of Mao Tse-tung, Volume IX, Foreign Languages Press, Paris, 2021.
386Vgl. Kommunistische Organisation 2023: Die Kommunistische Internationale, ihre Auflösung und der internationale Kampf der Kommunisten heute, online: https://kommunistischepartei.de/internationalismus/die-kommunistische-internationale-ihre-aufloesung-und-der-internationale-kampf-der-kommunisten-heute/
387Übersetzt aus dem Englischen: “that at present the form of revolutionary organization known as the Communist International is no longer adapted to the necessities of the struggle. To continue this organizational form would, on the contrary, hinder the development of the revolutionary struggle in each country. What is needed now is the strengthening of the national Communist of each country, and we no longer need this international leading centre. (…) The internal situation in each country and the relations between the different countries are more complicated than they have been in the past and are changing more rapidly. It is no longer possible for a unified international organization to adapt itself to these extremely complicated and rapidly changing circumstances”, The Comintern has long ceased to meddle in our internal affairs, May 26, 1943, Selected Works of Mao Tse-tung, Vol. VI, Kranti Publications, Andhra Pradesh, 1990, S. 333f.
388Übersetzt aus dem Englischen: “Without the demise of the Third International, the Chinese revolution could not have succeeded. When Lenin was alive, the Third International was well led. After Lenin’s death, the leaders of the Third International were dogmatic leaders (for instance, leaders [like] Stalin, Bukharin were not that good). Only the period under Dimitrov was well led. (…) Later on, the dogmatists paid no attention to the special features of various countries [and] blindly transplanted everything from Russia. China suffered great losses. We (…) criticized dogmatism, [and] did things independently and on [our own] initiative according to the spirit and essence of Marxism. [Only then] did [we] achieve the victory of the Chinese revolution. Lenin likewise did not recognize the Second International. As a result, the October Revolution succeeded. I don’t think we should have any more internationals.”, zit.n. MacFarquhar et al. 1989, S. 255.
389Matthiessen 1973, S. 16.
390Übersetzt aus dem Englischen: “The principles of Marxism, when applied to China, must take on a Chinese color, and must solve problems in the light of concrete conditions”, zit.n. MacFarquhar et al. 1989, S. 292.
391Übersetzt aus dem Englischen: “You speak of Sinified socialism. There is nothing of the sort in nature. There is no Russian, English, French, German, Italian socialism, as much as there is no Chinese socialism. There is only one Marxist-Leninist socialism. It is another thing, that in the building of socialism it is necessary to take into consideration the specific features of a particular country.”; “if you will not conduct genuinely Marxist-Leninist class policies and not conduct struggle against bourgeois nationalism, the nationalists will strangle you. Then not only will socialist construction be terminated, China may become a dangerous toy in the hands of American imperialists”, Stalin: From the Conversation with the Delegation of the CC CP of China in Moscow, 11th July 1949, online: https://www.revolutionarydemocracy.org/rdv16n1/china.htm?fbclid=IwAR3iSCbegv-NwIVCExvpfO47bwZjZdsGzDq1U83dNNHWOCM1T3y1ZBvyxZk, abgerufen 18.3.2023.
392Vgl. Socialist Movement of Kazakhstan 2022: Open conflict between the USSR and the PRC of the 50-70s, International Communist Review 12/2022, online:https://www.iccr.gr/en/issue_article/Open-conflict-between-the-USSR-and-the-PRC-of-the-50-70s/#A6, abgerufen 27.2.2024.
393Aus dem Englischen: “Let us imagine, how many people will die if war should break out? Out of the world’s population of 2,700 million, one-third – or if more, half – may be lost. It is they and not we who want to fight; when a fight starts, atomic and hydrogen bombs may be dropped. I debated this question with a foreign statesman. He believed that if an atomic war was fought, the whole of mankind would be annihilated. I said that if the worst came to the worst and half of mankind died, the other half would remain while imperialism would be razed to the ground and the whole world would become socialist; in a number of years there would be 2,700 million people again and definitely more.”, Mao Zedong 1957: Speech at a Meeting of the Representatives of Sixty-four Communist and Workers’ Parties, online: https://digitalarchive.wilsoncenter.org/document/mao-zedong-speech-meeting-representatives-sixty-four-communist-and-workers-parties-edited, abgerufen 27.2.2024.
394Mao Zedong 1955: The Chinese people cannot be cowed by the atom bomb, online: https://digitalarchive.wilsoncenter.org/document/mao-zedong-chinese-people-cannot-be-cowed-atom-bomb; Mao 1956: Bemerkungen zum Empfang einer Delegation jugoslawischer Journalisten (chinesisch), online:https://digitalarchive.wilsoncenter.org/document/conversation-mao-zedongs-audience-delegation-journalists-yugoslavia-excerpt; beides abgerufen 27.2.2024
395Mao Zedong meets Richard Nixon, Memorandum of Conversation, 21.2.1972, USC US-China Institute, online: https://china.usc.edu/mao-zedong-meets-richard-nixon-february-21-1972, abgerufen 13.6.2023.
396Üblicherweise wurden damals in Anlehnung an den französischen Geografen Alfred Sauvy als erste Welt die industrialisierten und entwickelten kapitalistischen Länder bezeichnet, als zweite Welt das sozialistische Lager und als Dritte Welt die (ehemaligen) Kolonien, Halbkolonien und armen Länder. Mao verändert mit seiner „Theorie“ auch diese Einteilung, indem er alle führenden kapitalistischen Länder außer den USA der zweiten Welt zuordnet und die Sowjetunion der ersten.
397Übersetzt aus dem Englischen: “I hold that the U.S. and the Soviet Union belong to the First World. The middle elements, such as Japan, Europe, Australia and Canada, belong to the Second World. We are the Third World”, Mao: On the Question of the Differentiation of the Three Worlds, 22.2.1974, Wilson Center Digital Archive.
398Chou says Soviet is bigger threat than US to China, New York Times, Sept. 1 1973, online: https://www.nytimes.com/1973/09/01/archives/is-bigger-threa-than-us-to-chi-premier-in-report-to-party-congress.html, abgerufen 18.3.2023.
399Übersetzt aus dem Englischen: “You say, away with you Communists. We say, away with you imperialists. Sometimes we say things like that. It would not do not to do that”, Memorandum of Conversation between Mao Zedong, Zhou Enlai and Henry Kissinger, 17.2.1973, Wilson Center Digital Archive, S. 4.
400Übersetzt aus dem Englischen: “The Sino-Soviet rivalry has also caused Peking to greatly reduce its involvements in most revolutionary and guerrilla movements in recent years, and to devote attention to cementing ties with existing power structures almost everywhere in the Third World” CIA 1973: Possible changes in the sino-Soviet relationship, NIE 11/13/6-73, S.7.
401Memorandum of Conversation between Mao Zedong and Gerald R. Ford, 2.12.1975
402Übersetzt aus dem Englischen: “Yes, we are in favor of reunification”, Memorandum of Conversation between Mao Zedong and Henry A. Kissinger, 21.10.1975, Wilson Center Digital Archive.
403Übersetzt aus dem Englischen: “Yes, and now Portugal seems to be more stable. It seems to be better.”, Memorandum of Conversation between Mao Zedong and Gerald R. Ford, 2.12.1975, Wilson Center Digital Archive.
404Wang Chenyi 2020: The Chinese Communist Party’s Relationship with the Khmer Rouge in the 1970s: An Ideological Victory and a Strategic Failure, Cold War International History Project, Working Paper 88, S. 21.
405Gregory Elich 2014: Who supported the Khmer Rouge?, online:https://www.counterpunch.org/2014/10/16/who-supported-the-khmer-rouge/, abgerufen 27.2.2024.
406Mascha Jacoby: Post aus Peking, Die Zeit: 9.4.2017.
407U.S. State Department, Bureau of Intelligence and Research: Intelligence Note 139, „USSR/China: Soviet and Chinese Forces Clash on the Ussuri River,“, March 4, 1969. Online: https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB49/sino.sov.1.pdf , abgerufen 27.2.2024
408U.S. State Department, Bureau of Intelligence and Research: Intelligence Note 427, „Communist China: Peking Inflates Soviet War Threat,“ 3 June 1969. Online: https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB49/sino.sov.4.pdf , abgerufen 27.2.2024
409Central Intelligence Agency, Directorate of Intelligence, „Weekly Review,“ 16 May 1969, Online: https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB49/sino.sov.3.pdf , abgerufen 27.2.2024
410U.S. State Department, Bureau of Intelligence and Research: Intelligence Note 459, „Peking’s Tactics and Intentions Along the Sino-Soviet Border,“ 13 June 1969, Online: https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB49/sino.sov.6.pdf , abgerufen 27.2.2024.
411Central Intelligence Agency, Directorate of Intelligence, „Weekly Review,“ 21 March 1969 Online: https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB49/sino.sov.2.pdf , abgerufen 27.2.2024.
412Der “Volkskrieg” in Peru hat heute kaum noch eine Relevanz, jedoch berufen sich manche Maoisten noch immer stark auf ihn: http://political-prisoners.net/hh-es-lebe-der-volkskrieg-in-peru/18204/
413 Wir werden uns hier nicht mit der Frage aufhalten, ob und inwiefern Gonzalo als Begründer des Maoismus verstanden werden kann, also als derjenige, der Maos Vorstellungen zu einer einheitlichen Theorie synthetisiert hat.
414Vgl. KPI(maoistisch): „Erhebt das strahlende rote Banner des Marxismus-Leninismus-Maoismus!“
415 KPPh (2016): Programm der KPPh, S. 60; https://philippinerevolution.nu/2016/11/07/cpp-constitution-and-program/
416Ebenda, S. 60
417KPI (maoistisch) (2021): Changes in Relations of Production in India – Our Political Program, S. 204f https://www.bannedthought.net/India/CPI-Maoist-Docs/Books/ChangesInRelationsOfProduction-2021-Eng-View-OCR.pdf,
418Borja, „Der Vorsitzende Gonzalo spricht aus dem Untergrund – das Interview des Jahrhunderts“ : https://maoistdazibao.wordpress.com/2016/08/01/interview-mit-dem-vorsitzenden-gonzalo/(Abgerufen am 27.12.23)
419 Gonzalo, Vorsitzender der PCP, „On the Rectification Campaign Based on the Study of the Document ‚Elections, No! People’s War, Yes!‘“, August 1991, http://www.bannedthought.net/International/RIM/AWTW/1993-19/OnRectificationCampaign.htm.
420Borja, „Der Vorsitzende Gonzalo spricht aus dem Untergrund – das Interview des Jahrhunderts“
421Siehe hierzu die Ausarbeitungen der KO zur Imperialismus-Frage: www.kommunistischepartei.de
422Siehe hierzu die Ausarbeitungen der KO zur Imperialismus-Frage: www.kommunistischepartei.de
423KPPh (2016): S. 58
424„Emerging Markets: Analyzing the Philippines’s GDP“, Investopedia, zugegriffen 10. Juni 2023, https://www.investopedia.com/articles/investing/091815/emerging-markets-analyzing-philippines-gdp.asp.
425Wie JM Sison in seinem Artikel „SEMIFEUDALISM IN THE PHILIPPINES“ animmt, ohne jedoch selbst ausreichend Begründung für seine Annahmen zu liefern. https://peasantmovementph.com/2020/10/03/semifeudalism-in-the-philippines-by-prof-jose-maria-sison/ (Abgerufen 29.02.24)
426„Peru – Share of Economic Sectors in the Gross Domestic Product from 2011 to 2021“, Statista, zugegriffen 15. Juni 2023, https://www.statista.com/statistics/459389/share-of-economic-sectors-in-the-gdp-in-peru/.
427„Economic and political overview in Peru“, Crédit agricole group, zugegriffen 15. Juni 2023, https://international.groupecreditagricole.com/en/international-support/peru/economic-overview.
428https://data.worldbank.org/indicator/SP.URB.TOTL.IN.ZS?locations=PE (Zugegriffen am 11.09.2023)
429Mao (1940): „Über die neue Demokratie“ in Ausgewählte Were 2, S. 395ff
430 KPPh (2016): „Programm für eine volksdemokratische Revolution“, (eigene Übersetzung aus dem englischen Original)
431https://www.redspark.nu/en/peoples-war/on-the-peoples-democratic-revolution-an-interview-with-jose-maria-sison/ (Eigene Übersetzung aus dem englischen Original)
432„Erhebt das strahlende rote Banner des Marxismus-Leninismus-Maoismus!“ Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Indiens (maoistisch), 2004 https://www.bannedthought.net/India/CPI-Maoist-Docs/Founding/MLM-pamphlet.pdf
433Hier in einem 2021 erschienenen Buch des Zentralkommitees der KPI (maoistisch) über die Analyse der indischen Gesellschaft: KPI (maoistisch) (2021): Changes in Relations of Production in India – Our Political Program, S. 209, https://www.bannedthought.net/India/CPI-Maoist-Docs/Books/ChangesInRelationsOfProduction-2021-Eng-View-OCR.pdf
434„Lakh“ und „Crore“ sind indische Maße: 50 Lakh Rupien = 5 000 000 Rupien = 55 000 Euro; 5 Crore Rupien = 50 000 000 Rupien = 555 000 Euro
435Ebenda. S. 247
436Ebenda, S. 203
437Zentralkomitee der kommunistischen Partei Perus, „Entwickelt den Guerillakrieg!“, in Die Anden beben! Berichte über den Volkskrieg in Peru (Frankfurt: Zambon Verlag, 1982), https://zambon.net/shop/de/shop/301/die-anden-beben-berichte-ueber-den-volkskrieg-in-peru.
438Gemessen an der „Marktkapitalisierung“, die den Börsenwert einer Firma widerspiegeln soll: „Large Cap (Big Cap) Stocks — Peru“, TradingView, zugegriffen 10. Juni 2023, https://www.tradingview.com/markets/stocks-peru/market-movers-large-cap/
439MarketScreener, „SOCIEDAD MINERA CERRO VERDE S.A.A. : Shareholders Board Members Managers and Company Profile | PEP646501002 | MarketScreener“, zugegriffen 10. Juni 2023, https://www.marketscreener.com/quote/stock/SOCIEDAD-MINERA-CERRO-VER-6677143/company/.
440„Primax Electronics Ltd. Insider Trading & Ownership Structure“, Simply Wall St, zugegriffen 14. Juni 2023, https://simplywall.st/stocks/tw/tech/twse-4915/primax-electronics-shares/ownership.
441„InRetail Perú Corp. Insider Trading & Ownership Structure“, Simply Wall St, zugegriffen 10. Juni 2023, https://simplywall.st/stocks/pe/consumer-retailing/bvl-inretc1/inretail-peru-shares/ownership.
442„Banco BBVA Perú, S.A. Insider Trading & Ownership Structure“, Simply Wall St, zugegriffen 10. Juni 2023, https://simplywall.st/stocks/pe/banks/bvl-bbvac1/banco-bbva-peru-shares/ownership.
443MarketScreener, „BANCO INTERNACIONAL DEL PERÚ S.A.A. – INTERBANK : Shareholders Board Members Managers and Company Profile | PEP148001006 | MarketScreener“, zugegriffen 10. Juni 2023, https://www.marketscreener.com/quote/stock/BANCO-INTERNACIONAL-DEL-P-20699384/company/.
444MarketScreener, „FREEPORT-MCMORAN INC. : Shareholders Board Members Managers and Company Profile | US35671D8570 | MarketScreener“, zugegriffen 10. Juni 2023, https://www.marketscreener.com/quote/stock/FREEPORT-MCMORAN-INC-12574/company/.
445„SOUTHERN COPPER CORPORATION : Shareholders Board Members Managers and Company Profile | US84265V1052 | MarketScreener“, zugegriffen 14. Juni 2023, https://www.marketscreener.com/quote/stock/SOUTHERN-COPPER-CORPORATI-40449537/company/.
446 „Enel Perú signs agreement to sell its distribution, supply and advanced energy services’ assets to CSGI“, 7. April 2023, https://www.enel.com/es/medios/explora/busqueda-comunicados-de-prensa/press/2023/04/enel-per-signs-agreement-to-sell-its-distribution-supply-and-advanced-energy-services-assets-to-csgi., z.B. auch Umstrukturierung der Häfen durch die chinesische Firma Cosco:„Chinese Investment in Peru Set to Reshuffle Maritime Trade in South America“, 14. Juni 2023, https://www.rusi.orghttps://www.rusi.org.
447„Mario Brescia Cafferata“, Forbes, zugegriffen 10. Juni 2023, https://www.forbes.com/profile/mario-brescia-cafferata/.
448„Alberto Benavides Net Worth“, Celebrity Net Worth, 31. März 2013, https://www.celebritynetworth.com/richest-businessmen/richest-billionaires/alberto-benavides-net-worth/.
449„Carlos Rodriguez-Pastor“, zugegriffen 14. Juni 2023, https://www.forbes.com/profile/carlos-rodriguez-pastor/.
450„Seguro Social de Salud del Peru (ESSALUD)“, zugegriffen 14. Juni 2023, https://www.fitchratings.com/research/international-public-finance/seguro-social-de-salud-del-peru-essalud-21-01-2020.
451„Unión de Cervecerías Peruanas Backus y JohnstonA (BVL:BACKUSI1) Stock Valuation, Peer Comparison & Price Targets“, Simply Wall St, zugegriffen 15. Juni 2023, https://simplywall.st/stocks/pe/food-beverage-tobacco/bvl-backusi1/union-de-cervecerias-peruanas-backus-y-johnstona-shares/valuation.
452https://www.forbes.com/profile/sy/
453https://www.forbes.com/companies/jg-summit-holdings/
454Siehe dazu: https://dailypik.com/biggest-companies-philippines/
455https://www.forbes.com/billionaires/ (abgerufen am 03.09.2023)
456https://fortune.com/ranking/global500/2023/search/?fg500_country=India (abgerufen am 03.09.2023)
457https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.MKTP.PP.CD?most_recent_value_desc=true (abgerufen am 03.09.2023)
458Vgl. Lenins Aussagen zur Konkurrenz der internationalen Bourgeoisie im Imperialismus in der Kritik an Kautsky, LW22, S. 257f
459https://valdaiclub.com/a/highlights/managing-india-russia-economic-ties/; https://www.reuters.com/business/aerospace-defense/russia-india-discussing-joint-production-aircraft-weapons-ria-news-agency-2023-11-14/
460Mit dem Unterschied, dass die DKP dabei eine „friedlichen“ Weg verfolgt und die Maoisten die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes betonen.
461Vgl. Lenin „Zwei Taktiken der Sozialdemokŕatie in der demokratischen Revolution“, LW9 , S. 75; Lenin spricht dennoch davon, dass man in Einzelfällen der Politik “mit der revolutionären und republikanischen Bourgeoisie in einer Reihe gehen” könne (S. 33), später macht er deutlich, dass er damit im wesentlichen die Bauernschaft meint (S. 33f).
462Diese Begriffe werden synonym verwendet
463 KPPh (2016): Programm, S. 80
464Sison, 2020: https://peasantmovementph.com/2020/10/03/semifeudalism-in-the-philippines-by-prof-jose-maria-sison/ (eingene Übersetzung aus dem englischen Original)
465KPI(maoistisch (2004): Strategy and Tactics, S. 32 https://www.bannedthought.net/India/CPI-Maoist-Docs/Founding/StrategyTactics-pamphlet.pdf (eigene Übersetzung aus dem englischen Original)
466 KPPh (2016): Programm, S. 54
467 KPPh (2016): Programm, S. 81
468KPI(maoistisch) (2004):, Programm, S.16
469KPI (maoistisch) (2021): Changes in Relations of Production in India – Our Political Program, S. 230, https://www.bannedthought.net/India/CPI-Maoist-Docs/Books/ChangesInRelationsOfProduction-2021-Eng-View-OCR.pdf
470KPI (maoistisch) (2021): Changes in Relations of Production in India – Our Political Program, S. 226ff, https://www.bannedthought.net/India/CPI-Maoist-Docs/Books/ChangesInRelationsOfProduction-2021-Eng-View-OCR.pdf
471Programm der DKP, S. 31f https://dkp.de/wp-content/uploads/programmatik/DKP-Programm.pdf
472KPI(maoistisch) (2004): “Programm” und “Strategie und Taktik”; https://www.bannedthought.net/India/CPI-Maoist-Docs/index.htm#2004
473 KPI(maoistisch) (2004): Programm, S.16
474 KPPh (2016): Programm, S. 74f
475 Sison (2020b): https://ndfp.info/on-the-peoples-democratic-revolution/ (Abgerufen 29.02.24)
476Siehe hierzu: https://kommunistischepartei.de/diskussion/die-herrschaft-des-kapitals-in-china/
477Verweise hier: KPPh Programm, S. 54 u. 82
478 Siehe hierzu: KKE, Thesen über den Sozialismus und Spanidis China-Artikel
479 KPPh (2016): Programm, S.80f
480LW 21, S. 206f
481KPI(maoistisch), Program, S.9
482 KPI (maoistisch) (2021): Changes in Relations of Production in India – Our Political Program, S. 117
483KPI(maoistisch) (2004): Program, s. 5
484KPPh (1993): ”Marxism-Leninism-Mao Zedong Thought as Guide to the Philippine Revolution”, S. 40, https://www.marxists.org/history/philippines/cpp/liwanag/1993/mlmzt-guide.htm
485 KPPh (2016): Program, S. 70
486Unseres Erachtens steht in der Kommunistischen Bewegung heute noch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff der „allgemeinen Krise“ aus, da er Teil der Legitimation der Vorstellung der „friedlichen Koexistenz“ zwischen Imperialismus und Sozialismus darstellte. Vgl. Ökonomisches Lexikon der DDR
487Vgl. https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.MKTP.CD?locations=IN-PH (Abgerufen am 09.09.23)
488 KPI (maoistisch) (2004): Strategie und Taktik, S.68
489 KPI (maoistisch) (2004): Strategie und Taktik, S.37f
490 Sison (2020b): https://ndfp.info/on-the-peoples-democratic-revolution/ (Abgerufen 29.02.24)
491https://data.worldbank.org/indicator/SP.URB.TOTL?locations=PH; https://psa.gov.ph/content/urban-population-philippines-2020-census-population-and-housing
492Es gibt in der maoistischen militärischen Strategie drei Stadien des „Volkskriegs“, welche jeweils unterschiedliche Formen der Kriegsführung umfassen. Grob: Strategische Defensive (Partisanenkrieg), Strategisches Gleichgewicht (Bewegungskrieg), Strategische Offensive (Stellungskrieg), Vgl. KPI(maoistisch): Strategie und Taktik, S. 46 u. 72
493 KPPh (2016: Program, S. 50
494Hier sei noch einmal betont, dass selbst bewaffnete Auseinandersetzung im Klassenkampf nicht erst das Resultat der Arbeit der Kommunisten ist, sondern auch aus der objektiven Dialektik des Klassenkampfs resultieren kann. Sie he dazu die Lehren aus dem Moskauer Aufstand von 1905 von Lenin, LW11, S. 157-165.
495Im Sinne von: Es wurde verhindert, dass dieser Teil des Kleinbürgertums auf die Seite der Bourgeoisie übergegangen ist und sich jetzt nicht mehr in den Klassenkampf involviert.
496Vgl. https://data.worldbank.org/indicator/SP.URB.TOTL.IN.ZS?locations=PH-IN
497Hier geht es vor allem um die Differenzen zwischen denjenigen, die sich an der Theorie Gonzalos, des historischen Führers der maoistischen KP Perus (Leuchtender Pfad) und denjenigen, die sich eher an den Theorien der KPI(maoistisch) und der KPPh orientieren. Vgl. https://demvolkedienen.org/index.php/de/t-theorie/t-dokumente/2698-erste-kritische-anmerkungen-ueber-die-rolle-der-kommunistischen-partei-der-philippinen-in-der-internationalen-kommunistischen-bewegung
498Es gibt allerdings auch andere, stärker rechtsopportunistische Formen des Maoismus, wie ihn beispielsweise die MLPD vertritt. Die Kritik an diesen Strömungen des Maoismus können wir hier nicht leisten. Siehe dazu: https://kommunistischepartei.de/diskussion/einschaetzung-der-programmatik-der-mlpd/
499https://dersperling.noblogs.org/files/2023/05/ThesenWissenschaftlicherSozialismus.pdf
500https://rotepresse.noblogs.org/klassenstandpunkt-15/
501„Wir betreiben und fördern den Wahlboykott der breiten Massen.“ https://roterbund.de/index.php/gruendungserklaerung/