Unter dem Leitgedanken Kriege, Krise und Rechtsentwicklung – diese Welt hat der arbeitenden Klasse nichts zu bieten fand vom 20. bis 25. August in Südhessen das diesjährige Sommercamp der Kommunistischen Partei (KP) statt. Genossinnen und Genossen kamen mit Interessierten zusammen, um kommunistische Theorie und Praxis, Politik, Kultur und Gemeinschaft zu verbinden.
Mit 300 Teilnehmenden war das Camp das bisher größte und erfolgreichste, das wir als KP (und davor als KO) organisiert haben. Und auch qualitativ war der Fortschritt spürbar: Das Programm bot eine Vielzahl von Veranstaltungen auf hohem Niveau, die sehr gut besucht waren. Aus der Größe des Camps resultierten auch größere organisatorische Herausforderungen; trotzdem war es von einer spürbaren Aufbruchstimmung getragen. In den Workshops und Diskussionen zeigte sich eine Begeisterung, die deutlich machte: Hier wächst eine Generation heran, die bereit ist, sich den kommenden Kämpfen gegen Krieg, Krise und Faschismus zu stellen. Viele Teilnehmende betonten, wie ermutigend es sei, die gemeinsame Stärke unmittelbar zu erleben – in den politischen Debatten ebenso wie im kulturellen Programm und im solidarischen Alltag. Diese Erfahrung von Zusammenhalt und Entschlossenheit verlieh dem diesjährigen Sommercamp eine Kraft, die den Willen stärkt, den Parteiaufbau weiterhin entschlossen voranzutreiben. Es war somit ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Partei und zur Gewinnung neuer Genossinnen und Genossen für die anstehenden Klassenkämpfe.
Es gab zahlreiche Gelegenheiten, mit anderen Teilnehmern und Genossen der KP ins Gespräch zu kommen. In Workshops und Arbeitsgruppen setzten sich die Camp-Besucher mit der Situation der Arbeiterklasse heute auseinander, erprobten in einem Planspiel zur Tarifauseinandersetzung, wie Kämpfe im Betrieb organisiert werden können, und diskutierten im Rahmen von Veranstaltungen zur Frauenfrage, zur Einheitsfronttaktik oder zur Kritik an Sozialdemokratie und Opportunismus über zentrale ideologische Fragen.
Deutscher Imperialismus und Kriegsgefahr

Die drängenden Fragen unserer Zeit sind Krise, Krieg und die Zuspitzung der Klassengegensätze. Im Zentrum des Camps stand daher die Frage, wie die Arbeiterklasse unter diesen sich verschärfenden Bedingungen des deutschen Imperialismus organisiert werden kann.
Bereits der Eröffnungsvortrag nach dem Abendessen am Mittwoch verdeutlichte die Dringlichkeit, mit der dieses Ziel in Angriff genommen werden muss: Rezession, Krieg, Repression – die Bundesrepublik steckt in einer anhaltenden ökonomischen Krise; Unternehmen bauen Stellen ab, zugleich steigen die Militärausgaben auf historische Höchstwerte. Die Regierung beteiligt sich aktiv an imperialistischen Kriegen, unterstützt den Genozid in Gaza und versucht, Proteste dagegen zu unterdrücken. Antifaschistische Erinnerungskultur wird diffamiert, erkämpfte Errungenschaften wie etwa der Achtstundentag sehen sich massiven Angriffen ausgesetzt.
Vor diesem Hintergrund wurde diskutiert, welche Antworten Kommunisten jetzt geben müssen und welche konkrete Praxis notwendig ist, um diesen Entwicklungen entgegenzutreten. „Das deutsche Kapital rüstet sich für den Krieg und die Arbeiterklasse ist darauf nicht vorbereitet“, lautete das Fazit – der Kampf gegen den Krieg wurde daher neben dem ökonomischen Klassenkampf als die derzeit dringendste Aufgabe herausgestellt.
Organisierung der Arbeiterklasse


Folgerichtig war ein inhaltlicher Schwerpunkt des Camps die konkrete Organisierung der Arbeiterklasse. In mehreren Veranstaltungen ging es darum, wie wir die Rolle der Betriebsarbeit, den Aufbau von Betriebszellen und die Frage, wie Kommunisten in Gewerkschaften wirken, praktisch angehen und dabei den sozialpartnerschaftlichen Einfluss bekämpfen können.
Betriebszellen standen und stehen für Kommunisten im Mittelpunkt. Die gesamte politische Arbeit wird dabei ausgehend von der Verankerung im Betrieb gedacht. Wir betrachteten historische Beispiele, ihre Probleme und Erfolge, und übertrugen die Lehren direkt auf heutige Bedingungen. Mit kreativen Aufgabenstellungen vollzogen wir den Alltag einer Betriebszelle nach und achteten in den Diskussionen darauf, konkrete Schlussfolgerungen für unsere Arbeit heute zu ziehen. Um den Schritt von der Theorie zur Praxis direkt zu gehen, wurde der Workshop durch weitere Runden ergänzt: Stammtische zu ersten Schritten im Betrieb, Übungen zur gezielten Ansprache von Kolleginnen und Kollegen, sowie ein Planspiel zum Tarifkampf. Letzteres zeigte lebendig, wie eine Tarifrunde abläuft und wie Kolleginnen und Kollegen mit kämpferischer Perspektive für den gemeinsamen Kampf gewonnen werden können.
Auch die Lage und Zusammensetzung der Arbeiterklasse heute war Gegenstand intensiver Diskussion. Aufbauend auf der neuen, derzeit noch unveröffentlichten Klassenanalyse der KP wurde debattiert, ob die Klasse heute geschwächt, bestochen oder so stark wie nie zuvor ist – und welche strategischen Schlussfolgerungen daraus gezogen werden müssen.

Ein weiterer Workshop widmete sich der Frage, wie es mit der Palästina-Arbeit in Deutschland weitergehen kann und soll: Wo können wir ansetzen, wenn wir die deutsche Komplizenschaft angreifen wollen? Anhand konkreter Situationen sprachen wir darüber, wie wir Kämpfe dagegen organisieren können, dass in unseren Städten, Betrieben und Universitäten der Völkermord unterstützt und legitimiert wird.
Zur Lage der arbeitenden Jugend und der proletarischen Frau
Den Samstag widmeten wir den Anliegen der proletarischen Jugend. Jugendliche diskutierten über ihre Lage in Schule, Ausbildung und Universität, über Leistungsdruck, Zukunftsängste und zunehmende Militarisierung. Es ging darum, welche Perspektiven sie in einem System haben, das Konkurrenz und Anpassung belohnt und sie zugleich für Kriegsvorhaben missbrauchen will. In einem der Workshops stand die Frage nach dem Aufbau eines kommunistischen Jugendverbandes, der eigenständig agieren und zugleich in Programm und Strategie mit der Partei verbunden sein soll, im Mittelpunkt der Diskussion. Das diesjährige Camp beinhaltete außerdem einen Austausch für Auszubildende und zu Fragen der Jugendorganisierung. Wir erleben derzeit, dass sich Teile der Jugend wieder stärker politisieren, was sich auch in den Reihen und im Umfeld der KP widerspiegelt. Mit dem Sommercamp konnten wir einen ersten Zwischenstand unserer Arbeit am Aufbau eines kommunistischen Jugendverbandes vermitteln und einen Sammelpunkt für junge Kommunistinnen und Kommunisten schaffen. Wir laden weiterhin junge Interessierte ein, mit uns in Diskussion zu kommen und sich am Aufbau zu beteiligen – meldet euch bei uns!
Die Frauenfrage bildete einen weiteren Schwerpunkt. In aufeinander aufbauenden Workshops wurden zunächst die Grundlagen der marxistischen Analyse von Frauenunterdrückung erarbeitet, ehe bürgerliche Strömungen wie Feminismus und Queer-Feminismus kritisch diskutiert wurden. Es wurde begründet, weshalb feministische Ansätze nicht den Weg zur Befreiung weisen können, sondern in bürgerlicher, reformistischer und letztlich antimarxistischer Ideologie verhaftet bleiben. Anhand des Referats „Zur Frauen- und Geschlechterfrage“ der KP wurden theoretische Fragen zum Verhältnis von Marxismus und Feminismus erörtert. Da der Text auch einige Debatten ausgelöst hat, gab es hier Raum für den Austausch von Erfahrungen und Argumenten. So diskutierten wir, inwiefern die Thematik der Transgeschlechtlichkeit angemessen behandelt wurde und über die Rolle von Sprache und Begriffen in der Kommunikation. Wir tauschten praktische Erfahrungen darüber aus, wie sich die Kritik des Feminismus vermitteln lässt. Außerdem sammelten wir Vorschläge für mögliche Präzisierungen der Passagen zu Feminismus und Geschlechterverhältnissen in unserem Programmentwurf.
Internationalismus in Theorie und Praxis
Wie schon in den Jahren zuvor, war der proletarische Internationalismus ein Herzstück des Camps. In mehreren Veranstaltungen berichteten Gäste aus Russland, der Ukraine, aus Brasilien, Finnland, England, Irland und Belgien von den Kämpfen in ihren Ländern. Während Faschisten und Nationalisten die Werktätigen der Welt gegeneinander aufhetzen, gehen wir von der grundsätzlichen Einheit der Interessen der Arbeiterklasse weltweit aus. Der gemeinsame Kampf der Arbeiter unterschiedlicher Länder gegen den Kapitalismus findet seinen konkreten Ausdruck in der praktischen Klassensolidarität über nationale Grenzen hinweg – auch auf unserem Camp.

Besonders eindrucksvoll war das Podium zur Wehrpflicht, auf dem ein Genosse aus der Ukraine die Erfahrungen der Arbeiterfront der Ukraine (RFU) schilderte. Diese wurden mit den Debatten in Deutschland verbunden. Unsere Genossinnen und Genossen in der Ukraine und in Russland arbeiten bereits seit mehreren Jahren unter den Bedingungen des imperialistischen Krieges – eine Arbeit, die früher oder später auch auf uns zukommen wird. Sie können uns deshalb wichtige Hinweise geben: Wie muss die Arbeit einer kommunistischen Partei unter diesen Bedingungen aussehen? Wie stehen wir zur Wehrpflicht und zur Arbeit in der Armee? In dieser internationalen Perspektive wurde spürbar, dass der Kampf der KP nicht isoliert stattfindet, sondern Teil der weltweiten Bewegung gegen Imperialismus und Krieg ist.
Praktische Schulungen, Sport und Kultur





Neben den politischen Schwerpunkten gab es eine Vielzahl praktischer Workshops. Die Teilnehmenden schulten sich etwa in politischer Medienarbeit, übten journalistisches Schreiben und Podcast-Schnitt, lernten Grundlagen von Layout und Social Media oder erprobten in Theaterübungen die mündliche Agitation. Ein Demotraining verband rechtliches Wissen mit praktischen Übungen, um sich im Protest sicher und entschlossen zu bewegen. Auch Kultur und Sport waren fest im Programm verankert. Täglicher Frühsport, Boxen, Volleyball und eine gemeinsame Wanderung gehörten ebenso dazu wie eine abendliche Kulturveranstaltung am Samstag.

Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung vom deutschen Faschismus war das Konzert „Blutrote Flaggen mit einem Kreuz daran“ der Band „Kulturkollektiv Industriepoesie“ am Samstagabend den antifaschistischen Kämpfen der Arbeiterbewegung gewidmet. Die Darbietungen reichten von Bertolt Brechts zeitlosen Anklagen gegen Faschismus und Unterdrückung bis hin zu internationalen Liedern der proletarischen Bewegung, beispielsweise von Mikis Theodorakis. Der Abend schloss mit einem hoffnungsvollen und kämpferischen Ausblick in Form von Brechts „Lob des Kommunismus“ und dem „Lied vom Hausbau“ der österreichischen Politrock-Band Schmetterlinge. Das Konzert war eine ergreifende Verknüpfung von historischem Gedenken und dem lebendigen, kämpferischen Geist der internationalen Arbeiterbewegung.
Kunstausstellung

Eine Besonderheit des diesjährigen Camps war auch die Kunstausstellung. Neben Arbeiten der Künstlerin Sophie Linde aus der Serie „Gesichter des Widerstands“, die eine Auswahl der Opfer des deutschen Faschismus zeigt, deren Leichen am Anatomischen Institut der Universität Tübingen für Studienzwecke missbraucht wurden – unter ihnen antifaschistische Widerstandskämpfer und Rotarmisten –, waren politische Plakate zweier weiterer Künstler zu sehen: Das Anliegen von m4randale ist es, politische Inhalte verständlich zu vermitteln, ohne die inhaltliche Tiefe zu verlieren; die auf dem Camp ausgestellten Grafiken von IMNX_one behandeln die großen Herausforderungen der Kommunisten im 21. Jahrhundert: Die Gefahr eines neuen imperialistischen Weltkriegs und die Aufgabe, eine revolutionäre Partei aufzubauen, die in der Lage ist, den Klassenkampf zu organisieren, um ein für alle Mal Schluss zu machen mit kapitalistischer Ausbeutung und imperialistischer Kriegshetze.
Bei einer Begehung der Ausstellung wurde ausgehend von den gezeigten Werken über das Verhältnis von Kunst und Kultur zum Klassenkampf und zur kommunistischen Partei diskutiert. Dabei ging es um die Analyse des bürgerlich-kapitalistischen Kulturbetriebs, Möglichkeiten der Agitation und die Notwendigkeit, die sozialistische Ästhetik weiterzuentwickeln.
Strategische Debatten



Weitere Veranstaltungen waren den großen strategischen Fragen gewidmet. Diskutiert wurden die historische Erfahrung mit der Volksfrontpolitik, die Frage der proletarischen Einheitsfront sowie die Rolle der Sozialdemokratie. Diese löst – auch unter Kommunisten – immer wieder die Hoffnung aus, dass sich unsere Kampfbedingungen durch sie verbessern könnten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Enttäuschung früher oder später unvermeidlich ist.
Es wurde zudem betont, dass es keine Zwischenstufen auf dem Weg zum Sozialismus geben kann und dass der Kampf für die Diktatur des Proletariats in jedem Teilkampf präsent sein muss. In einem Gespräch über revolutionäre Strategie und Taktik wurde herausgearbeitet, dass die Geschichte des Imperialismus und der kommunistischen Weltbewegung zeigt, dass die Vorstellung, es brauche zunächst eine fortschrittliche Demokratie oder eine sogenannte antimonopolistische Regierung, um das Tor zum Sozialismus zu öffnen, eine gefährliche Illusion ist.
Fazit: Gemeinsam für den Sozialismus
Das Sommercamp 2025 zeigte, dass der Aufbau der Kommunistischen Partei weiter an Dynamik gewinnt. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Anmeldungen um mehr als hundert – ein starkes Zeichen wachsender Resonanz, das zugleich die Infrastruktur des Veranstaltungsorts und uns als Veranstalter vor neue Herausforderungen stellte. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl wurde das Programm kurzfristig angepasst, sodass die meisten Workshops mehrfach angeboten werden konnten.
Trotz dieser Herausforderung war das Sommercamp 2025 ein wichtiger Schritt für unsere weitere Arbeit. Es bot nicht nur intensive Diskussionen und wertvolle Lernerfahrungen, sondern auch zahlreiche neue Kontakte und Verbindungen, die in den kommenden Monaten weiter vertieft werden. Dass die wachsende Zahl an Teilnehmern bereits an die Grenzen des Veranstaltungsorts führte, zeigt, dass wir organisatorisch weiter zulegen müssen – ein erfreuliches Problem und zugleich ein Hinweis auf den Ernst und die Tragweite unserer Aufgaben.